Hanbun no Tsuki ga Noboru Sora (German):Band 1 Kapitel 1

From Baka-Tsuki
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Hantsuki Teaser:Chapter 1 Part 2

Aber trotzdem bin ich doch ein Patient, also wäre ich schon froh, sie wäre etwas sanfter.

Nachdem ich die Tür öffnete, spannte sich mein Körper an.

Ich suche nach Anzeichen.

(Schaff ich's...?)

Während ich auf meine Geräusche achte strecke ich vorsichtig mein Gesicht hinein. Keine Anzeichen von Menschen, nur schön angeordnete Bänke. Die Lobby. Während des Tages voller Leute, aber auch hier ist Nachts

Totenstille.

Ich atme erleichtert aus.

Erste Passage, Durchbruch.

Nachdem ich reinschlüpfte schloss ich leise die Tür, nahm meine Pantoffeln in meine beiden Hände und fing an mit kleinen Schritten den dunklen Korridor entlangzurennen. Nach etwa zehn Meter bog er nach links ab. Dort erhob sich eine sanfte Erhebung. Eine Neigung gemacht für Rollstühle. Aus Sicherheitsgründen ist der Boden der Neigung mit Gummi bedeckt, womit glücklicherweise auch Fusschritte kaum hallen.

Nur gab es einen schwierigen Punkt in dieser Neigung.

Nachdem sie sich unterwegs krass wendet, hat man von der Schwesternstation volle Sicht auf die Neigung.

Ich hielt vor der Ecke an und versuchte einen Blick dahinter zu erhaschen. Am Ende bei der Schwesternstation war grelles Licht zu sehen. Scheint als ob die momentan diensthabende Schwester wach ist.

Von der Biegung bis zur Station sind es etwa zehn Meter---

Ich nenne sie die "Zehn Meter des Schreckens". Es befindet sich nichts in der Nähe um mich zu verbergen. Sobald die Krankenschwester mich entdeckt, habe ich verloren. Ihr Blick ist praktisch mein Todesschuss.

Nach einem tiefen Atemzug stürzte ich mich los. Ich versuche mich so tief wie möglich zu ducken und so wenig Geräusche zu erzeugen wie möglich, während ich vorwärtshaste.

Zehn Meter.

Sieben Meter.

Fünf Meter.

Mein Herz hämmert wie wild. Wegen dem Durcheinander in meinem Kopf stolpere ich fast über meine Füsse. Doch irgendwie schaffte ich es meine Körperhaltung wieder zu korrigieren und beschleunigte schliesslich noch.

Drei Meter.

Ein Meter.

Danach biege ich in einen Atemzug in den Korridor ab. Durchstoss erfolgreich. Ich bog sogleich nach links ab. Die dritte Tür von hier führt zu meinem Krankenzimmer. Meine Körper füllt sich mit einem Siegesgefühl.

Jedoch!

Es war als ich meine Hand auf die Türklinke legte.

"Yuuichi...--"

Von hinter mir erklang die Stimme von jemandem.

Wie erwartet stand Akiko-san dort, als ich mich gehetzt umdrehte - das linke Bein erhoben und die linke Hand nach hinten gestreckt. In anderen Worten: sie holte aus. Und das in einer ziemlich beeindruckenden Wurfhaltung, für eine Frau.

Ich hielt an und schüttelte meine Hände.

"A-Akiko-san, versteh mich nicht falsch! I-I-I-I-Ich bin nicht wirklich weggeschlichen---"

Meine Rechtfertigung wurde da unterbrochen.


Supakooo---n!


Mit diesem eindrucksvollen Geräusch traf ein hellbraunes Objekt --- genauer gesagt eine Krankenhauspantoffel(sohle) mein Gesicht.



Es fing damit an, dass meine Körpertemperatur anstieg.

Mein Körper fühlte sich extrem träge an.

Ich dachte es wäre eine Erkältung.

Das war vor zwei Monaten.

Da eine Erklältung durch viel Ruhe heilt und weder ich, noch meine Mutter gerne ins Krankenhaus gehen, schlief ich einfach nur, ohne mich untersuchen zu lassen. Tagein, tagaus, schlief ich nur. Ich glaube pro Tag waren es etwa 20 Stunden.

Das Sandmännchen hatte mich unter Dauerangriff, ich konnte schlafen so viel ich wollte. Wenn ich nun so zurückdenke, hätte ich es eigentlich schon dazumal bemerken sollen.

Mein Zustand verbesserte sich nicht, wieviel ich auch schlief. Mein Fieber schwankte auf und ab, meistens ein bisschen höher als 38 Grad, und mein Körper war nach wie vor träge. Es ging dann sogar so weit, dass selbst das Heben meines Arms zu einer Heidenarbeit wurde.

