Suzumiya Haruhi:Band4 Kapitel5

From Baka-Tsuki
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Kapitel 5[edit]

"..."

Ich wusste noch immer nicht, was ich sagen sollte. Nagato wandte sich zu Asahina-san und sagte:

"Lass mich dir die Raum-Zeit-Koordinaten des Zieles geben."

"Oh, in Ordnung."

Wie ein artiger Hund, der seinem Herrchen die Pfote geben will, streckte Asahina-san ihre Hand aus.

"Nur zu."

Nagato tippte leicht mit ihrem Finger auf Asahina-sans Handrücken und zog ihn danach wieder zurück... Das war alles? Asahina-san schien sich jedenfalls damit zufriedenzugeben.

"Jetzt verstehe ich alles, Nagato-san. Wir müssen nichts weiter machen als 'sie' zu kurieren, oder? Das sollte nicht schwer sein, da 'sie' zu diesem Zeitpunkt ja keine Kräfte haben wird..."

Die Zeitreisende wirkte entschlossen und ballte ihre Faust, dann sagte die Außerirdische:

"Bitte wartet."

Die brillenlose Nagato sagte daraufhin:

"In eurem Zustand wärt ihr von den Veränderungen im Raum-Zeit-Kontinuum auch betroffen. Es ist nötig, Gegenmaßnahmen zu ergreifen."

Dann streckte sie ihre Hand aus.

"Deine Hand."

Wofür? Wollte sie Hände schütteln? Ich streckte gehorsam meine rechte Hand aus. Nagatos eiskalte Finger ergriffen mein Handgelenk, wodurch sich mein Herzschlag für eine Weile beschleunigte.

"…"

Plötzlich bewegte Nagato ihr missmutig wirkendes Gesicht in Richtung meines Armes.

"Huch!"

rief ich unfreiwillig. Es war wohl eine unvermeidbare Reaktion, nehme ich an. Die neben mir kniende Nagato berührte mein Handgelenk nicht nur sanft mit ihren Lippen, sondern entblößte sogar ihre Zähne. Es war wie während dem Filmdreh, als sie Asahina-san ständig angegriffen und gebissen hatte.

Es tat eigentlich nicht weh, sondern fühlte sich eher so wie die sanften, spielerischen Bisse von Shamisen an, die ich immer zu spüren bekam, wenn ich ihn streichelte. Obwohl es so prickelte, als würde mich etwas stechen, als sich die Eckzähne in meine Haut gruben, tat es überhaupt nicht weh. Vielleicht lag es daran, dass Nagatos Speichel irgendein Betäubungsmittel enthielt, das die Schmerzen unterdrückte. Es fühlte sich eher wie ein Moskitostich an.

Die neben mir kniende Nagato berührte mein Handgelenk nicht nur sanft mit ihren Lippen, sondern entblößte sogar ihre Zähne.

Nachdem sie etwa fünf bis zehn Sekunden in meine Hand gebissen hatte, hob Nagato langsam ihren Kopf.

"Deine Körperoberfläche wurde mit einem datenmanipulierenden Tarnfeld und Schutzschild versehen",

sagte Nagato ohne dabei auch nur rot zu werden. Asahina-san hielt sich hingegen die Hände vor den Mund und wirkte ziemlich beeindruckt. Ich fühlte mich etwas benommen und schaute auf mein Handgelenk. Dort waren zwei kleine Löcher zu sehen, die wirkten, als stammten sie von einem Vampirbiss. Während ich sie anblickte, begannen die beiden Löcher zu heilen und verschwanden spurlos. Genauso wie bei Asahina-san während des Filmdrehs, waren auch in meinen Körper Nagatos Nanomaschinen injiziert worden.

"Du auch."

Gemäß Nagatos Aufforderung streckte die verängstigte Asahina-san ihre Hand aus.

"Es ist eine Weile her, seit du mir das letzte Mal eine Injektion gegeben hast. Es muss für dich damals schwer gewesen sein..."

"Das ist das erste Mal, dass ich dir eine Injektion gebe."

"Ach ja, stimmt. Das hatte ich vergessen..."

Mit fest geschlossenen Augen streckte die Zeitreisende ihr Handgelenk aus und empfing die Kusszeremonie des Aliens. Das Injizieren der Nanomaschinen dauerte bei ihr nicht so lange wie bei mir. Nachdem es vorbei war, fing Asahina-san an, trocken zu husten.

"Lass uns losgehen. Kyon-kun, jetzt wird es ernst."

Wirklich? Die Aufwärmphase hatte diesmal ganz schön lange gedauert! Andererseits gab ich nur mein Bestes, das hier für alle nachzuerzählen, obwohl ich es eigentlich nicht wollte.

"Danke."

Ich versuchte, ruhig zu bleiben, als ich mich bei der Herrin der Wohnung bedankte. Die stille Nagato reagierte nicht. Ich konnte keinerlei Persönlichkeit in ihren Zügen erkennen. Aber ich hatte trotzdem aus irgendeinem Grund das Gefühl, dass sich die dort vor mir stehende Nagato einsam fühlte. Lag ich mit meiner Annahme richtig?

"Also bis dann, Nagato. Stell sicher, dass du, bis Haruhi und ich auftauchen, im Literaturclubraum auf uns wartest."

Das von Außerirdischen erschaffene, organische Wesen nickte mechanisch, als wäre es eine Puppe, der man gerade Leben eingehaucht hatte.

"Ich werde warten."

