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Latest revision as of 16:21, 15 January 2022

Illustrationen[edit]

Level 1[edit]

Erwache[edit]

„Erwache.“










Er öffnete die Augen mit dem Gefühl, jemandes Stimme gehört zu haben.

Es war dunkel. Vielleicht nachts? Aber nicht komplett finster. Es gab Lichter. Feuer. Über ihm. Eine Art Beleuchtung. Sah aus wie Kerzen. Kleine, an der Wand befestigte. Nicht nur eine, sondern viele, die gleichmäßig verteilt waren und so weit gingen, wie er sehen konnte.

Wo war dieser Ort?

Es war schwer zu atmen.

Er versuchte die Wand zu berühren, sie war hart und steinig. Das war keine Mauer. Es war nur nackter Stein. Kein Wunder, dass sein Rücken wund war, nachdem er dagegen gelehnt hatte. Auch sein Hintern tat weh.

Vielleicht war er in einer Höhle... Eine Höhle? Warum sollte er in einer Höhle sein...?

Diese Kerzen waren ziemlich hoch oben. Er könnte höchstens eine erreichen, wenn er aufstand; so hoch waren sie. Außerdem gaben sie nicht einmal genug Licht, um Hände und Füße sehen zu können.

Aber er spürte die Anwesenheit anderer in der Nähe. Wenn er genau hörte, konnte er ein leises Geräusch, dass nach Atmen klang, wahrnehmen.

Menschen? Was wäre, wenn es etwas anderes wäre? Er könnte in Schwierigkeiten sein. Aber sie hörten sich irgendwie menschlich an.

„Ist jemand da?“, fragte er zögernd.
„Äh, ja“, schoss eine Männerstimme zurück.
„Ich bin hier...“, kam eine andere Antwort, wahrscheinlich von einer Frau.
Eine andere Männerstimme gab ein kurzes „Ja“.
„Das habe ich mir gedacht“, fügte eine andere Person hinzu.
„Wie viele von uns gibt es?“
„Sollen wir durchzählen?“
„Und... wo sind wir überhaupt?“
„Keine Ahnung...“
„Was? Weiß niemand, wo wir sind?“
„Was passiert hier?“
„Was ist das?“

Ernsthaft. Was zum Teufel war das? Was machte er an einem Ort wie diesem? Und warum? Wie lange war er schon hier?

Er umklammerte seine Brust. Fest. Als wolle er etwas davon abreißen.

Er hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging. Wie lange war er schon hier? Warum war er hier?

Als er anfing, über seine Situation nachzudenken, begann etwas in seinem Unterbewusstsein hochzubrodeln. Aber bevor er es klar sehen konnte, verschwand es plötzlich.

Er wusste es nicht. Er wusste nichts. Er war völlig ratlos.

„Hier zu sitzen wird nichts ändern“, sagte ein Mann mit leiser, heiserer Stimme.

Es gab ein Geräusch, als würde jemand auf Kieselsteine treten. Es klang, als wäre der Mann aufgestanden.

„Irgendwo hin gehen...?“, fragte eine Frauenstimme.
„Der Wand folgen“, antwortete der Mann. „Ich werde versuchen, in Richtung des Lichts zu gehen.“ Der Mann sprach überraschend ruhig.

Hatte er keine Angst? Warum wurde er hierdurch nicht mitgerissen?

Der Mann war jetzt zwei Kerzen von ihm entfernt, unter dem Licht erschien er sehr groß.

Er konnte im Kerzenlicht den Kopf des Mannes ein wenig erkennen. Die Haare des Mannes waren nicht schwarz. War es... Silber?

„Ich gehe auch“, sagte die Frau.
„Ich auch, denke ich“, sagte eine Männerstimme.
„M-Moment mal, Leute! Dann komme ich auch!“, rief ein anderer Mann.
„Es gibt noch eine andere Richtung“, sagte noch eine weitere Person. Die Stimme klang etwas höher, aber es war wahrscheinlich wieder ein Mann. „Wir können da bestimmt auch hergehen. Es gibt aber keine Kerzen“.

Der silberhaarige Mann sagte: „Wer hierher Weg gehen will, kann mir folgen“, und ging los.

Es sah so aus, als würden alle dem silberhaarigen Mann folgen. Dann geh ich besser auch, dachte er. Er stand hastig auf, wollte nicht allein gelassen werden.

