Difference between revisions of "Suzumiya Haruhi:Band5 Die endlose Acht"

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“Ich werde Suzumiya-san kontaktieren sobald ich die entsprechenden Informationen habe. Wir suchen also nach Orten mit O-bon und Feuerwerksfesten oder?“
 
“Ich werde Suzumiya-san kontaktieren sobald ich die entsprechenden Informationen habe. Wir suchen also nach Orten mit O-bon und Feuerwerksfesten oder?“
   
„Vergiss nicht auf das Goldfischangeln, Koizumi-kun. Schließlich ist das Mikuru-chans einziger Wunsch.“
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„Vergiss nicht das Goldfischangeln, Koizumi-kun. Schließlich ist das Mikuru-chans einziger Wunsch.“
   
 
„Dann werde ich Ausschau nach einem Ort machen wo ein O-bon und ein Sommerfest gleichzeitig abgehalten werden“.
 
„Dann werde ich Ausschau nach einem Ort machen wo ein O-bon und ein Sommerfest gleichzeitig abgehalten werden“.

Revision as of 02:17, 4 December 2008

Die endlose Acht

Ich fühlte mich ziemlich seltsam.

Ein paar Tage nach dem O-bon Fest überkam mich ein bizarres Gefühl.

Zu diesem Zeitpunkt saß ich gerade in meinem eigenen Wohnzimmer und schaltete immer wieder auf ein Baseballspiel der Mittelschule, an dem ich eigentlich gar kein Interesse hatte. Es war irgendwie auch meine eigene Schuld am Nachmittag hell wach zu sein, ohne etwas zu tun zu haben. Doch selbst zu Tode gelangweilt konnte ich mich nicht dazu aufraffen, mich dem Berg an Sommerhausaufgaben zu stellen, weshalb ich damit fortfuhr auf dem Sofa herumzuhängen und die Zeit mit Fernsehen totzuschlagen.

Was gezeigt wurde war das Bezirksturnier, für dessen Teilnahme ich weder bestimmt noch qualifiziert war, wo mich aber eine gewisse Zuneigung zu den Underdogs dazu brachte das gerade mit einem Spielstand von 0 zu 7 verlierende Team anzufeuern. Aus heiterem Himmel überkam mich eine Vorahnung, ein Gefühl, dass Haruhi wieder etwas vorhatte.

Dadurch, dass ich meine kleine Schwester aufs Land begleitet hatte (wo sich der Familiensitz meiner Mutter befindet) um den Sommer dort zu verbringen und unseren Ahnen ihre Ehre zu erweisen, hatte ich Haruhi seit Ewigkeiten nicht gesehen und war erst einen Tag zuvor erfolgreich zurückgekehrt. Der Ausflug ist für uns jedes Jahr ein Pflichttermin. Die Mitglieder der SOS Brigade hatten auch während den Sommerferien wenige Gelegenheiten sich zu treffen, weshalb es nur zu erwarten war Haruhi nicht zu Gesicht zu bekommen. Zusätzlich hatten wir ihre Durchlaucht bereits am ersten Tag der Sommerferien voller Elan auf diese bizarre einsame Insel begleitet und damit schon vor langer Zeit diesen sonderbaren und übereilten gemeinsamen Sommerausflug abgeschlossen. Selbst wenn Haruhi etwas vorhätte, würde es keinen zweiten „Übernachttrip“ geben. Die Erinnerung an diesen einen sollte selbst für ihren Geschmack für diesen Sommer genug sein.

“Andererseits…”

Während ich so mit mir selbst sprach, ereignete sich aus ungeklärtem Grund ein Vorfall mit meinem Handy. Plötzlich – sehr plötzlich – in exakt dem Moment in dem sich mein Finger in das Handyband einhängte und es zu meinem Körper zog, so dass mir der Gedanke kam, jemand hätte vielleicht Mikrokameras in meinem Haus installiert. Genau in diesem Augenblick, exakt auf die Sekunde, ertönte der Klingelton. Vielleicht kann ich die Zukunft vorherzusagen! Dieser Gedanke schoss mir durchs Gehirn und wurde augenblicklich durch mein Kopfschütteln wieder ausgelöscht – zu idiotisch.

“Was will sie?”

Die Nummer auf dem Handydisplay war die von Suzumiya Haruhi.

Nachdem ich es dreimal läuten hatte lassen, drückte ich mit einiger Eleganz die Annahmetaste. Ich war über mich selbst erstaunt, dass ich bereits eine Idee hatte was Haruhi wahrscheinlich sagen würde.

„Hast du heute Zeit?“

Das war der erste Satz, der von Haruhi kam.

„Um exakt zwei Uhr treffen wir uns alle vor dem Bahnhof, dein Erscheinen ist Pflicht.“

Gleich darauf legte sie auf. Es gab keinen belanglosen Smalltalk oder Grüße an die Familie, nicht einmal eine Bestätigung, ob überhaupt ich es war, der am anderen Ende der Leitung zuhörte, wartete sie ab. Aber vor allem, wie konnte sie wissen, dass ich heute nichts zu tun hatte? Egal wie es aussieht, ich habe noch immer … ach, vergesst es, heute habe ich wirklich nichts anderes vor.

Und wieder klingelte das Telefon.

„Was?“

„Ich habe vergessen dir zu sagen was du alles mitbringen sollst.“

Mit der Geschwindigkeit eines Maschinengewehrs ging sie daraufhin die Liste durch.

„Denk außerdem daran mit dem Fahrrad zu kommen und genug Geld mitzubringen, over~!”

Dann legte sie auf.

Ich warf das Handy beiseite und ließ mir ein paar Dinge durch den Kopf gehen. Was ist nur los? Warum beschleicht mich dieses Gefühl als wäre das alles nur ein sich immer weiter fortsetzender Traum?

Ein schriller Pfeifton kam aus der Richtung des Fernsehers. Als ich hinsah befanden sich die Punkte des gegnerischen Teams- gegnerisch zumindest in meinen Augen – bereits im zweistelligen Bereich. Der Klang des Aufpralls eines Baseballs auf einen Aluminiumschläger bestätigte mir schonungslos diesen Umstand..

Der Sommer neigte sich dem Ende zu.

Ein Chor aus Zikaden ergoss sich über das Haus, dessen Fenster und Türen aufgrund der laufenden Klimaanlage dicht geschlossen waren.

“Sie ist einfach unmöglich.”

Haruhi. Diese Frau … war der Ausflug auf diese abgedrehte Insel Anfang dieses Sommers nicht genug? Diesen Sommer ist es heiß wie in der Hölle … was will sie nur? Ich hatte absolut keine Lust den wohlig klimatisierten Raum zu verlassen.

Aller Beschwerden zum Trotz, begab ich mich zu meinem Schrank und suchte die von ihr verlangten Gegenstände heraus.

„Kyon, du bist einfach zu langsam! Würdest du dich bitte etwas mehr anstrengen?“

Suzumiya Haruhi wirbelte mit einer Plastiktüte herum als sie mit einem missgefälligen Gesichtsausdruck ihren Zeigefinger auf mich richtete. Diese Frau war noch immer die alte.

„Mikuru, Yuki und Koizumi sind alle schon vor mir angekommen. Du jedoch lässt die Chefin auf dich warten … du weißt was das heißt? Du verdienst Bestrafung! Bestrafung

Ich war die letzte Person, die an unserem Treffpunkt ankam, allerdings war auch ich fünfzehn Minuten zu früh. Es scheint, dass alle schon im Voraus gewusst hatten, dass Haruhi uns zusammentrommeln würde, weshalb jeder in Windeseile bereit stand. Dank dieser Gurus war ich es immer, der alle einladen musste. Aber daran hatte ich mich schon längst gewöhnt und mein Bemühen inzwischen aufgegeben. Fakt ist, dass ich nicht mehr bin als ein ordinärer Durchschnittsmensch und es von vornherein ein unmögliches Vorhaben ist, vor diesen drei Individuen mit einzigartigem Hintergrund anzukommen.

Ich schenkte Haruhi keine Aufmerksamkeit und wandte mich an die anderen Mitglieder um sie zu begrüßen.

„Entschuldigung, dass ihr alle warten musstet.“

Meine Begrüßung von Zweien der Gruppe hatte wenig Bedeutung, aber dieses eine andere Individuum konnte ich auf keinen Fall ignorieren. Bedeckt mit einem eleganten Hut mit Schleifen, schenkte mir Asahina Mikuru-san ein warmes Lächeln und nickte mir zu.

“Keine Sorge, Ich bin auch gerade erst angekommen.“

Asahina-sans Hände umklammerten einen Korb, dessen Inneres mit Dingen gefüllt zu sein schien, die Erwartungen aufkommen ließen und entsprechendes Interesse bei mir weckten. Ich hatte wirklich gehofft auf ewig diese angenehme Atmosphäre genießen zu können, doch ein Dämon trat auf und verdarb alles.

„Lange nicht gesehen. Warst du auf Reisen seit unserem letzten Treffen?“

Koizumi Itsuki gab seine gleißenden weißen Zähne preis und zeigte mir seinen erhobenen Daumen. Sogar jetzt, wo die Sommerferien fast vorbei waren, erweckte sein lächelndes Gesicht den Eindruck, als führe er etwas im Schilde. Warum konntest nicht du auf eine Reise gehen? Warum eilst du sofort zu Haruhi sobald sie nach dir ruft? Das und der Umstand, dass du so früh hier warst, macht dich nur umso verdächtiger je länger ich darüber nachdenke … würdest du eigentlich protestieren wenn diese Frau beschließen würde dich zu töten?

Mein Blick wanderte über die Fassade dieses strahlenden Heuchlers hinaus und verschob sich in der Horizontalen. Im Hintergrund stehend befand sich das geradezu anorganische Antlitz der emotionslosen Nagato, die schon fast wie Koizumis Schatten wirkte. Diese Präsenz, gekleidet in ihre Sommeruniform und mit keinem Tropfen Schweiß auf der Haut, stand dort kerzengerade und sie konnte kein vertrauterer Anblick für mich sein. Ich begann sie zu verdächtigen gar keine Schweißdrüsen zu besitzen.

„…“

Nagato hob ihren Kopf, sah mich an, als ob sie eine bewegungslose Spielzeugmaus betrachten würde und nickte leicht. Vielleicht war das ihre Art mir zu salutieren.

„Alle sind hier, also lasst uns gehen!“

Aus Pflichtgefühl fragte ich nach Haruhis Anweisung:

„Wohin?“

„Wohin sonst als ins städtische Schwimmbad?“

Ich warf einen Blick auf das, was ich in meiner rechten Hand hielt: eine Sporttasche mit einem Badetuch und meinen Badesachen. Es stimmt, auch ich hatte schon geahnt, dass wir ins Schwimmbad gehen würden.

„Ein Sommer soll sein wie ein Sommer und wir sollten ihn deshalb mit typischen Sommeraktivitäten verbringen. Nur ein Pinguin oder ein Schwan würde mitten im Winter ins Wasser springen.“

Aufgrund dieser Beispiele erhielt es schon mehr den Anschein einer Gewohnheit, als einer entspannenden Freizeitbeschäftigung. Ich bin keiner dieser Leute die man mit ein paar unpassenden Vergleichen mit der Tierwelt überzeugen kann.

„Die Zeit verrinnt, also müssen wir sofort handeln wenn uns etwas in den Sinn kommt! Schließlich sind das die einzigen North High Sommerferien als Erstklässler unseres Lebens!“

Wie üblich dachte Haruhi erst gar nicht daran, auf die Vorschläge von anderen zu hören. In Wahrheit kam es aber auch niemandem außer mir in den Sinn Haruhi andere Dinge vorzuschlagen, so dass die einzigen Ideen, die bei ihr bei dem einen Ohr rein und beim anderen raus gingen, die meinigen waren. Rational gedacht war Haruhis Aktion ein wenig unvernünftig… aber ich ergab mich meinem Bestimmung als der Einzige in der Brigade mit gesundem Menschenverstand. Welch verfluchtes Schicksal …

Während ich noch die Unterschiede zwischen Schicksal und Bestimmung analytisierte –

„Jetzt lasst uns auf den Fahrrädern zum Schwimmbad fahren!“

Haruhis königlicher Erlass war verkündet. Auch ohne Zustimmung würde der Auftrag schlussendlich gewaltsam durchgesetzt werden.

Nachdem ich gefragt hatte, stellte sich heraus, dass Koizumi ebenfalls beauftragt worden war mit dem Fahrrad zu kommen, während das Damentrio zu Fuß unterwegs war. Es sei also nochmals angemerkt, dass es nun nur zwei Fahrräder für fünf Leute gab. Was dachte sich diese Frau nur dabei?

Haruhi erklärte es in fröhlichem Tonfall:

„Wir laden einfach zwei Leute auf das eine Fahrrad auf und drei auf das andere und voila, das Problem ist gelöst. Koizumi-kun, du übernimmst Mikuru-chan. Yuki und ich fahren bei Kyon mit.“

Und so trat ich in die Pedale und war bald dem Tode nahe. Die brennende Hitze, die mich wie ein Schwein schwitzen ließ, konnte ich ja noch ertragen, aber dieses Geschrei, das wie die Justierungsgeräusche eines kaputten Lautsprechers klang, wiederholte sich in endlosen Wiederholungen hinter meinem Kopf und trieb mich in den Wahnsinn:

„Kyon! Siehst du das? Koizumi-kun hat dich überholt” Tritt fester in die Pedale und schließ wieder zu ihm auf!”

Mein Schweiß trübte meine Sicht. Ich konnte nur schemenhaft Asahina-san wahrnehmen, die seitlich auf dem Gepäcksträger von Koizumis Fahrrad saß und mir schüchtern zuwinkte. Warum befördert Koizumi die Schöne und ich das Biest? Ich bin knapp daran zu glauben, dass sich die Bezeichnung “unfair” von meiner aktuellen Situation herleitet”

Sowohl meine Beine, als auch mein Fahrrad kämpften damit dem extremen Übergewicht standzuhalten. Nagato saß auf dem Gepäcksträger, während die Person die auf den hinteren Fußablagen stand, Haruhi war. Es sah schon mehr aus wie ein Dreipersonen Fahrradtrick. Bereitet sich die SOS Brigade jetzt etwa auch schon darauf vor ein Zirkus zu werden?

Ach ja, bevor wir uns auf den Weg begaben sagte Haruhi:

„Yuki ist zierlich, sie ist nur ein Fliegengewicht.“

Dieser Satz hatte seinen Effekt. Ich habe keine Ahnung ob Nagato ihr Gewicht auf Null reduzierte oder ob sie sich der Antigravitation bediente, aber ich kann sagen, dass es sich so anfühlte als beförderte ich nur Suzumiya Haruhi. Seufz, ich wäre nicht einmal erstaunt wenn Nagato die Schwerkraft beeinflussen könnte. Ich würde viel lieber herausfinden was sie nicht kann.

Allerdings wäre es großartig wenn sie etwas hinsichtlich Haruhis Gewicht tun könnte, nachdem meine Schultern deutlich die überwältigende Kraft dieser Frau spüren können.