Nach einer Woche in diesem Zustand bemerkten wir dann doch schliesslich, dass es sich nicht um eine Erkältung handelte. Jedoch hatte ich gleichwohl nicht vor, ins Krankenhaus zu gehen --- ich hasse Krankenhäuser wirklich, wirklich --- aber meine Mutter fing plötzlich an Panik zu schieben und zog mich letztendlich mit ihr.

Nach der Untersuchung sagte der Arzt kurz und knapp:

"Du bleibst für eine Weile hier"

Und weiterhin ebenso knapp

"Das wohl für mindestens zwei Monate."

Die Krankheit nennt sich "akute Hepatitis".

Eine virale Krankheit, wie eine Erkältung, die meine Leber am kaputt machen war. Aber natürlich ist es nicht eine sehr schwere Krankheit. Sie heilt in zwei bis drei Monaten und ist frei von jeglichen Nacheffekten.

Aber in diesen zwei bis drei Monaten ist viel Bewegung absolut verboten.

Auch Stress scheint nicht gut zu sein.

Jedenfalls, viel gesunder Schlaf, ohne etwas zu denken, scheint die beste Medizin zu sein.

Aber, jetzt kommt das aber!

Nach einem Monat fühlte ich mich schon wieder viel besser. Solange ich es in einem normalen Rahmen halte, bemerke ich überhaupt nicht mehr, krank zu sein. Ausserdem bin ich ein 17-Jähriger Hochschüler. Da kann man doch nicht erwarten, dass ich mich stillhalten könnte!

Und überhaupt, ein Krankenhaus ist ein fürchterlich langweiliger Ort. Da wäre als erstes, dass die Lichter um 21:00 Uhr gelöscht werden müssen. Danach darf man weder Fernseher noch Radio eingeschalten haben, und da es stockfinster ist, lässt sich die Zeit auch nicht mit einem Buch überbrücken. Kurz, ich hatte absolut nichts zu tun.

Ich entwickelte schliesslich die Gewohnheit, Nachts aus dem Krankenhaus rauszuschleichen. Glücklicherweise befand sich in der Nähe das Haus eines Freundes, wo ich hinflüchten konnte. Dort gab es Fernseher, Games, Mangas, etc. Also das reinste Paradies im Vergleich zu hier.

Selbstverständlich kann Akiko-san das als Krankenschwester nicht durchgehen lassen.

Daher eröffnet sich jede Nacht erneut ein heroischer Kampf zwischen uns.


Das Leben läuft nicht, wie man es will.

Das sind Worte, welche mein Vater immer sagte - allerdings meistens während er einen seiner Pferderennwettschein-Nieten zerriss. Ich fühlte dies momentan mit Leib und Seele. Wirklich... das Leben läuft nie gut.

"Also hör mal, Yuuichi."

Sagte Akiko-san während sie mit der Spitze ihrer Pantoffel auf meinen Kopf klopfte.

"Wie oft muss ich's sagen, bis du's kapierst?"

Dadurch, dass sie ziemlich wütend zu sein scheint, klingtihre Stimme beängstigend tief.

Nebenbei erwähnt knie ich gerade vor der Schwesternstation. Rücken stockgerade, beide Knie exakt nebeneinander, beide Hände auf dem Schoss --- etwa in der Art.

Naja, das soll etwas wie ein Exempel für mich sein.

Ein Fräulein im mittleren Alter zeigte mit dem Finger auf mich in dieser Haltung und kicherte vor sich hin. Oder ein Kind, das Patient hier ist, fragte seine Mutter "Was macht diese Person dort?". Darauf erwiderte diese hastig "Schau nicht hin!" und zog ihn schnell an mir vorbei.

Aah, es ist die Hölle...

Ich versuchte ein schmeichlerisch Lächeln aufzusetzen, auch wenn ich wusste, dass es scheitern würde.

"Ha... hahaha. Aber nicht doch! Ich war doch nur kurz spazieren!"

Hoffnungslos. Ich bekomme selbst das Gefühl, dass ich nicht gut lächle.

Akiko-san verengte ihre Augen.

"Haa? Spazieren? Du bist doch gleich nach dem Lichterlöschen abgehauen, nicht?"

Mein Herz machte einen Sprung, aber ich versuche mich zu beruhigen. Das könnte doch auch einfach eine Fangfrage sein!

"I-Ich doch nicht! Ich habe ruhig geschlafen!"

Ich versuchte meiner Aussage Nachdruck zu verleihen.

