Suzumiya Haruhi:Band5 Volltext

From Baka-Tsuki
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Dies sind die Farbillustrationen des fünften Bandes, geistiges und materielles Eigentum von Itou Noizi (いとうのいぢ).




Prolog - Sommer[edit]

Das sind die Ereignisse, die sich vor den Aufnahmen dieses bedauerlichen Films zutrugen, während der Sommerferien an meiner Highschool.

Erste einige Tage nach der Rückkehr von dieser Detektiv-Schmierenkomödie, die auf dieser einsamen Insel stattfand (der "gemeinsame SOS Brigade Sommer Ausflug") konnte ich einen Geschmack der Freude von Sommerferien erfahren.

Dieser sogenannte gemeinsame Ausflug war in Wirklichkeit nichts anderes als ein gewaltsames Kidnapping. Ursprünglich hatte ich noch gedacht, dass, nachdem die Sommerferien noch jung waren, es kein Problem sein sollte, die ersten Tage bis nach Mittag zu schlafen, doch diese ungeduldige und herzlose Präsidentin entschied, bereits am ersten Tag der Ferien loszufahren, was meinen makellosen Plan vereitelte. Dank dieser Frau blieben, als sich mein Körper wie in den vergangenen Jahren auf den "Sommermodus" eingestellt hatte, nur noch wenige Tage im Juli.

Es braucht nicht erwähnt zu werden, dass ich keinerlei Lust hatte, den Berg an Sommerhausaufgaben abzutragen, den ich aus der Schule mitgebracht hatte. Im August war schließlich immer noch Zeit dafür und so hing ich in den Juli über nur rum. Wer hätte ahnen können, dass ich, kaum dass der August begonnen hatte, meine energiegeladene, feurige kleine Schwester auf einen Landbesuch begleiten würde, um Cousins zu treffen, die wir seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatten, und zu Bergen, Flussläufen und Ebenen zu gehen und zwei Wochen mit Spielen zu verbringen? Wir spielten, bis wir umfielen. Ich werde das nur eingestehen, wenn jemand behauptet, ich hätte es kommen sehen müssen.

Naturgemäß verhielt ich mich hinsichtlich der Sommerhausaufgaben, mit denen ich nicht beginnen wollte, ähnlich wie Vögel, die gelernt haben, giftige Insekten zu meiden: Indem ich sie nicht einmal anfasste. Das Resultat war, dass nicht eine einzige Frage beantwortet war, während sich der Kalender mit Aufzeichnungen meiner Unternehmungen füllte. Bevor ich mich versah, war auch schon der halbe August vorbei.

"Es" schien...

... im Hintergrund aktiv geworden zu sein.




Die endlose Acht[edit]

Ich fühlte mich ziemlich seltsam.

Ein paar Tage nach dem O-bon-Fest überkam mich ein bizarres Gefühl.

Zu diesem Zeitpunkt saß ich gerade in meinem eigenen Wohnzimmer und schaltete immer wieder auf ein Baseballspiel der Mittelschule, das mich eigentlich nur wenig interessierte. Es war irgendwie auch meine eigene Schuld, wenn ich am Nachmittag hell wach war, ohne etwas zu tun zu haben. Doch selbst zu Tode gelangweilt fehlte mir die Kraft, mich dem Berg an Sommerhausaufgaben zu stellen, weshalb ich damit fortfuhr, auf dem Sofa herumzuhängen und die Zeit mit Fernsehen totzuschlagen.

Was gezeigt wurde war das Bezirksturnier, für dessen Teilnahme ich weder bestimmt noch qualifiziert war, aber eine gewisse Zuneigung zu den Außenseitern brachte mich dazu, das gerade mit einem Spielstand von 0 zu 7 verlierende Team anzufeuern. Aus heiterem Himmel überkam mich eine Vorahnung, ein Gefühl, dass Haruhi etwas vorhatte.

Ich hatte Haruhi seit Ewigkeiten nicht gesehen, da ich meine kleine Schwester aufs Land begleitet hatte (wo sich der Familiensitz meiner Mutter befindet), um den Sommer dort zu verbringen und den Ahnen die Ehre zu erweisen, und erst einen Tag zuvor erfolgreich zurückgekehrt war. Dieser Ausflug ist für unsere Familie jedes Jahr ein Pflichttermin. Außerdem hatten die Mitglieder der SOS Brigade wenig Gelegenheiten, einander zu sehen, was bedeutete, dass es zu erwarten gewesen war, Haruhi nicht zu sehen. Zusätzlich hatten wir an ersten Tag der Sommerferien ihre Durchlaucht voller Elan auf diese bizarre einsame Insel begleitet und damit schon vor langer Zeit diesen sonderbaren und übereilten gemeinsamen Sommerausflug hinter uns gelassen. Selbst wenn Haruhi etwas vorhätte, würde es keinen zweiten "Übernachtausflug" geben. Diese eine Erinnerung an den Sommer dieses Jahr sollte ihr genug zu genießen gegeben haben.