Koizumi, einen Blick zurückwerfend indem er an Asahina-sans Kopf vorbeisah, entblößte sein verhasstes Mona Lisa Lächeln, das mich die Ungerechtigkeit dieser Welt begrüßen und mich Witze zu mir selbst machen ließ, wie es einst schon Balzac getan hatte. Verdammt! Auf dem Rückweg werde ich definitiv um die Chance kämpfen Asahina-san zu befördern und den süßen Geschmack des zweisamen Fahrradfahrens kosten zu dürfen. Ich denke, dass sich auch mein Damenfahrrad meiner Meinung anschloss.


Die Ausstattung des öffentlichen Schwimmbades war sehr dürftig. Es wäre passender gewesen seinen Namen in „Ghetto Schwimmbad“ zu ändern. Der Grund hierfür war, dass diese Anlage nur über ein Fünfzigmeterbecken und ein fünfzehn Zentimeter tiefes Wasserloch für die Kleinkinder verfügte.

Die einzigen High School Schüler, die hierher kommen würden, sind die, die wie wir vor Langeweile sterben. Ansonsten waren nur kleine Kinder mit ihren Eltern – meistens Mütter- da. Ich verlor das Interesse in dem Augenblick, in dem ich sah, dass sich nur Bälger in ihren Schwimmreifen im Wasser befanden. Sieht so aus als wäre die einzige optische Stimulanz die noch übrig bleibt Asahina-san …

„Hmm, das Desinfektionsmittel stinkt wirklich.“

In der Sonne stehend und in einen tiefroten Tankini gekleidet, schnüffelte Haruhi nonstop mit geschlossenen Augen in der Luft herum. Mit Asahina-san an der Hand trat sie aus der Umkleidekabine heraus. Asahina-san, die in einer Hand den Korb hielt, war mit einem Badeanzug bekleidet, der mit seinen Rüschen Ähnlichkeit mit Badekleidung für Kinder hatte, während Nagato einen einfachen rüschenlosen Wettkampfbadeanzug anhatte. Beide Anzüge schienen von Haruhi handverlesen zu sein, die zwar ihrem eigenen Verhalten wenig Aufmerksamkeit schenkte, jedoch peinlich genau war, wenn es um die Mode anderer Leute ging, besonders wenn es sich dabei um Asahina-san handelte.

„Springt ins Wasser sobald ihr einen Platz gefunden habt, wo wir unsere Sachen hinlegen können. Wir werden Wettkämpfe abhalten! Wettkämpfe! Damit wir sehen wer am schnellsten das andere Ende des Beckens erreicht.”

Ich zuckte mit meinen Schultern und (nachdem ich einen kurzen Blick mit Asahina-san ausgetauscht hatte) ging los um im Schatten das Badetuch auszubreiten und die Taschen abzustellen.


Die Bälger im Becken taumelten über die Oberfläche wie abnorme Wasserläufer und machten es einem unmöglich gerade Bahnen zu schwimmen. Das Ergebnis dieses Fünfzigmeter Freestyle Rennens der Brigademitglieder in dieser brutalen Umgebung, war ein wenig überraschender Sieg von Nagato.

Dieses Mädchen, das nie Luft zu holen schien, tauchte sofort in das Becken ein und strebte dort unaufhaltsam vorwärts. Die Wassertropfen, die von ihren kurzen Haaren herab fielen, klebten an ihren Wangen, als sie schließlich geduldig am anderen Ende auf unsere Ankunft wartete. Wie zu erwarten war, war Asahina-san bei weitem die Langsamste. Sie musste anhalten um Luft zu holen und warf dann auch noch einen Wasserball zurück, der in die Nähe ihres Rückens getrieben war, wodurch sie am Ende zehnmal so lange brauchte um die andere Seite zu erreichen wie Nagato. Als sie schlussendlich dort ankam, war sie noch dazu völlig außer Atem.

“Es ist eine absolute Lüge zu behaupten, dass Sport den Stress reduziert! Der Körper ist der Körper, das Gehirn ist das Gehirn. Der Körper kann sich bewegen ohne nachzudenken, während das Gehirn nicht arbeiten kann ohne zu denken.“

Haruhi setzte einen Blick auf, als würde das, was sie sagte der Wahrheit entsprechen und fuhr fort:

„Deshalb, lasst es uns noch einmal tun. Dieses Mal werde ich nicht gegen dich verlieren Yuki!“

Hat dir denn niemand gelernt, dass du „Deshalb“, eine Konjunktion, in diesem Zusammenhang nicht verwenden kannst? Du bist nur eine schlechte Verliererin, die nun versucht zumindest in der Verlängerung einmal zu gewinnen.

Deshalb, erwartete ich unruhig, dass Nagato die gespannte Atmosphäre erkennen und aus dem Becken steigen würde. Ich lass es euch untereinander ausfechten und wohne dem Ganzen nur als Zuschauer von der Seite bei. Ich wette auf Nagato, wer will auf Haruhi setzen?


Haruhi und Nagato schwammen noch fünf Mal die Beckenlänge hin und zurück. Danach änderte sich die Situation dahingehend, dass das Damentrio der SOS Brigade begann mit den Grundschulmädchen Ball zu spielen. Koizumi und ich, unfähig in das Spiel einzusteigen, beschlossen, dass wir genauso gut am Rand sitzen können um ihnen beim Spielen zuzuschauen, nachdem es ansonsten sowieso wenig zu sehen gab.

„Sie spielen sich die Seele aus dem Leib.“

Koizumi beobachtete sie.

“Man kommt sich vor wie im Paradies, alles ist in Ordnung mit der Welt. Denkst du nicht auch, dass Suzumiya-san gelernt hat sich auch durch konventionellere Dinge zu unterhalten?“

Es scheint als redet er mit mir, also ist es wohl besser wenn ich ihm antworte.

„Sie ruft aus heiterem Himmel an und legt auf sobald sie alle Anweisungen durchgegeben hat; was an dieser Form einer Einladung ist normal?“

„Gibt es nicht diese Redewendung, dass es besser ist jetzt als später zu handeln?“

„Das Problem ist nur, dass das ‚jetzt’ das diese Frau auswählt, nie die beste Zeit dafür ist.“

Das Baseballturnier und diese lächerlich große Grille schossen mir durch den Kopf.

Koizumi fuhr mit einem Lächeln fort:

„Das ist wahr, aber ich würde denken, dass das hier ziemlich friedlich ist. Wenn man Suzumiya-san so herzhaft lachen sieht, würde man sagen, dass keine weltverändernden Ereignisse ausgelöst werden.“

Ich wünschte es wäre so.

Ich holte bewusst tief Luft und schloss mit einem Seufzer ab.

Just in diesem Moment setzte Koizumi einen eigenartigen Blick auf. Es war ein Gesichtsausdruck, mit dem ich vertraut war, also abgesehen von seinem üblichen Grinsen.

„Hmm?“

Koizumis Augenbrauen wurden plötzlich in die Höhe gezogen.

„Was ist?“ frage ich.

„Nichts …“

Der normalerweise wortgewandte Koizumi schien sprachlos und sah aus, als ob ihn etwas beschäftigte … doch schnell kehrte sein Lächeln wieder in sein Gesicht zurück.

„Ich mache mir wahrscheinlich nur unnötig Sorgen. Durch die uns ständig konfrontierenden Ereignisse bin ich wie es scheint schon leicht schizophren. Ah! Sie kommen herauf.“

Ich sah in die Richtung, in die Koizumi deutete. Haruhi kam näher und schritt voran wie ein Königspinguin auf dem Weg seine Kinder zu füttern, mit einem breiten Grinsen über ihrem ganzen Gesicht. Asahina-san und Nagato holten sie ein als ob sie einer flüchtigen Prinzessin auf den Fersen wären.

„Es ist an der Zeit zu essen. Das Tagesmenü sind Asahina-sans handgemachte Sandwiches. Auf der Straße gingen sie für nicht weniger als fünftausend Yen weg, bei einer Onlineauktion wären auch fünfhunderttausend Yen keine große Überraschung. Ihr solltet mir ernsthaft dankbar sein, dass ich euch diese großartigen Dinge überhaupt essen lasse.“

„Vielen Dank“

Ich sagte es aus vollem Herzen, wenn auch gegenüber Asahina-san.

Koizumi tat es mir gleich.

„Wir sind gesegnete Leute.“

„Nein, das ist doch nichts.“

Asahina-san senkte ihren Kopf und spielte mit ihren Fingern.

“Ich weiß noch nicht einmal wie sie geworden sind … Seid also nicht überrascht wenn sie schlecht schmecken.”

Es wäre unmöglich für diese Sandwiches schlecht zu schmecken. Jedes Essen, das sorgfältig von Asahina-sans goldenen Händen hergerichtet wurde, ganz gleich wann und wo es gemacht wurde und aus welchen Materialien es besteht, ist eine Delikatesse der Welt der Sterblichen.

Aus diesem Grund war meine Rührung nicht in Worte zu fassen, als ich Asahina-sans handgemachte Speisen essen durfte. So sehr, dass ich noch nicht einmal feststellen konnte ob sie gut oder schlecht schmeckten. Es ist einfach grundsätzlich alles gut was sie macht. Deshalb war auch der warme japanische Tee, den sie aus ihrer Thermoskanne ausschenkte, wahrhaft himmlisch, selbst wenn er keine gute Kombination mit den Sandwiches abgab. Sogar die süßen Tautropfen ihres Körpers verursachten ein Gefühl von Frische bei mir.

Haruhi vertilgte ihren Anteil innerhalb weniger Augenblicke, als sei sie verzweifelt sonst die sich angestaute Körperwärme zu verlieren.

„Ich gehe eine Runde schwimmen. Kommt nach wenn ihr fertig seid.“

Nach dieser Anweisung sprang sie in das Schwimmbecken.

Diese Frau war bemerkenswert. Sie bewegte sich als ob niemand sonst dort wäre, selbst wenn sich in jeder Ecke Hindernisse befanden. Diesem Anblick nach scheint die Theorie, dass die menschliche Evolution ihren Ausgang im Wasser nahm, nachvollziehbar. Allerdings glaube ich, dass wenn Haruhis Vorfahren mit nichts als ihrer Kleidung auf den Mond geschossen worden wären, sie selbst dort irgendwie überlebt hätten.

Mit Ausnahme von Nagato, die noch in ihrer makellosen und kontrollierten Art weiter aß, gesellten wir uns später zu Haruhi, wie Seehunde die Sehnsucht nach ihren Kameraden haben. Zu dieser Zeit spielte Haruhi gerade mit den Grundschulmädchen Wasservolleyball.

„Mikuru-chan! Beeil dich und komm her!“

“Ja”

Sekunden nachdem sie mit dem Kopf genickt hatte wurde, Asahina-san vom stählernen Schmetterball Haruhis getroffen und versank im Wasser.


Koizumi und ich verließen das Schwimmbecken nach nur einer Stunde und legten uns an den Beckenrand, umringt vom lebhaften Geschrei der Kleinkinder.

Egal wie du es drehst und wendest, wir passen hier einfach nicht her. Was denkt sich Haruhi nur, von allen möglichen Plätzen dieses öffentliche Schwimmbad auszusuchen, das so gut wie keine Annehmlichkeiten bietet? Ich verlange ja gar nicht nach Wasserrutschen, aber es sollte doch geeigneter Anlagen für uns geben.

Mir ist bekannt, dass die Haut unter der prallen Sonne schnell Melanin einlagert. Als ich also darüber nachdachte ob Nagato vielleicht nach einem Platz Ausschau hielt um sich bräunen zu lassen, sah ich dieses zierliche, stille Mädchen mit kurzen Haaren, völlig regungslos im Schatten bei unsere Sachen sitzen und mit ihren scharfen Augen in den Himmel starren.

Es war ein Bild, das immer das gleiche zu sein schien: der Anblick von Nagato, still sitzend wie eine Puppe, unabhängig des Ortes an dem sie sich gerade befand.

„Hmm?“

Ein leichtes Gefühl von Verwirrung überkam mich, verschwand aber innerhalb eines Augenblicks. Dieses bizarre Gefühl war wieder zurückgekehrt. Nur für einen kurzen Moment fühlte ich, dass Nagato sich langweilte und hatte dabei ein Déjà-vu. Darüber hinaus war ich damit vertraut was danach folgte. Oh ja, Haruhi wird etwas sagen in der Richtung von-

„Diese zwei sind Mitglieder meiner Brigade. Wenn ich sage Osten, dann wagen sie nicht Westen zu sagen. Geht also zu ihnen falls ihr Hilfe braucht.“

Ich sah zurück zum Schwimmbecken und bemerkte, dass Haruhi gemeinsam mit einer Horde von kleinen Mädchen vor uns erschienen war,

Asahina-san ließ ihr Kinn auf der Wasseroberfläche treiben und schloss ihre Augen. Vielleicht war sie erschöpft von der ganzen Spielerei mit den hyperaktiven Grundschulkindern. Die vor Energie überschäumende Haruhi, unbekümmerte als die kleinen Kinder, sagte zu Koizumi und mir:

„Macht mit! Wir wollen Wasserpolo spielen und brauchen zwei Leute als Torhüter.“

Gerade als ich daran dachte wie das Spiel geht und wie die Regeln lautete, verschwand mein Gefühl von Vertrautheit.

„…Umm.“

Ich gab eine halbherzige Antwort und stand auf. Koizumi schloss sich den Kindern mit einem Lächeln auf dem Gesicht an.

Das Gefühl der Vertrautheit war nun völlig weg.

Umm, vergiss es. Solche Dinge passieren. Ich fühl mich oft als hätte ich bestimmte Szenen schon in Träumen gesehen und außerdem war ich schon in diesem Schwimmbad, als ich noch ein Kind war. Vielleicht haben sich nur meine Erinnerungen von damals mit den heutigen überlagert. Wenn nicht, dann sieht es so aus, als hätte das Datenübertragungsprogramm meines Gehirns einen kleinen Defekt.

Ich stieß einen delphinförmigen Schwimmreifen beiseite und eilte dem Wasserball nach, der nach einem Kopftreffer weggeflogen war.


Wir verließen das öffentliche Schwimmbad erst als wir todmüde waren. Auch auf dem Rückweg musste ich den Dreipersonen Fahrradtrick wiederholen während Koizumi abermals der holden Zweisamkeit frönte. Ohne Zweifel lässt das einem sein Herz beben ohne Ende.

Asahina-san saß auf dem Gepäcksträger mit einer Eleganz einer Lady und ihre weiße Haut ließ die Rötung in ihrem Gesicht nur umso stärker zu Tage treten. Mein unschuldiges Herz wurde nur noch stärker erregt, als sie einen ihrer Arme um die Hüfte des Fahrers schlang. Hätte ich meine Ohren daran gelegt, hätte ich vielleicht das Heulen des Windes der durch die Ebenen streift und den Himmel durchschneidet, vernommen.

Haruhis Anweisungen folgend bog ich mit meinem Fahrrad links und rechts ab, bis wir wieder am Bahnhof landeten von wo aus wir gestartet waren.

Ahh, stimmt ja. Ich muss ja noch alle einladen.

Sobald wir Plätze im Kaffeehaus gefunden hatten, legte ich ein kleines kaltes Handtuch auf meinen Kopf und sank auf meinem Stuhl nieder. In der Zwischenzeit-

„Ich habe mich für einen Plan für unsere nächsten Aktivitäten entschieden, schaut her.“

Haruhi platzierte sorgfältig ein Blatt Papier auf dem Tisch und deutete mit ihrem Zeigefinger darauf. Es war ein A4 Zettel, der aus einem Heft herausgerissen worden war.