Eine Hand an der Felswand haltend, tat er nervös die ersten Schritte. Der Boden war nicht gleichmäßig. Er war uneben, aber es reichte, um darauf zu laufen.

Es war jemand vor ihm und jemand hinter ihm. Er wusste aber nicht wer.

Ihren Stimmen nach zu urteilen, war hier niemand allzu alt. Ich kenne niemanden von diesen Leuten... zumindest glaube ich nicht, dachte er.

Welche Leute kannte er denn? Bekannte. Freunde. Aber wer genau waren die?

Seltsam. Er konnte niemanden nennen. Nein, es war eher so, als ob alle Gesichter, die ihm in den Sinn kamen, plötzlich verschwanden, wenn er versuchte sie zu identifizieren.

Er wusste nicht.

Es passierte nicht nur mit Freunden. Familie auch. Es war nicht so, dass er sie überhaupt nicht kannte. Es war mehr so, als würde er sie vergessen, obwohl er sie hätte kennen müssen.

„Vielleicht ist es besser, nicht darüber zu denken“, sagte er laut.
„Hast du...“, fragte eine Stimme von hinten. Definitiv die Stimme eines jungen Mädchens. „Hast du was gesagt?“
„Nein, es war nich-„

Er stockte.

Nichts Wichtiges? Wirklich? Nichts Wichtiges? Wie konnte das nicht wichtig sein?

Er schüttelte sich, um den Kopf wieder frei zu bekommen.

Irgendwann schien er aufgehört haben zu gehen. Ich sollte weitermachen, dachte er.

Er musste weitergehen. Es war besser, nicht darüber nachzudenken. Je mehr er versuchte sich zu erinnern, desto weniger hatte er das Gefühl etwas zu wissen.

Die Reihe von Kerzen ging weiter. Kein Ende in Sicht.

Wie lange war er schon gelaufen? War er weit gegangen, oder nicht?

Er konnte es nicht sagen. Sein Zeit- und Raumgefühl war abgestumpft.

„Hier ist etwas“, sagte jemand von vorne. „Es ist hell. Dort sind... Lampen?“

Der silberhaarige Mann sagte: „Ein Eisengitter.“

„G-Glaubst du, es ist der Ausgang?!“, rief ein anderer Mann mit schriller und aufgeregter Stimme.

Geräusche schwerer Schritte wurden leiser. Sogar im Dunkeln konnte er erkennen, wie alle voraus eilten.

Er konnte die Lichtquellen jetzt auch sehen. Sie waren viel heller als vorher die Kerzen. Das waren definitiv Lampen. Hingen sie an der Wand? Die Lampen beleuchteten etwas, das wie ein Eisengitter aussah.

Der silberhaarige Mann griff nach dem Gitter. Er hatte nicht nur silbernes Haar, der Mann war auch noch wie ein Gangster gekleidet. Er schüttelte das Eisengitter heftig, wie ein Gangster eben, und es begann sich zu bewegen.

„Ich öffne es“, rief der Gangster und zog das Gitter nach innen. Mit einem knarrenden Geräusch öffnete sich die Eisengittertür.
„Oh...!“, schrien mehrere Leute gleichzeitig.
„Können wir raus?!“ rief eine Frau in protzigen Kleidern, die hinter dem Gangster stand.

Der Gangster ging durch die Tür. „Es gibt Treppen. Wir können hochgehen.“

Hinter der Tür war ein enger, schimmeliger Korridor. Danach kamen Steinstufen. Es gab keine Lichter, aber es schien Licht von oben herab.

Die Gruppe stieg hintereinander die Treppe hinauf, Schritt für Schritt.

Oben auf der Treppe befand sich ein weiteres Eisengitter. Dieses Mal sah es so aus, als würde er sich nicht öffnen.

Der Gangster drosch mit der Faust auf das Gitter ein. „Ist niemand da?! Öffnet die Tür!“, brüllte der Gangster, wie ein Tier.

Die protzige Frau schloss sich an und rief: „Hey, jemand, irgendjemand, macht auf!“ Hinter ihnen rief ein Mann mit lockigem Haar: „Hey! Öffnet die Tür! Hallo!“

Sie mussten nicht lange warten. Der Gangster nahm seine Hand vom Gitter und trat zurück. Anscheinend war jemand gekommen.