Akiko-san's Augen wurden noch ein Stück enger.

"Oh ja, tatsächlich geschlafen hast du. Zumindest deine Tasche!"

  1. Sure, I saw you sleeping. Your bag, that is!

"Ah..."

Als ich rausgeschlichen bin, legte ich vorhin noch meine Tasche unter meine Decke. Damit es schön aussieht, als würde jemand schlafen. Dass Akiko-san das weiss, bedeutet in anderen Worten...

Ich bin aufgeflogen.

Von vorne bis hinten.

Da meine Knie klappernd zitterten, packte ich sie aufgeregt. Als ich mein angsterfülltes Gesicht zu ihr erhob, fing Akiko-san an, unheimlich zu lachen.

Fufu, machte sie mit raufgezogenen Mundwinkeln.

"Ha... hahaha."

Was sollte ich anderes machen als mitzulachen?

Akiko-san arbeitet als Krankenschwester in diesem Krankenhaus. Sie hat eigentlich ein schönes Gesicht und scheint, solange sie still ist, wie prachtvolle Schönheit, was schon wieder schaudrig ist. Den Gerüchten zufolge war sie übrigens in der Hochschule ziemlich schlecht.

Ich habe ein einziges Mal ein Foto von ihr aus dieser Zeit gesehen.

Auf der Kleidung von der 17-Jährigen Akiko-san waren Sachen wie

"Freundlicher (Todes)Gruss der Küstenraser von Ise"

und

"Süsse brauT, sIebzehn jahR, lieBe mich"

sowie

"Prügelübermensch"

geschrieben.

Nun, auf den Punkt gebracht war sie ein "solcher" Mensch.

Als Krankenschwester behandelt sie zwar ihre Patienten grösstenteils mit einem höflichen Lächeln, doch wenn sie wütend wird, zeigt sich ihr wahrer Charakter.

Ich lachte weiter.

"Hahahaha"

Akiko-san lachte ebenfalls weiter.

"Fufufufufufufu"

"Hahahahahahaha"

"Fufufufufufufufufufufufufufu!"

"Hahahahahahahahahahahahahaha!"

Wir beiden lachten einfach nur unverändert weiter.

Was für ein komisches Gefühl von Zerbrechlichkeit.


Supokoo---n!


Diese seltsame und labile Atmosphäre wurde nach ungefährt sieben Sekunden mit diesem Geräusch ausseinandergerissen.

"A-Aua..."

Ich umarmte meinen Kopf.

Dieser wurde mit voller Wucht von Akiko mit der Schuhsohle ihrer Pantoffel geschlagen. Und das wohl mit grossem Schwung, da mein Kopf nun pocht vor Schmerz.

Akiko-san schrie mich nun mit wutentbrannter Stimme an:

"Denk' nicht du könntest einfach so rumspazieren, nur weil sich dein Zustand ein bi--sschen verbessert hat! Mach so weiter und du bleibst hier bis du verrottest!"

"A-Akiko-san..."

"Was ist?!"

"Deine Wortwahl..."

"Haa?!"

Ich werde angestarrt. Mit einer grauenhaften Intensität. Mein Gesicht erstarrte mit einem trockenen Lächeln. Geradezu wie ein Frosch im Blick einer Schlange.

"Yuuichi."

"J-Ja?"

"Versprich mir, nicht noch einmal rauszuschleichen."

"Ich schwöre, ich schwöre!", versicherte ich ihr nickend.

"Das nimmst du auch ernst, okay? Solltest du es brechen..."

"Sollte ich es brechen...?"

"Wie wär' es, wenn du dann splitternackt den Bon-Tanz aufführen würdest?"

"Den Bon-Tanz?! Splitternackt?!"

"Das willst du doch nicht, oder? Sowas ist doch jämmerlich?"

Sie grinst.

Dies ist die Fratze des Teufels.

"Willst du das? Den Bon-Tanz aufführen?"

Wie man es auch betrachtet, das ist eine leere Drohung - würde sich ein Narr denken, der sie nicht kennt. Akiko-san ist eine Frau, ihren Worten Taten folgen lässt. Darauf erschien mir meine nackte Gestalt während des Bon-Tanzes klar in meinen Gedanken...

"I-Ich will das nicht.", sagte ich mit einem verkrampften Gesicht.

Akiko-san nickte zustimmend.

"Na dann, halte dein Versprechen. Schliesslich befinden sich hier auch Mädchen."

"O-Okay."

Nachdem ich brav nickte, erschien plötzlich ein Fragezeichen über meinem Kopf wegen Akiko-san's Aussage.