„Für was ist das?“

Haruhi antwortete stolz:

„Das ist ein Plan für die Aktivitäten in den restlichen Sommertagen.”

„Wessen Plan?“

„Unserer. Es ist die spezielle SOS Brigade Sommeraktivitäten Version!“

Haruhi leerte ihr kaltes Getränk in einem Zug und fuhr mit der Erklärung fort, sobald sie sich eine Nachfüllung bestellt hatte.

„Ich habe auf einmal realisiert, dass nur noch zwei Wochen übrig sind bevor der Sommer endet, was mir doch einen Schock versetzt hat. Das ist schrecklich! Es gibt noch so viele Dinge, die getan hätten werden sollen und wir haben jetzt nur noch so wenig Zeit dafür. Deshalb müssen wir das Ganze sofort nachholen.“


Die folgenden Textzeilen waren auf Haruhis handgeschriebenen Plan zu lesen.


Zu absolvierende Unternehmungen in den Sommerferien:

▪ gemeinsamer Sommerausflug ▪ Schwimmbad ▪ O-bon ▪ Feuerwerk ▪ Teilzeitjob ▪ Sterne beobachten ▪ Schusstraining ▪ Käferjagd ▪ Mutprobe ▪ Andere


Sommerfieber. Höchstwahrscheinlich breitete sich gerade irgendeine tropische Krankheit aus einem noch unbekannten Dschungel aus und hatte damit begonnen durch Überträger wie Moskitos auch Menschen zu infizieren. Ich empfand eine Spur von Mitleid für den „Überträger“ der Haruhi gebissen hatte. Vielleicht schied er an Lebensmittelvergiftung dahin.

Der Sommerausflug und das Schwimmbad waren auf der Liste bereits durchgestrichen, wahrscheinlich weil sie schon absolviert waren.

Auf der anderen Seite hieß das natürlich, dass Suzumiya Haruhi vorhatte jede einzelne dieser Aktivitäten in zwei Wochen durchzuführen. Dann gab es da noch den Punkt „Andere“. Ich frage mich ob das heißt, dass Haruhi noch weitere Dinge geplant hat?

„Mir sind nur diese Dinge in den Sinn gekommen. Ich werde die Liste ergänzen sobald mir weitere einfallen. Mikuru-chan, gibt es irgendetwas was du tun möchtest?“

„Umm…“

Ich sah Asahina-san an, die tief in Gedanken versunken war und damit ein „Ich passe“ andeuten wollte. Bitte komm jetzt nicht mit irgendeinem extremen Vorschlag.

„Ich würde gerne Goldfischangeln.“

“OK!”

Haruhi nahm ihren Stift und fügte es der Liste hinzu.

Danach fragte sie sowohl Koizumi als auch Nagato nach weiteren Ideen. Nagato schüttelte nur leicht ihren Kopf, während Koizumi dankend ablehnte. So verhält man sich richtig.

“Entschuldigung, darf ich einen kurzen Blick darauf werfen?”

Koizumi trank den letzten Rest seines Eiskaffees und studierte sorgfältig die Liste. Es hatte den Anschein, als würde er über etwas nachdenken, aber schien leicht in seinen Gedanken verloren zu sein … ich frage mich was ihm gerade durch den Kopf geht.

Nagato nippte währenddessen mittels Strohhalm an ihrer Cola –

„Danke.“

Koizumi legte den so genannten Plan zurück auf den Tisch und versank wieder in Gedanken. Was hat er nur vor?

“Morgen fangen wir an. Lasst uns uns vor dem Bahnhof treffen! Weiß irgendwer einen Ort in der Nähe wo ein O-bon Fest stattfinden wird? Ein Feuerwerksfest geht genauso.“

Könntest du nicht zumindest ein paar Nachforschungen anstellen bevor zu loslegst?

„Ich werde das recherchieren.“

Typisch für Koizumi hinter ihr herzuräumen.

“Ich werde Suzumiya-san kontaktieren sobald ich die entsprechenden Informationen habe. Wir suchen also nach Orten mit O-bon und Feuerwerksfesten oder?“

„Vergiss nicht das Goldfischangeln, Koizumi-kun. Schließlich ist das Mikuru-chans einziger Wunsch.“

„Dann werde ich Ausschau nach einem Ort machen wo ein O-bon und ein Sommerfest gleichzeitig abgehalten werden“.

„Umm, tu das bitte. Ich überlasse das dann dir, Koizumi-kun.“


Haruhi vertilgte das Eis, das in ihrer Tasse Eistee schwamm und faltete ihren Plan sorgfältig zusammen, gerade so als sei er eine Art Schatzkarte.

Während ich die Rechnung bezahlte, stürmte Haruhi aus dem Geschäft als sei sie ein Marathonläufer kurz vor dem Wettkampf. Vielleicht sammelte sie nur Energie und wartete schon auf Morgen um sie einsetzen zu können. Ich hoffte ja, dass sie sie auf einmal verbrauchen würde und dieser Zustand damit nicht andauern würde. Das würde uns ersparen die ganze Bescherung später wieder aufzuräumen.

Die vier Mitglieder entließen sich selbst und als gerade alle daran waren ihre eigenen Wege zu gehen, rief ich nach dem, das einem Schatten glich.

„Nagato.“

Der intelligente biologische Android, gekleidet in ein sommerliches Matrosenoutfit, drehte sich um, um auf meinen Ruf zu reagieren.

“…”

Mit emotionslosen Blick sah sie mich an. Man konnte nicht feststellen ob sie widersprach oder zustimmte, wenn man ihre geweiteten, anorganischen Pupillen in ihrem weißen Gesicht betrachtete.

Irgendwas stimmte nicht. Obwohl Nagato schon immer emotionslos gewesen war, fühlte ich trotzdem, dass mit Nagato heute irgendwas nicht stimmte, aber ich konnte nicht feststellen was es genau war.

„Ach nichts …“

Es war etwas peinlich sie zuerst zu rufen und dann zu realisieren, dass man ihr eigentlich nichts zu sagen hatte.

„Es ist nichts.Wie fühlst du dich in letzter Zeit? Ist alles OK?“

Mir fiel wirklich nichts ein über worüber ich mit ihr reden könnte, also beschränkte ich mich auf ein wenig Smalltalk um das Eis zu brechen.

Nagatos Augen blinzelten und sie nickte leicht, so leicht dass man schon einen Winkelmesser bräuchte um die Neigung ihres Kopfes überhaupt messen zu können.

„Ich bin OK.“

„Das ist gut.“

„Wirklich.“

Ihr Gesicht, das von vornherein auf wenig Emotionen ausgelegt schien, war irgendwie noch verhärteter als sonst … Nein, im Gegenteil, ihre Gesichtszüge schienen weicher geworden zu sein .Warum sollten mir so widersprüchliche Gedanken kommen? Ich versteh es nicht. Vielleicht ist ja die menschliche Wahrnehmung so schlecht. Es ist wohl am besten wenn ich es einfach ignoriere.

Nachdem mir nichts einfiel, worüber ich hätte reden können, sagte ich schlussendlich nur ein paar Abschiedsworte und verließ Nagato, gerade so als ob ich von ihr davonrannte.

So erschien es mir aus irgendeinem Grund am Besten. Ich fuhr mit dem Fahrrad nach Hause, duschte mich nachdem ich gegessen hatte und setzte mich vor den Fernseher sobald ich aus dem Bad heraußen war, wo ich dann auch schließlich einschlief.

Und wieder war es Haruhis Anruf, der mich am nächsten Morgen aus meinem angenehmen Schlaf riss.

Ein O-bon Fest war gefunden worden. Es sollte diesen Abend stattfinden und zwar im Gemeindestadium in der Stadt … zumindest laut Haruhi.

Wie konnte es nur sein, dass der Plan funktionierte? Gerade als ich dabei war erstaunt darüber zu sein, wie perfekt sich alles fügte, fuhr Haruhi fort:

„Wir gehen gemeinsam Yukatas kaufen.“

Klingt so als wäre es Zeit für den Morgensport.

„Ursprünglich wollte ich ja, dass sie schon jeder an Tanabata trägt, aber damals habe ich darauf vergessen. Ich weiß wirklich nicht was mit mir los ist. Glücklicherweise rettet mich der Umstand, dass in Japan die Tradition herrscht Yukatas in zwei Monaten zu tragen.“

Wer ist gerettet?

Um es nur noch mal zu erwähnen, zu der Zeit war gerade Morgen. Ich dachte gerade daran, dass es ausreichen würde sich bei Sonnenuntergang zu treffen, aber Haruhi weckte mich schon so früh nur für diese Sache auf. Und so kam es, dass wie schon am Tag zuvor, die majestätische Haruhi, die bemitleidenswerte Asahina-san, die stille Nagato und der fröhliche Koizumi, sich allesamt auf den Weg zum üblichen Treffpunkt beim Bahnhof machten.

“Sowohl Mikuru-chan als auch Yuki haben keine Yukatas, während ich meinen vergessen habe. Auf dem Weg durch das Einkaufsviertel habe ich ein Geschäft gesehen, die sie als Komplettset mit Pantoffeln anbieten, also werden wir dort später einfach hingehen und welche kaufen.“

Ich sah Asahina-san und Nagato an und versuchte mir vorzustellen, wie sie wohl in Yukatas aussehen würden.

Seufz, es ist Sommer.

Für Koizumi und mich würde Alltagskleidung reichen. Wir sind Männer, also ist es genug wenn wir in Hotels Yukatas tragen. Außerdem werden Männer dadurch nicht attraktiver, im Gegensatz zu Frauen.

„Ja, Koizumi-kun würde ein Yukata gut stehen, aber dir …“

Haruhi musterte mich von Kopf bis Fuß mit einer Grimasse auf ihrem Gesicht.

„Also, los geht’s.“

Anschließend scheuchte sie uns mit ihrem vorbereiteten Brigadefächer herum.

„Nächster Halt: das Yukata Geschäft!“


Haruhi stürmte in das Geschäft und wählte eigenmächtig die Muster für Asahina-san und Nagato aus und drängte die Beiden in die Umkleideräume.

Mit Ausnahme von Nagato wusste allerdings keiner wie man einen Yukata anzieht, also baten sie die Verkäuferin um Hilfe, was einiges an Zeit kostete. Koizumi und ich hingen währenddessen draußen im Verkaufsbereich herum, bevor das Trio nach einer langen Zeit schließlich auftauchte um sich im Spiegel zu betrachten.

Das Muster von Haruhis Yukata bestand aus grazilen Fuso-Blüten (Hibiskus). Asahina-san schmückten Goldfische in allen Farben, während Nagato in schlichte geometrische Muster gekleidet war. Ich wusste nicht wen ich zuerst betrachten sollte, denn sie alle blendeten einen auf ihre eigene Art.

Die Verkäufer warfen einen Blick auf mich und Koizumi, wohl mit dem Gedanken „Wer ist wohl der Freund von welcher der drei Damen?“ Eine Schande, dass das auf niemanden von uns zutrifft. Koizumi jetzt mal außer Acht gelassen, war ich hier nur ein Mitläufer. Vielleicht wäre das ein Zeitpunkt gewesen um wegen dieses Umstandes etwas Bedauern zu fühlen.

Aber was solls. Solange ich Asahina-san in einem Yukata sehen kann, bedaure ich nichts mehr in meinem Leben. Haruhis und Nagatos Yukatas spiegelten ihre Persönlichkeit wider, aber meine Beschreibung würde ihnen nie gerecht werden.

“Mikuru-chan, du…”

Haruhis Begeisterung über den Anblick von Asahina-san in einem Yukata war nicht geringer als meine eigene.

„Du siehst sooo süß aus. Ich bin beeindruckt von meinem Sinn für Mode. Du in einem Yukata könntest 95% aller Männer um den Finger wickeln!“

Und was ist mit den restlichen 5%?

“Weil echte Schwule werden nie betört sein, egal wie süß ein Mädchen ist. Denkt daran: von hundert Männern sind fünf schwul.“

Ich sehe keinen Sinn darin diese Information im Gedächtnis zu behalten.

Asahina-san schien ihre eigenen Vorzüge nicht zu bestreiten und fuhr fort sich von allen Seiten im Spiegel zu betrachten und ihr Aussehen zu prüfen.

„Das ist also die traditionelle Tracht dieses Landes. Auch wenn sie um die Brust herum etwas eng ist, sieht sie doch ziemlich gut aus…“

Das wäre dann wohl das formellste und gleichzeitig passendste aller Kostüme in die Haruhi Asahina-san bisher gezwängt hat. Es war weder annähernd so aufreizend wie was Bunny-Kostüm, noch war es so provozierend wie die Maid-Uniform. Es war ein normales Outfit für diese Jahreszeit, ein Symbol des Sommers, das auf niemanden anzüglich wirken würde. Es stand ihr einfach perfekt. Ich fühlte mich, als würde ich meine Schwester in einem Yukata sehen, mit der Ausnahme der überproportionierten Brüste natürlich. Aber alles geht in Ordnung solange es süß aussieht. Asahina-san strahlte geradezu ein göttliches Leuchten aus, das diese Welt von ihren Sünden zu reinigen schien. Ich würde sie unterstützten, selbst wenn sie der Drahtzieher hinter einem Bankraub wäre. Wäre das bei Haruhi der Fall, wäre ich mir allerdings schon nicht mehr so sicher…


Dadurch, dass Haruhi uns schon so früh am Morgen zusammengerufen hatte (diese Frau hatte einfach keinerlei Begabung hinsichtlich Zeitmanagement), hatten wir noch eine Menge Zeit bevor das Fest begann. So endete es damit, dass wir im Park vor dem Bahnhof die Zeit totschlugen. Haruhi „half“ Nagato und Asahina-san dabei sich die Haare zu richten. Die sich laufend wechselnde Frisuren der beiden Mädchen, die wie Marionetten auf der Parkbank saßen, waren so beeindruckend, dass ich am liebsten am laufenden Band mit einer Kamera Fotos geschossen hätte, um diese Anblicke festzuhalten. Erst bei Sonnenuntergang begaben wir uns dann zum Stadium.

Der Veranstaltungsort des O-bon Festes, auf dem es schon vor Sonnenuntergang geschäftig zugegangen war, wurde plötzlich von allen Seiten mit Menschen bevölkert, die wellenartig zum Fest strömten. Es ist unglaublich wie schnell sich eine solche Masse an Leuten ansammeln kann.

„Waa!“

Asahina-san kannte keine Zurückhaltung bei ihren Ausrufen.

„…“

Nagato verhielt sich stoisch wie immer.

Das vertraute Gefühl kehrte wieder zurück, doch war ich eigentlich noch nicht oft bei solchen Veranstaltungen gewesen. Warum denke ich mir ständig, dass ich das alles schon gesehen habe … noch dazu wo es ein O-bon Tanz ist!

"Hmm?"