Dieser Satz reichte aus, um in meinem Herzen ein geheimnisvolles Feuer zu entfachen. Obwohl es nicht heller war als das eines Zigarettenstummels, den jemand auszumachen vergessen hatte. Während ich darüber nachdachte, woher dieser kleine Funken kam, sagte Asahina-san:

"Damit dir nicht unwohl wird..."

Sie hielt meine Schultern fest.

"Könntest du bitte deine Augen schließen?"

Ich folgte ihren Anweisungen. Asahina-san schien direkt vor mir zu stehen und hielt meine Hände.

"Kyon-kun."

Diese weiche Stimme klang einfach zu angenehm. Wollte sie mir einen Kuss geben?

"Los geht's"

Bitte, mach weiter. Du kannst mich so oft küssen wie du willst; je leidenschaftlicher, desto besser. Gerade als ich das dachte...

Das dramatische Schwindelgefühl hatte begonnen. Es war gut, dass ich meine Augen geschlossen hatte. Selbst wenn ich sie geöffnet hätte, hätte ich um mich herum vermutlich sowieso nur Schwärze gesehen, als ob es einen Stromausfall gegeben hätte. Nun fühlte ich mich so, als ob ich ohne Gurt in einer Achterbahn sitzen würde; ich war nicht mehr sicher, ob mein Blut meinen Körper verlassen hatte oder in mein Gehirn strömte. Das Gefühl, schwerelos durch die Gegend zu schweben, hielt an. Obwohl ich meine Augen geschlossen hielt, wurde mir trotzdem schwindelig. Dass ich nicht das Bewusstsein verlor, verdanke ich nur der Wärme, die ich durch Asahina-sans Hand fühlte.

Wie viele Minuten dauerte es schon? Oder waren es sogar Stunden? Ich hatte mein Raum- und Zeitgefühl völlig verloren. Ich halte es nicht mehr lange aus. Asahina-san, ich hab das Gefühl, ich muss mich übergeben...

Als ich mich gerade unhöflich nach etwas umschauen wollte, in das ich mich übergeben konnte...

"Äh... wir sind angekommen."

Endlich fühlte ich nach langer Zeit wieder festen Boden unter meinen Füßen. Die Kälte des Bodens kroch durch meine Socken in meinen Körper. Mein Gleichgewichtssinn funktionierte auch wieder. Und der Drang, mich zu übergeben, war plötzlich auch verschwunden, als hätte ich ihn mir nur eingebildet gehabt.

"Du kannst die Augen wieder öffnen. Glücklicherweise sind wir am Ort gelandet, den Nagato-san uns genannt hat... und die Zeit stimmt auch."

Ich hob meinen Kopf und sah am Nachthimmel einige Sternenbilder des Winters funkeln. Da die Luft sauberer war, konnte man die Sterne viel deutlicher als im Sommer erkennen. Ich drehte mich um und erkannte sofort das Dach der North High, das sich weit über die Dächer der Wohnhäuser erhob.

Um nochmal zu bestätigen, wo ich mich befand, schaute ich mich um. Obwohl es dunkel war, konnte ich mich nicht täuschen. Erst vor wenigen Stunden hatte ich hier gestanden. Ich konnte mich immer noch sehr gut an Haruhi mit Pferdeschwanz und Koizumi in meiner Sportuniform erinnern.

Das hier war der Ort, an dem sich die beiden umgezogen hatten. Musste wohl ein Zufall sein, nehme ich an!

Und welche Zeit war es?

Asahina-san sagte, während sie auf ihre Uhr schaute:

"Es ist 4:48 am Morgen des 18. Dezembers. In ungefähr fünf Minuten wird die Welt verändert werden."

Von dem 20., an dem ich die "Enter"-Taste drückte und drei Jahre in der Zeit zurückreiste aus gesehen, lag der 18. zwei Tage in der Vergangenheit. An diesem Tag ging ich wie üblich zur Schule ohne zu ahnen, was geschehen würde, und als ich sah, dass sich die North High komplett verändert hatte, stürzte ich in einen Zustand des Chaos. Haruhi war plötzlich verschwunden, während Asakura zurückgekehrt war, und Asahina erkannte mich nicht, wohingegen Nagato zu einer völlig anderen Person geworden war.

Hier hatte alles begonnen, ich befand mich nun in der Zeitperiode, in der die Veränderung stattfinden würde. Anders ausgedrückt konnte ich es auch verhindern, und das war der Grund, aus dem ich jetzt hier stand.

Während ich von der intensiven Erwartung aufgeputscht wurde...

"Oh nein! Ich hab meine Schuhe vergessen!"

rief Asahina-san leise aus.

Da wir direkt aus einer Wohnung in die Zukunft gereist waren, hatten wir natürlich keine Schuhe an. Wie von Asahina-san zu erwarten war, konnte nicht mal eine Zeitreise ihre Schusseligkeit kurieren…

"Wird Nagato sich für mich gut um sie kümmern?"

Ihre Unsicherheit ließ meine eigene Nervosität für einen Moment verschwinden. Ich war mir sicher, dass sie sich gut um sie kümmern würde. Immerhin hatte sie es geschafft, einen Tanzaku (eine Art Talisman) drei Jahre lang aufzubewahren. Sie würde ein Paar Schuhe nicht so leicht verlieren. Du kannst jederzeit zu ihrer Wohnung gehen und in ihrem Schrank nachsehen...

Als ich ruhig darüber nachdachte, fuhr plötzlich ein sehr unangenehmes Gefühl durch meinen Körper, als hätte ich einen Stromschlag bekommen.

