Suzumiya Haruhi:Band1 Kapitel1

From Baka-Tsuki
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Kapitel 1[edit]

So betrat ich die Senior Highschool meiner Gegend. Ich bereute die Entscheidung zu dieser Schule sofort, denn um dorthin zu kommen, musste ich jeden Tag einen riesigen Hügel hochlaufen. Sogar während des Frühlings geraten die Schüler beim Erklimmen dieser Steigung ganz schön ins Schwitzen. Einen „entspannten“ Schulweg konnte ich wohl vergessen. Diese Tortur würde sich nun Tag für Tag wiederholen und allein der Gedanke daran machte mich müde und depressiv. Heute hatte ich ein wenig verschlafen. Vielleicht bin ich deshalb auch so viel schneller gelaufen, und vielleicht war das auch der Grund, warum ich hinterher so erschöpft war. Klar, ich hätte zehn Minuten früher aufstehen können, aber wie jeder weiß, schläft man am besten in der Zeit kurz vor dem Aufstehen. Ich wollte diese wertvollen zehn Minuten nicht verschwenden, also blieb ich einfach liegen. Das bedeutete natürlich, dass sich dieser morgendliche Ablauf für die nächsten drei Jahre wiederholen würde. Es war wirklich zu deprimierend.

Das war auch der Grund für mein mürrisches Gesicht während der zeitraubenden Eintrittszeremonie. Alle anderen hatten den "Beginn einer neuen Reise"-Blick aufgesetzt. Ihr wisst schon, diesen einzigartigen Blick voll Hoffnung, mit einem leichten Schimmer Unsicherheit, den jeder Schüler trägt, der in eine neue Schule kommt. Bei mir sah es anders aus. Eine Menge alter Klassenkameraden aus meiner Junior Highschool waren auch da. Und um das Ganze abzurunden waren auch einige meiner Freunde mit dabei. Darum blickte ich nicht derart besorgt oder aufgeregt drein wie einige andere Leute.

Die Jungen hatten Sportjacken an, während die Mädchen Matrosenuniformen trugen. Ziemlich komische Kombination. Vielleicht hatte der Direktor, der momentan eine einschläfernde Ansprache auf der Bühne hielt, eine Art Fetisch für Matrosenuniformen? Während ich derart sinnlosen Gedanken nachging, endete diese idiotische Zeremonie. Ich betrat den Klassenraum der 1-5 zusammen mit meinen unmotivierten neuen Mitschülern.

Als Erstes stellte sich unser neuer Klassenlehrer Okabe-sensei vor, der sein Lächeln anscheinend eine Stunde lang vor seinem Spiegel eingeübt hatte. Er sei Sportlehrer und gleichzeitig verantwortlich für das Handballteam. Dann erzählte er über verschiedene Sachen, wie dass er seinerzeit im Handballteam der Uni gespielt habe und dass sie sogar einmal die Meisterschaft gewonnen hätten, dass an dieser Schule ein enormer Mangel an Spielern bestünde und dass jeder, der beitreten möchte, sofort in die Mannschaft käme. Und dann meinte er noch, Handball wäre der interessanteste Sport der Welt und hastenichtgesehen. Ich dachte schon er würde nie mehr aufhören zu Reden, als er plötzlich in den Klassenraum rief:

„Und jetzt stellt euch doch bitte vor!“

Das war nichts ungewöhnliches, also hielt sich meine Überraschung in Grenzen.

Einer nach dem anderen begannen die Leute auf der linken Seite der Klasse sich vorzustellen. Sie hoben die Hand, verkündeten ihren Namen, den Namen ihrer alten Schule und andere beiläufige Sachen, wie Hobbies oder Lieblingsessen. Einige murmelten sich durch, andere stellten sich ziemlich interessant vor, und wieder andere versuchten, flache Witze zu erzählen, was die Raumtemperatur beträchtlich fallen ließ. Während die anderen sich vorstellten, rückte mein Auftritt immer näher. Ich wurde nervös! Jeder sollte verstehen, wie ich mich gerade fühlte, oder?

Nachdem ich meine sorgsam ausgedachte, möglichst kurze Vorstellung beendet hatte, ohne mich allzusehr zu verhaspeln, setzte ich mich, mit dem Gefühl der Erlösung, das man bekommt, wenn man etwas Unangenehmes aber Nötiges hinter sich gebracht hat. Das Mädchen hinter mir stand auf für ihre Vorstellung, und - ah, ich werde das wohl für den Rest meines Lebens nicht vergessen - sagte die Worte, welche lange in aller Munde sein sollten.

"Mein Name ist Suzumiya Haruhi, ich komme von der East Junior High."

Bis hier war die Vorstellung noch normal, also machte ich mir nicht die Mühe, mich umzudrehen um sie anzusehen. Ich starrte einfach nach vorne und lauschte ihrer forschen Stimme.

"Normale Menschen interessieren mich nicht. Falls jemand hier ein Alien, Zeitreisender, Dimensionswechsler oder Telepath ist, kommt zu mir! Das ist alles."

Nachdem ich das gehört hatte, konnte ich nicht anders, als mich umzudrehen.

Sie hatte langes, glattes, schwarzes Haar. Ihr niedliches Gesicht war frech und herausfordernd, da der Rest der Klasse sie anstarrte. Ihre Ernstheit und Bestimmtheit schienen durch ihre glitzernden Augen und ihre langen Augenbrauen. Ihre schmalen Lippen waren eng zusammengepresst. Das war mein erster Eindruck dieses Mädchens.

Ich weiß noch wie glänzend ihr weißer Hals war - sie war eigentlich ziemlich hübsch.

Haruhi nahm die Klasse langsam mit ihren provozierenden Augen unter die Lupe, sie stoppte um mir einen Blick zuzuwerfen (Ich hatte meinen Mund weit geöffnet) und setzte sich dann ohne zu lächeln.

Wollte sie dramatisch sein?

In diesem Moment waren, denke ich, Jedermanns Gedanken mit Fragezeichen gefüllt, und ich denke auch, jeder fragte sich, wie er reagieren sollte. "Soll ich lachen?" Niemand wusste es.

Naja, dem Ausgang nach zu schließen wollte sie weder dramatisch noch lustig sein, da Haruhi immer ihr ernstes Gesicht aufsetzte.

Sie ist immer todernst.

Dies basiert auf einer rückblickenden Betrachtung - es kann nicht falsch sein.

Nachdem für irgendwas-und-dreißig Sekunden unangenehme Stille den Klassenraum beherrschte, signalisierte der Klassenlehrer dem Nächsten zögerlich weiterzumachen, und die angespannte Atmosphäre verschwand.


So lernten wir uns kennen. Wie unvergesslich. Ich will wirklich glauben, dass das alles nur Zufall war.