Hier befänden sich auch Mädchen?

Das städtische Krankenhaus Wakaba, in dem ich bin, ist ein kleines Krankenhaus und kommt gerademal auf etwa 100 Patienten. Davon sind die Hälfte Opis und Omis, welche die 70er Grenze überschritten haben, und die restlichen sind auch fast alle über 30 Jahre alt.

War da ein Mädchen dabei?

"Der Rest hängt von dir ab. Solltest du unser Versprechen brechen, wirst du die Tage mal nackt..."

Akiko-san schrie plötzlich mit einem "Kyaaaaaaaa!!" auf.

Als ich mich wunderte, dass sie so weiblich aufkreischen kann, und nach aufblickte, sah ich Tada-san hinter ihr stehen.

Mit einem lüsternen Grinsen auf dem Gesicht.

"Hey, du hast gerade meinen Hintern berührt, huh?!"

Akiko-san drehte sich mit einem knallroten Gesicht um und schrie ihn an.

Der diesjährig 80-werdende Tada-san grinste hämisch mit seinem zahnlosen Gebiss und sagte locker "Aah, des dud mir abr Leid, Akiko-chan! Da hab i di wohl oi klois bissle berührd. Schau, dr Korridor hir isch joo au soooo schmol, gell?".

Natürlich war das ganz klar eine Lüge.

Er berührte ihren Hintern absichtlich.

Da wir Zimmernachbaren sind, weiss ich das ganz genau: Tada-san ist ein geiler alter Bock wie er im Buche steht. Schliesslich hält er unter seinem Bett einen Berg voller Erotikmagazine versteckt. Ich dachte immer, dass Menschen mit dem Alter "welken" oder "ruhiger werden". Naja, diese Denkweise verwarf ich, nachdem ich Tada-san kennenlernte.

Natürlich schien dies auch Akiko-san zu wissen.

"Du alter Perversling!! Spuck hier nicht mit Lügen um dich rum!"

"Du zweifelsch an oim kranke und schwache alde Mann, Klois? Was für oi grausams Mädle..."

"Spiel hier nicht nur an solchen Zeitpunkten den kranken alten Mann!"

"Moi Herz klobfd so wild. Aah, moi Bluddrugg..."

"Lügner! Stirb du alter Perversling!"

Während ich von der Seite das -- übliche --- Hin und Her zwischen den beiden betrachtete, stand ich vorsichtig, unbemerkt von Akiko-san, auf.

Die perfekte Gelegenheit zum Fliehen!



Akiko-san's Kontrolle wurde streng.

Ihre Entschlossenheit war anders anders als vorhin. Sobald die Zeit zum Lichterlöschen kommt, stellte sie eine Bank vor meine Zimmertür. Die Türen in diesem Krankenhaus werden nach aussen geöffnet, also konnte ich meine nicht mehr öffnen.

Eine Inhaftierung, wo alles Diskussieren dagegen nichts nützte.

"Was soll ich machen, wenn ich auf's Klo muss?!"

Als ich versuchte, mich so zu wehren, drückte sie mir einen durchsichtigen Behälter in die Hand.

Es war ein... Uringlas.

Baff durch dieses Antwort von ihr, fragte ich

"J-Jetzt ernsthaft?"

"Aber klar! Gutes Gelingen!"

Womit sie mich das Uringlas haltend zum Nicken brachte.

Ihre Entschlossenheit ist wirklich komplett anders als vorhin.

Die Kontrolle durch sie wurde nicht nur nachts extremer. Auch tagsüber wurde sie streng. Ich ging ab und in den kleinen Supermarkt gegenüber Brötchen oder Süssigkeiten kaufen, wenn ich Hunger hatte. Das wurde auch alles von Akiko-san verboten. Schon nur als ich in die Lobby ging, starrte mich das Fräulein hinter dem Schalter scharf an. Und als ich mich dann zum Hintereingang wendete, packte mich die Putzfrau am Arm.

Diese sagte dann ruhig, sowie kaltherzig,

"Entschuldige. Ich wurde von Akiko-san dazu gebeten. Du verstehst sicher, nicht?".

Nach einem wackeligen Nicken floh ich mich dann in mein Krankenzimmer. Ihr soziales Netzwerk überstieg meine Erwartungen...

"Haaa......"

Ich spazierte im Korridor herum und stoss einen tiefen Seufzer aus.