Die protzige Frau und der Mann mit dem lockigen Haar verstummten, und es ertönte das Geräusch eines sich drehenden Schlosses. Das Eisengitter öffnete sich und die Stimme eines Mannes ertönte. „Kommt raus“. Er ging davon aus, dass die Stimme dem Mann gehörte, der die Tür aufgeschlossen und geöffnet hatte.

Sie stiegen die Treppe hinauf, und kamen in einen Raum aus Stein. Er war fensterlos, aber dank der Lampen hell beleuchtet. Neben der Treppe, die sie heraufgekommen waren, gab es eine weitere Treppe, die auf eine höhere Ebene führte.

Der ganze Ort fühlt sich zu alt an, als würde er nicht in die moderne Welt gehören. Der Mann, der das Tor geöffnet hat, ist auch komisch gekleidet. Ich meine, das sind keine Klamotten, die er trägt. Das Metallzeug, das er trägt, ist... Rüstung? Ich würde diese Kopfbedeckung auch eher einen gepanzerten Helm nennen. Und dieses Objekt, das an seiner Taille hängt, sieht nicht wie ein Schlagstock aus. War es ein Schwert... oder ähnliches? Rüstung, Helm und Schwert? Aus welcher Zeit kommt dieser Typ? Andererseits ist das hier wohl nicht das Hauptproblem.

Der Mann in Rüstung zog eine Art schwarzen Schalter an der Wand.

Die Wand und der Boden zitterten leicht und ein schweres Geräusch hallte durch den Raum. Die Wand bewegte sich.

Sie öffnete sich. Ein Teil der Wand öffnete sich langsam.

Sie sank und hinterließ ein Loch. Ein längliches, rechteckiges Loch.

Der Mann in Rüstung sagte einfach: „Geht raus“, und deutete mit dem Kinn auf das Loch.

Der Gangster ging zuerst, die protzige Frau folgte ihm. Alle nacheinander folgten sie ihnen durch das Loch, als würden sie mitgezogen werden.

Draußen.

Diesmal waren sie wirklich draußen.

Es war entweder vor dem Morgengrauen oder in der Abenddämmerung. Der schwach beleuchtete Himmel breitete sich aus, soweit das Auge reicht.

Sie waren auf der Spitze eines kleinen Hügels.

Als sie sich umdrehten, erhob sich ein großer Turm vor ihnen. In diesem Turm waren sie gewesen... oder vielleicht genauer gesagt, darunter.

Die Gruppe zählte acht Männer, darunter Gangster, Locki und er selbst, sowie vier Frauen, darunter Protzi. Zwölf insgesamt.

Es war dunkel, deshalb konnte er nicht viele Details sehen. Dennoch konnte er sie in etwa ausmachen, ungefähr das, was sie trugen, Frisuren und grobe Gesichtszüge. Wie er schon gedacht hatte, erkannte er niemanden.

„Denkt ihr, das ist eine Stadt?“, fragte ein schlanker Mann mit seidigem Haar. Er zeigte auf die andere Seite des Hügels.

Als er in diese Richtung blickte, konnte er eine Ansammlung von Gebäuden erkennen.

Eine Stadt. Es sah auf jeden Fall so aus. Es musste eine Stadt sein. Nur dass die Stadt von einem hohen Zaun umgeben war - Nein, kein Zaun. Sie war von hohen, festen Mauern umgeben.

„Es ist weniger eine Stadt“, sagte ein dünner Mann mit schwarzer Brille. „Als fast schon eine Burg.“
„Eine Burg...“, flüsterte er, aber aus irgendeinem Grund klang seine eigene Stimme wie die eines anderen.
„Ähm...“, fragte ein zierliches Mädchen hinter ihm schüchtern, „wo denkst du, sind wir hier?“
„Schau, mich zu fragen wird nichts bringen.“
„...richtig, natürlich. Ähm, weiß jemand Bescheid? Was ist das für ein Ort?" Niemand sagte etwas. Sofern sie nicht mit Absicht versuchten, das Mädchen zu ärgern, oder Informationen aus einem anderen Grund verheimlichten, bedeutete dies, dass keiner von ihnen eine Ahnung hatte.