Nachdem sie Jedermann's Aufmerksamkeit am ersten Tag für sich in Anspruch genommen hatte, wurde Haruhi wieder zu einem unschuldigen Hochschulmädchen.

Das war die Ruhe vor dem Sturm! Ich verstehe es endlich alles.

Jedenfalls kam jeder Schüler an dieser Schule aus einer der Junior Highschools in der Stadt - Leute mit durchschnittlichen Noten. Das schließt natürlich die East Junior High mit ein; und unter diesen Umständen sollten Leute hier sein, die zusammen mit Haruhi ihren Abschluss gemacht hatten, die wussten was ihre Ruhe bedeutet. Ich kannte keine ehemaligen East Junior High Schüler, darum konnte mir keiner erklären, wie ernst die Lage war. Schließlich tat ich einige Tage nach dieser explosiven Vorstellung etwas was ich nie vergessen werde: Ich versuchte mit ihr vor dem Unterricht zu sprechen.

Meine Dominos des Unglücks hatten begonnen zu fallen, und ich war die Person die den ersten Stein umgestossen hatte!

Wenn Haruhi ruhig auf ihrem Stuhl sitzt, sieht sie wie ein normales, süßes Mädchen aus, also plante ich, mich direkt vor ihr hinzusetzen, um ihr Nahe zu kommen. Ich dachte tatsächlich, das würde klappen. Wie naiv von mir. Prügle mir doch bitte jemand ein wenig Verstand ein.

Natürlich startete ich die Unterhaltung mit diesem Vorfall.

"Hey hey"

Ich drehte meinen Kopf beiläufig herum, mit diesem lässigen Lächeln auf meinem Gesicht.

"Das Zeug, was du beim Vorstellen angesprochen hast, hast du das ernst gemeint?"

Mit gekreuzten Armen vor ihrer Brust verweilend und den Lippen versiegelt, behielt Suzumiya Haruhi ihre Haltung, und starrte mir dann direkt in die Augen.

"Welches 'Zeug in meiner Vorstellung'?"

"Das Alien-Zeugs"

"Bist du ein Alien?"

Sie sah ziemlich ernst aus.

"...Nein."

"Wenn du keiner bist, was willst du dann?"

"...Nein, nichts."

"Dann sprich mich nicht an, du verschwendest meine Zeit."

Ihr Blick war so kalt, dass ich mich selbst dabei erwischte, "Entschuldigung" zu stottern, bevor ich es realisierte. Suzumiya Haruhi nahm ihrem Blick herabschauend von mir und begann, an die Tafel zu starren.

Ich wollte mit ein oder zwei Sätzen kontern, aber mir fiel nichts ordentliches ein. Gut, dass in dem Moment der Klassenlehrer reinkam und mich rettete.

Ich drehte meinen Kopf schwitzend zurück zu meinem Tisch, und bemerkte, dass einige Leute mich mit einem Blick großen Interesses in ihrem Gesicht ansahen. Das nervte mich natürlich sehr. Nachdem ich zurückgestarrt hatte, merkte ich jedoch, dass alle denselben hilflosen Ausdruck in ihrem Gesicht hatten. Einige nickten mir sogar mitleidig zu.

Wie ich schon sagte, zuerst war ich irritiert, aber später erfuhr ich, dass all diese Leute von der East Junior High kamen.


Aufgrund der Tatsache, dass mein erster Kontakt mit Haruhi schrecklich endete, schlussfolgerte ich, dass ich auf Abstand von ihr gehen sollte, sicherheitshalber. Mit diesem Gedanken verging eine Woche.

Aber, genau wie ich immernoch ein Teil dieser Klasse bin, gab es auch immer Leute, die mit der stirnrunzelnden Kotterschnautze Haruhi reden wollten.

Die meisten dieser Leute waren zimperliche Mädels; in der Sekunde in der sie sehen, dass ein weiblicher Klassenkamerad isoliert wird, wollen sie nett sein und helfen dem Mädchen. Das ist an sich eine gute Sache, aber sie sollten wenigstens vorher ihre Ziele prüfen!

"Hi, hast du gestern die Fernsehshow gesehen? Die um 9 mein ich."

"Nein."

"Öh, warum?"

"Ich weiss nicht."

"Solltest du mal gucken. Selbst wenn du in der Mitte anfängst, würdest du schnell den Faden finden. Willst du, dass ich dir die Vorgeschichte kurz erkläre?"

"Du nervst!"

So lief es.

Es wäre viel besser gewesen, wenn sie einfach mal mit ihrem Poker Face "nein" gesagt hätte. Aber nein, sie musste ihre Ungeduld in beidem, Ausdruck und Stimme, zeigen. Das zeigte ihren Opfern, dass sie etwas falsch gemacht haben müssen. Im Endeffekt konnte er/sie nur sagen "Achso...dann werde ich einfach...", sich selbst fragen "Was hab ich Falsches gesagt?" und wegwinseln.

Sei nicht traurig, du hast nichts Falsches gesagt. Das Problem liegt in Suzumiya Haruhis Gehirn, nicht in deinem.


Auch wenn mich allein essen nicht störte, wollte ich nicht, dass andere dachten, ich sei ein Einzelgänger, wenn alle anderen fröhlich zusammen mit ihren Freunden zu Mittag aßen. Darum, auch wenn es mich nicht störte, wenn andere es missverstanden, aß ich mein Mittagessen zusammen mit meinem Junior Highschool Klassenkameraden Kunikida und einem East Junior High Absolvent mit dem Namen Taniguchi, der in meiner Nähe saß.

Wir begannen über Haruhi zu sprechen.

"Hast du versucht mit Haruhi zu sprechen?" fragte Taniguchi unschuldig. Ich nickte.

"Und dann sagte sie wirres Zeug und du wusstest nicht, wie du reagieren sollst?"

"Genau!"

Taniguchi steckte sich eine Scheibe gekochtes Ei in den Mund, kaute, und sagte:

"Wenn dieses Mädchen an dir Interesse hätte, würde sie nicht so komisches Zeug sagen. Alles was ich dir raten kann, ist aufzugeben! Du solltest bereits erkannt haben dass sie nicht normal ist."

"Ich war drei Jahre hintereinander in ihrer Klasse; ich weiß wie sie ist."

Er nutzte diesen Satz als Anfang seiner Rede.

"Sie macht immer verdammt rätselhafte Sachen. Ich dachte sie würde zumindest versuchen, sich selbst unter Kontrolle zu bringen, nachdem sie auf die Senior High kam, doch dem ist nicht so. Ihre Vorstellungsrede hast du ja gehört, oder?"

"Du meinst, dieses Alien-Gerede?"

Kunikida, der damit beschäftigt war, Gräten aus seinem Fisch zu pulen, sprang mit ein.

"Ja, genau das. Sogar damals in der Junior High sagte und tat sie immer eine Menge verrücktes Zeug. Zum Beispiel war da dieser Vandalismusvorfall in der Schule.