Und wieder überkam mich ein Déjà-vu gerade so wie Kopfschmerzen. Laufend ging mir der Gedanke durch den Kopf, dass ich erst kürzlich hier gewesen war, obwohl ich genau wusste, dass das nicht der Fall war. Es ist alles so vertraut … die Plattform im Zentrum des Stadiums, die Festivalstände rundherum verstreut…

Doch gerade als es schien, als könnte ich eine Erleuchtung bekommen, verschwand das Gefühl wieder.

Ich hörte Haruhis Stimme:

„Hier ist der Goldfischstand auf den du schon so sehnsüchtig gewartet hast. Versuch nur weiter welche zu fangen. Du bekommst zweihundert Extrapunkte wenn du den mit den herausstehenden schwarzen Augen erwischt.“

Haruhi zug Asahina-sans Hand in Richtung Goldfischbecken, nachdem sie spontan neue Regeln dafür aufgestellt hatte.

„Lass uns mitmachen Lass uns sehen wer mehr erwischt!“

Ich lehnte den Vorschlag des spielsüchtigen Koizumi ab. Selbst wenn ich einen Goldfisch mit nach Hause bringen würde, ich hatte kein Aquarium um ihn zu behalten. Mein Interesse galt eher dem köstlich aussehenden Essen, das von den diversen Ständen angeboten wurde und dessen verlockendes Aroma uns umhüllte.

„Nagato, wie wäre es mit einem kleinen Imbiss?“

Ihre ausdruckslosen Augen fokussierten mich für einige Zeit, bevor sie ihren Blick abwandte. Der Maskenstand war im Zentrum ihres Sichtfeldes. Der Geschmack dieses Mädchens ist nur schwer nachzuvollziehen.

„Vergiss es, lass uns lieber etwas herumbummeln.“

Die Lautsprecher spielten die für Festivals typische leichtgängige Musik. Von ihr angezogen leitete ich Nagato in Richtung Maskenstand, als ich plötzlich ein überhebliches „Funkeln“ von Koizumi spürte.


„Obwohl es ein großartiger Fang ist, brauche ich nicht so viele und nehme deshalb nur diesen einen hier. Mikuru-chan hat gar keinen erwischt, also kann sie den hier haben.

Asahina-san hielt einen an einer Schnur baumelnden Plastiksack in den Händen. Im Sack war ein orangener Standardgoldfisch, der unbekümmert umher schwamm. Jede Bewegung von Asahina-san, und sei es auch nur das Halten einer Plastikschnur, war einfach nur liebenswert. Als ich sah, dass sie in der anderen Hand einen Karamellapfel hielt, beschloss ich meiner kleinen Schwester einen mitzunehmen. Ihr ab und zu eine Freude zu machen kann nicht schaden.

Haruhi hingegen spielte während sie redete mit ihrer linken Hand mit einem Wasserball und hielt in der rechten eine Platte voll von Takoyaki.

„Jeder nur eines.“

Uns eine solche Großzügigkeit zuteil werden zu lassen …Gerade als ich die in Soße getauchten Takoyaki genießen wollte –

„Eh? Yuki, wo hast du die Maske her?“

“Gekauft.”,

murmelte Nagato, während sie auf den Zahnstocher mit dem Takoyaki darauf starrte. Auf einer Seite ihres Kopfes hing eine Maske eines silbernen Ultramans aus dem Königreich des Lichts. Das war vor meiner Zeit, aber es schien genau den Geschmack dieses Aliens zu treffen, da es gerade diese Maske war, die sie ihre Froschgeldbörse aus dem Ärmel ziehen ließ.

„Die sich laufend wechselnde Frisuren der beiden Mädchen, die wie Marionetten auf der Parkbank saßen, waren so beeindruckend, dass ich am liebsten am laufenden Band mit einer Kamera Fotos geschossen hätte, um diese Anblicke festzuhalten.

Nach allem was Nagato schon für mich getan hatte, fühlte ich mich verpflichtet ihr zumindest so einen Schnickschnack zu kaufen, aber sie lehnte ab und zahlte die Maske aus ihrer eigenen Tasche. Hmm… Woher sie wohl ihr Einkommen bezieht?

Die vier Ecken der Plattform waren von Frauen und Kindern umringt, die sich zur Melodie von Tanko-bushi bewegten. Es hatte den Anschein als wären sie Mitglieder der Mutter-Kind-Gesellschaft, nachdem die typischen Laien die für die Show hierher kamen sich nicht beteiligen wollten und wir das natürlich, ebenfalls ablehnten.


Asahina-sans Augen waren auf die Gruppe von Tänzern fixiert. Sie hatte einen Blick, als ob sie gerade Zeuge davon würde, wie Aborigines sie in einem noch unbekannten Erdteil begrüßen.

“Wa…aah”,

entwich es ihr. Ist die Tradition des O-Bon Tanzes in der Zukunft etwa vergessen?

Unter der Führung von Haruhi spazierte unsere bunte Truppe gemeinsam über das Festgelände. Sie degradierte uns zu ihren Untergebenen, indem sie sagte „Lasst uns das essen!“ und dann wieder „Lasst uns das ausprobieren!“. Haruhi hatte ihren Spaß, ebenso Asahina-san, was auch mich fröhlich stimmte. Bei Nagato konnte ich nicht sagen ob sie eine gute Zeit hatte und um Koizumis Befinden scherte ich mich einen Dreck.

Koizumi versank von Zeit zu Zeit in ungewöhnliche Stille und setzte ohne Vorwarnung sein Lächeln auf … Kein Zweifel, seine Emotionen waren seit ein paar Tagen alles andere als stabil. Vielleicht ist das das Schicksal, das allen Mitgliedern der SOS Brigade blüht.


Wenn es um die Sommerferien geht, muss es eine großartige Zeit sein.


Nur mit dem Anblick des Yukata-Trios wäre ich schon auf meine Kosten gekommen.

Das ist auch der Grund warum als Haruhi vorschlug:

„Lasst uns ein bisschen Feuerwerk anzünden! Feuerwerk! Es ist schon eine Besonderheit, dass wir alle in Yukatas unterwegs sind, also lasst uns das auch gleich erledigen!“

Dieser Antrag erhielt einhellige Zustimmung von der SOS Brigade. Wir kauften dieses einfach Feuerwerk, das man auch Kindern gibt und gingen Richtung Flussufer. Der Nachthimmel über uns war so trüb, dass man nur den Mond und den Mars erkennen konnte. Wir folgten Haruhi, die sich unterwegs ein billiges Feuerzeug und eine Polaroid Kamera besorgt hatte und sich in ausgelassenerer Stimmung als sonst zu befinden schien. Aus irgendeinem Grund ging mir das Sprichwort „Kleider machen Leute“ durch den Kopf.

Man sah leicht über Haruhis fürchterlich breitbeinige Schritte hinweg, sobald einem ihr hinter dem Kopf zusammengebundenes, umhertänzelndes Haar in die Augen fiel.

Eine Stunde später waren bereits unzähliche Fotos verschossen. Da war Asahina-san, wie sie eine Wunderkerze hielt und mit weit offenen Augen anstarrte, Haruhi kriechend, die Kugelspucker in ihren beiden Händen haltend und Nagato wie erstarrt die Feuerräder beobachtend. Sie Sommeraktivitäten der SOS Brigade kamen mit diesem Finale zu ihrem Ende.

Koizumi klaubte ein paar Fetzen auf, die in den Fluss gefallen waren und tat sie in die Plastiktüte des Mini-Markts. Haruhi beobachtete ihn und legte einen Finger auf ihre Lippen-

„Morgen ist dann also die Käferjagd an der Reihe.“

Sie war entschlossen jeden einzelnen Punkt ihrer Liste abzuarbeiten.

„Haruhi, nicht dass ich dagegen wäre, aber hast du eigentlich schon die Sommerhausaufgaben erledigt?“

Ich hatte eigentlich kein Recht das zu sagen, nachdem ich noch nicht einmal meinen Stift in die Hand genommen hatte. Haruhi jedoch sah mich verblüfft an.

„Was willst du damit sagen? Ich brauche höchstens drei Tage um das zu erledigen, kein Problem. In Wirklichkeit bin ich damit sowieso schon seit Juli fertig. Erledige sofort die nervtötenden Arbeiten, so dass du dich richtig entspannen kannst. Das ist der einzig wahre Weg den Sommer zu genießen!“

Wenn Haruhi es Ernst meint, dann ist dieser kleine Berg von Arbeit nichts für sie. Warum hat ihr Gott nur ein so brillantes Gehirn gegeben? Das zeigt nur wieder, dass Gott nicht fair ist.

Haruhi gab ihre Order mit einem erbarmungslosen Blick aus:

„Hört ihr? Morgen hat jeder ein Käfernetz und einen Käfig mitzubringen. Oh, und lasst und sehen wer am meisten fängt. Wer gewinnt darf für einen Tag Anführer sein.“

Dieser Titel bedeutete mir nichts. Warte mal. Ist alles erlaubt, solange es Käfer sind?

"Hmm… nur Zikaden! Genau. Das ist der SOS Brigade Zikadenjagd Wettbewerb. Und die Regeln … Keine Arteinschränkung, jede zählt als ein Stück und der mit der höchsten Anzahl gewinnt.“

Haruhi, für die nur ihre eigene Zustimmung zählte, fing an mit dem Brigadefächer herumzuspielen, als ob er ein Netz wäre. Netz und Käfige … Ich sollte noch irgendwo zu Hause im Abstellraum ein Set davon haben.

Als ich schließlich zu Hause ankam, bemerkte ich, dass ich vergessen hatte mir selbst einen kandierten Apfel zu besorgen.


Obwohl ich daran gedacht hatte eine Teru teru bozu verkehrt aufzuhängen, um sicherzustellen, dass es regnen würde, begrüßte mich am nächsten Morgen strahlender Sonnenschein. Ohne Zweifel waren die Zikaden sicher schon ganz kribbelig aufgrund der sich ankündigenden höchsten Temperaturen des ganzen Sommers.

„Zikaden sind essbar, nicht? Vielleicht schmecken sie gut wenn wir sie in Tempura frittieren. Ahh, da fällt mir ein, Tempura ist so gut aufgrund des Mehlmantels oder? Wenn ja, dann müsste Zikadentempura eigentlich köstlich sein.“

Das darfst du allein ausprobieren!

Den Anblick von fünf High School Schülern unterschiedlicher Größe, die gemeinsam und mit Netz und Käfig bewaffnet ausziehen, um Käfer zu fangen, kann man nur als bizarr beschreiben.

Wir waren für Mittag verabredet. Um einen geeigneten Ort zu finden, trafen wir uns bei der North High, nachdem sich die Schule auf dem Gipfel eines Hügels befand, der außer Bäumen nicht viel aufzuweisen hatte. Das machte ihn zum idealen Platz für Käfer, da diese sich vor allem in Wäldern und Gehölz aufhielten. Wie es scheint ist sogar die doch relativ geschäftige Stadt in der ich lebe, nicht trostlos genug, als dass keine Zikaden mehr schreien würden.

Stamm auf Stamm war mit den schreienden Käfern bedeckt, gerade so als gäbe es eine Zikadeninvasion. Es war wie im Selbstbedienungsladen. Asahina-san konnte ihre erste Ernte schon nach ein paar Schwüngen mit dem Netz einholen. Das zeigt nur, dass die Zikaden sich noch nicht bewusst waren, dass es die Menschen sind, auf die sie am meisten aufpassen mussten. Gut, dann ist es heute wohl an der Zeit für eine Schocktherapie.

Ich kauerte mich nieder um die Zikaden im Käfig zu beobachten, der schon nach kürzester Zeit gefüllt gewesen war. Ich hatte keine Ahnung wie lange sie unter der Erde ausgehaart hatten, aber sie hatten sich ohne Zweifel nicht bis zu ihrer Reife gequält, nur um jetzt von Haruhi frittiert zu werden. Ich glaubte einen gewissen melancholischen Unterton in den schwächer werdenden Schreien dieser Sommerkäfer erkennen zu können und die Sünde meiner Hinterlist begann an mir zu nagen. Ich entschuldige mich dafür, dass wir eure Lebensräume mit planierten Zementstraßen zerstören. Ich hoffe ihr könnt den Menschen diese Unverschämtheit irgendwie vergeben.


Ich wusste, dass es unmöglich war, dass Haruhi meinen inneren Monolog gehört haben konnte, aber sie sagte Folgendes:

„Der Geist von catch-and-release sollte hochgehalten werden. Lasst sie uns verschonen. Vielleicht werden sie uns diese Gefälligkeit in Zukunft erwidern.“

Beim Gedanken an mannhohe Zikaden, die an unsere Türen klopfen, wurde mir gleich ganz anders. Wenn es Insekten gibt, die uns einen Gefallen tun würden, nachdem sie uns dabei beobachtet haben, wie wir ihre Brüder gefangen genommen hatten, nur um sie später wieder freizulassen, wären sie genauso unterbelichtet wie Insekten. Würden sie auf Rache gesinnt kommen, würde ich das für intelligenter halten.

Haruhi öffnete den Käfig und schüttelte ihn nach Rechts und Links.

„Fliegt! Fliegt zurück in die Berge!“

Jijiji- die Zikaden drängten sich im Käfig zusammen, als sie sich auf den Abflug vorbereiteten. Asahina-san stieß einen niedlichen Schrei aus als und ging in die Knie. Der Schwarm umkreiste sie für reinige Zeit und flog dann über Nagatos Kopf hinweg, spiralförmige Bahnen in den Himmel zeichnend, der roten Abendsonne entgegen.

Ich tat es Haruhi nach und öffnete meinen Käfig. Ich fühlte mich wie Pandora, die die von Hermes irrtümlich gelieferte Büchse öffnete. Erst nachdem alle Zikaden verschwunden waren, kam mir der Gedanke, dass ich zumindest eine hätte behalten können.


Für den nächsten Tag war die Teilzeitarbeit geplant.

Haruhi hatte es irgendwie geschafft Arbeit zu finden und sicherzustellen, dass es auch für jeden von uns etwas zu tun gab. Unser Eintagesjob war-

„W… Wilkommen!“

Asahina-san schien die Begrüßung gar nicht herauszubekommen.

„Los, allesamt hier anstellen! Ahhahh… Nicht drängen!“

Der Job den uns Haruhi eingebrockt hatte, war es Kunden für den jährlichen Ausverkauf eines lokalen Supermarktes anzulocken.

Ohne eine Ahnung davon zu haben, was uns erwartete, trafen wir uns und schlüpften in die Uniformen, die uns Haruhi übergab. Was dann folgte waren Werbeaktivitäten, die nun schon seit zehn Uhr Morgens andauerten.

Es sei noch erwähnt, dass es sich bei den Uniformen um Kostüme handelte.

Wie konnte es dazu kommen… Warum muss ich mich hier derart zum Affen machen? Es ist Asahina-sans Aufgabe Leute mit hunderten von Aufmachungen zu erheitern… Koizumi, Nagato, was ist eigentlich mit euch zwei? Würde es auch umbringen auch nur den kleinsten Einwand zu erheben? Warum unterwerft ihr auch einfach den Launen dieser Frau?

„Bitte hier anstehellen~ Danke für ihre Koopff…eration!“

Asahina-sans ermattete Stimme unter der ihren ganzen Körper bedeckenden grünen Uniform zu hören, führte nur dazu, dass auch ich schwitzte wie ein Schwein.