"Andererseits..."

Während ich so mit mir selbst sprach, ereignete sich aus ungeklärtem Grund ein Vorfall mit meinem stillen Handy. Plötzlich - sehr plötzlich - in exakt dem Moment, in dem sich mein Finger in das Halteband einhängte und es zu meinem Körper zog, so dass mir der Gedanke kam, jemand hätte vielleicht Mikrokameras in meinem Haus installiert.

Genau in diesem Augenblick, exakt auf die Sekunde, ertönte der Klingelton. Vielleicht habe ich die Macht, die Zukunft vorherzusagen! Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf und wurde augenblicklich durch mein ablehnendes Kopfschütteln wieder ausgelöscht - zu idiotisch.

"Was will sie?"

Die Nummer auf dem Handydisplay war die Handynummer von Suzumiya Haruhi.

Nachdem ich mein Handy dreimal hatte läuten lassen, drückte ich elegant die Annahmetaste. Da ich eine Vorstellung davon hatte, was Haruhi sagen würde, war ich von mir selbst ziemlich überrascht.

"Hast du heute Zeit?"

Das war der erste Satz, der von Haruhi kam.

"Um exakt zwei Uhr treffen wir uns alle vor dem Bahnhof, du musst auf jeden Fall kommen."

Direkt danach beendete sie die Verbindung. Es gab kein nebensächliches Geplauder oder Grüße an die Familie, nicht einmal eine Bestätigung, ob überhaupt ich es war, der am anderen Ende der Leitung zuhörte. Vor allem, wie konnte sie wissen, dass ich heute nichts zu tun hatte? Egal wie es aussieht, habe ich immer noch... ach, vergiss es, ich habe heute wirklich nichts zu tun.

Das Telefon klingelte erneut.

"Was?"

"Ich habe vergessen zu erwähnen, was du alles mitbringen sollst."

Daraufhin ging sie mit der Geschwindigkeit eines Maschinengewehrs die Liste durch.

"Denk außerdem daran, mit dem Fahrrad zu kommen und genug Geld mitzubringen, over~!"

Die Verbindung wurde beendet.

Ich warf das Handy beiseite und gab mich einigen tiefsinnigen Gedanken hin. Was ist eigentlich los? Warum habe ich nur dieses seltsame Gefühl, als wäre das alles ein Traum, der sich immer weiter hinzieht?

Ein schriller Pfeifton kam aus der Richtung des Fernsehers. Gerade als ich hinsah, erreichten die Punkte des gegnerischen Teams - gegnerisch zumindest in meinen Augen - den zweistelligen Bereich. Der Klang des Aufpralls eines Baseballs auf einen Aluminiumschläger bestätigte mir diesen Umstand schonungslos.

Der Sommer neigte sich dem Ende zu.

Der Chor aus Zikaden drang durch die Wände des Hauses, das mit eingeschalteter Klimaanlage fest verschlossen war.

"Sie ist einfach unmöglich."

Haruhi. Diese Frau... war dieser Ausflug auf diese abgedrehte Insel direkt am Anfang des Sommers nicht genug? Diesen Sommer ist es heiß wie die Hölle... was will sie nur? Ich wollte den klimatisierten Raum absolut nicht verlassen.

Allen Beschwerden zum Trotz begab ich mich folgsam zu meinem Schrank und suchte die von ihr verlangten Gegenstände heraus.


"Kyon, du bist echt lahm! Könntest du dich bitte etwas mehr anstrengen?"

Suzumiya Haruhi schleuderte eine Plastiktüte herum, während sie unzufrieden mit ihrem Zeigefinger auf mich deutete. Diese Frau war immer noch die alte.

"Mikuru, Yuki und Koizumi sind alle schon vor mir angekommen. Du jedoch lässt die Chefin auf dich warten... was bedeutet das? Du verdienst Bestrafung! Bestrafung"

Ich war die letzte Person, die an unserem Treffpunkt angekommen war. Ich war außerdem fünfzehn Minuten vor der verabredeten Zeit gekommen. Es scheint, dass alle schon im Voraus gewusst haben, dass Haruhi uns zusammenrufen würde, was dafür gesorgt hatte, dass das Treffen mit Lichtgeschwindigkeit zustandegekommen war. Dank dieser Gurus muss ich jedes Mal alle einladen. Ich habe mich daran gewöhnt und längst aufgegeben. Fakt ist, dass ich nichts als ein ordinärer Durchschnittsmensch bin, und vor diesen drei Individuen mit einzigartigen Hintergründen anzukommen, eine unmögliche Mission ist.