"Was ist passiert?"

"Du kennst dieses Gerät, wo man mit Gipsstaub Feldlinien zeichnen kann, oder? Wie nennt man's gleich... Egal, jedenfalls stahl sie sich nachts in die Schule und malte damit ein verdammt riesiges Symbol in die Mitte des Sportplatzes."

Taniguchi hatte ein schadenfrohes Lächeln auf dem Gesicht - bestimmt erinnerte er sich an den Vorfall.

"Das war so schockierend. Ich kam am nächsten Morgen früh in die Schule, und alles was ich gesehen habe, waren diese grossen Kreise und Dreiecke. Ich konnte mir nicht ausmalen was die Dinger sein sollten, also ging ich hinauf in den vierten Stock um ne Vogelperspektive zu bekommen. Das half nicht - Ich wusste immernoch nicht, was dieses Symbol war."

"Ah, ich glaub ich hab das vorher schonmal gesehen. Hatte die Zeitung nicht einen Bericht dazu? Da gab's sogar ein Helikopter-Foto davon! Das Symbol sah aus wie ein kaputtes Nazca Piktogram." sagte Kunikida.

Ich erinnere mich nicht, davon schon einmal gehört zu haben.

"Ich hab den Artikel gelesen! Die Schlagzeile war irgendwas wie 'Mysteriöser Vandale schlägt nachts in der Junior High zu', richtig? Naja, dreimal darfst du raten, wer dafür verantwortlich war."

"Sag nicht, dass sie es war."

"Sie hat's selbst zugegeben. Da gibt es keinen Zweifel. Natürlich wurde sie ins Büro des Rektors gerufen. Jeder Lehrer war da, und hat sie gefragt, warum sie das getan hat."

"Und warum?"

"Ich weiß es nicht." antwortete Taniguchi flach, als er versuchte, einen Mund voll Reis zu schlucken.

"Ich hab gehört, sie lehnte es ab, irgendwas zu sagen. Natürlich, wenn du von ihr angestarrt wirst, tendierst du dazu aufzugeben, was immer du vorhast. Irgendjemand meinte, sie hätte das Symbol gemalt, um UFOs herbeizurufen, andere meinten, dass es ein magisches Symbol wäre, um Monster herbeizurufen, oder sie wolle ein Portal zu anderen Welten öffnen, und so weiter. Es gab so viele Spekulationen, aber solange der Angeklagte die Aussage verweigert, werden wir nie wissen, ob diese Gerüchte wahr sind oder nicht. Bis heute ist es immernoch ein Rätsel."

Aus ungeklärten Gründen kam mir das Bild von Haruhi in den Sinn, mit ihrem Kein-Nonsens-Blick, beschäftigt damit, die Linien nachts in der Mitte des Schulhofes zu ziehen. Sicherlich hatte sie die Geräte und das Kalkpuder vorher schon im Lagerraum vorbereitet; vielleicht hatte sie sich sogar eine Taschenlampe gekauft! Unter dem schwachen, gelben Licht sah Suzumiya Haruhi sehr nüchtern und tragisch aus... OK, das war lediglich meine Vorstellung.

Ich glaube, Suzumiya Haruhi hat es wirklich gemacht, um UFOs oder Monster heraufzubeschwören, oder sogar ein Dimensionsportal. Sie hatte vielleicht die ganze Nacht an dem Sportplatz gearbeitet, und nichts war erschienen, und alles was ihr blieb war dieses Gefühl der Niederlage, dachte ich mir.

"Das ist nicht das Einzige, was sie gemacht hat."

Taniguchi setzte sein Mittagessen fort.

"Einmal kam ich morgens in den Klassenraum und entdeckte, dass alle Tische auf den Korridor gestellt worden waren, oder einmal waren gedruckte Sterne auf dem Schuldach. Ein anderes mal war sie dabei, durch die Schule zu laufen und überall O-fuda zu verteilen... du weißt schon, diese Chinesischen Dinger, wo man den Papier-Talisman einem Vampir auf die Stirn klebt. Ich versteh sie einfach nicht."

Richtig, Suzumiya Haruhi war zu diesem Zeitpunkt nicht im Klassenraum, sonst hätten wir kaum diese Unterhaltung geführt. Aber andererseits, selbst wenn sie uns gehört hätte, hätte sie sich vielleicht gar nicht daran gestört. Normalerweise verließ Suzumiya Haruhi den Klassenraum direkt nach der vierten Stunde, und kam kurz vor der fünften zurück. Sie hatte nie eine Lunch Box mit, also nahm ich an, sie ginge in die Cafeteria, um ihr Mittagessen zu genießen; aber man braucht keine ganze Stunde zum Essen, oder? Außerdem verschwand sie nach dem Ende jeder Stunde. Wohin ging sie eigentlich?

"Allerdings ist sie ziemlich beliebt bei den Jungs!"

Taniguchi pfiff hinein:

"Sie ist süß, athletisch und schlau. Auch wenn sie absonderlich ist, wenn sie ihre Klappe hält, ist sie gar nicht mal so schlecht."

"Wo hast du dieses Geschwätz her?" fragte Kunikida, dessen Lunchbox doppelt so voll war wie Taniguchis.

"Es gab mal ne Zeit, wo sie pausenlos die Kerle wechselte. Ich hab gehört, die längste Beziehung lief eine Woche, die kürzeste endete fünf Minuten nachdem sie zusammenkamen. Außerdem war der einzige Grund, den Suzumiya ihren Verehrern gab, der, dass sie 'keine Zeit habe, sich mit normalen Menschen einzulassen'."

Taniguchi sprach scheinbar aus Erfahrung. Nachdem er bemerkte, wie ich ihn anstarrte, wurde er ein wenig nervös.

"Ich hab das von anderen gehört, ehrlich! Aus irgendeinem Grund würde sie keinem ihre Liebe gestehen. Im dritten Jahr hatte das jeder verstanden; demzufolge probierte es auch niemand mehr bei ihr. Ich hab das komische Gefühl, dass sich diese Geschichte in der Highschool wiederholen wird. Also warne ich dich: Gib's auf. Das kommt von jemandem, der in derselben Klasse war wie sie."

Sag was immer du willst, ich war nicht mal in dieser Hinsicht an ihr interessiert.

Taniguchi steckte seine leere Lunchbox zurück in seine Tasche, und gab ein unheimliches Kichern von sich.

"Wenn ich wählen müsste, würde ich sie nehmen, Asakura Ryouko."

Taniguchi nickte in Richtung einiger Mädchen ein paar Tische weiter. Inmitten der Gesprächsgruppe saß, mit einem rosigen Lächeln, Asakura Ryouko.

"Nach meiner Analyse ist sie auf jeden Fall in den 'Top Drei der Süssesten Erstjahresschulmädchen'"

"Du hast jedes Erstjahresmädchen dieser Schule untersucht?"