Wir waren alle als Frösche kostümiert, um genau zu sein als Frösche, die Ballons an Kinder verteilten. Der Supermarkt tat das jährlich an seinem Jahrestag – Gratisballons an die Kinder verteilen, die seine Kunden begleiteten.

Kinder sind eben Kinder. Sie wanden sich vor Aufregung nachdem sie dieses schöne Geschenk bekommen hatten, das doch nur dazu da war sie zu täuschen. He, du dummes Kind da drüben, nimm einen Ballon. Es ist ein roter Ballon. Jetzt nimm schon.

Asahina-san war als Baumfrosch die Populärste von uns. Koizumi war übrigens ein Goldfrosch und ich eine Kröte (Was sonst hätte ich sein können?) Nagato, der amazonische Hornfrosch, bediente die Pumpe, die die Ballons, die wir Drei verteilten, mit Gas füllte. Haruhi hingegen saß in Alltagskleidung im Schatten. Wenn wir alle das Gleiche bezahlt bekommen, werde ich glaub ich handgreiflich werden.

Es schien so, als wäre der Besitzer des Supermarktes ein Bekannter von Haruhi. Er schenkte ihr ein Lächeln, wann immer sie ihn mit zuckersüßer Stimme „Onkel~“ rief.

Innerhalb von zwei Stunden hatten wir alle Ballons verteilt. Mit Ausnahme von Haruhi entledigten wir uns alle unserer Exoskelette, um uns im eher nach einem Lagerraum aussehenden Ruheraum ein wenig abzukühlen. In diesem Moment verstand ich erstmals, wie sich Schlangen fühlen mussten, wenn sie ihre alte Haut abwarfen. Ein derartiges Gefühl von Erleichterung stellt eine besondere Erfahrung für mich dar.

Nagato zog den Froschanzug zügig aus, während Asahina-san und Koizumi völlig durchnässt waren und ihre Kostüme buchstäblich abschütteln mussten. Danach blieben sie für eine lange Zeit still.

"Fuu~"

Ich hatte noch nicht einmal mehr die Energie, mich an Asahina-san zu erfreuen, die sich nur mit einer dünnen Sportweste und einem kurzen Rock bekleidet, niedersetzte.

„Gut gemacht!“

Beim Anblick von Haruhi, wie sie Eis schleckend zu uns stieß, hatte ich plötzlich das unbändige Verlangen sie von Kopf bis Fuß in einer brennend heißen Wüste zu vergraben.

Offenbar war unser Gehalt gegen den Baumfroschanzug eingetauscht worden. Ich realisierte, dass das von Anfang an Haruhis Plan gewesen war, als sie uns diese Nachricht im ruhigen Tonfall verkündete. Es hätte mir schon kommen sollen, als ich sah, wie sie den leeren Anzug mit ihrem Arm an sich drückte, mit einem Gesichtsausdruck wie ein Ritter, der gerade mit tausenden Goldbarren belohnt worden war. Ein echtes Gehalt stand nie zur Debatte.

„Was ist so schlecht daran? Ich wollte ihn wirklich haben und nun ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Onkel sagt, dass er ihn mir zu Gunsten von Mikuru-chan überlässt. Dafür werde ich dir einen selbst gemachten Orden verleihen Mikuru-chan. Du musst allerdings noch etwas warten, nachdem ich ihn noch nicht gemacht habe.

So vergrößerte sich Asahina-sans Besitz um ein weiteres Stück Abfall. In meiner Vorstellung war dieses Teil ein Manschettenknopf mit dem Wort „Orden“ darauf.

„So vergrößerte sich Asahina-sans Besitz um ein weiteres Stück Abfall. In meiner Vorstellung war dieses Teil ein Manschettenknopf mit dem Wort ‚Orden’ darauf.

Jedenfalls-

„Dieser Frosch wird als Andenken im Brigade Clubraum aufbewahrt werden. Mikuru-chan, ich verleihe dir das Privileg ihn zu tragen, wann immer du willst!“

Ich konnte meinen Ärger darüber nicht zeigen, denn ich war gelähmt vor Wut über Haruhis Gesichtsausdruck in diesem Moment.


Ich war völlig fertig von den Aktivitäten ohne Unterlass. Zuerst das Schwimmen, dann die Käferjagd und schließlich die Kostümsauna. Das würde selbst den gesündesten aller männlichen High School Schüler in die Knie zwingen.

Deshalb wollte ich die Nacht einfach nur tief und fest durchschlafen. Ich konnte noch immer den Frieden von Arkadien fühlen, als mein Handy zu läuten begann.

„…Uuu(Weinen)… Uuu(schwaches Weinen)…“

Das Weinen einer Frau verursachte bei mir Gänsehaut. Meine Sinne kehrten mit einem Mal wieder zurück. Mist, verwählt.

Gerade als ich mein Telefon wieder weglegen wollte –

„Kyon-kun…“

Obwohl es erstickt klang, konnte ich noch immer die Stimme von Asahina-san erkennen.

Wieder überkam mich eine Gänsehaut, wenn auch dieses Mal aus einem anderen Grund.

„Hallo, bist du es Asahina-san?“

Wollte sie sich mit diesem Anruf bei mir verabschieden? Musste Kaguya-hime nun in den Mondpalast zurückkehren? Mir war bewusst, dass „hier“ nur ein vorrübergehender Aufenthaltsort für Asahina-san war, und dass sie irgendwann einmal in die Zukunft zurückkehren musste. War dieser Zeitpunkt gekommen? Mit einem simplen Abschiedsgruß vor der Abreise konnte ich mich nicht zufrieden geben.

Andererseits war die Frau am anderen Ende der Leitung –

„Ich bin es… Uwaaa, es ist schrecklich… Uuu… Ugu… Wenn das so weitergeht, werde ich… Uwaaa…“

Ich konnte kein Wort von dem verstehen was sie von sich gab. Sie heulte wie ein Grundschulkind und schniefte zwischendurch, so dass ich nichts davon entschlüsseln konnte. Als ich schon nicht mehr weiterwusste –

„Hallo, Koizumi hier.“

Seine frische Stimme ersetzte die Heuler von Asahina-san.

Wie bitte? Die Beiden sind um diese Tageszeit zusammen? Warum bin ich nicht dort? Koizumi, du hast noch exakt fünf Sekunden um mir eine befriedigende und nachvollziehbare Erklärung für das alles zu geben, bevor ich deinen Kopf von deinem Hals trenne.

„Es ist etwas vorgefallen! Es ist ziemlich problematisch, also hat mich Asahina-san aufgrund der Dringlichkeit schon vorher kontaktiert.“

Sie hat dich anstatt mich kontaktiert? Das hinterließ einen bitteren Nachgeschmack.

“Das ist wegen deines Unvermögens diese Sache zu bereinigen, selbst wenn du sie als erster angehen würdest… Nein, ich muss mich entschuldigen. In Wirklichkeit kann ich auch nichts tun, nachdem die Situation ziemlich gefährlich ist.“

Ich kratzte mich am Kopf.

„Hat Haruhi den Weltuntergang ausgelöst?“

„Streng genommen, nein. Eher könnte man sogar vom genauen Gegenteil davon sprechen. Wir befinden uns gerade in einer Situation, in der der Weltuntergang nie mehr kommen wird.“

Huh? Träum ich noch oder nicht? Was genau willst du damit sagen?

Koizumi fuhr trotz meiner Verwirrung fort:

“Ich habe gerade Nagato-san kontaktiert. Wie ich es schon geahnt habe, scheint sie sich der Situation voll bewusst zu sein. Du wirst die Details verstehen wenn du sie fragst. Soviel zur aktuellen Situation. Könntest du dich sofort mit uns treffen? Natürlich werde ich Suzumiya-san davon nicht veständigen.”

Natürlich konnte ich. Wer immer auch eine weinende Asahina-san allein lässt, hätte Schlimmeres verdient als siebenfach auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.

Koizumi nannte mir den Treffpunkt, der sich genau vor dem Bahnhof befand. Es schien so, als wäre dieser Ort für die Treffen der SOS Brigade reserviert.


Und so, als ich mich schließlich umgezogen, in den Vorgarten gewankt und aufs Fahrrad geschwungen hatte und zum Treffpunkt gerast war, erwarteten dort schon drei schattenhafte Gestalten meine Ankunft. Die Straßen waren noch nicht völlig verlassen und ich konnte noch immer ein paar Fußgänger ausmachen, bei denen es sich um Schüler zu handeln schien. Dank ihnen konnten wir uns unter die Menge mischen, als ob wir zu irgendeiner Rave Party unterwegs wären. Es war nur so, dass ich langsam müde wurde.

Asahina-san kauerte gerade am Boden, als ich zum Bahnhof kam. Flankiert wurde sie von Koizumi, im simplen Aufzug, und Nagato in ihrer Matrosenuniform. Asahina-sans Ober- und Unterteil passten nicht zusammen. Vielleicht hatte sie zum Erstbesten gegriffen, das sich gerade in ihrer Reichweite befand. Kein Zweifeln, entweder hatte sie eine derartige Panik, dass sie es nicht bemerkt hatte, oder die Situation war derart gravierend, dass ihre Kleidung das Letzte war, an das sie denken konnte.

Der größere ihrer beiden Begleiter bemerkte meine Ankunft und hob seine Hand um mich zu grüßen.

„Was ist bitte geschehen?“

Die schwache Straßenbeleuchtung erhellte das geschmeidige Antlitz von Koizumi.

„Ich entschuldige mich dafür, dich zu dieser Stunde hier herbestellt zu haben, aber die Situation ist für Asahina-san in ihrer derzeitigen Verfassung einfach zu viel.“

Asahina-san, die sich zu einer Kugel zusammengerollt hatte, weinte wie ein dahinschmelzender Schneemann. Ein verweintes Gesicht mit einem zusammengekniffenen Mund blickte mich an und gab ihre wundervollen feuchten Wangen preis. Dieser betörende Blick würde mich alles für sie tun lassen.

„Uuu… Kyon-kun, ich…“

Asahina-san schniefte und murmelte zu sich selbst:

„Ich kann nicht mehr in die Zukunft zurückkehren…“


“Um erst einmal alles auf den Tisch zu legen, was wir bisher herausgefunden haben: Wir befinden uns in einer endlosen Zeitschleife.”

Koizumi schien nur über einen sehr kleinen Tisch mit wenigen Gegenständen darauf zu verfügen. Weiß er überhaupt, was er damit sagt?

„Ich verstehe schon, aber es gibt keine bessere Erklärung für diese Situation. Ich habe das Thema mit Asahina-san diskutiert…“

Hättest du nicht warten können bis ich auch da bin, bevor du die Diskussion startest?

„Wir haben herausgefunden, dass der Fluss der Zeit in der Welt seit Kurzem unregelmäßig ist. Diese Erkenntnis verdanken wir Asahina-san. Ohne sie könnte ich mir dieses Umstandes nicht sicher sein.“

Sicher sein bezüglich was?

„Wir werden die Ereignisse, die in einem bestimmten Zeitrahmen geschehen, immer wieder erleben.“

Das hast du schon gesagt.

„Um genau zu sein die Zeit vom siebzehnten August bis zum einunddreißigsten.“

Koizumis Worte klangen für mich ziemlich bizarr.

„Oder anders gesagt, wir sind für immer in diesen ewig währenden Sommerferien gefangen“.

„Aber derzeit haben wir ja auch Sommerferien.“

„Es ist ein ENDLOSER SOMMER, der nicht von selbst vorbeigehen wird. In dieser Welt wird der September nie kommen, geschweige denn der Herbst. In anderen Worten, diese Welt hat keine Zukunft, die über den August hinausgeht. Das ist auch der Grund warum Asahina-san nicht in ihre Zeit zurückkehren kann, was auch nachvollziehbar scheint. Man kann nicht in den Kontakt mit der Zukunft treten, wenn diese Zukunft nicht existiert, das ist selbsterklärend.“

Betrachtet man es vom physikalischen Standpunkt, ist es Irrsinn davon zu sprechen, dass es KEINE ZUKUNFT gibt. Zeit sollte von sich selbst aus verrinnen, selbst wenn du sie ignorierst. So sagte ich während ich auf Asahina-sans Kopf sah:

„Wer würde so etwas glauben?“

„Zumindest du musst es, nachdem nichts vom dem hier gegenüber Suzumiya-san erwähnt werden darf.“

Koizumi sah ebenfalls zu Asahina-san.

Später erklärte mir Asahina-san die ganze Sache. Natürlich wurde die Erklärung dabei immer wieder von Schniefern unterbrochen.

„Uuu… Lass mich nachdenken… Ich habe weiterhin klassifizierte Information benutzt um die Zukunft zu kontaktieren oder klassifizierte Information … Urr, sobald ich für eine Woche nichts von klassifizierte Information gehört habe, glaube ich, dass etwas nicht stimmt. Und dann auch noch klassifizierte Information… weshalb ich mir große Sorgen machte, weshalb ich versucht habe klassifizierte Information zu benutzen, aber als Antwort nur klassifizierte Information erhielt… Uuu… Waa! Was soll ich nur tun…“

Was zu tun ist? Ich habe keine Ahnung. Steht klassifizierte Information etwa für hochsensible Wörter, die zensiert werden müssen?

„Ist es möglich, dass wir in einer dieser bizarren Welten gefangen sind, die von Haruhi erschaffen werden? Wie eine physische Manifestation von geschlossenem Raum oder so etwas Ähnliches?“

Koizumi verschränkte seine Arme als er sich gegen den Getränkeautomaten lehnte und begann mein Argument Schritt für Schritt zu widerlegen.

„Dieses Mal hat Suzumiya-san die Welt nicht neu erschaffen, sondern stattdessen die Zeit vom siebzehnten bis zum einunddreißigsten August herausgetrennt. Dadurch hat diese Welt derzeit nur eine Lebensspanne von zwei Wochen. Es existiert weder eine Zeit vor dem Siebzehnten, noch eine vom ersten September an beginnende. Anders ausgedrückt ist das hier eine Welt, in der der erste September nie geschehen wird.“


Er seufzte einmal tief, gerade so als hätte er sich seinem Schicksal schon ergeben.

„Die Zeit wird zurückgesetzt werden, sobald die Uhr am einunddreißigsten August Mitternacht schlägt und dann am siebzehnten wieder von neuem beginnen. Ich weiß nichts Genaueres, aber wie es scheint gibt es einen Speicherpunkt am Morgen des Siebzehnten.“

Was wird dann aus unserer… Nein, aus der Erinnerung der ganzen Menschheit?

„Sie wird angepasst werden. Die kollektive Erinnerung der Menschheit für diese zwei Wochen wird ausgelöscht werden und von neuem beginnen.“

Diese Welt hat wirklich Spaß daran die Zeit vor und zurück zu drehen. Aber was soll man schon erwarten wenn sich eine Zeitreisende in unserer Mitte befindet.

„Nein, Asahina-san hat damit nichts zu tun. Es ist nicht so simpel wie du es dir vorstellst.“

Woher willst du das wissen?

„Nur Suzumiya-san hat die Möglichkeiten ein derartiges Unterfangen durchzuführen. Wen außer sie könntest du dir noch vorstellen?“

Diejenigen, die darüber nachdenken, wer so etwas noch aus reiner Langeweile getan haben könnte, sind entweder geistesabwesend oder verbringen ihren Zeit mit Tagträumen.