Das Innere des Krankenhaus war bereits der einzige Ort, an dem ich mich frei bewegen konnte. Aber in diesem Krankenhaus sind nur Ärzte, Schwestern und Patienten. Somit war es ein schrecklicher Ort. Schon nur allein einem jungen Patienten zu begegnen war eine Seltenheit, und somit musste ich aufpassen, nicht ein Gespräch über Gott und die Welt mit Opas und Omas verwickelt zu werden. Eine angsteinflössende Falle, aus der man, sobald man reingerät, mindestens für eine Stunde nicht mehr rauskommt.

Und trotzdem bekomme ich von meinen unwissenden Freunden Kommentare wie

"Ah wie herrlich... die ganze Zeit von wunderschönen Schwestern gepflegt, nicht?"

Was man allgemein "Illusion" nennt.

Wenn sie die Wahrheit erfahren wollen, brauchen sie sich nur mal von Akiko-san bedrohen lassen.

Die würden es dann ihre Lektion schrecklich gut lernen.

"Haaa......"

Mit einem erneuten Seufzer streifte ich im Korridor herum.

Das ist wirklich Langeweile in seiner reinsten Form.

Am Anfang war ich froh nicht in die Schule gehen zu müssen, aber mit dieser Welle an Langeweile vermisse ich sie schon wieder - was ein sehr seltsames Gefühl ist.

Aah, ich will ein Mittagsschläfchen im Klassenzimmer machen...

Ich sehne mich nach dem scheusslichen Udon in der Schulkantine...

Schliesslich erreichte ich den Verbindungsgang.

Im städtischen Wakaba-Krankenhaus gibt es einen Ost- und einen Westflügel. Ich befinde mich im Westflügel und somit dort, wo im Grossen und Ganzen die leichten Fälle behandelt werden. Auf der anderen Seite, mit dem Innengartens dazwischen, erstreckt sich der Ostflügel. Darin befinden sich Langzeitpatienten und Schwerkranke.

Ich hatte mich dafür entschieden, den Ostflügel nicht zu oft zu besuchen.

Das klingt nun zwar selbstverständlich, da es nun mal ein Krankenhaus ist, aber hier ist der Ort, wo kranke Leute hinkommen. Das heisst, wenn man einstationiert wird, ist man schon auf einer gewissen Stufe krank. Wenn man dann noch in den Ostflügel kommt, kann es sich schon mal um eine sehr ernste Krankheit handeln. Nicht so leichte Patienten wie ich.

Ich stoppte im Zentrum des Verbindungsgangs.

Hereinzugehen nur zum Herumglotzen oder als Zeitvertreib war mir unangenehm.

Als ich neu hier war, verirrte ich mich mal im Ostflügel. Als ich damals geistesabwesend herumwanderte, hörte ich plötzlich von irgendwo her jemanden weinen. Ich näherte mich dann ohne viel zu denken aus Interesse der Stimme. Natürlich war ich nicht auf das vorbereitet, was ich schliesslich sah. Ein junger Mann und eine Frau, die zusammen in einer Ecke kauernd weinten. Die Frau biss sich auf ihre vollen Lippen, während der Mann ihr ermutigende Worte zuflüsterte, aber sich selbst trotzdem ab und zu die Augen abwischen musste.

Was die Ursache war weiss ich nicht.

Ich bin schliesslich sofort nach diesem Anblick weggerannt, da ich dachte etwas gesehen zu haben, das ich nicht hätte sehen sollte. Unglücke sind vielleicht gar nicht so selten, wie ich dachte. Zwar habe ich das Gefühl, dass man kaum welchen begegnet, aber sie geschehen wohl die ganze Zeit.

Der Ostflügel lässt in mir solche Gedanken aufleben.

"Mal umkehren."

Das murmelnd drehte ich mich um.

Auf's Dach gehen und sonnen klingt nicht schlecht. Neben dem Wasserturm erreicht mich der Wind nicht und momentan ist es schön warm. Dazu ein Manga von der Lobby wäre auch nicht schlecht.

Während ich mir das überlegte, stach mir etwas ins Auge.

Schwarzes Haar.

Weisse Haut.

Von den Fenstern im Verbindungsgang sieht man einen Teil des Ostflügels. Im Zimmer ganz am Rand des Ostflügels stand ein Mädchen beim Fenster.

Mit beiden Händen auf dem Fensterrahmen blickte sie in den Himmel.

Ich verwunderte ein bisschen.

Wenn man für zwei Monate in einem Krankenhaus lebt, erinnert man sich mit der Zeit an die Gesichter der Insassen. Das Wakaba-Krankenhaus ist wirklich nicht so gross.

Ein Mädchen in diesem Alter sollte laut meiner Erinnerung eigentlich nicht hier sein.

"Vielleicht auf Besuch?"