"Ich sortiere Mädchen von A bis D, und glaubt mir, ich erinnere mich nur an die Namen der A-Mädchen. Man geht nur einmal durchs Schulleben - meins soll so fröhlich wie möglich sein."

"Also ist Asakura Ryokou ein A?" fragte Kunikida.

"Sie ist AA+! Ich mein, schau dir nur ihr Gesicht an, ihr Charakter muss erste Klasse sein."

Sogar wenn man Taniguchi's egoistische Kommentare ignoriert, war Asakura Ryouko eine ganz andere Art von süßem Mädchen als Suzumiya Haruhi.

Erstens war sie sehr hübsch; außerdem hinterließ sie einen freundlichen, fürsorglichen Eindruck. Zweitens schien ihr Charakter Taniguchis Beschreibung zu entsprechen. Inzwischen wagte es keiner mehr, mit Suzumiya Haruhi zu sprechen, außer Asakura Ryouko, die immernoch versuchte, mit ihr zu reden. Sie war so leidenschaftlich dabei, dass sie sich fast wie der Klassensprecher verhielt. Drittens, nur anhand der Art, wie sie Fragen von Lehrern beantwortete, erkannte man bereits, dass sie sehr schlau war. Sie antwortete immer richtig - in den Augen der Lehrer war sie vielleicht ein Musterschüler. Um es abzurunden war sie sehr beliebt bei den Mädchen. Das Schulhalbjahr ging gerade erst eine Woche, und sie war schon auf dem Weg, der Mittelpunkt der Mädchen ihrer Klasse zu werden. Es war als wäre sie vom Himmel gefallen und mit extremen Reizen im Sinn geboren!

Verglichen mit der häufig meckernden, Science-Fiction-süchtigen Haruhi war die Wahl wohl klar. Allerdings waren diese zwei Kandidatinnen beide außer Reichweite, jedenfalls für unseren Helden Taniguchi. Keinesfalls würde er eine von beiden bekommen.


Es war immer noch April, und zur Zeit verhielt sich Suzumiya tatsächlich ziemlich nett. Für mich war das ein entspannender Monat. Auf alle Fälle war es noch einen Monat hin, bis Haruhi beginnen würde vom Weg abzukommen.

Aber sogar in dieser Zeit untersuchte ich einige von Haruhis exzentrischen Verhaltensweisen.

Aus welchen Gründen würde ich sowas sagen?

Hinweis #1: Sie änderte ihre Frisur jeden Tag. Darüberhinaus schien sich, meinen Beobachtungen zufolge, eine Art Muster abzuzeichnen. Montags würde Haruhi zur Schule kommen, und ihre langen Haare völlig offen tragen. Am nächsten Tag würde sie es zu einem Pferdeschwanz binden. So sehr ich es auch hasse es zuzugeben, diese Frisur stand ihr. Dann würde sie am nächsten Tag zwei Pferdeschwänze binden, und drei am Tag darauf; am Freitag würde sie vier mit einem Band verschnürte Pferdeschwänze auf dem Kopf haben. Ihre Handlungen waren wirklich enigmatisch!

Montag = 0, Dienstag = 1, Mittwoch = 2...

Genau wie die Wochentage anstiegen, so würden auch ihre Pferdeschwänze immer mehr werden; am nächsten Montag würde der ganze Prozess von vorne anfangen. Mir war nicht klar, warum sie das tat. Der vorher erwähnten Logik folgend würde sie am Sonntag sechs Pferdeschwänze haben... plötzlich wollte ich ihre Sonntagsfrisur sehen.

Hinweis#2: Beim Sportunterricht werden die Klassen 1-5 und 1-6 gemeinsam unterrichtet, wobei Jungen und Mädchen getrennt werden. Wenn wir uns umzogen, gingen die Mädchen in den 1-5 Klassenraum, und die Jungen in den der 1-6; was bedeutet, dass die Jungen aus unserer Klasse (1-5) am Ende der Stunde vor Sport in den anderen Raum gingen und sich umzogen.

Unglücklicherweise ignorierte Haruhi die Kerle in unserer Klasse total, und zog ihre Matrosenuniform aus, bevor die Jungs rausgegangen waren.

Es war, als ob die Jungs für sie nur Kürbisse oder Kartoffelsäcke wären, und sie könnte sich nicht weniger drum scheren. Ohne eine Miene zu verziehen würde sie ihre Uniform auf den Tisch schmeißen und beginnen, in ihr Sweatshirt zu schlüpfen.

In diesem Moment scheuchte Asakura Ryouko die stieläugigen, festgefrorenen Jungen, mich selbst eingeschlossen, aus dem Klassenraum.

Den Gerüchten folgend versuchten die Mädchen, mit Asakura Ryouko als Anführerin, Haruhi aus dieser Angewohnheit rauszureden, aber ohne Erfolg. Jede Sportstunde ignorierte Haruhi den Rest der Klasse, und zog ihre Uniform ohne einen scheuen Blick einfach aus. Daraufhin wurden wir aufgefordert, den Klassenraum zu verlassen, sobald die zweite Glocke klingelte - auf Wunsch Asakura Ryoukos.

Aber mal ehrlich, Haruhi hat eine wirklich klasse Figur... argh, dies ist nicht die Zeit, so etwas zu sagen.

Hinweis#3: Am Ende jedes Unterrichtsblocks war Haruhi unerlaubt abwesend. Sobald die Schulglocke klingelte, griff sie ihren Rucksack und schoss aus dem Klassenraum. Logischerweise dachte ich, sie würde direkt nach Haus gehen; ich hätte nie gedacht, sie würde an irgendwelchen Clubs rund um die Schule teilnehmen. An einem Tag sah man sie Bälle im Basketballclub passen, am nächsten näht sie einen Kissenbezug im Nähclub. Und wiederum einen Tag darauf wedelte sie mit ihrem Stock im Hockeyclub rum. Ich glaube, sie war auch im Baseballclub. Im Grunde war sie also in jedem Sportclub der Schule gewesen. Alle Clubs versuchten, sie zum Beitreten zu bewegen, aber sie lehnte alle ab. Ihre Begründung war: "Es nervt mich die selben Clubaktivitäten jeden Tag zu machen." Und letzendlich trat sie keinem Club bei.

Was versucht dieses Mädchen abzuziehen?

Allein deswegen verbreiteten sich die Neuigkeiten über ein "komisches Erstjahresmädchen" fast ohne Zeitverzögerung an der Schule. Innerhalb eines Monats gab es niemanden mehr, der nicht wusste, wer Suzumiya Haruhi war. Wenn man zum Mai vorspulte, gab es immernoch Leute, die nicht wussten wer der Direktor war, aber der Name Suzumiya Haruhi war schon Allgemeinwissen.

Und so, mit diesen ganzen Sachen ablaufend (und Haruhi immer als Verursacherin) wurde es Mai.