„Komm einfach zur Sache und sag mir was jetzt zu tun ist.“

„Es wäre um einiges einfacher, wenn ich eine Lösung für dieses Problem hätte.“

Aus irgendeinem Grund dachte ich, dass Koizumi ziemlich vergnügt und ohne Sorgen aussah. Wie komme ich darauf?

„Weil ich nun endlich herausgefunden habe, was der Grund für dieses Gefühl von Inkohärenz war, das mich seit einiger Zeit verfolgt hat.“

Was bedeutet, dass du der Einzige bist der aus dem Schneider ist.

„Dir ging es auch so, oder etwa nicht? Hast du nicht auch diese starken Déjà-vu Anfälle erlebt, seit unserem Besuch im Schwimmbad bis zum heutigen Tag? Im Rückblick sind diese Flashbacks nichts anderes als Splitter der Erinnerung an die früheren Durchläufe dieser Zeit – sonst gibt es dafür keine Erklärung. Jetzt ist das alles also geklärt. Die Anomalien die wir erleben sind die beim Zurücksetzen übrig gebliebenen Erinnerungssegmente.“

Hätten das dann nicht alle Menschen gespürt?

„Wie ich annehme, nein. Du und ich sind spezielle Ausnahmen. Es scheint, dass nur diejenigen, die sich in der Nähe von Suzumiya-san aufhalten die Veränderungen in dieser Welt spüren können.“

„Und was ist mit Haruhi? Hat diese Frau etwa davon gar nichts bemerkt?“

„Wie es aussieht nicht. Wenn sie es hätte, dann würde das die ganze Sache noch um einiges komplizierter machen…“

Koizumi warf einen Blick in Richtung Nagato und forderte sie damit auf ihre Meinung abzugeben.

Nagato antwortete mit ruhiger Miene:

„Das hier wäre nun das fünzehntausendvierhundertneunundneunzigste Mal“

Ein Gefühl von Schwindel überkam mich

Fünzehntausendvierhundertneunundneunzig. Das sind neununddreißig Buchstaben. In arabischen Ziffern ware es 15.498, was sich gleich um einiges weniger anfühlt. Arabische Ziffern sind brilliant. Wer auch immer sie sich ausgedacht hat, dem bin ich unendlich dankbar. Diese bequeme, unwesentliche und komplett unlogische Schreibweise zu entwickeln bedarf es wahrlich eines Genies.

“Dieselben Wochen haben sich für mehr als zehntausend Mal wiederholt. Könnte auch nur irgendwer fühlen, dass er in dieser Schleife gefangen ist und dabei seine Erinnerungen behalten, er würde zusammenbrechen. Was die Erinnerungen von Suzumiya-san betrifft, ich vermute einmal, dass sie gründlicher ausgelöscht wurden als die unsrigen.“

In solchen Momenten muss man sich an das Orakel wenden, also bat ich Nagato um Bestätigung:

„Ist das so?“

„Ja.“

Nagato nickte.


„Also haben wir alles, was mir morgen auch tun werden, schon einmal getan? Gilt das auch für O-bon und die Goldfische?“

„Nicht unbedingt.“

Nagato zeigte nicht auch nur einen Funken von Emotion.

„Es gibt Diskrepanzen zwischen Suzumiya Haruhis Aktivitäten während der letzten fünzehntausendvierhundertneunundneunzig Durchgänge.“

Sie sah leicht in meine Richtung und fuhr fort.

„In den letzten fünzehntausendvierhundertneunundneunzig Durchgängen wurde O-bon zwei Mal ausgelassen, das Goldfischfangen fand insgesamt vierhundertsiebenunddreißig Mal statt. Das städtische Schwimmbad wurde ohne Ausnahme besucht. Teilzeitarbeit wurde insgesamt neuntausendfünfundzwanzig Mal geleistet, mit sechs verschiedenen Arten von Arbeit. Neben dem Ballonverteilen gab es noch Regale einräumen, Kassiertätigkeiten, Flugzettel verteilen, Telefondienst sowie eine Modeschau. Sechstausendelf Mal wurden Ballons verteilt, mit dreihundertsechzig Überschneidungen hinsichtlich zwei oder mehreren Variationen. Wiederholte Iterationen geordnet nach Kombinationen sind-„

„Das ist genug, du brauchst nicht weitermachen.“

Ich begann selbst zu denken, nachdem der von Außerirdischen fabrizierte künstliche Mensch still geworden war.

Die letzten Augustwochen haben sich für fünfzehntausendund… wie viele hundert Mal waren es noch? Argh… das nervt. 15.498 Mal, so geht’s. Die Schleife beginnt erneut nach dem einunddreißigsten August und beginnt wieder am siebzehnten. So, aber ich habe keinerlei Erinnerung an das Ganze während es Nagato bis ins letzte Detail weiß. Warum ist das so?

„Nagato-san, oder genauer gesagt die Datenintegrations-Entität, existiert außerhalb der Grenzen von Raum und Zeit.“

Das ziemlich stolze Lächeln von Koizumi schien etwas steif zu sein, aber vielleicht lag das nur an der Beleuchtung.

Was auch immer, das ist jetzt nicht wichtig, also lass das erstmal ruhen. Ich wusste, dass Nagato vermeiden konnte von so etwas betroffen zu sein, aber das war jetzt nicht das um was es ging. Was mich mehr besorgte war…

„Nagato, hast du die Ereignisse dieser zwei Wochen ebenfalls 15.498 Mal erlebt?“

„Ja.“

Nagato nickte als sei es nicht von Belang. Könntest du nicht mehr dazu sagen als ein simples Ja? Auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, was sie stattdessen sagen könnte. Aber –

„Hmm…“

Warte mal. 15.498 mal zwei Wochen, das sind insgesamt 216.972 Tage, also in ungefähr 594 Jahre. Dieses Mädchen hat jeden einzelnen dieser Tage in jeden der Durchläufe durchgemacht und hat das alles so ohne weiteres weggesteckt? Selbst der allergeduldigste Mensch wäre am Ende seiner Geduld nach so etwas. Wenn du mir nicht glaubst, dann versuch mal 15.498 Mal im Schwimmbad kurz ins Wasser zu springen.

„Du…“

In dem Moment, in dem ich das Wort herausgelassen hatte, hielt ich mich schon zurück. Nagato erhob einem Vogel gleich ihren Kopf und starrte mich an.

Die Atmosphäre, die Nagato im Schwimmbad ausgestrahlt hatte, kam mir wieder in den Sinn. Sie sah damals ziemlich gelangweilt aus, was wohl nicht meine Schuld war. Selbst für Nagato musste es quälend sein diesen Moment so viele Male zu erleben. Obwohl von ihr klein klagendes Wort zu hören war, fluchte sie vielleicht insgeheim… Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf. Ich hatte nun endlich eine Ahnung was los war, aber der Grund dafür war noch immer nicht bestätigt.

„Warum würde Haruhi so etwas tun?“

„Ich habe da so eine Vermutung.“

Nach diesem typischen Einleitungssatz fuhr Koizumi fort:

„Suzumiya-san will vielleicht nicht, dass die Sommerferien enden und weil sie das insgeheim denkt, wurden die Ferien zu einer endlosen Schleife.“

Ist das nicht so wie wenn kleine Bälger nicht in die Schule gehen wollen?

Koizumi berührte unbewusst den Rand seiner Dose Kaffee.

„Ich denke, dass sie dem neuen Semester nur halbherzig entgegensieht, nachdem sie nicht alles geschafft hat, was sie in den letzten zwei Wochen des Sommers noch erledigen wollte. In anderen Worten, sie bedauert viele Dinge, weshalb sie den Abend des Einunddreißigsten mit einem unbefriedigenden Gefühl erlebt…“

Und sobald sie aufwacht liegen noch zwei Wochen Sommerferien vor ihr, richtig? Wie soll ich es beschreiben… Ich denke, dass eher Melancholie als Niedergeschlagenheit das richtige Wort für meinen Zustand war. Ich weiß, dass sie diejenige ist, die zu allem imstande ist, wenn es darum geht zu bekommen was sie will, aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass ihre Dickköpfigkeit derartige Ausmaße annimmt.

„Wenn das so ist, was müssen wir tun damit diese Frau zufrieden ist?“

„Ich weiß es nicht. Nagato-san, hast du eine Ahnung?“

“Nein.”,

antwortete sie kurz und bündig. Von uns allen bist du die Verlässlichste! Ich konnte es nicht unterdrücken meinem Gedanken Ausdruck zu verleihen.

„Warum hast du bisher nichts gesagt? Als Ergebnis haben wir dieses zweiwöchige Spektakel tausende Male durchgemacht.“

Nach einem Moment der Stille sagte Nagato in leisem Tonfall:

„Meine Aufgabe ist es zu beobachten.“

„…Ich verstehe.“

Das brachte mich zu einigen Einsichten. Nagato war in allen unseren Erlebnissen bisher nie aktiv involviert gewesen, aber ihre Existenz war zentral für jedes der Ereignisse. Ich würde sogar sagen, dass das einzige Mal wo dieses Mädchen aktiv gehandelt hatte, die Zeit war, als sie mich zu sich nach Hause eingeladen hat. Von dieser Ausnahme abgesehen, hatte Nagato uns immer als zentrale Figur stumm unterstützt.

Ich hatte nicht vergessen, dass Nagato Yuki sowohl eine humanoide Schnittstelle der Datenintegrations-Entität ist um zu kommunizieren, als auch ein biologischer Android, der geschaffen wurde um Suzumiya Haruhi zu observieren. Ich wunderte mich, ob vielleicht eine Überlastungssicherung bei ihrer Emotionsanzeige Teil ihrer Spezifikationen ist.

„Vergiss es, das ist jetzt nicht von Bedeutung.“

Noch vor allen diesen Dingen, ist Nagato Yuki für mich eine begeisterte Leserin weniger Worte und von zierlicher Gestalt und gleichzeitig eine komplett verlässliche Partnerin.

Von allen Mitgliedern der SOS Brigade verfügte Nagato über die breiteste Bildung, wie auch über den schärfsten Verstand. Das im Hinterkopf behaltend, beschloss ich die Alleswisserin weiter zu befragen.

„Wie oft haben wir das alles herausgefunden?“

Meine plötzliche Frage schien von Nagato schon erwartet worden zu sein und sie antwortete emotionslos:

„Achttausendsiebenhundertneunundsechzig Mal. Die Häufigkeit der Entdeckung erhöht sich mit jeder Wiederholung.“

„Das liegt wohl am Gefühl der Vertrautheit und Inkohärenz nehme ich an.“,

merkte Koizumi im sachlichen Ton an.

„Aber selbst in den ganzen Wiederholungen, selbst wenn wir uns unserer Situation bewusst wurden, scheiterten wir noch immer daran eine Lösung zu finden und die normale Zeit wiederherzustellen?“

„Korrekt“, antwortete Nagato.

Kein Wunder, dass Asahina-san zusammengebrochen ist. Sie weint derartig, weil sie das alles schon weiß. Der Moment an dem sie erneut realisiert, dass sie zwei Wochen voll Körperwachstum und Erinnerungen durch das Zurücksetzen verloren hat … Und dann ist sie noch einmal am Boden zerstört, nachdem sie erfährt, dass sie in diesem Trott gefangen ist.

Ich habe über diesen Umstand schon unzählige Male nachgedacht. Seit ich Haruhi das erste Mal im Frühling getroffen habe, ertappe ich mich dabei, bei jeder neuen Krise, die wegen ihr auftritt, daran zu denken, sei es jetzt oder in der Vergangenheit.

Das ist nicht gut.

Ohne Zweifel ist das das 8.769 Mal, dass ich über darüber in diesen zwei Wochen nachgedacht habe.

Das ist einfach zu viel…

Nur wieder ein weiteres Märchen.


Am Tag nach diesem war das Sternebeobachten dran.

Der Ort war das Dach von Nagatos Apartmentkomplex. Das klobige und massive Teleskop war eine Spende von Koizumi. Er hatte es bereits auf einem Dreibein aufgestellt, als wir um Acht Uhr am Abend begannen.

Der Nachthimmel sah ziemlich blank aus, genauso wie Asahina-sans Gesicht. Ihr Gesichtsausdruck war entweder sprachlos oder verwirrt. Meine eigenen Gefühle befanden sich auch in Unordnung, also war es wirklich nicht die richtige Zeit um in die Sterne zu starren.

Koizumi vergrößerte das Lächeln auf seinem Gesicht als er das Teleskop aufstellte.

„Das war mein Hobby, als ich noch ein Kind war. Ich war so bewegt, als ich zum ersten Mal den Mond des Jupiters sah.“

Nagato stand wie üblich still auf dem Dach, einem Wachposten gleich.

Ich verlagerte meinen Blick auf den Nachthimmel, aber ich konnte nur zwei oder drei Sterne ausmachen. Die Luft in der Stadt war zu verschmutzt um viel erkennen zu können. Zu sagen „es gibt keinen Himmel“ wäre in diesem Augenblick passend gewesen. Wenn der Winter kommt und die Atmosphäre sich aufklärt, würde sich Orion von selbst zeigen.

Die Spitze des Teleskops richtete sich auf den Nachbarn der Erde. Haruhi sagte, während sie mit ihrem Kopf umherfuhr:

„Nein.“

“Was nein?”

“Keine Marsianer?”

Ich hoffe ja doch, dass keine Marsianer existieren. Denkt nur mal, eine Bande von oktupusartigen Monstern, die umherschlängeln während sie die Invasion der Erde planen. Egal wie süß ihre Münder sind, es fällt mir erst gar nicht ein den Begriff „interessant“ zu verwenden um sie zu beschreiben.

„Warum sollte das so sein? Vielleicht sind sie ja freundlich gesinnt. Schau, an der Oberfläche ist niemand, also müssen sie die Art sein, die sich unter der Erde aufhält. Das ist der beste Beweis dafür, dass sie fürchten uns Menschen zu erschrecken, eben weil sie nett sind.“

Haruhi schien Untergrundsiedler im Sinn zu haben bei ihrer Vorstellung eines imaginären Marsianers. Bitte sag mir zumindest welche Art es ist. Solche aus Pellucidar? Oder die aus Mars Attacks? Wenn e seine Kombination aus beiden ist, könnte die Sache hässlich werden. Denk einfach, je einfacher desto besser.

„Vielleicht bereiten sie sich ja auch nur im Untergrund vor, so dass wenn die ersten Astronauten schließlich auf dem Mars landet, sie herauskommen und die Menschen überraschen können. Vielleicht sagen sie sogar: „Willkommen auf dem Mars, Nachbarn! Wir heißen euch willkommen!“.

Das wäre sogar noch furchterregender. Wenn es eine Panne gibt, würde das Ganze schnell von Überraschung in Furcht umschlagen. Ich weiß ja nicht wer der Erste sein wird, der auf marsianischem Boden betreten wird, aber es wäre vielleicht das Beste ihn schon mal vorzuwarnen, damit er emotional darauf vorbereitet ist. Ist es in Ordnung der NASA eine E-Mail zu schicken?