Nachdem ich so vor mich hermurmelte, bemerkte ich ihre Aufmachung und verwarf diesen Gedanken schnell wieder. Sie trug einen blass-blauen Schlafanzug. Und es gibt keine Leute, die im Schlafanzug jemanden besuchen gehen. In einem Krankenhaus sind nur Patienten so eingekleidet.

Auf einmal hallte Akiko's Stimme in meinem Kopf wider.

"In diesem Krankenhaus befinden sich auch Mädchen."

Wie man es auch sah, dies schien ganze der Wahrheit zu entsprechen.



Natürlich wusste Akiko-san von dem Mädchen mit den langen Haaren.

"Du bist aber scharfäugig, huh?"

Sagte sie, während sie wissend grinste.

Ich war dadurch ein wenig gereizt, doch ertrug es, da es grenzenlos ist, sobald Akiko-san selbst gereizt ist. In ihrer Hand befand sich eine Infusionsnadel. Und das Ziel dieser Nadelspitze ist eine Ader in meinem linken Arm.

In anderen Worten: ich bin ein Patient, der eine Infusionsbehandlung erhält.

Und Akiko-san ist die Schwester, welche diese Infusion für mich vorbereitet.

Was soviel heisst, wie, widersetze ich mich ihr, dann sagt sie Dinge wie

"Aah, sorry. Da hab ich's wohl verfehlt.",

nachdem sie die Nadel an einen komplett falschen Stelle einsteckte. Aber dies wiederholt sie dann auch schon mal ca. drei Mal. Erst dachte ich, sie hätte wirklich nur ein Missgeschick gemacht, aber nach etlichen Wiederholungen begriff ich dann endlich Akiko-san's Ungeheuerlichkeit. Man muss gut aufpassen, wenn sie eine Nadel in der Hand hält---

"Seit wann ist sie hier im Krankenhaus?", frage ich, während ich die sich nähernde Nadelspitze mit den Augen verfolge. Ich erhalte zwar fast täglich eine Infusion, doch konnte ich mich bis heute nicht an den Schmerz gewöhnen.

"Ähhm, seit drei Tagen glaube ich. Sie scheint von einem Krankenhaus ausserhalb der Präfektur hierhin verlegt worden zu sein."

Akiko-san stiess zum gleichen Zeitpunkt die Nadel in eine meiner Adern.

In der Kunst der Einführung dieser Nadel gibt es geschickte und ungeschickte Personen. Führt es eine geschickte Person durch, spürt man den Schmerz kaum. Die grobe Akiko-san gehört zu den ungeschickten.

Dieses Mal rannte ein kleiner Schmerz durch meinen Körper, weswegen ich kurz die Stimme hebte.

"...ngh!"

"Waschlappen.", murmelte Akiko-san, obwohl sie hier die ungeschickte ist.

"Du bist ein Mann, also ertrag es."

Ertragen. Sie will, dass ich es ertrage.

Sollte ich hier meckern, könnte es sein, dass sie mir nichts mehr verrät.

"Wie heisst dieses Mädchen?"

"Akiba Rika-chan. Sie ist 17 und somit gleich alt wie du!"

"Gleichaltrig..."

"Jetzt hattest du gerade unredliche Gedanken, nicht?"

Und wieder grinste sie wissend.

Etwas verärgert entgegnete ich

"Als ob!"

"Ah, wirklich...? Hmmm...?"

Akiko-san grinste ununterbrochen weiter.

Der aufwallenden Wut widerstehend fragte ich sie

"Sie ist im Ostflügel, nicht? Ist ihre Krankheit ziemlich schlimm?"

In diesem Augenblick änderte sich die Atmosphäre um Akiko-san. Sie lächelte, grinste unverändert. Doch etwas war anders. Nur ihre Augen lächelten nicht.

"Naja, nichts grosses."

Das ist eine Lüge.

Diese Art von Antwort kenne ich sehr gut. Bei einer schlimmen Krankheit, wird auch die die Ärzte und Schwestern zu einem gewissen Masse trübe. Sie antworten dann nur noch halbherzig und versuchen mit ihrem Gesicht klarzumachen, dass es sich um nichts grosses handelt. Leute, die selten ins Krankenhaus gehen, mögen vielleicht nicht wissen, was das bedeutet und denken vielleicht wirklich es handle sich um nichts grosses.

Doch ich bin schon zwei Monate lang hier.

Es ist eine Lüge.

Dieses Mädchen leidet ganz bestimmt an einer schlimmen Krankheit.

Ein schwerer, schwarzer Brocken fiel in meinen Magen. Dies war ein Gefühl, nahe and Trauer und Verzweiflung, aber doch etwas anders. Wahrscheinlich war es das Gefühl...