Das lag daran, dass ich keine Schuhe trug, ganz zu schweigen davon, dass ich vom Sommer zurück in den eisigen Winter gesprungen war, so dass sich die Kälte besonders intensiv anfühlte. Ich dachte sofort daran, die Jacke, die ich immer noch in meinen Händen hielt, wieder anzuziehen. Aber dann bemerkte ich, dass Asahina-san zittere, während sie ihre Arme fest um sich geschlungen hatte. Nun ja, wenn man bei diesen niedrigen Temperaturen nur eine langärmelige Bluse und einen engen Minirock trug, war es nur natürlich, dass man verdammt fror.

"Zieh das hier an."

Ich legte ihr meine Jacke um die bebenden Schultern. Selbst ich war von meiner Selbstlosigkeit beeindruckt.

"Oh, vielen Dank. Es tut mir so leid."

Es gibt keinen Grund sich zu entschuldigen, das war nichts. Hättest du vor drei Jahren nicht auf mich gewartet, dann hätte ich gar nicht hierher zurückkommen können. Das allein reichte schon aus, dass ich alle meine Klamotten für sie ausgezogen hätte.

Asahina-san schenkte mir ein Lächeln, das Sinnlichkeit und Niedlichkeit perfekt verband, und mehr als der Hälfte derjenigen, die es zu sehen bekämen, weiche Knie bescheren würde, und sagte dann ernst:

"Es ist gleich soweit."

Vielleicht war es gar nicht mal so schlecht, dass wir unsere Schuhe vergessen hatten, denn so machten wir beim Laufen keine Geräusche. Trotzdem wagten Asahina-san und ich es, laut zu atmen, als wir mit kleinen Schritten in Richtung Eingang der North High gingen. Wir hielten an der Ecke und steckten wie Jäger, die ihrer Beute folgten, nur unsere Köpfe heraus, um den Pfad vor uns im Dunkeln zu beobachten.

Obwohl es in dieser Gegend wenig Straßenlaternen gibt, stand eine von ihnen direkt vor dem Tor. Nur im beleuchteten Gebiet war etwas zu erkennen. Obwohl das Licht nur schwach war, würden wir trotzdem erkennen können, wer darunter stand.

"Da kommt sie..."

Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter. Ich fühlte Asahina-sans intensiven, aber trotzdem süßen Atem in meinem Ohr. Normalerweise wäre ich wie verzaubert gewesen, aber ich war jetzt nicht in der Stimmung dafür.

Der Raum-Zeit-Umwandler tauchte aus den Schatten auf und war nun deutlich unter der Lampe zu erkennen.

Eine Uniform der North High. Dies war die Person, von der Nagato gesprochen hatte. "Diese Person" war der Übeltäter, der unsere Welt verändert, die Mitglieder der SOS-Brigade getrennt und alle zu normalen Menschen gemacht hatte. Nur meine Erinnerungen waren verblieben, während die Erinnerungen und Vorgeschichten aller anderen völlig verändert worden waren.

"Diese Person" war gerade dabei, sich ans Werk zu machen.



Ich konnte noch nicht losstürmen, ich musste warten, bis sich alles verändert hatte. Das war die Anweisung, die mir Nagato gegeben hatte. Sonst würde die Zeitlinie, in der ich das Ausstiegsprogramm aktiviert hatte, niemals existiert haben. Ich hatte nicht wirklich verstanden was Nagato meinte, obwohl sie und Asahina-san sich ihrer Sache ziemlich sicher waren. Sie kennen sich anscheinend ziemlich gut mit dem Zeitfluss aus, während eine Person wie ich das nie verstehen könnte. Da ich es sowieso nicht verstehen werde, kann ich auch gleich den Anweisungen der Profis folgen. Diese Nagato würde niemals lügen, wie sie immer mit einem ernsten Gesichtsausdruck an unserer Seite stand...

Ich umklammerte die kleine Nadelpistole, die ich von Nagato bekommen hatte, fest und wartete weiter still ab.

Mit gleichmäßigen Schritten erschien "diese Person" vor dem Tor der North High. Sie hob ihren Kopf, um den in Dunkelheit getauchten Schulkomplex zu betrachten und hielt an.

Der Rock ihrer Matrosenuniform flatterte im Wind.

Sie schien uns nicht zu bemerken. Das lag an den Nanomaschinen, die Nagato uns injiziert hatte, damit sie die Oberflächen unserer Körper mit einem Schutzschild und einem Tarnfeld umgaben.

"Diese Person" hob plötzlich einen Arm und machte eine Bewegung, als wolle sie etwas in der Luft greifen. Es sah irgendwie unnatürlich aus, als würde etwas sie kontrollieren, aber ich wusste, dass das nicht der Fall war.

"Unglaublich", rief Asahina-san. "Das war ein mächtiges Zeitbeben. Sie hatte wirklich solche Kräfte... Ich kann es immer noch kaum glauben, selbst nachdem ich es gerade mit meinen eigenen Augen gesehen habe."

Meine eigenen Augen konnten keine solche Veränderung erkennen. Der Nachthimmel war immer noch dunkel. Trotzdem schien Asahina-san bemerkt zu haben, wie diese Person auf irgendeine Weise eine gewaltige Veränderung der Weltgeschichte vorgenommen hatte. Allerdings stammt sie auch aus der Zukunft, es ist also keine Überraschung, dass sie es wahrnehmen kann.