Auch wenn ich selbst denke, dass man an das Schicksal weniger glauben kann, als an das Loch Ness Monster, so hatte, sollte es doch existieren und irgendwo an einem geheimen Ort das menschliche Leben aktiv beeinflussen, mein Rad des Schicksals soeben begonnen, sich zu drehen. Denkbar, dass in irgendeinem abgelegenen Gebirge ein alter Mann gerade sehr damit beschäftigt war, mein Schicksal umzuschreiben.

Nach dem Ende der Ferien zur Goldenen Woche ging ich zur Schule, nicht sicher, welchen Wochentag wir gerade hatten. Das unnatürlich sonnige Maiwetter knallte auf meine Haut und ließ mich schwitzen - der steile Berg wollte scheinbar auch nicht enden. Was will die Erde überhaupt? Leidet sie an Gelbfieber oder was?

"Hey, Kyon."

Von hinten klatschte mir jemand auf die Schulter. Es war Taniguchi.

Sein Blazer hing lose von ihm herunter, seine Krawatte war faltig und zu einer Seite schräg.

"Wo bist du zur Goldenen Woche hingefahren?"

"Ich bin mit meiner kleinen Schwester zu meiner Großmutter aufs Land gefahren."

"Wie öde."

"Na gut, was hast du denn gemacht?"

"Teilzeitjob, natürlich."

"Du siehst nicht aus wie einer von der Sorte..."

"Kyon, du bist jetzt in der Senior High - warum bringst du deine kleine Schwester immernoch zu Oma und Opa? Du musst wenigstens wie ein Senior High Schüler aussehen."

Nebenbei, Kyon bin ich. Meine Tante nannte mich zuerst so. Einige Jahre zuvor sagte meine lange-nicht-gesehen Tante zu mir "Meine Güte, Kyon ist vielleicht gross geworden!". Meine Schwester dachte, es wäre lustig, und begann, mich auch Kyon zu nennen. Danach ist der Rest Geschichte - meine Freunde, nachdem sie meine Schwester gehört hatten, beschlossen, ihr zu folgen. Von diese Tag an war mein Spitzname Kyon. Verdammt, meine Schwester nannte mich bis dahin immer "Onii-chan"!

"Es ist eine Tradition in meiner Familie, ein Familientreffen in der Goldenen Woche zu haben." antwortete ich, als ich den Hügel erklomm.

Das schwitzige Gefühl ließ mich unwohl fühlen.

Taniguchi, langatmig wie immer, prahlte damit, wie er einige süße Mädchen am Arbeitsplatz getroffen hätte, und wie er plante, sein Gespartes für Dates zu verwenden. Leider gehören Themen wie die Träume anderer Menschen, oder wie toll und niedlich jemandes Haustier ist, meiner Meinung nach zu den stumpfesten Themen dieser Welt.

Zu dem Zeitpunkt, als Taniguchi mir seinen Datezeitplan erläuterte (anscheinend störten ihn kleinere Probleme, wie zum Beispiel die Tatsache, dass er keine Freundin hatte, nicht), waren wir am Schultor angekommen.


Suzumiya Haruhi saß bereits hinter meinem Stuhl und starrte aus dem Fenster, als ich in den Klassenraum kam. Sie hatte zwei Dutt-ähnliche Haarklammern auf dem Kopf; schätze es ist Mittwoch. Nachdem ich mich gesezt hatte, stellte ich fest (aus einem Grund, den ich nicht weiß, die einzige existierende Begründung wäre, dass ich in dem Moment bekloppt geworden bin), dass ich wieder mal dabei war, mit Suzumiya Haruhi zu reden.

"Änderst du wegen den Aliens jeden Tag deine Frisur?"

Wie ein Roboter drehte Suzumiya Haruhi ihren Kopf in meine Richtung, und sah mich mit ihrem todernsten Blick an. Es war eigentlich sogar ziemlich angsteinflössend.

"Wann hast du das bemerkt?"

Ihr Ton war so kalt als würde sie zu einem Stein am Strassenrand sprechen.

Ich hielt für eine Weile inne, um darüber nachzudenken.

"Hmm... schon 'ne Weile her."

"Echt?"

Haruhi stützte ihren Kopf auf ihrer Hand ab, sie sah reichlich irritiert aus.

"Ich denke jeder Wochentag gibt ein anderes Bild von sich."

Dies war das erste mal, dass wir eine ordentliche Unterhaltung führten!

"Zur Farbe: Montag ist gelb, Dienstag ist rot, Mittwoch ist blau, Donnerstag ist grün, Freitag ist Gold, Samstag ist braun und Sonntag ist weiß"

Ich kann annähernd verstehen, was sie damit sagen will.

"Das heißt also, wenn wir Zahlen nehmen, um die Farben zu repräsentieren, ist Montag null und Sonntag sechs, richtig?"

"Genau."

"Aber sollte Montag nicht eins sein?"

"Wer hat dich denn nach deiner Meinung gefragt?"

"...ja, richtig."

Scheinbar unzufrieden mit meiner Antwort blickte Haruhi mich böse an. Ich saß einfach nur da, fühlte mich unwohl und ließ die Zeit vergehen.

"Hab ich dich schonmal gesehen? Vor 'ner ganzen Weile?"

"Ich denke nicht."

Nachdem ich geantwortet hatte, kam Okabe-sensei leichten Schrittes in den Klassenraum, und unsere erste Unterhalung war beendet.


Auch wenn unsere erste Unterhaltung nichts war, was man an die große Glocke hängen würde, könnte das der Wendepunkt gewesen sein, nach dem ich gesucht hatte!

Dann allerdings war die einzige Chance mit Haruhi zu reden das Stückchen Zeit vor der ersten Stunde, da sie während den Pausen normalerweise nicht im Raum war. Aber da ich direkt vor ihr saß, dachte ich schon, dass meine Chancen mit ihr zu reden weit höher wären, als die der Anderen.

Aber das, was mich am meisten überrascht hat, war, dass Haruhi mir wirklich ordentlich geantwortet hatte. Ich dachte eigentlich, dass sie etwas wie "Du nervst, Vollidiot, halt's Maul! Geh sterben!" antworten würde. Ich denke mal, ich bin genauso komisch wie sie, schon allein weil ich den Mut aufgebracht habe, mit ihr zu reden.

Darum war ich ziemlich deprimiert, als ich am nächsten Tag in die Schule kam und sah, dass Haruhi, anstatt sich drei Pferdeschwänze zu binden, ihr langes, glattes Haar kurzgeschnitten hatte.

Das hüftlange Haar war auf Schulterlänge gekürzt worden. Ich meine, auch wenn die Frisur ihr steht, sie hat ihre Haare an dem Tag geschnitten, an dem ich mit ihr drüber gesprochen habe! Sie schaut offensichtlich auf mich hinab. Was zur Hölle?!