...des Aufgebenes.



Dass es in einem Krankenhaus Patienten gibt, ist selbstverständlich.

Gleich gibt es in der Schule auch Schüler.

Auf der Polizeistation Polizisten.

Das ist alles selbstverständlich.

Es gibt andere Dinge, die dem ähneln.

Zum Beispiel...

Menschen, die an einer extrem schweren Krankheit leiden, gehen ohne Verzweiflung in das Reich der Toten über. Sie können vorher Einwände dagegen erheben. Sie können sogar bei Gott klagen. Oder auch zu einem hohen Ort gehen und laut schreien, wenn sie möchten. Doch ihre Krankheit geht dadurch ganz bestimmt nicht weg. Langsam aber stetig schreitet sie fort und führt schliesslich zum Tod.

Ich weiss womit sie sich ganz am Schluss beruhigen.

Sie geben auf.

Sie stossen langsam, ganz langsam, den letzten schweren Atem aus, der in ihrer Brust ruhte.

Das allein ist alles.



Ich liess die Infusion innerhalb von 23 Minuten enden, indem ich die "Verhängnisvolle doppelte Geschwindigkeit!"-Technik anwandte. Wenn man lange im Krankenhaus ist, merkt man sich die verschiedensten Dinge. Zum Beispiel, dass man mit dem Rollstuhl Nummer 3 (auch genannt --- grenzenloser Zirkulierer) im Ausrüstungsraum im zweiten Stock absolut fantastische Drifts erleben kann. Das liegt am losen rechten Vorderrad. Des Weiteren ist es wichtig über die starken und schwachen Punkte der Krankenschwestern Bescheid zu wissen. Als einfaches Beispiel: wenn man Akiko-san um etwas bittet, wird sie es in den meisten Fällen vergessen. Die Oberschwester Yokota macht zwar wie ihr gesagt, aber macht sich auch irgendwo zu viele Gedanken darüber. Die Schichtkontrolle gehört zum Grundwissen der Patienten. Dann nicht zu vergessen die "Gesunderhaltung". Wenn man schon nur ein bisschen Hitze hat, bekommt man eventuell eine Spritze verpasst. Wenn es kritisch wird, kann man kurz vor der Messung die Spitze des Fiebermessgeräts passend anwärmen und somit eine gesunde Körpertemperatur vorspielen.

Es gibt auch ein solcher Trick um Infusionen schnell enden zu lassen, doch ist das schwieriger als man denkt.

Die Anweisungen an sich sind simpel.

Es reicht den Drehknopf an der Infusionsflasche zu drehen.

Doch genau diese Simpelheit verleitet dazu, zu stark zu drehen, womit dann der Körper nicht mehr mit der Ration mitkommt. Das führt dann schliesslich zu Übelheit. Mein erstes Mal endete so in einem riesigen Fehlschlag, da ich das unterschätzte. Ich war kurz davor mein Bett dreckig zu machen.

Inzwischen hatte ich aber den Dreh raus.

"Okay, geschafft!"

Nachdem ich die Infusion eilig beendete, stand ich auf.

23 Minuten ist so ziemlich eine Rekordzeit.

Akiko-san stellte es so ein, dass es locker mehr als eine Stunde gedauert hätte. Aber ich verzichte dankend darauf, so lange ans Bett gefesselt zu sein.

Allerdings kann ich diese Technik nur nutzen, weil ich an einer leichten Krankheit leide und somit nur Nährstoffe mit der Infusion verabreicht werden. Braucht man die Infusion für ordentliche Medikamente, dann kann es böse enden, Gebrauch von dieser Technik zu machen. Für Patienten mit schwachen Körpern dürfte es im schlimmsten Fall wohl sogar das Leben kosten.

Ich stand auf, nachdem ich die Infusionsnadel selbst herauszog.

Es gab nicht wirklich einen Ort, wo ich hinwollte. Ich konnte mich sowieso nur innerhalb des Krankenhaus bewegen. Nichtsdestotrotz lenkten mich meine Beine unbewusst Richtung Ostflügel.

Ich stoppte sobald ich beim Verbindungsgang ankam---.

Es scheint ein Sprichwort zu geben, das lautet "den Rubikon überschreiten". Es stammt von der Geschichte eines römischen Oberbefehlshaber, der mit seinen Legionen den Fluss Rubikon überschritt und somit gegen ein Verbot verstiess. Danach wurde dieser Oberbefehlshaber zum Herrscher eines riesigen Imperiums. Naja, in meinem Fall war das nicht so etwas grosses, aber der Verbindungsgang sah trotzdem schrecklich lang aus.