Asahina-san lehnte sich eng an mich. Eigentlich hätte uns die Veränderung der Welt durch "diese Person" auch beeinflusst, aber durch Nagatos Biss waren wir geschützt. Nagato und Asahina-san hatten mir wirklich weitergeholfen, meine Entscheidung war also richtig gewesen. Als nächstes kam nun die Aktion, die die ganze Sache beenden würde; ich konnte mir einfach nicht erlauben, an der letzten Hürde zu scheitern.

Als ich sah, dass die Person ihren Arm runternahm und sich plötzlich in unsere Richtung drehte, hielt ich meinen Atem an. Zunächst dachte ich, dass sie bemerkte hätte, dass wir sie beobachtet hatten, aber anscheinend schaute sie sich nur um.

"Keine Angst, sie hat uns nicht bemerkt. Sie wurde gerade 'wiedergeboren'. Das Zeitbeben... die Veränderung der Welt ist abgeschlossen. Kyon-kun, nun sind wir am Zug",

sagte Asahina-san mit einer angespannten und ernsten Stimme und gab mir das Signal.

Ich trat aus der Dunkelheit hervor und begab mich in Richtung Schultor. Es gab keinen Grund, sich zu beeilen, da sie nicht weglaufen würde. Wie erwartet stand "diese Person", als sie mich im Licht der Straßenlaterne bemerkte, immer noch vor dem Schultor. Die einzige Veränderung war ihr Gesichtsausdruck. Als ich ihren erstaunten Gesichtsausdruck sah, fühlte ich mich auf einmal melancholisch.

"Hallo",

rief ich ihr zu. Ich näherte mich ihr wie einem Freund, den ich lange nicht gesehen hatte.

"Ich bin's. Wir sehen uns also wieder."

Aus Asahina-sans Tonfall konnte ich etwas schließen. Von allen Leuten die ich kannte, gab es außer Haruhi nur eine einzige Person, bei der Asahina-san sich so unsicher fühlte. Denkt darüber nach. Nach dem 18. waren sämtliche Geheimidentitäten der SOS-Brigade Mitglieder plötzlich verschwunden gewesen. Trotzdem waren die Persönlichkeiten von allen gleich geblieben, abgesehen von einer einzigen, bei der sich Handlungen, Ausdrucksweise und Verhalten komplett verändert hatten.

Unter dem dunklen Nachthimmel stand die kleine Gestalt in der Uniform der North High und wusste nicht, was gerade geschah. Sie schien nicht zu wissen, warum sie hier war, wie ein Schlafwandler, der plötzlich aufgewacht ist und sich verwirrt umschaut...

"Nagato",

sagte ich.

"Das war alles dein Werk, nicht wahr?"

Es war Nagato mit ihrer Brille. Nach dem 18. war diese Nagto Yuki lediglich das einzige verbliebene Mitglied des Literaturclubs; sie war weder ein Alien noch irgendeine Entität, nur ein äußerst schüchterner Bücherwurm.

Die brillentragende Nagato sah jetzt noch überraschter aus und verstand nicht, was gerade geschah.

"Warum... warum... bist du hier?"

"Dasselbe wollte ich dich gerade fragen, weiß du überhaupt, weshalb du hier bist?"

"Ich gehe nur spazieren",

sagte Nagato nervös, während sich ihre Augen weiteten. Die Brille im Gesicht des Mädchens, das ich ansah, reflektierte das Licht der Straßenlaternen. Ich blickte sie so an und dachte:

Nein, so ist es nicht, Nagato.

Dieses Mädchen war einfach nur erschöpft. Den ganzen Tag von Haruhi herumgescheucht zu werden, während man mein Leben retten muss, und hinter unserem Rücken noch an einem geheimen Ort tätig ist - es war nur natürlich, dass sie von all dem erschöpft war.

Als wir vor einer Weile in Nagatos Wohnung waren, sagte die Nagato von vor drei Jahren folgendes:

"Die fehlerhaften Dateien, die sich in meiner Erinnerungsdatenbank angesammelt haben, werden eine anormale Reaktion auslösen. Es ist vorhersehbar, dass dies unausweichlich ist. Am 18. Dezember drei Jahre in der Zukunft werde ich die Welt rekonstruieren."

Sie fuhr ruhig fort:

"Es gibt keine Gegenmaßnahmen, da ich nicht weiß, wie derartige Fehler auftreten konnten."

Aber ich schon.

Ich kenne den Grund für Nagatos unerklärliches, abnormales Verhalten und weiß, woher diese fehlerhaften Dateien, die sie angesammelt hat, kommen.

Es war eines der elementarsten Grundbedürfnisse. Selbst für eine aus komplexen Programmen bestehende künstliche Intelligenz, selbst für eine Androidenschnittstelle, die sowas nie installiert bekommen hatte, war es natürlich, so ein Verlangen zu entwickeln, nachdem er eine Weile gelebt hat. Du wirst es niemals verstehen, aber ich schon. Und Haruhi wahrscheinlich auch.

Ich fuhr fort, Nagatos verwirrten Gesichtsausdruck offen zu beobachten. Das Traummädchen aus dem Literaturclub wirkte nun noch beklommener. Als ich sah, wie hilflos sie wirkte, konnte ich nur in meinem Inneren schreien: Nagato! Das nennt man Gefühle!