Locki kratzte sich an seinem lockigen Haar und sagte: „Ernsthaft?“

„Ich habe es!“ sagte ein Mann, der aussah wie ein Frauenheld und klatschte in die Hände. Er trug ein umrandetes Cut-and-Sew-Outfit. „Warum fragen wir nicht einfach diesen Typen?! Ihr wisst schon, der in der Rüstung oder was auch immer!“

Alle drehten sich um und schauten auf den Turm.

Und dann passierte es.

Der Eingang begann kleiner zu werden. Die Wand erhob sich wieder und füllte das Loch.

„Oh, Oha, war-“

Der Frauenheld lief panisch los. Er war zu spät.

Der Eingang verschwand und ließ nur eine Stelle zurück, die nicht von der umgebenden Wand unterscheidbar war. Frauenheld versuchte die Wand an allen möglichen Stellen zu berühren und zu schlagen, rief Dinge wie: „Oh, komm schon, das könnt ihr nicht tun! Wartet, wartet, hört auf! Bitte, Mann...“. Aber nichts passierte.

Nach einer Weile setzte sich Frauenheld niedergeschlagen hin.

„Nun, das ist ein Problem“, sagte ein Mädchen mit langen Haaren in zwei Zöpfen. Sie sagte „Problem“ mit einem lustigen Akzent.
„Na, da sagst du was…“, antwortete Lockenhaar, hockte sich hin und ließ seinen Kopf hängen.
„Ernsthaft...? Ernsthaft?“
„Und jetzt mit perfektem Tiiiiiiiming!“, erklang eine hohe Frauenstimme-

Warte, wer?

Es gab vier Mädchen in ihrer Gruppe: Protzi, die mit den Zöpfen, die zierliche, schüchterne und ein sogar noch kleineres Mädchen, was kleiner als 1,50 m sein musste. Die hohe Stimme hörte sich nicht so an, als stamme sie von Protzi, Zöpfchen oder Schüchtern. Wahrscheinlich war es auch nicht die Stimme von Winzig.

„Ich tauche auf, mmh. Ich betrete die Bühne, ja ja. Wo bin ich? Ich bin genau hiiiiier!“
„Genau wo?!“, schrie der Frauenheld, im Aufstehen.
„Geratet nicht in Paaaanik! Seit nicht erschreeeekt! Aber trotzdem nicht relaaaaxt! Rauft euch auch nicht die Haaaare!“

So etwas wie „Charararararahn, charararararahnrarahn!“ singend streckte eine Frau den Kopf an der Seite des Turms heraus, wo sie sich anscheinend versteckt hatte.

Ist ihre Frisur das, was man "Twin-Tails" nennt? wunderte er sich.

„Heeeey. Fühlen sich alle guuut? Willkommen in Grimgar. Ich bin eure Führerin, Hiyomuuuu. Schön euch zu treffeeen. Kommen wir miteinander aus? Kyapii!“

Ein Mann mit kurzrasiertem Schädel knirschte laut mit den Zähnen. „Was für ein nerviger Sprachstil“, murmelte er.

„Huch!“, Hiyomu zog den Kopf zurück hinter den Turm, streckte ihn aber bald wieder heraus. „Du bist so angsteinflößend. So gefährlich. Sei nicht so wüüütend. Okay? Okay? Okay? Okay?“

Der rasierte Schädel schnippte abgeneigt mit der Zunge. „Dann nerv mich nicht.“

„Jawohl, mein Heeerr!“, Hiyomu hüpfte hinter dem Turm hervor und hob salutierend die Hand. „Ich werde von jetzt an vorsichtig sein, mein Herr! Ich werde sehr vorsichtig sein, mein Herr? Ist das okay? Es ist okay, oder? Hihi.“
„Du machst das absichtlich, oder?“
„Ooooh, konntest du es merken? Ah ha! Sei nicht wütend! Schlag mich nicht, tritt mich nicht! Ich mag es nicht, verletzt zu werden! Generell möchte ich, dass du neeett zu mir bist! Wie auch immer, ist es in Ordnung, wenn ich die Dinge jetzt ins Rollen bringe? Kann ich jetzt meinen Job machen?“
„Beeil dich“, sagte Gangster mit leiser Stimme. Im Gegensatz zum geschorenen tat er es, ohne offen aufgeregt zu wirken. Trotzdem war sein Ton einschüchternd.
„Na gut“, begann Hiyomu mit einem Grinsen. „Ich werde jetzt meinen Job machen, in Ordnung?“

Der Himmel wurde von Moment zu Moment heller. Es war jetzt viel heller als noch vor kurzem, was bedeuten musste, dass es morgens und nicht abends war. Die Morgendämmerung brach an.