Ich schenkte Haruhi keine Aufmerksamkeit und wandte drehte mich unbeeindruckt um, um die anderen Mitglieder zu begrüßen.

"Entschuldigung, dass ich euch alle warten lassen habe."

Meine Begrüßung von Zwei der Gruppenmitglieder hatte wenig Bedeutung, aber dieses andere Individuum konnte ich auf keinen Fall ignorieren. Unter einem eleganten Hut mit Schleifen, schenkte mir Asahina Mikuru-san ein warmes Lächeln und nickte mir zu.

"Keine Sorge, ich bin auch gerade erst angekommen."

Asahina-sans Hände umklammerten einen Korb. Dessen Inneres schien mit Dingen gefüllt zu sein, die Erwartungen aufkommen ließen, was mich neugierig auf sie machte. Ich hatte wirklich gehofft, auf ewig an dieser angenehmen Atmosphäre teilhaben zu können, doch ein Dämon musste auftauchen und alles verderben.

"Lange nicht gesehen. Warst du seit unserem letzten Treffen verreist?"

Koizumi Itsuki gab seine gleißenden weißen Zähne preis und zeigte mir seinen erhobenen Daumen. Sogar jetzt, wo die Sommerferien fast vorbei waren, erweckte sein lächelndes Gesicht den Eindruck, als führe er heimlich etwas im Schilde. Warum konntest nicht du verreisen? Warum eilst du sofort zu Haruhi sobald sie nach dir ruft? Das und der Umstand, dass du so früh hier warst, macht dich nur umso verdächtiger, je länger ich darüber nachdenke... würde es dich umbringen, einmal 'Nein' zu dieser Frau zu sagen?!

Mein Blick wanderte über die Fassade dieses strahlenden Heuchlers hinaus und verschob sich in der Horizontalen. Im Hintergrund stehend befand sich das anorganische Antlitz der emotionslosen Nagato, die eher wie Koizumis Schatten wirkte. Diese Präsenz, die dort gekleidet in ihre Sommeruniform und ohne einen einzigen Schweißtropfen völlig aufrecht dastand, war jemand, den ich einfach nicht besser verstehen konnte. Ich begann zu vermuten, dass sie gar keine Schweißdrüsen besitzt.

"..."

Nagato hob ihren Kopf, sah mich an, als ob sie eine bewegungslose Spielzeugmaus betrachten würde, und nickte leicht. Vielleicht das eine Begrüßung für mich.

"Alle sind hier, also lasst uns gehen!"

Aus Pflichtgefühl fragte ich nach Haruhis Erklärung:

"Wohin?"

"Wohin sonst als ins städtische Schwimmbad?"

Ich warf einen Blick auf das, was ich in meiner rechten Hand hielt: ein Sportrucksack mit einem Handtuch und meinen Badesachen darin. Naja, ich hatte irgendwie geahnt, dass wir ins Schwimmbad gehen würden.

"Ein Sommer soll wie ein Sommer sein, und wir sollten Sommeraktivitäten unternehmen. Nur ein Pinguin oder ein Schwan würde mitten im Winter ins Wasser springen."

Diese Beispiele deuteten eher auf Gewohnheit als auf eine Erholungsmaßnahme hin. Ich bin keiner dieser Leute, die du mit ein paar unpassenden Beispielen, was Tiere tun, abwiegeln kannst.

"Die Zeit verrinnt, also müssen wir sofort handeln wenn uns etwas in den Sinn kommt! Das sind die einzigen Frischlinge an der North High Sommerferien unseres Lebens!"

Wie üblich schien Haruhi nicht vorzuhaben, auf die Vorschläge von anderen zu hören. Um die Wahrheit zu sagen, machten sich die anderen Brigademitglieder erst gar nicht die Mühe, Haruhi irgendwelche Vorschläge zu machen, daher waren die einzigen Ideen, die bei ihr zu dem einen Ohr rein- und zum anderen wieder rausgingen, meine. Rational gesagt war Haruhi etwas unvernünftig... aber als Einziger in der Brigade mit gesundem Menschenverstand war mein Schicksal besiegelt. Was für ein verfluchtes Schicksal...