Weil du eigentlich nicht dafür vorgesehen warst, Emotionen zu haben, war deine Reaktion umso heftiger. Du wolltest vermutlich am liebsten schreien, durchdrehen oder Haruhi ein "Du dummes Mädchen! Ich hab genug von dir!" an den Kopf werfen, stimmt's? Nein, selbst wenn sie nicht so gedacht hatte, war das, was sie getan hatte, absolut verständlich. Ich kann ihr das vergeben, weil ich schließlich selbst teilweise dafür verantwortlich war. Ich hatte mich zu sehr auf sie verlassen, hatte mich daran gewöhnt, dass Nagato sich um alles kümmerte. Ich dachte immer, dass ich, solange Nagato mir half, mein Gehirn ausschalten könnte. Was für ein Idiot ich doch gewesen war; ein noch größerer Idiot als Haruhi. Deshalb hatte ich kein Recht, ihr irgendetwas vorzuwerfen.

Deshalb war Nagato - dieses Mädchen hier, auf die dumme Idee gekommen, die Welt zu verändern.

War es also eine anormale Reaktion oder ein Programmfehler?

Junge, du nervst wirklich, es war keines von beiden.

Das war es, was Nagato sich gewünscht hatte - eine normale Welt wie diese.

Sie ließ nur meine Erinnerungen unangetastet und veränderte die aller anderen, inklusive ihrer eigenen.

Jetzt verstand ich endlich die Frage, die mich die letzten Tage beschäftigt hatte:


Warum war ich der einzige, der nicht beeinflusst worden war?


Die Antwort war einfach, das Mädchen wollte mich die entscheiden lassen:

Ist die veränderte Welt besser? Oder ist die ursprüngliche Welt besser? Gemäß ihrem sorgfältig ausgearbeiteten Drehbuch lag die endgültige Entscheidung bei mir.

"Verdammt nochmal!"

Zur Hölle mit entscheiden! Ich hatte niemals eine Wahl!

Hätte ich einfach nur die SOS-Brigade zurückgewollt, dann hätte ich nicht extra zurückkehren müssen. Ich hätte sie in der neuen Welt einfach neu gründen können. Haruhi und Koizumi würden zwar auf eine andere Schule gehen, aber das wäre kein großes Problem. Nennen wir es einfach ein außerschulisches Hobby. Dieser mysteriöse Club könnte sich wie üblich im Cafe treffen. Dort würde Haruhi mit irgendwelchem lächerlichen Kram ankommen, während Koizumi die ganze Zeit grinsen würde. Asahina-san würde extrem verstört aussehen und ich würde mein Gesicht einfach mit einem mürrischen Ausdruck abwenden... Ein Bild dieser Szene entstand auf einmal vor meinem geistigen Auge. Die Nagato dort würde vermutlich auch beunruhigt aussehen, aber natürlich trotzdem still ihr Buch weiterlesen. Aber...

Das wäre nicht die SOS-Brigade, die ich kannte. Nagato wäre keine Außerirdische mehr, Asahina-san keine Zeitreisende aus der Zukunft und Koizumi wäre nur ein normaler Mensch, während Haruhi keine außergewöhnlichen Kräfte mehr besäße. Es wäre einfach nur ein gewöhnlicher, normaler und glücklicher Club.

Würde mir das gefallen? Wäre das nicht sogar besser?

Wie hatte ich eigentlich am Anfang gedacht? Was hatte ich von Haruhis ständigen Spinnereien jenseits des gesunden Menschenverstandes gehalten?

Einfach schrecklich.

Es reicht!

Bist du blöd?

Ich hab die Schnauze voll von dir!

"..."

Mein Herz begann zu schmerzen.

Ein normaler High-School-Schüler, der dazu gezwungen wurde an irgendwelchen anstrengenden Aktivitäten teilzunehmen, sich ständig bei Haruhi beschwerte und es trotzdem schaffte, zu überleben, um diese Geschichte zu erzählen. Das war die Rolle, die ich die ganze Zeit gespielt hatte.

Jetzt aber? Ja, Kyon! Ich rede mit dir! Ich will dir eine äußerst wichtige Frage stellen, also hör gut zu und antworte mir. Du kannst dich nicht weigern zu antworten. Nur ein einfaches "Ja" oder "Nein" reicht aus. Also Ohren auf, hier kommt die Frage:


Macht dir so ein verrücktes und außergewöhnliches Schulleben nicht Spaß?


Beeil dich und antworte, Kyon! Denk gut nach. Nun? Die Frage ist doch berechtigt, oder? Beeil dich und sag es mir endlich. Eine Welt, in der ich ständig von Haruhi schikaniert werde; von Außerirdischen angegriffen werde; mir wilde Theorien von einer Zeitreisenden erklären lassen muss; das philosophische Gelaber eines Espers ertragen muss; in einer geschlossenen Parallelwelt, in der Riesen amoklaufen, eingesperrt werde; mit einer sprechenden Katze zusammenwohne; einen unbegreiflichen Sprung durch die Zeit mache und obendrein immer verhindern muss, dass Haruhi etwas von all dem mitbekommt, damit die Kommandantin der SOS-Brigade fröhlich damit weitermachen kann, nach übernatürlichen Dingen zu suchen, ohne zu wissen, dass sie ein gewaltiges Chaos angerichtet hat...

Findest du so eine Welt nicht interessant?

Oder hat dich das alles nur genervt, und du wolltest ihr sagen, dass es endlich reicht? Schließlich hast du sie immer für einen Idioten gehalten und beschlossen, sie zu ignorieren. Nun? Stimmt es? In anderen Worten? Ist das, was du wirklich denkst:


Diese Welt war eigentlich gar nicht interessant.


Bist du sicher? Angeblich findest du Haruhi in der originalen Welt ziemlich nervig. Egal was für dumme Ideen sie hatte, du hattest dabei immer ein Gefühl der Melancholie. Natürlich kannst du so eine Welt nicht interessant finden. Und erzähl mir nicht, dass es nicht wahr wär! Du weißt, dass es so ist.