Als ich sie nach dem Grund für das Ganze fragte, meinte sie jedoch:

"Kein Grund."

Sie antwortete in ihrem typisch irritierten Ton, und zeigte keinen speziellen Ausdruck. Sie würde mir den Grund nicht sagen.

Aber ich habe das erwartet, also ist das in Ordnung.


"Hast du wirklich probiert, allen Clubs beizutreten?"

Von diesem Tage an wurde das Gespräch mit ihr in dem bisschen Zeit vor der ersten Stunde meine tägliche Routine. Natürlich würde Haruhi keine Reaktion zeigen, wenn ich nicht versuchen würde, das Gespräch anzufangen. Eine andere Sache war, dass sie mich, wenn ich über die TV-Serien der letzten Nacht oder über das Wetter (die Themen die sie als "dumme Themen" verpönte) redete, einfach ignorierte. Deshalb suchte ich das Gesprächsthema sorgsam aus, wenn ich mit ihr redete.

"Gibt es einen Club der mehr Spaß macht als andere? Ich überlege mir selbst einigen beizutreten"

"Keine." antwortete Haruhi flach. "Absolut keine."

Sie betont dies nocheinmal, und atmet dann langsam aus. Seufzte sie etwa?

"Ich dachte die High School wird ein wenig besser. Aber eigentlich ist es dasselbe wie Pflichtunterricht. Nichts ändert sich. Sieht aus als ginge ich auf die falsche Schule."

Fräulein, welche Kriterien hast du dir angesehen, als du dich entschieden hast, welche Schule zu besuchen ist?

"Sportclubs und Kulturclubs sind alle dieselben. Wenn es doch nur einzigartige Clubs in der Schule geben würde..."

"Naja, was gibt dir das Recht zu entscheiden, ob andere Clubs normal sind oder nicht?"

"Sei doch ruhig. Wenn ich einen Club mag, ist er einzigartig, sonst ist er normal."

"Wirklich? Dachte mir schon, dass du das sagen würdest."

"Hmph!"

Sie drehte genervt ihren Kopf weg, womit sie das Ende des heutigen Geschprächs signalisierte.

Sie drehte genervt ihren Kopf weg, womit sie das Ende des heutigen Geschprächs signalisierte.


Ein anderer Tag:

"Ich hab da letztens was gehört... es ist auch nichts wichtiges... aber hast du wirklich allen deinen Freunden einen Laufpass gegeben?"

"Warum muss ich mir das von dir nochmal anhören?"

Sie bürstete das Haar bei ihren Schultern, und starrte mich mit ihren leuchtenden schwarzen Augen an. Mein Gott, sofern nicht komplett emotionslos, sieht man sie mit dem verärgerten Gesicht am häufigsten.

"Hat dir das dieser Taniguchi erzählt? Oh Gott, ich kann nicht glauben, dass ich immernoch in derselben Klasse mit diesem Vollidiot bin, sogar nach meinem Abschluss auf der Junior High. Er ist nicht etwa einer dieser stalkenden Psychos, oder?"

"Ich denke nicht," dachte ich.

"Ich weiß nicht, was du gehört hast, aber es ist auch egal, weil das Meiste davon sowieso stimmt."

"Gibt's nicht irgendjemanden da draußen, mit dem du eine ernste Beziehung willst?"

"Absolut niemanden!"

Totale Ablehnung scheint ihre Devise zu sein.

"Jeder einzelne von ihnen ist ein Schwachkopf, ich kann einfach keine ordentliche Beziehung mit denen eingehen. Jeder von ihnen würde mich bitten, ihn Sonntag am Bahnhof zu treffen, dann würden wir sicher ins Kino, in den Freizeitpark oder zu einem Ballspiel gehen. Das erste Mal, dass wir zusammen essen, würde immer ein Mittagsdate sein, dann würden wir in ein Café stürmen um Tee zu trinken. Und am Ende des Tages würden sie alle immer sagen 'bis morgen!'"

"Ich seh daran nichts falsches!" dachte ich für mich; aber ich traute mich nicht, es auszusprechen. Wenn Haruhi sagt, es ist schlimm, dann muss es für sie schlimm sein.

"Dann, ohne Frage, würden sie es mir über Telefon offenbaren. Was zur Hölle?! Das ist ein ernstes Thema, sag's mir wenigstens ins Gesicht!"

Ich kann diesen Jungs Mitleid entgegenbringen. Ein so wichtiges (für sie zumindest) Geständnis jemandem zu machen, der auf dich niederschaut, wie auf einen Wurm, würde wohl jeden in Unwohlsein versetzen. Sie haben ihre Nerven nur dadurch verloren, dich gesehen zu haben! Ich denke darüber nach, was diese Jungen wohl gedacht haben, als ich Haruhi antworte.

"Hmm, stimmt schon. Ich würde das Mädchen einladen und es ihr direkt sagen."

"Wer zum Henker schert sich um dich?"

Was zum... hab ich schon wieder was falsches gesagt?

"Das Problem ist: Sind denn alle Jungen dieser Welt solch unterbelichtete Kreaturen? Mich plagt diese Frage seit der Junior High."

Das macht's auch nicht besser!

"Dann, welchen Typ Jungen würdest du 'interessant' finden? Werden es zum Schluss doch wieder Aliens sein?"

"Mir reichen Aliens oder gleichartige Dinge, solange sie nicht normal sind. Seien sie männlich oder weiblich."

"Warum bestehst du eigentlich auf irgendetwas anderes als Menschen?"

Als ich das sagte, sah Haruhi mich verachtend von oben an.

"Weil Menschen überhaupt keinen Spaß machen!"

"Damit... hast du vielleicht Recht."

Nichtmal ich kann Haruhi's Idee etwas entgegensetzen; wenn sich herausstellt, dass dieser süße Austauschschüler halb Erdling halb Alien ist, würde selbst ich denken es wäre cool. Wen Taniguchi, zur Zeit neben mir sitzend und Haruhi und mich ausspionierend, ein Detektiv aus der Zukunft wäre, wäre es sogar noch cooler. Wenn Asakura Ryouko, die aus irgendeinem Grund nicht aufhört, mich anzulächeln, irgendeine Art übernatürliche Kraft hätte, würde mein Schulleben so spannend sein, wie es maximal sein kann.

Aber nichts davon ist möglich - keine Aliens, Zeitreisenden oder übernatürlichen Kräfte existieren in dieser Welt. Okay, lasst uns annehmen, es gäbe sie. Sie würden nicht einfach auftauchen, direkt vor uns bescheidenen Erdbewohnern, und sagen "Hallo, ich bin übrigens ein Alien."

"DARUM!"

Haruhi stand plötzlich auf und kippte ihren Stuhl um, was jeden dazu veranlasste, sich umzudrehen und sie anzusehen.