Wir wechselten uns darin ab die Umrisse des Mars und die Mondkrater zu beobachten, während die Zeit langsam verrann. Gerade als ich mich fragte, ob wir eine Person verloren hätten, fand ich Asahina-san mit geschlossenen Augen und gesenktem Kopf, ihre Knie umfassend und an den Zaun angelehnt vor, der einem davor bewahrte vom Dach in den sicheren Tod zu stürzen. Sie muss gestern eine schlaflose Nacht gehabt haben, also lasse ich sie am Besten einfach in Ruhe.

Haruhi, scheinbar des Starrens auf den sich nicht ändernden Nachthimmel müde geworden, bemerkte:

„Lasst uns nach UFOs Ausschau halten! Sie müssen ihr Ziel auf die Erde gesetzt haben. Wer weiß, ob sich nicht bereits die ersten Späheinheiten in den niedrigeren Umlaufbahnen befinden während wir hier reden.“

Haruhi schwenkte fröhlich das Teleskop in verschiedene Richtungen, doch wurde ihr das schnell langweilig. Sie nahm neben Asahina-san Platz und fiel in einen sanften Schlummer, während sie sich an deren schmaler Schulter anlehnte.

Koizumi flüsterte:

„Müde?“

„Schwer vorzustellen, dass sie erschöpfter ist als wir.”

Haruhi war in tiefen Schlaf verfallen. Das gab mir das Bedürfnis ihr ganzes Gesicht mit Zeichnungen zu verzieren, jedoch war ihr schlafendes Antlitz keines, das ich verschandeln wollte. Diese Frau ist ein ziemlicher Blickfang solange sie ihren Mund nicht aufmacht. Es wäre besser wenn sie und Nagato die Persönlichkeit tauschen würden. Allerdings ist schon eine total ausdruckslose Haruhi schwer vorzustellen, eine aufgeregte und ausdrucksstarke Nagato geht dann schon über meine Vorstellungskraft hinaus.

Während uns eine nächtliche Brise umströmte, sah ich auf Asahina-san und Haruhi, die nebeneinander schliefen. Diese Beiden liefern sich einen ziemlichen Wettkampf so wie sie gerade sind. Vielleicht würden manche Leute Haruhi herausragender finden. Hmm… Mit Sicherheit.

„Was ist es, das sie noch tun will?“

Ich stieß diese Worte mit der Andeutung eines Seufzers aus.

„Während uns eine nächtliche Brise umströmte, sah ich auf Asahina-san und Haruhi, die nebeneinander schliefen. Diese Beiden liefern sich einen ziemlichen Wettkampf so wie sie gerade sind.

“Könnte es das Spaßhaben mit ein paar Freunden und das Verbringen einer großartigen Zeit sein?”

„Vielleicht. Wenn es um Suzumiya-sans Freunde geht, wären das wir.“

Koizumi Blick war auf das andere Ende des Kosmos gewandt.

„Wenn dem so ist, ist es das Wichtigste herauszufinden was sie zufrieden stellen wird. Sollten wir scheitern, wird diese Zeitschleife nie enden. Wir können sie nur solange begleiten, bis sie herausfindet was sie will und es geschehen macht. Glücklicherweise existiert die Anpassung der Erinnerung, oder wir würden von dem Ganzen schlussendlich einen Nervenzusammenbruch erleiden.“

Es wurde Fünfzehntausendvierhundertneundundachtzig Mal wiederholt.

Stimmt das alles wirklich? Könnte uns Nagato vielleicht einfach nur Angst einjagen wollen? Um es noch einmal klarzustellen, das Ganze ging über meine Vorstellungskraft hinaus, schon wenn man es nur hörte, aber die Ursache war Haruhi, also konnte es nicht ausgeschlossen werden. Die unbekannte mysteriöse Kraft dieser Frau brachte uns unbewusst immer wieder in Schwierigkeiten. Egal ob aufgrund ihrer rücksichtslosen Art oder durch das, was tief in ihrer Psyche schlummerte, die gleiche Art von Problemen erwartete uns dabei. Sie war einfach diese Art von Person, die Art, die dir Probleme bereitet, egal was sie tut.

Ich habe mir schon einmal gedacht, dass wir, die wir die gedankenlose Haruhi immer begleiteten, vielleicht dafür qualifiziert waren zu Sonderbotschaftern ernannt zu werden. Jedes Mitglied der SOS Brigade hat ein besserer Charakter als Letztere. Und wenn man bedenkt, dass ich eine zentrale Figur bei der Entscheidung des Schicksals der Welt sein soll… Das lässt bei mir den Verdacht aufkommen, dass die Welt schon von Beginn an nicht normal war.

Um diesen Punkt nochmals zu unterstreichen, die naive Ansicht, dass die Welt, die wir hochhalten, rechtschaffen sein muss, ist einfach Quatsch der von Menschen ausgedacht und verbreitet wird, die sich unter dem Einfluss von Ideologien und Doktrinen befinden. Es gibt genug Eiferer, die diese selbstzentrierte Verleumdung propagieren und sie anderen aufzwingen. Diesen sage ich, dass sie darüber nachdenken sollen, was die Generationen jahrtausende nach ihnen vielleicht einmal über sie zu sagen werden.

Gerade als ich tief in Gedanken über diese belanglose Thematik versunken war, öffnete Koizumi ohne Vorwarnung seinen Mund:

„Obwohl wir vielleicht nicht wissen, was Suzumiya-sans innersten Wünsche sind, sollen wir es nicht auf gut Glück versuchen? Zum Beispiel sie von hinten umarmen oder ihr ‚ICH LIEBE DICH’ ins Ohr flüstern, oder irgendwas in diese Richtung.“

„Wer würde dieses Selbstmordkommando durchführen wollen?“

„Es gibt kein passenderes Individuum dafür als dich.“

„Ich mache von meinem Vetorecht gebrauch. ABGELEHNT!“

„In diesem Fall versuche ich es.“

Wie es aussieht zeigte sich ein unpassender Ausdruck auf meinem Gesicht. Ich hatte keinen Spiegel dabei, aber Koizumi schien meine Gedanken gelesen zu haben:

„Ich mach nur Witze. Mir fehlt der Mumm so etwas durchzuziehen. Würde ich es wirklich tun, würde es Suzumiya-san nur in einen unnötigen Zustand der Verwirrung versetzen“.

Der kreischende Lacher, der daraufhin seinem Hals entwich, beendeten seine Worte.

Ich verfiel einmal mehr in Stille und starrte auf den hellen Mond, der unvermindert aus dem melancholischen sommerlichen Nachthimmel auf uns herabschien.

Die Milchstraße, die diese dunkle Leinwand dekorierte, glitzerte unter den Reflektionen der Sonnenstrahlen, als wolle sie mich einladen zu spielen. Wohin? Das weiß nur Gott.

Ich dachte all das, während ich auf den Schatten der versteinerten Nagato starrte, die ihr Gesicht dem Nachthimmel zugewandt hatte.


Der Sommer war noch nicht vorbei, aber die Sommerferien näherten sich dem Ende- obwohl das nicht so sicher ist, nachdem ich nicht weiß, ob die sommerliche Pause wirklich enden wird oder nicht. Bitte verschont mich. Ehrlich.

Wir werden vielleicht wieder zum siebzehnten August zurückkehren. Wie kann man nur erreichen, dass Haruhi herausfindet, was diese „Sache, die noch nicht getan wurde“ ist?

Was könnte sie ausgelassen haben? Ich musste noch Berge von Sommerhausaufgaben erledigen, die von mir noch nicht angerührt wurden, seit ich sie nach Hause gebracht hatte. Das ist für sie nicht von Belang, nachdem sie ihre schon lange erledigt hatte.

Was sollen wir nur als nächstes tun?

„Lasst uns zu den Trainingsplätzen gehen.“


Haruhi enthüllte einen Aluminiumschläger, den selben zerbeulten, den sie anderntags dem Baseballclub entwendet hatte. Ich hätte nie gedacht, dass sie diesen ramponierten Schläger behalten würde, der eher zum Verprügeln geeignet schien, als um damit Bälle zu schlagen.

Die Chefin warf ihr Haar zurück, als sie den Schläger mit einem strahlenden Lächeln in unsere Richtung schwang und führte uns zum Schlagplatz am Ende des Weges. Ich wette diese High School Liga hat sie auf seltsame Ideen gebracht.

Das Schreckgespenst der Melancholie war gewandert. Es war jetzt Zeit für das niedergeschlagene, zierliche Gesicht von Asahina-san tiefer in die Trübsinnigkeit zu versinken. Ehrlich, es war schon leicht bedauerlich, wie sie sich nach ihrer eigenen Welt gesehnt haben musste.

Zurück zu den sich zwanglos verhaltenden Koizumi und Nagato, welche Paradebeispiele für einen Dauergrinser und eine Stoikerin waren. Könntet ihr vielleicht mal ernst werden und nicht so sorgenfrei auftreten?

"Hu~"

Ich stieß einen Atemzug aus und mein Blickfeld wurde vom wippenden schwarzen Haar von Haruhi eingenommen.

Ich habe keine Ahnung wer beschlossen hat, dass es meine Aufgabe war Haruhi zu beschützen, was seit dem Tag der Gründung von SOS der Fall war. Ich werde mein Verlangen, meiner Frustration Luft zu machen, allerdings unterdrücken, nachdem ich den Schuldigen nicht ausmachen kann. Das gesagt, lasst mich eine Deklaration abgeben:

Preist mich nicht allzu sehr für diese Aufgabe, denn ich bin nicht mehr als ein einfacher Erdenbürger.

Obwohl ein derartiger Monolog meine innere Leere ja nur unter Beweis stellt.

Asahina-san war verhindert, Koizumi lächelte vor sich hin, während Nagato still die Umgebung beobachtete.

Ich muss Haruhi definitiv irgendwie dazu bringen etwas zu tun.

Allerdings, was sollte sie tun?

Die Antwort lag in Haruhi selbst, aber auch sie hatte keine Idee was der Grund für das Problem war.

„Mikuru-chan, du brauchst den Schläger erst gar nicht zu schwingen. Trainier nur den Ball abzublocken, nachdem du sowieso keinen weiten Schlag zusammenbringst, egal wie stark zu schwingst. Schlag den Ball nach unten um einen Ground Ball zu bekommen. Ahh- nicht nach oben, nach unten!“

Das Schlachtfeld des letzten Baseballturniers roch noch immer nach Schießpulver. Denkt sie etwa daran im nächsten Jahr wieder anzutreten?

Haruhi okkupierte das 130km/h Übungsnetz. Bang! Bang! Und schon kam der Pfeifton. Ich fühlte mich um einiges besser sie so glücklich zu sehen. Diese Person ist definitiv ein Naturtalent. Wer weiß, vielleicht wurde sie mit mehr Mitochondrien als jeder andere geboren, woher sonst sollte sie diese ganze Energie nehmen? Es wäre großartig gewesen, wenn sie ein wenig davon für gemeinnützige Arbeit eingesetzt hätte…


Wir fuhren fort, nachdem niemand die Stopptaste bei Haruhis Kalorienverbrennungsplan drücken konnte.

Wir gingen sogar zur örtlichen Feuerwerksshow. Das Feuerwerk bestand aus Shaku-dama Granaten, die vom Ufer aus gezündet wurden. Die Drei warfen sich noch einmal in ihre Yukatas, aber nur Haruhi freute sich wirklich über die Raketen, die mit „Bumm, Bumm!“ in die Höhe schossen, wo sie sich mit „Bumm, Bumm!“ über den Himmel verteilten. Tja, sie war die Einzige, die aus ganzem Herzen lachen konnte, als sie auf die armseligen Zerrbilder des Feuerwerks zeigte. Haruhi liebte einfach dieses Übermaß an Glanz und Prunk. Wir konnten ihr natürliches, unverdorbenes und kindliches Lachen nur zu Zeiten wie diesen sehen, auch wenn ich meine Augen relativ schnell wieder von ihr abwandte, denn wer weiß was mir noch für Gedanken gekommen wären, wenn ich sie länger angestarrt hätte. Was es gewesen wäre, das weiß ich selbst nicht genau. Aus all dem habe ich jedenfalls gelernt: man muss sich dem Anlass entsprechend kleiden.

Ein paar Tage später nahmen wir spontan am örtlichen japanischen Gobioid angeln Wettkampf teil, von dem wir mit leeren Händen zurückkehrten. Unsere Köder lockten nur ein paar kleinere Fische an, die wir aber nie wirklich zu Gesicht bekamen, so dass wir noch nicht einmal ihre Maße einreichen konnten – nichtsdestotrotz war Haruhi dabei in der Freude am Anlocken und Einholen, gar nicht am Fangen selbst, versunken. Das war ein beruhigenderer Segen, als aus Versehen wie aus dem Nichts einen Coelacanth zu fangen, nachdem ich so ein handgemachtes Bento der sich inzwischen wieder gefassten Asahina-san genießen konnte, die beim Anblick der Sandwurmköder das Weite gesucht hatte.

Zu diesem Zeitpunkt waren Haruhi und ich braungebrannt, was einen scharfen Kontrast zu den anderen beiden bildete, die sich mit UV Schutz vorbereitet hatten. Nagato stellte die Ausnahme dar, nachdem sie einfach keine Bräunung bekam, egal was sie tat. Gut so, eine braungebrannte Nagato ist etwas, das absolute nicht in mein Weltbild passen würde.

Das gesagt, wusste ich eigentlich nur zu gut, dass es nicht an der Zeit war mich zu amüsieren.


Die Zeit verrann in rasender Geschwindigkeit.

Haruhi war noch immer voller Energie, während ich weiterhin an meiner ablehnenden Einstellung festhielt. Die Trübsinnigkeit von Asahina-san wurde nun von ihrer Naivität überdeckt, während Koizumi über das ganze Gesicht strahlte, als ob er über die gegenwärtige Situation hinweg sei. Nur Nagato zeigte vernachlässigbare Abweichungen.

Im Rückblick waren diese zwei Wochen mit Nervenkitzel gefüllt gewesen.

Die Frist jedoch rannte ab. Heute ist der dreißigste August, was nur noch einen Tag Sommerferien übrig ließ. Es wird alles vorbei sein wenn wir uns nicht innerhalb der nächsten zwei Tag etwas einfallen lassen, aber ich habe absolut keine Idee was wir versuchen sollen. Das Licht des Sommers, die Schreie der Higurashi… Alle Charakteristika des Sommers nähren unser Unbehagen. Selbst die High School Baseballliga hatte einen Champion hervorgebracht. Warum, warum nur konnte dies also nicht einfach so weiterlaufen?

Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem Haruhi völlig zufrieden ist.


Haruhi strich jeden einzelnen Punkt auf der Liste durch.

Gestern marschierten wir in nächtlicher Hitze auf direktem Weg zum Friedhof, um die Sommeraktivitäten mit einer „Mutprobe“ abzuschließen. Es gab weder ein Geisterfeuer, noch waren irgendwelche Erscheinungen zu sehen. Das einzig Erwähnenswerte war der ängstliche Blick von Asahina-san.

„Damit wäre alles erledigt.“

Es war gerade kurz nach Mittag am dreißigsten August und wir saßen alle im nur allzu bekannten Kaffeehaus.