Trotzdem genießt du all das in Wirklichkeit insgeheim. Weil diese Welt interessant ist.

Du fragst mich, warum ich das sage?

Dann lass mich dir sagen, warum:


Hast du nicht die Enter-Taste gedrückt?


Du weißt schon, die für das Notausstiegsprogramm, das Nagato für dich zurückgelassen hatte.

Bist du bereit?

Diese Frage hast du mit einem entschlossenen "Ja" beantwortet.

Habe ich nicht Recht?

Unsere große Göttin Nagato hat große Mühen auf sich genommen, um für dich eine stabile Welt zu schaffen, aber du musstest ihr Angebot ja ausschlagen. Seit du Haruhi damals im April getroffen hast, hast du diese idiotische Welt einfach als selbstverständlich betrachtet. Du möchtest tatsächlich in diese verrückte Welt zurückkehren, in der Außerirdische, Zeitreisende und Esper einfach so in der Schule herumlaufen. Woran liegt das? Bist du nicht derjenige, der sich die ganze Zeit darüber beschwert hat, wie schlecht es ihm gehe?

Wenn dem wirklich so wäre, warum hast du dann nicht das Notausstiegsprogramm ignoriert? Würdest du dich dafür entscheiden, in dieser völlig normalen Welt zu bleiben, würdest du Haruhi, Asahina-san, Koizumi und Nagato als ganz normale High-School-Schüler kennen und wie üblich unter Haruhis Herrschaft ein glückliches Leben führen. Da Haruhi keine Kräfte besitzt, könntest du dich von diesen ganzen surrealen Erlebnissen verabschieden.

In dieser Welt wäre Haruhi nur ein ganz normales Mädchen, das gerne andere Leute herumkommandiert; Asahina-san hätte nicht länger die Eigenschaft, eine Zeitreisende zu sein, sondern wäre nur eine sehr süße Person; Koizumi wäre ein normaler Schüler und hätte nichts mehr mit einer mysteriösen "Organisation" zu tun und Nagato wäre nur ein schüchterner und zurückhaltender Bücherwurm, der keine Last zu tragen hätte und keine außergewöhnlichen Kräfte benutzen müsste, um jemanden zu beobachten oder beschützen. Oh ja, obwohl sie die meiste Zeit über ausdruckslos bleiben würde, würde sie trotzdem herzlich über irgendeinen lahmen Witz lachen und dann heftig erröten. Wer weiß, vielleicht würde sie sogar offener werden, wenn ich etwas Zeit mit ihr verbrächte.

Das wäre so ein idyllisches leben. Und trotzdem hast du es nicht gewollt.

Warum nur?

Ich frage dich ein letztes Mal. Antworte mir ehrlich.

Findest du Haruhi, die Unruhestifterin, und die albtraumhaften Ereignisse, die sie verursacht, interessant? Beeile dich und antworte!

"Natürlich tue ich das."

Antwortete ich und ergänzte:

"Man muss kein Raketenwissenschaftler sein, um zu erkennen, dass es lustig war. Frag mich nie wieder sowas offensichtliches."

Hätte jemand gesagt, er fände das nicht interessant, dann wäre diese Person ein Vollidiot. Sie wäre dreißigmal blöder als Haruhi.

Ich meine, es gibt Außerirdische, Zeitreisende und Esper!

Selbst einer von denen wäre schon faszinierend, aber gleich drei Arten interessanter Charaktere auf einen Schlag! Mit Haruhi zusammen war die Reaktion einer gewaltigen Macht zu erwarten. Auf diese Art werde ich mich nie langweilen. Wenn jemand irgendwelche Einwände dagegen vorbringen würde, würde ich ihn wohl umgehend zusammenschlagen.

"So ist das also",

sagte ich zu mir selbst. Man könnte sagen, dass ich endlich erleuchtet worden bin.

"Ich bevorzuge immernoch die ursprüngliche Welt. Diese Welt passt einfach nicht zu mir. Tut mir leid, Nagato. Ich mag dein aktuelles Ich nicht, ich ziehe die Nagato von früher vor. Außerdem gefällst du mir ohne Brille besser."

Die Nagato aus dieser Welt blickte mich verwirrt an.

"Was redest du da..."

Die Nagato Yuki die ich kenne würde sowas niemals sagen.

Dieses Mädchen wusste nichts von den drei Tagen, an denen ich herausfand, dass etwas nicht stimmte bis heute. Das war zu erwarten, denn diese Nagato war gerade wiedergeboren worden und hatte mich daher nie getroffen. Sie hatte keine Erinnerung daran, wie sie schockiert geschaut hatte, als ich in den Literaturclub gestürmt kam.

Die einzigen Erinnerungen, die diese Nagato besaß, waren die künstlich erschaffenen Erinnerungen an die Bibliothek. Abgesehen davon waren die einzigen Erinnerungen, die wir teilten, die, die entstanden waren, seit sie vorhin die Welt verändert hatte.

Vor einigen Monaten war ich allein mit Haruhi in der grauen versiegelten Dimension gefangen gewesen. Laut Koizumi handelte es sich dabei um eine neue Welt, die von Haruhi erschaffen worden war.

Vermutlich hatte Nagato diese Kraft genutzt. Irgendwie hatte sie es geschafft, diese Kraft von Haruhi zu stehlen und hatte sie dann benutzt, um diese Welt zu erschaffen.