"DARUM ARBEITE ICH SO HART!"

"Entschuldigt die Verspätung!"

Der immer optimistische Okabe-sensei, der ziemlich außer Atem war, kam ins Klassenzimmer. Als er sah, dass die ganze Klasse Haruhi anblickte, die da stand, ihre Fäuste geballt, Augen auf die Decke fixiert, war er genauso überrascht und stand einfach nur da.

"Ähm... die erste Stunde fängt an!"

Haruhi setzte sich sofort und starrte die Ecke ihres Tisches an. Puh!

Ich drehte mich nach vorn, die ganze Klasse folgte meinem Beispiel und drehte sich genauso. Dann trat Okabe-sensei desorientiert von der Aufregung auf die Bühne, und ließ einen weichen Huster hören.

"Entschuldigt meine Verspätung. Äh... dann lasst uns mal anfangen!"

Er wiederholt sich noch einmal, und letztendlich kehrt die Klassenatmospähre wieder zu "normal" zurück - auch wenn das die Sorte Atmosphäre ist, die Haruhi am meisten hasst!

Vielleicht ist das Leben einfach so?


Aber, um ehrlich zu sein, bin ich tief in meinem Herzen neidisch auf Haruhi's Lebenseinstellung.

Sie hat immernoch die Hoffnung jemanden aus der übernatürlichen Welt zu treffen, die ich schon lange vorher aufgegeben habe, und sie jagt ihrem Traum enthusiastisch hinterher. Wenn Rumsitzen und Warten nichts bringt, dann lasst sie uns rufen! Darum macht Haruhi solche Sachen wie weiße Linien auf den Schulhof zeichnen, Symbole auf's Dach malen, und überall verfluchte Papierglücksbringer hinhängen.

Hach~!

Ich weiss nicht wann Haruhi anfing so komische Sachen zu machen, die andere sie für eine Okkultistin halten ließen. Warten bringt nichts, also warum sollen wir keine komischen Zeremonien starten um sie anzurufen? Aber letzendlich passierte allerdings wieder nichts. Vielleicht hat Haruhi darum immer ihren "verfluche-die-ganze-Welt" Blick auf dem Gesicht...?


"Hey, Kyon."

Nach der Klasse versuchte Taniguchi mich mit seinem mysteriösem Gesich in eine Ecke zu drängen. "Taniguchi, du siehst mit diesem Gesichtsausdruck wie ein total Bekloppter aus!"

"Sei ruhig! Mich interessiert nicht was du sagst. Jedenfalls... welchen Zauberspruch hast du verwendet?"

"Was für 'nen Spruch?"

'Hoch entwickelte Technik ist ununterscheidbar von Magie!' Ich erinnerte mich an diesen Ausspruch als ich Taniguchi die Gegenfrage stellte. Dann zeigte er mit seinem Finger auf Haruhis jetzt leeren Stuhl.

"Das ist das erste Mal, dass ich Suzumiya Haruhi so lange mit ein und derselben Person reden sehen habe! Worüber habt ihr geredet?"

"Achso, worüber haben wir geredet...? Ich hab ihr ein paar normale Fragen gestellt, das ist alles."

"Wie zutiefst schockierend!"

Taniguchi setzte sarkastisch einen erfurchtsvollen Ausdruck auf, dann kam Kunikida hinter Taniguchi hervor.

"Kyon mochte schon immer komische Mädels."

Hey, sag keine Sachen, die zu Missverständnissen führen!

"Es ist egal, ob Kyon komische Mädels mag. Was ich nicht verstehe, ist, warum würde Suzumiya mit dir reden? Ich verstehs überhaupt nicht."

"Vielleicht ist Kyon so komisch wie sie?"

"Kann sein. Ich mein, du kannst von niemandem, dessen Spitzname Kyon ist, erwarten, normal zu sein."

"Hört auf mich ständig Kyon, Kyon, Kyon zu nennen! Anstelle dieses dummen Spitznamens solltet ihr wenigstens meinen echten Namen verwenden! Am allerwenigsten will ich meine Schwester mich "Onii-chan" nennen hören!"

"Das will ich auch wissen."

Die Stimme eines heiteren Mädchens kam aus dem Nichts. Ich hob meinen Kopf und sah, natürlich, Asakura Ryouko's unschuldig lächelndes Gesicht.

"Ich hab schon einige Male versucht, mit Suzumiya Haruhi zu reden, aber ich hatte keinen Erfolg. Könntest du mir vielleicht beibringen, wie ich mit ihr reden soll?"

Ich tat so, als würde ich eine Weile darüber nachdenken, eigentlich dachte ich aber überhaupt nichts.

"Weiß nich."

Als sie das hörte, lächelte Asakura.

"Ich bin so erleichtert. Sie kann sich nicht einfach weiterhin so von ihren Klassenkameraden isolieren, also ist es klasse, dass du ihr Freund geworden bist."

Asakura Ryouko kümmert sich wie ein Klassensprecher um sie, nun, weil sie nunmal die Klassensprecherin ist. Sie wurde in unserer letzten langen Organisationsstunde gewählt.

"Freund, hä?"

Unsicher schüttelte ich den Kopf. Ist es wirklich so? Der einzige Ausdruck, den Haruhi mir zukommen lässt, wann immer ich mit ihr rede, ist ein finsterer Blick!

"Du musst Suzumiya-san weiterhin helfen, damit sie mit der Klasse klarkommt. Wir sind immerhin in derselben Klasse, also zählen wir auf dich!"

"Uff, selbst wenn du das sagst hab ich immernoch keine Ahnung, was ich tun soll!"

"Wenn ich Suzumiya-san irgendetwas sagen möchte, werde ich dich bitten, ihr die Nachricht weiterzuleiten!"

"Nein, warte! Ich bin nicht ihr Sprachrohr!"

"Bitte?" fragte sie freundlich und legte ihre Hände zusammen.

Mit ihrer Bitte konfrontiert, konnte ich nur vage Antworten wie "öhm" und "ähh..." geben. Asakura verstand dies als ein Ja, zeigte mir ihr zuckersüßes Lächeln und ging dann zurück zu den andern Mädchen. Als ich bemerkte, dass die andern Mädchen mich ansahen, fiel mein Herz bis zum Grund eines Canyons.

"Kyon, wir sind gute Freunde, oder...?" fragte Taniguchi, mich verdächtig ansehend.

"Was zur Hölle ist hier los?"

Sogar Kunikida, mit seinen geschlossen Augen und gekreuzten Armen vor seiner Brust, nickte.

Oh mein Gott! Warum bin ich von einem Haufen Idioten umgeben?!