„Fürs erste, folgt mir einfaaach. Passt auf, dass ihr nicht zurückgelassen werdet!“. Hiyomu ging los; ihre Twin-Tails hinter ihr herschwankend.

Als sie sich umschauten, sahen sie einen Pfad, der vom Turm aus den Hügel hinunter führte.

Grasfelder breiteten sich auf beiden Seiten des dunklen, durch Gebrauch gehärteten, Pfades aus; und es waren große weiße Steine, über der den Hügel bedeckenden Wiese verstreut. Eine ganze Menge davon. Zu viele. Es sah fast so aus, als wären sie in Reihen angeordnet.

Es war, als hätte jemand sie in einer Reihe aufgestellt.

„Hey, sind das...“, fragte Locki und zeigte auf die weißen Steine. „Könnten das... Gräber sein?“

Er schauderte.

Apropos, er bemerkte, dass eine Art Schrift in sie eingraviert war. Auch Blumen waren vor manchen platziert. Ein Friedhof. Könnte der Hügel ein Friedhof sein?

Ohne sich umzudrehen, kicherte Hiyomu an der Spitze der Gruppe. „Na kann das wohl seeein? Macht euch jetzt ja keine Sorgen darüber. Keine Sooorge! Es ist zu früh für einen von euch. Ich hoffe, es ist zu früh für jemanden von euuuch. Hi hi hii...“

Der Rasierte schnalzte erneut mit der Zunge und stampfte angewidert in den Boden. Er schein ziemlich aufgebracht zu sein, aber es sah so aus, als würde er Hiyomu vorerst noch folgen.

Gangster war bereits losgelaufen. Brille, Protzi und Winzig folgten ihm.

Der Frauenheld rief: „Uah! Ich auch, ich auch! Ich auch!“ und begann ihnen stolpernd nachzujagen.

Es gab wohl keine andere Wahl, als mitzugehen. Aber wo plante Hiyomu sie hinzubringen? Wo waren sie hier?

Seufzend schaute er zum Himmel hinauf. „Ah...“

Was war das? Es stand ziemlich tief am Himmel. Die Sonne konnte es nicht sein. Aber es war zu groß, um ein Stern zu sein. Überhaupt, war es nicht einmal eine volle Scheibe. Seine Form war irgendwo zwischen einem Halbmond und einer Sichel. War das also der Mond? Das wäre allerdings ein komischer Mond.

„Er ist rot“, dachte er laut. Er blinzelte und schaute wiederholt nach oben. Aber egal wie oft er hinschaute, es war immer noch rubinrot.

Hinter ihm hörte er jemanden hörbar schlucken. Er drehte sich um und sah, dass auch das schüchterne Mädchen den Mond anstarrte.

„Ahh“, sagte Löckchen, als sie es auch zu bemerken schien. Sie blinzelte ein paar Mal und kicherte. „Herr Mond ist rot. Das ist super hübsch.“

Der Mann mit seidigem Haar stand still und sah mit abwesendem Blick zu dem im Himmel der Morgendämmerung hängenden Mond auf.

„Woah…“, sagte Locki, mit weit geöffneten Augen.

Ein äußerst großer, aber ruhig erscheinender Mann ließ ein leises Seufzen verhören.

Er wusste nicht, wo er war. Wo er hergekommen war? Wie er hergekommen war? All das wusste er ebenfalls nicht. Er konnte sich nicht daran erinnern. Aber… bei einer Sache war er sich sicher.

Der Mond dieses anderen Ortes, war nicht rot.

Ein roter Mond, war einfach komisch.

Alles, was wir nicht wissen[edit]

In manchen Ecken der Stadt standen Steinhäuser entlang der Straße, während es in anderen nichts außer Bauwerke aus Holz gab. Die Straßen aus Kopfsteinpflaster waren verwinkelt und verkurvt, machten es schwierig weit vorauszuschauen. Neben der breiten Straßen gab es ein Aquädukt, durch welches zum größten Teil sauberes Wasser floss. Manchmal hing ein fauler Geruch, wahrscheinlich von Exkrementen stammend, in der Luft, aber wie sie weitergingen, hörte es auf sie zu stören.