Das war wirklich eine praktische Kraft. Jeder würde darüber nachdenken, sie zu benutzen, um nochmal von vorne anzufangen oder sich wünschen, zu einer Situation zurückzukehren, die günstig für sie war.

Allerdings wäre eine normale Person niemals in der Lage, sich so einen Wunsch zu erfüllen. Und es war besser, dass sie diese Idee aufgaben. Ich wollte nicht noch mal von ganz vorne anfangen und deswegen bin auch mit Haruhi aus der versiegelten Dimension geflüchtet.

Dieser Zwischenfall war darauf zurückzuführen, dass eine gottähnliche allmächtige Kraft von Haruhi auf Nagato übertragen worden war. Haruhi war sich dessen nicht bewusst, während Nagato die Kontrolle verlor und sich daran machte, die Welt zu verändern.

"Nagato..."

Ich ging auf die kleine, angespannt wirkenden Gestalt zu. Nagato bewegte sich nicht und erwiderte meinen Blick.

"Egal wie oft ich es sagen muss, meine Antwort bleibt immer die gleiche. Bitte bring alles wieder in den ursprünglichen Zustand zurück, einschließlich dir selbst. Lass uns weiterleben um an einem weiteren Tag im Clubraum zu überstehen. Sobald du mir das Zeichen gibst, werde ich für dich da sein. In letzter Zeit hat Haruhi nicht grundlos irgendwelchen Blödsinn angestellt, also gibt es keinen Grund für dich, so eine ungesunde Kraft zu benutzen, um die Welt gewaltsam zu verändern. Lass einfach alles, wie es ist."

Die Augen hinter den Brillengläsern verrieten einen Anflug von Furcht.

"Kyon-kun..."

Asahina-san zog an meinem Ärmel und sagte:

"Es hat keinen Sinn, es dieser Nagato-san zu erklären. Weil sogar sie sich verändert hat. Diese Nagato-san ist bloß ein normales Mädchen ohne irgendwelche Kräfte..."

Plötzlich fiel mir etwas ein.

Die langhaarige Haruhi in jener Welt hatte mich John genannt. Ohne irgendwelche gott- oder dämonenartigen Kräfte war sie einfach nur ein gewöhnliches Schulmädchen, das ohne zu zögern in die North High gestürmt war. Ihre Augen hatten hell geleuchtet und sie zeigte großes Interesse an meiner Geschichte über die SOS-Brigande, während sie gerufen hatte: „Klingt nach Spaß!"

Allzeit mit einem breiten Grinsen sagte der dortige Koizumi, er würde auf Haruhi stehen. Meine Sportuniform tragend hatte er dabei einen komplizierten Gesichtsausdruck.

Mich in den Literaturclub einladend, würde diese bebrillte Nagato mit mir ihrer künstlichen Erinnerung nachhängen. Ihr Lächeln war wie die am Horizont aufgehende Sonne. Ich kann nicht anders, als mir zu wünschen, diese Lächeln noch einmal zu sehen.

Mir wurde klar, dass ich diese Leute nie wiedersehen würde. Um ehrlich zu sein vermisste ich sie ein wenig. Nur dass ihre Existenz bloß künstlich war. Sie waren nicht die Haruhi, Koizumi, Nagato und Asahina-san, die ich kannte. Es war schade, dass ich mich nicht von ihnen verabschieden konnte, aber ich hatte mich entschieden. Ich will zu der Haruhi, Koizumi, Nagato und Asahina-san zurückkehren, die ich kenne.

"Tut mir leid."

Ich hob die Pistole und zielte. Nagato erstarrte unverzüglich, und als ich ihre Reaktion sah, fühlte ich mich, als würde ich ein Verbrechen begehen. Aber nachdem ich so weit gekommen war, hatte es keinen Sinn zu zögern

"Bald wird alles wieder normal sein. Wir werden wieder zu vielen verschiedenen Orten gehen können, unseren Weihnachtseintopf essen, und dann die Villa in den verschneiten Bergen besuchen. Du kannst diesmal die große Detektivin sein. Eine große Detektivin, die den Fall in dem Moment aufklären kann, in dem er entsteht? Das wird..."

"Kyon-kun! Pass auf... KYAA!"

Als Asahina-san schrie, rammte mich jemand von hinten. Klatsch. Ein heftiger Schlag ließ mich erzittern, selbst mein Schatten unter der Straßenlaterne zitterte. In diesem Schatten stand die Silhouette einer anderen Person. Was zum? Wer war es?

"Ich kann nicht zulassen, dass du Nagato-san wehtust!"

Ich blickte über meine Schulter und sah das blasse Gesicht eines Mädchens.

Asakura Ryoko.

"Was zum..."

Ich konnte nichts sagen, da ich plötzlich fühlte, wie sich etwas Eiskaltes in meinen Unterleib bohrte. Es war ein flacher Gegenstand, der tief in meinen Körper gestoßen wurde. So kalt. Das Gefühl der Desorientierung war viel stärker als der Schmerz. Was ging hier vor? Wie konnte das sein? Wieso war Asakura hier?

"Hehe."

Ihr Grinsen wirkte auf mich wie das einer ausdruckslosen Maske, die plötzlich anfing zu lächeln. Asakura wich von mir zurück, wobei sie das blutbesudelte Messer, mit dem sie mich gestochen hatte, herauszog.

Ich verlor die Balance und stürzte wie ein Kreisel zu Boden. Nagato, die die ganze Zeit vor mir gestanden hatte, sank zu Boden, als ihre Beine nachgaben und sagte furchtsam:

"Asakura... -san?"