Es scheint, als hätte irgendjemand entschieden, dass die gesamte Klasse allmonatlich ihre Sitzordnung ändern müsse. Darum schrieb Klassensprecherin Asakura alle Sitznummern auf kleine Zettel, legte sie in eine Keksdose, und ließ jeden von uns ziehen. Im Endeffekt saß ich nun auf dem Platz in der vorletzten Reihe am Fenster mit Blick auf den Hof. Ratet mal wer den letzten Platz hinter mir bekam? Richtig. Es ist die immer-grimmige Haruhi!

"Warum ist nichts Interessantes passiert?! Zum Beispiel kleine Grundschulkinder, die eins nach dem anderen verschwinden, oder einige Lehrer, die in einem verschlossenem Klassenraum ermordet werden?"

"Hör auf, solchen Horrorkram zu erzählen!"

"Ich bin der Mysteriums-Studiergruppe beigetreten."

"Oh? Was ist passiert?"

"Es war so dämlich. Es ist nichts Interessantes passiert! Darüberhinaus sind alle Clubmitglieder Fans von Detektivgeschichten, aber es gibt keinen, der wie ein echter Detektiv aussieht!"

"Ist das nicht normal?"

"Ich hatte eigentlich Hoffnungen im Bezug auf die Übernatürliche Studiergruppe..."

"Echt?"

"Aber es stellte sich heraus, dass es ein Haufen okkulter Irrer ist. Klingt das für dich etwa nach Spaß?"

"Nicht wirklich."

"Ach verdammt, es ist soo langweilig! Warum hat diese Schule nicht einen ansatzweise interessanten Club?"

"Tja, da kannst du nicht viel gegen tun."

"Ich dachte, nachdem ich nun zur Senior High gehe, würde ich einigen Wahnsinnsclubs begegnen! Seufz, dass ist, als wenn du in die Major League kommen willst, und dann entdeckst, dass deine Schule nicht mal ein Baseballteam hat."

Haruhi sah aus wie eine Art Todesfee, die bereit war, zu einhundert Buddhistischen Klöstern zu gehen und ein paar Flüche zu sprechen. Sie blickte verachtend in den Himmel und seufzte laut.

Sollte ich sie bemitleiden?

Ich weiß nicht, welche Art Clubs Haruhi mag. Vielleicht weiß sie es selbst nicht. Sie will "etwas Interessantes" machen. Was ist "etwas Interessantes"? Beinhaltet das, einen Mordfall aufzuklären? UFOs suchen? Exorzismus? Ich glaube sie hat selbst keine Ahnung.

"Ich glaube da kann man nichts machen, wenn es keine gibt."

Ich entschied mich, meine Meinung auszudrücken.

"Von den Ergebnissen ausgehend sind Menschen normalerweise mit ihrer momentanen Situation zufrieden. Die, die es nicht sind, werden allerdings versuchen, etwas zu erfinden oder zu entdecken, das die Zivilisation weiterentwickelt. Jemand wollte fliegen also schuf er Flugzeuge. Jemand wollte leicht reisen, also wurden Automobile und Züge erfunden. Aber: Diese Dinge wurden von Leuten erschaffen, die besonderes Talent hatten. Nur Genies können diese Vorstellungen wahrmachen. Wir Normalsterblichen sollten unser Leben einfach voll ausleben. Wir sollten nichts Impulsives tun, nur weil wir abenteuerlustig sind."

"Halt die Klappe..."

Haruhi schnitt einfach meine ziemlich perfekte Rede ab, oder zumindest ist es das, was ich denke, und drehte ihren Kopf in die andere Richtung. Sieht aus, als wäre sie jetzt ziemlich grantig. Aber mal ehrlich, wann ist sie das nicht? Ich bin schon dran gewöhnt.

Dieses Mädchen interessiert vielleicht gar nichts - es sei denn, es beinhaltet übernatürliche Kräfte, die weit über die Realität hinausgehen. Diese Welt hat sie aber nicht. Nein, echt.

Lang leben die Gesetze der Physik! Dank euch können wir Menschen in Frieden leben. Obwohl Haruhi deswegen erschaudern könnte.

Ich bin normal, oder?


Irgendwas muss es hervorgerufen haben.

Vielleicht die Unterhaltung von vorher?

Ich sah es nämlich niemals kommen!


Die warme Sonne machte alle im Klassenraum müde. Gerade als ich meinen Kopf neigte und schlafen wollte, wirkte eine heftige Kraft an meinem Kragen und zog mich nach hinten. Da diese Kraft so stark war, knallte mein Kopf auf die Ecke des Tisches hinter mir. Sofort kamen mir die Tränen.

"Was fällt dir eigentlich ein?!"

Ich drehte meinen Kopf wütend herum und sah Haruhi, mit einer Hand immernoch an meinem Kragen, ein großes Lächeln so hell wie die Tropensonne lächeln - ehrlich, das ist das erste Mal, dass ich sie lächeln gesehen hab! Wenn Lächeln in Temperatur gemessen werden könnten, wäre ihr Lächeln so heiß wie ein tropischer Regenwald.

"Ich hab's!"

"Hey, spuck mich nicht an!"

"Warum hab ich nicht früher daran gedacht?"

Haruhis Augen schienen so hell wie der Albireo Alpha Stern. Sie sah mich bedeutungsvoll an. Unwillig fragte ich: "Was hast du dir ausgedacht?"

"Wenn er nicht existiert, kann ich einfach selbst Einen gründen!"

"Was gründen?"

"Einen Club!"

Mein Kopf dröhnte plötzlich, und ich denke nicht, dass dies was damit zu tun hatte, dass mein Kopf soeben die Tischplatte gerammt hat.

"Wirklich? Was für eine vorzügliche Idee. Kannst du mich jetzt loslassen?"

"Was ist mit deiner Einstellung los? Du solltest fröhlicher sein!"

"Wegen deiner Idee sprechen wir später miteinander. Jetzt möchte ich erstmal, dass du ganz scharf überlegst wo wir sind, DANN kannst du deine Freude mit mir teilen. Aber beruhige dich erstmal, okay?"

"Was meinst du?"

"Es ist immer noch Unterricht..."

Haruhi ließ endlich meinen Kragen los. Ich fasste mir an die Rückseite meines ertaubenden Kopfes und drehte mich langsam um. Ich bemerkte, dass die ganze Klasse total verschreckt aussah. Die frisch eingestellte neue Englischlehrerin starrte mich mit der Kreide in der Hand an und sah aus, als würde sie gleich losweinen.

Ich signalisierte Haruhi, dass sie sich schnell hinsetzen sollte, und zuckte mit den Schultern in Richtung der armen Lehrerin.

Bitte fahren sie mit dem Unterricht fort.

Ich hörte Haruhi irgendetwas murmeln und setzte mich widerwillig. Die Lehrerin fuhr mit ihren Tafelaufschrieben fort...

Einen neuen Club gründen?

Hmmmm...

Sag nicht ich bin schon ein Mitglied?

Mein schmerzendes Cerebrum ist zur Zeit nur dazu da, mein Unbehagen noch zu verstärken.




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