Vorstossen?

Rückziehen?

Nachdem ich mir das in meinem Kopf herumschwirren liess, kam ich mir wie ein Depp für meine Übertreibung vor. Es heisst ja nicht unbedingt, dass "jetzt" in diesem Moment jemand stirbt. Und auch wenn - es hat doch nichts mit mir zu tun, oder?

Damit vesuchte ich mich selbst zu überzeugen und schritt los.

Wankelmütig schritt ich im Gang voran.

Anders als der Westflügel, gab es im Ostflügel keine Patienten, die einfach so in den Gängen herumspazierten. Als ich meine Schritte dämpfte hörte man nur noch die ziemlich weit entfernten, hastigen Schritte einer Schwester. Ein merkwürdiges Gefühl der Enttäuschung erfüllte mich, allerdings schreckte ich auch gleichzeitig von der versteckten Bedeutung dieser Stille zurück. Ich versuchte trotzdem eine lockere Miene vorzutäuschen und schritt voran.

Schliesslich erreichte ich dieses Krankenzimmer.

Das Krankenzimmer des Mädchens mit den langen Haaren.

"Akiba Rika"

So stand es mit dickem Filzstift auf der Platte mit der Nummer 225.

Da scheint ihr Name zu sein.

Aus dem Zimmer hörte ich keinen Ton, wodurch ich mich fragte ob sie wohl schläft oder in Untersuchung ist.

Aah, an solchen Momenten denke ich immer... "hätte ich doch nur einen draufgängerischeren Charakter".

Wenn dem so wäre, könnte ich einfach mit einem lockeren "Hi!" reinspazieren und mit ihr über irgendwelche bedeutungslose Dinge reden. Und dann eine Woche später würden wir in eine gute Stimmung kommen, zwei Wochen später vielleicht Händchen halten und in drei Wochen...

Ich wischte diese idiotischen Wahnvorstellungen aus meinem Kopf.

Natürlich ist dies unmöglich für mich.

Als könnte ich so etwas gewaltiges schaffen. Wenn dem so wäre, dann hätte ich bereits die eine oder andere Freundin gehabt haben sollen.

Letztendlich stiess ich nur einen Seufzer aus.

"Haa..."

Mit einer Aura der Niederlage in meinem Rücken verliess ich den Ostflügel. Auch nachdem ich in den Westflügel zurückkehrte, hatte ich das Gefühl, dass die Stille des anderen Gebäudes immer noch um meinen Körper herumschwebte.

Akiba Rika... hiess sie also.

Da ich sie nur von weit her gesehen hatte, wusste ich nicht, was sie für ein Gesicht hat. Natürlich wusste ich auch ihre Krankheit nicht. Oder warum sie im Ostflügel ist. Und auch nicht, ob ich ihr helfen könnte. Würde ich sie treffen, könnte ich ihr zumindest diverses über dieses Krankenhaus erzählen...

Mit diesen Gedanken im Kopf stand ich bevor ich mich versah vor meinem Krankenzimmer.

"Warsch underwegs?"

Neben mir stand plötzlich Tada-san.

Durch seine geringe Grösse hatte ich ihn gar nicht bemerkt.

Der Kopf des alten Mannes reichte mir gerade mal bis zur Brust.

"Aah, ich war ein bisschen spazieren."

"Abr isch doch langweilich, nur im Krankenhaus, gell? Ehehehe", prustete Tada-san.

Sein sowieso schon verfaltetes Gesicht bekam somit noch mehr Falten und ich wusste schon wirklich nicht mehr, wo darin seine Augen zu finden waren.

"Ja, so ist es. Wirklich langweilig.", antwortete ich ihm frivol zurücklachend.

Die sich im Ostflügel befindende Akiba Rika liess mich nicht wirklich los, womit ich mich nicht auf ihn konzentrieren konnte. Allerdings wusste ich selbst auch nicht, ob nun der "Ostflügel" oder "Akiba Rika" mich beschäftigte.

Tada-san deutete mit seinem Kopf auf sein Zimmer.

"Willsch roikomme?"

"Eh? Darf ich?"

In diesem Moment war alles wie vom Wind weggeblasen und ich atmete unbewusst auf.

Was in meinem Kopf vorschwebte war eine einzige Sache.

Die Tada-Collection---

Diese ist bereits zu einer Legende in diesem Krankenhaus geworden.

Es geht um die riesige Sammlung an Erotik-Magazinen, die Tada-san - der schon 10 Jahre Krankenhaus auf dem Buckel hat - in der grösseren Hälfte seiner Zeit hier angesammelt hatte.


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