Als ob sie jemanden begrüßen wollte, winkte Asakura mit dem schweizer Armeemesser, das mit meinem Blut besudelt war, und sagte:

"Hallo, Nagato-san. Mach dir keine Sorgen, solange ich hier bin, werde ich jeden eliminieren, der versucht, dir etwas anzutun. Das ist der Grund, aus dem ich erschaffen worden bin."

Asakura lächelte und fuhr fort:

"Das ist es doch, was du dir gewünscht hast, oder?"

Das ist eine Lüge. Nagato hätte sich niemals so etwas gewünscht. Sie würde nicht einfach einen Vogel töten, nur weil er nicht so singt, wie es ihr gefällt. Auf keinen Fall. So wie Nagato anfing, sich seltsam zu verhalten, benahm sich auch diese wiedererschaffene Asakura seltsam, so dass sie praktisch zu einem Schatten von Nagato wurde...

Asakuras Schatten fiel langsam auf meinen Körper. Bald darauf blockierte ihre Silhouette meine Sicht auf den Mond.

"Erlaube mir, dich auf deine letzte Reise zu schicken. Wenn du erstmal tot bist, wird alles in Ordnung sein. Immerhin ist es deine Schuld, dass Nagato leiden musste. Tut es weh? Das tut es sicher. Genieß dieses Gefühl solange es anhält, denn es wird wohl das letzte sein, was du jemals fühlen wirst."

Das breite Messer wurde langsam angehoben, seine Spitze war auf mein Herz gerichtet. Das Blut strömte unaufhörlich aus mir heraus. "Ist das das Ende?"... Ich musste mich anstrengen, um bei Bewusstsein zu bleiben, weil sich mein Verstand vernebelte. Ich verlor jeden Sinn für Realität. Also, Psycho-Asakura, ist das deine Mission? Als Helferin für Nagato Yuki zu dienen...

Das Messer begann sich zu senken...

Innerhalb eines Augenblicks erschien von der Seite eine Hand.

"...!!!"

Jemand hatte die Klinge des Messers gepackt, noch dazu mit der bloßen Hand.

"Wer zum...?"

Mit der bloßen Hand...!? Wo hatte ich das schon mal gesehen?

Meine Sicht verschwamm immer stärker, daher konnte ich nicht sagen, wer es war. Hier ist nicht genug Licht, könnte mal jemand das Licht einschalten? Sie stand vor der grellen Straßenlaterne, daher konnte ich ihr Gesicht nicht richtig erkennen. Ich wusste nur, dass es ein kurzhaariges Mädchen war... das eine North High Uniform trug... keine Brille aufhatte... das war alles, was ich erkennen konnte... Koizumi! Wo ist der Kerl, der für die Beleuchtung zuständig ist, wenn man ihn braucht?

„Was...!?“

rief die auf dem Boden sitzende Nagato leise. Ihre Brillengläser reflektierten das Licht der Straßenlaterne, deswegen konnte ich ihren Gesichtsausdruck nicht richtig erkennen. War es Angst? Oder Überraschung?

"Warum? Aber du...?! Warum..."

schrie Asakura. Sie schien mit dem Mädchen, das die Klinge mit der bloßen Hand abgefangen hatte, zu reden, aber das Mädchen blieb still und sagte nichts.

Asahina-san klang, als wäre sie direkt neben mir, als sie sagte:

"Tut mir leid, Kyon, ich hätte es wissen müssen, aber trotzdem..."

"Kyon-kun! Kyon-kun... Nein! Das darfst du nicht!"

Da schienen zwei Asahina-sans zu sein. Die eine war die erwachsene Asahina-san, während die andere die Lolita Asahina-san war, die ich kannte. Beide waren tränenüberströmt und schüttelten meinen Körper. He ihr beiden, das tut weh...

... Hä? Was tat die junge Asahina-san hier? Ich konnte zwar verstehen, dass die erwachsene Version mich in ihren Armen hielt und weinte, da sie mit mir zusammen in diese Zeitebene gekommen war; aber wo um Himmels willen kam die junge Asahina-san her? Ah, jetzt verstehe ich es. Das ist eine von diesen Halluzinationen, bei denen das ganze Leben noch mal an einem vorbeizieht, wenn man gerade dessen Ende erreicht hat...

Nun, das war erschreckender, als das Gefühl des Schmerzes und zu sehen, wie ununterbrochen Blut aus einem herausströmt.

Verdammt, ich sterbe.

Als ich es gerade bedauerte, kein Testament aufgesetzt zu haben, fühlte ich, wie sich mir jemand näherte. Die Person hob mich hoch und nahm die von Nagato gemachte Nadelpistole, die auf den Boden gefallen war.

Eine bekannte Stimme war zu hören, obwohl ich mich nicht daran erinnern konnte, wem sie gehörte:

"Entschuldige das. Ich habe meine Gründe, dich nicht sofort zu retten, aber hasse mich nicht dafür. Immerhin war es für mich auch schmerzhaft. Wie auch immer, wir werden uns um den Rest kümmern. Nein, ich weiß schon, was ich tun muss, und das wirst du auch. Also schlaf jetzt ein bisschen."

Wovon sprach er? Und mit wem sprach er? Was tun? Und wer kümmerte sich um was? Die Bilder von Asakuras tödlichem Schlag, der bebrillten Nagato, die sich mit ihren Armen abstützte, während sie auf dem Boden kniete, den beiden Asahina-sans und Haruhi in einer anderen Schuluniform waren jetzt alle zu einem einzigen verschmolzen...


Ich fiel langsam in Ohnmacht.



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