Haruhi starrte auf eine durchgerissene Stelle auf dem Papier, als ob sie um den Verbleib der Schätze der Tokugawa Ära wüsste. Ihr Gesicht war dabei so ausdruckslos, dass es gezeichneten Strichen auf einem Papier glich. Sie war sowohl zufrieden, als auch unwillig loszulassen. Es lag alles an ihr. Es war nur noch ein Tag in den Sommerferien übrig.

Würde der Sommer wirklich enden? Zu diesem Zeitpunkt war ich hinsichtlich dessen eher misstrauisch, aber vielleicht bin ich auch nur ein zu großer Skeptiker. Andererseits musste man ja schizophren werden, wenn man ein paar Monate in dieser von einer überemotionalen Chefin geleiteten, bescheuerten Organisation verbracht hat. Ich hoffte inständig, dass es nun ruhiger werden würde, in etwa so wie wenn nur Asahina-san und ich anwesend sind, da das das Leben … Neinneinnein, ich muss das Ganze aufhalten, da es sonst vielleicht damit endet, dass alles wieder von vorne beginnt.

“Hmm- ist das alles-?”

Haruhi fuhr damit fort in das Vanilleeis zu stechen, das in ihrer Cola schwamm. Sie war nicht sehr entschlussfreudig.

Nagato verhielt sich still und observierte die schwimmende Zitronenscheibe in ihrem Eistee. Asahina-sans hielt ihre Händer auf ihren Knien umklammert. Sie war völlig fertig, wie ein kleines Welpen, das ausgeschimpft worden war. Koizumi nippte an seinem Wiener Kaffee und schien sorgenfrei wie immer.

Was mich betrifft, ich hatte nichts zu sagen und verschränkte meine Arme, während ich versuchte herauszufinden, was nun zu tun war.

„Schon gut, wir haben für diesen Sommer genug getan. Wir waren an allen möglichen Orten, haben Yukatas getragen und eine ordentliche Menge an Zikaden gefangen“

Mir schien es, als würde sich Haruhi nur selbst auf die Schulter klopfen wollen. Es ist nicht wirklich so, dass wir genug getan hätten! Ich fühlte aus der Tiefe meines Herzens, dass Haruhi noch nicht bereit war den Sommer für sich abzuschließen. Egal wie stark sie versuchte es zu verbergen, sie log sich nur selber an. In ihrem Inneren, im tiefsten Teil von ihr, sehnte sie sich nach mehr.

„Soviel für heute.“

Haruhi überreichte mir die Rechnung –

„Jetzt ist es vorbei. Verbringt den morgigen Tag wie ihr wollt. Es ist egal wenn ihr zu Hause bleiben wollt um euch auszurasten. Lasst uns uns in zwei Tagen im Clubraum treffen.“

Ich war nervös, als sich Haruhi von ihrem Stuhl erhob und den Tisch stilvoll verließ.

Wir konnten Haruhi nicht so nach Hause gehen lassen. Das Ganze musste einmal ein Ende haben. Wenn nicht, dann würde die von Koizumi entdeckte und von Nagato bestätigte Zeitspanne von zwei Wochen in ihre fünfzehntausendvierhundertneunundneunzigste Runde gehen.

Aber was sollten wir tun?

Haruhis Gestalt entfernte sich in Zeitlupe von mir.

Genau in diesem Augenblick! Es war absolut plötzlich, wie aus dem Himmel und völlig überraschend-

Da kam es mir.

Dieses verwirrende Gefühl von „wo habe ich das schon mal gesehen?“ kehrte zurück. Doch heute nahm verglichen mit den letzten Malen es ungeahnte Ausmaße an. Es war ein Gefühl von Déjà-vu ungleich allen anderen. Ich wusste was es war, nachdem ich das hier schon tausendmal durchlebt hatte. Dreißigster August. Nur noch ein Tag übrig.

Es muss etwas in Haruhis Worten gewesen sein, das mir unterbewusst einen Tritt verpasst hat. Nur was war es, was war es, was war es~

„Geht es dir gut?“

Jemand sagte etwas. Koizumis Worte sollten ebenfalls einen Hinweis geben. Etwas das laufend verschoben wird und mir deshalb Sorgen bereitet…

Haruhi war aufgestanden und bereit einem Wirbelsturm gleich nach Hause zu stürmen. Sie durfte nicht gehen oder es würde keine Chance geben unserer Situation zu ändern. Habe ich in der Vergangenheit schon irgendwas unternommen um die Situation abzuändern? Szene um Szene zog vor meinem geistigen Auge wie eine Diashow vorbei, alles was wir in den letzten zwei Wochen getan hatten…

Und- Dinge die wir nicht getan hatten.

Ich hatte keine Zeit um groß nachzudenken. Ich musste etwas sagen, egal wie nichtig die Sache schien, sag es endlich!

„Meine Probleme sind noch nicht vorbei!“

Ich muss noch einmal klarstellen, dass ich nicht geschrieen hatte. Im Nachhinein, mit kühlem Kopf betrachtet, war es eine Spontanreaktion des Hippokampus. Die umstehenden Kunden sowie Angestellten, als auch Haruhi, die sich schon in der automatischen Tür befand, drehten ihre Köpfe und sahen mich an.

„Richtig, die Hausaufgaben!“

Jeder im Kaffeehaus war abermals von meiner lauten Deklaration schockiert.

„Zum Teufel, worüber redest du überhaupt?“

Haruhi trat zu mir heran, als ob sie einen Wahnsinnigen vor sich hätte.

„Dein Problem? Hausaufgaben?“

“Ich hab noch keinen Finger gerührt für die Sommerhausaufgaben, die wir bekommen haben. Solange das nicht erledigt ist kann ich den Sommer nicht enden lassen.“

„Geht’s dir noch gut?“

„He, Koizumi!“

„Ja, was ist?“

Koizumi schien einen Schrecken bekommen zu haben.

„Wie steht es mit dir?“

„Ähnlich. Nachdem wir diesen Sommer so beschäftigt waren, habe ich noch in etwa die Hälfte übrig.“

„Dann lasst es uns gemeinsam machen, Nagato inklusive. Du wirst es doch auch noch nicht gemacht haben!“

Bevor Nagato noch antworten konnte, streckte ich meine Hand nach Asahina-san aus, deren Mund weit offen stand, als wäre sie eine Marionette in einem Puppentheater.

„Asahina-san, warum schließt du dich nicht uns an? Lass uns die Arbeit ein für alle mal hinter uns bekommen.“

„Ehh…“

Asahina-san war eine Klasse höher, also hatte sie andere Aufgaben als wir, auch wenn das in dieser Situation nicht von Bedeutung war.

„Aber… Aber… Wo… Bei wem?“

“Kommt zu mir. Bringt eure Mitschriften und eure Bücher mit, wir können dann gemeinsam daran arbeiten. Nagato, Koizumi, lasst mich bitte das, was ihr schon gemacht habt, abschreiben.“

Koizumi nickte.

„Nagato, bist du dabei?“

“Ja.”

Der schon halb erschöpfte Kappa-Kopf nickte und starrte mich an.

„Alles klar! Wir sehen uns morgen! Lasst uns am Morgen beginnen. Wir sollten das alles in einem Tag schaffen können.“

Gerade als ich meine Faust hoch erhoben hielt, wie es meinem Ego entsprach-

„Jetzt mal langsam!“

Haruhi, voller Stolz und mit ihren Händen auf ihre Hüften gestützt, kam zurück an unseren Tisch.

„Entscheidet das nicht allein unter euch! Ich bin die Chefin! Ihr tut gut daran mich zuerst zu fragen ob es in Ordnung etwas zu machen! Kyon, jedes Mitglied, das für sich selbst Entscheidungen trifft, begeht eine schwerwiegende Verletzung der Brigaderegeln!“

Das ausgesprochen, funkelte Haruhi mich an und kreischte:

„Ich bin dabei!“


Es war der Morgen danach.

Ich glaube, so ist es richtig. Als ich aus dem Bett stieg, wusste ich, dass wir aus dem Schneider waren.

Es war mir klar, da ich mich erinnern konnte vom Land zurückgekommen zu sein als O-bon vorbei war und ich hatte auch noch Erinnerungen an den Schwimmbadbesuch, die Zikadenjagd und so weiter. Von all diesen Erinnerungen war die lebendigste die des gestrigen Treffens, das ich noch in allen Details im Gedächtnis hatte.

Gestern war der einunddreißigste August und heute war der erste September.

Meine frischesten Erinnerungen eröffneten mir, dass ich am letzten Tag des Sommers ein SOS Brigaden Krisentreffen in meinem Zimmer abgehalten hatte. Ich kann mich auch noch an dieses Gefühl von lähmender Müdigkeit erinnern. Es war anstrengend genug nur die Mitschriften abzuschreiben, also kann ich mir das Grauen die ganze Arbeit selbst machen zu müssen, lebhaft vorstellen. Als ich schließlich ins Bett sank, war mir Eines völlig klar, nämlich dass meine HP, MP und mein Limit Balken so niedrig waren, dass schon ein Schwung ausreichen würde, um mir auf ewig den Rest zu geben.

Gestern brachte Haruhi ihren Stoß von Sommerhausaufgaben in mein Zimmer und warf mir einen eisigen Blick zu, der ich mit meinem Schreibstift bewaffnet knietief in Arbeit versunken war. Koizumi, Nagato und Asahina-san spielten inzwischen mit meiner kleinen Schwester.

„Schreib nicht einfach alles ab.“

Haruhi gab mir weitere Anweisungen, während sie die Knöpfe auf dem Controller drückte, mit dem sie mit meiner Schwester ein Videospiel spielte.

„Formuliere es ein bisschen um und stell sicher, dass du bei den Gleichungen ein paar zusätzliche Zwischenschritte machst. Nicht alle Lehrer sind Idioten. Besonders der Mathematiklerher Yoshizaki achtet auf auffällige Details. Abgesehen davon sind seine eigenen Lösungen aber alles andere als Geniestreiche.”

Mit fünf Leuten plus meiner kleinen Schwester war mein Zimmer schon überfüllt genug, aber meine Mutter, die laufend Essen, Desserts und Saft servierte, verschärfte die Situation noch zusätzlich. Im Gegensatz zu uns, die wir drauf und dran waren durch die ständige Bewegung unseres Handgelenks eine Sehnenscheidenentzündung zu bekommen, hatte Haruhi eine tolle Zeit. Schaut sie euch nur an! Die Höhergestellten müssen den gleichen Gesichtsausdruck haben wenn sie auf ihre Untergebenen herabschauen. Wer weiß ob sie dieser Sache gewachsen ist. Haruhi hatte sogar damit begonnen Asahina-san ihre Hilfe bei ihrem kurzen Essay anzubieten. Wenn Asahina-san dafür eine Drei nach Hause bringt, wissen wir wer die Verantwortung dafür trägt…

Nachdem diese Erinnerungsrückschau zu einem Ende gekommen war, kroch ich aus meinem Bett.

Heute war ein nagelneuer Anfang in einem nagelneuen Semester, nehme ich zumindest an.

Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich dem Beginn eines neuen Semesters entgegenfieberte.


Die Schulstunden waren beendet. Die Ansprache des Direktors war vorrüber, genauso wie die kurze Klassenbesprechung. Heute war der erste September. In der Klasse fragte ich „Welcher Tag ist heute?“ und erntete dafür von Taniguchi und Kunosaki nur mitleidige Blicke. Wie es scheint haben wir wirklich den ersten September.

Nachdem die Cafeteria und das Buffet noch nicht geöffnet hatten, steuerte Haruhi für ihr Mittagessen das Restaurant außerhalb des Schulgeländes an. Der Clubraum war inzwischen von Koizumi und mir besetzt.

„Suzumiya-san ist der Maestro der Wiedergeburt. Ohne Zweifel war sie schon seit ihrer Kindheit bemerkenswert, so dass diese Sommerhausaufgaben für sie keinerlei Belastung darstellten. So eine außergewöhnliche Persönlichkeit würde nicht auf die Idee kommen sich die Arbeit mit ihren Freunden zu teilen, nachdem das aufgrund ihrer Fähigkeiten sie im Alleingang zu erledigen schlicht nicht notwendig ist.“

Nachdem ich Koizumis Erklärung gehört hatte, zog ich den zusammenklappbaren Stuhl zum Fenster hin. Wir befanden uns im Clubraum des Literaturclubs. Heute war Orientierungstag, also hätten wir unsere Sachen packen und abhauen können, aber ich hatte einfach das Bedürfnis einen Umweg über den Clubraum zu nehmen, nur um mich dabei schließlich in der Gesellschaft von Koizumi wiederzufinden. Das Bemerkenswerteste und gleichzeitig Furchterregendste war allerdings, dass Nagato nicht hier war. Auch wenn sie es nicht gezeigt hatte, die Sommerferien mussten extrem erschöpfend für sie gewesen sein.

Hinsichtlich der territorialen Kontrolle gab es bei den Zikaden einen Machtwechsel. Die Higurashi übernahmen die Führung über die braunen Zikaden. Der Sommer war vorbei, darin war ich mir sicher. Allerdings-

„Es ist wie ein Traum! Wir haben das Ende des Augusts fünfzehntausend… was-auch-immer Male erlebt.!

„Davon kann man ausgehen.“

Koizumi setzte sein strahlendes Lächeln auf und begann die Spielkarten zu mischen.

„Es gibt zwischen uns keine gemeinsame Erinnerungen für diese fünfzehntausendvierhundertsiebenundneunzig Wiederholungen. Sie existieren nicht auf der selben Zeitachse. Nur wir, die wir es in der fünfzehntausendvierhundertachtundneunzigsten Wiederholung überwunden haben sind in den Zeitstrom zurückgekehrt.“

Das mag schon sein, aber ich habe eindeutige Hinweise erhalten, wie das Gefühl der Vertrautheit, das mich so viele Male überkommen ist, insbesondere beim letzten Mal. Vielleicht waren das die Geschenke von „uns“ aus dem vorherigen Wiederholungen dieser Momente. Wäre es falsch zu sagen, dass es sich dabei um die Vergangenheit gehandelt hat? Sei es vorhin oder am Beginn, Zeit ist nur wie eine Tigerhaut, die immer mehr verschmilzt während sie sich im Kreis dreht.

Was solls, dank dem Ich aus den tausenden Wiederholungen ist mein aktuelles Ich wieder auf der richtigen Bahn. Wenn ich nicht so denken würde, wären tausende über tausende Sommertage, die wir Haruhi zu verdanken haben, einfach umsonst gewesen.

Nicht zu vergessen die achttausendsiebenhundertneunundsechzig Ichs die diesen „Reset“ mitbekommen haben.

„Lust auf eine Runde Poker?“

Koizumi begann die die Karten auszuteilen wie ein Amateurzauberer. Es würde nicht schaden ihn ein wenig zu unterhalten.

„Gut, worum spielen wir? Wenn es Geld ist, dann vergiss es.“

„Dann eben nicht um Geld.“

Ich gewinne immer nur dann, wenn gewinnen keine Bedeutung hat. Royal Flush! Das ist ja schon mal ein Anfang.


Im Hinterkopf schwor ich mir, dass sollte sich dieser Tag wiederholen, ich auf jeden Fall Geld setzen würde.

(Die endlose Acht)


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