Hiyomu hatte die zwölfköpfige Gruppe aus Männern und Frauen in die Stadt jenseits des Hügels geführt. Laut ihrer Aussage hieß diese Stadt Alterna. Wie man es vielleicht von einer Stadt erwarten würde, lebten dort Menschen; und obwohl es früh am Morgen war, kamen sie an einer nicht geringen Anzahl solcher Personen vorbei, die wie Anwohner der Ortschaft schienen. Diese Anwohner starrten die Zwölf allesamt an, als wären sie ein allzu ungewöhnlicher Anblick. Die Zwölf allerdings, starrten prompt zurück. Immerhin waren die Leute durchweg seltsam gekleidet.

Warte… seltsam? Verglichen mit den Zwölf waren ihre Kleider überhaupt nicht auffällig, sondern simpel und schäbig.

„Also, naja, dieser Ort…“, fing der Frauenheld an zu reden. „Ist das, ihr wisst schon, ein fremdes Land, oder sowas…?“

„Ähh…“, Locki drehte sich zu ihm um, suchte nach einer Antwort. „…Ein fremdes Land? Ein Land? Wenn ich so drüber nachdenke, welche Nationalität habe ich eigentlich? Hä? Komisch, Ich weiß es nicht mehr… Tatsächlich kann ich mich an meine Adresse und so auch nicht mehr erinnern.“

„Was? Das hattest du nicht bemerkt?“, sagte Gangster mit ruhiger Stimme. „Mein Name ist so ziemlich alles, was ich noch weiß.“

Die Bezeichnung noch weiß erregte seine Aufmerksamkeit. Er meinte wahrscheinlich mehr als einfach nur nicht zu wissen. Vielleicht hatte auch Gangster das Gefühl erlebt, einer Erinnerung nachzugehen, nur um sie dann verschwinden zu sehen.

„Mein Name…“, der Lockige schlug gegen seine Brust. „Mein Name ist… Ranta. Davon abgesehen… Ja. Keine Ahnung. Whoa. Echt jetzt? Ich leide unter Gedächtnisverschwund…“

„Ich glaube du meinst…“, unterbrach er Ranta, und bereute es sofort. Zurückhalten konnte er sich aber nicht mehr. „Gedächtnisverlust, oder?“

„Hör zu alter…“, sagte Locki, ohne zu zögern. „Wenn du hier den Besserwisser spielen willst, dann bitte richtig. Man braucht dazu ein bisschen mehr Elan. Wenn du es so halbbacken rüberbringst, ist das unangenehm für mich, der den Idioten für dich spielt. Das zerstört die Stimmung. Naja, wie auch immer. Dieses Mal sehe ich noch drüber hinweg. Also, wer bist du?“

„Du… siehst drüber hinweg…“

In welche Art und Weise hatte Ranta den Idioten gespielt? Was für ein miserabler Versuch Lustig zu sein. Er war noch nicht völlig überzeugt, aber…

Ein Name.

Was war sein eigener Name?

„…Ich bin Haruhiro. Glaube ich?“

Locki, aka Ranta, machte eine übertriebene, gespielte Fallgeste, wie in einem Theaterstück.

„Du glaubst? Warte mal man, du weißt nicht mal deinen eigenen Namen? Ok, ich weiß, wir reden darüber, dass unsere Namen alles sind, was wir wissen, aber…“

Dieser Typ ist ziemlich nervig dachte Haruhiro, und warf einen Blick rüber zu Gangster, der direkt hinter Hiyomu lief. Er fragte sich, was Gangsters Name war. Irgendwie wollte er ihn fragen, aber er war zu verängstigt von dem Mann. Ohne es als Ersatz, Gangster zu fragen, zu meinen, wendete er sich an den schlanken Mann mit seidigem Haar und fragte: „Und du?“

„Oh“, antwortete der Mann, ein Lächeln auf dem Gesicht. Er war ein recht wortgewandter Mann. „Ich bin Manato. Macht es dir etwas aus, wenn ich dich einfach Haruhiro nenne? Ohne Höflichkeitsform oder ähnliches?“

„Oh, klar, das ist ok. Dann, kann ich dich auch nur Manato nennen?“

„Damit habe ich kein Problem, natürlich.“

Als Manato lächelte, konnte er nicht anders, als auch zu lächeln. Er sieht wie ein guter Mensch aus. Ich kann ihm wahrscheinlich vertrauen.