Während ich noch die Unterschiede zwischen Schicksal und Bestimmung analytisierte -

"Jetzt lasst uns auf den Fahrrädern zum Schwimmbad fahren!"

Haruhis königlicher Erlass war verkündet. Selbst ohne Zustimmung würde der Auftrag gewaltsam durchgesetzt werden.

Nachdem ich gefragt hatte, fand ich heraus, dass sogar Koizumi beauftragt worden war, mit dem Fahrrad zu kommen. Das Damentrio war zu Fuß gekommen. Es bleibt zu erwähnen, dass es nur zwei Fahrräder aber fünf Personen waren. Was hatte sich diese Frau nur dabei gedacht?

Haruhi erklärte in fröhlichem Tonfall:

"Ladet einfach zwei Leute auf das eine Fahrrad auf und drei auf das andere und voila, Problem gelöst. Koizumi-kun, du übernimmst Mikuru-chan. Kyon soll Yuki und mich mitnehmen."

Und so trat ich in die Pedale und war bald dem Tode nahe. Die brennende Hitze, die mich wie ein Schwein schwitzen ließ, konnte ich ja noch ertragen, aber dieses Geschrei, das wie die Störungsgeräusche eines kaputten Lautsprechers klang, lief in einer Endlosschleife hinter meinem Kopf und trieb mich in den Wahnsinn:

"Kyon! Siehst du das? Koizumi-kun hat dich überholt! Tritt fester in die Pedale und schließ zu ihm auf!"

Mein Schweiß trübte meine Sicht. Ich konnte nur schemenhaft Asahina-san wahrnehmen, die seitlich auf dem Gepäcksträger von Koizumis Fahrrad saß, während er mir schüchtern zuwinkte. Warum befördert Koizumi die Schöne und ich das Biest? Ich möchte fast zu dem Schluss kommen, dass "unfair" ein Wort ist, dass aus meiner gegenwärtigen Situation hervorgegangen ist!

Sowohl meine Beine, als auch mein Fahrrad kämpften damit, dem erdrückenden Übergewicht standzuhalten. Nagato saß auf dem Gepäcksträger, während die Person die auf den hinteren Fußablagen stand und sich an meinen Schultern festhielt, Haruhi war. Es sah eher wie ein Dreipersonen-Fahrradtrick aus. Bereitet sich die SOS Brigade jetzt auch schon darauf vor, ein Zirkus zu werden?

Ach ja, bevor wir uns auf den Weg machten, hatte Haruhi dies gesagt:

"Yuki ist zierlich, sie ist nur ein Fliegengewicht."

Dieser Satz ergab Sinn. Ich habe keine Ahnung, ob Nagato ihr Gewicht auf Null setzt oder sich der Antigravitation bediente, aber ich kann sagen, dass es sich so anfühlte, als würde ich nur Suzumiya Haruhi mitschleppen. Seufz, ich wäre nicht einmal schockiert, wenn Nagato tatsächlich die Schwerkraft beeinflussen könnte. Ich möchte lieber herausfinden, wozu sie nicht in der Lage ist.

Wenn sie allerdings etwas wegen Haruhis Gewicht unternehmen könnte, wäre das großartig, da mein Rücken und meine Schultern deutlich die erdrückende Kraft dieser Frau zu spüren bekommen.

Koizumi, einen Blick zurückwerfend indem er an Asahina-sans Kopf vorbeisah, entblößte sein verhasstes Mona Lisa Lächeln, das mich die Ungerechtigkeit dieser Welt begrüßen und mich Witze zu mir selbst machen ließ, wie es einst schon Balzac getan hatte: Verdammt! Auf dem Rückweg werde ich definitiv um die Chance kämpfen, Asahina-san befördern und den Geschmack des zweisamen Fahrradfahrens kosten zu dürfen. Ich nahm ohne Zweifel an, dass auch mein Damenfahrrad meine Sicht teilte.


Die Ausstattung des öffentlichen Schwimmbades war sehr dürftig. Es wäre passender gewesen, seinen Namen zu "Das Ghetto Schwimmbad" zu ändern. Der Grund dafür war, dass diese Anlage nur über ein Fünfzigmeterbecken und ein fünfzehn Zentimeter tiefes Wasserloch für Kleinkinder verfügte.

Die einzigen High School Schüler, die zu so einem Schwimmbad kamen, waren die, die sich zu Tode langweilten, so wie wir. Ansonsten waren nur kleine Kinder mit ihren Eltern - hauptsächlich Mütter - da. Ich verlor das Interesse in dem Augenblick, in dem ich sah, dass nur Bälger in ihren Schwimmreifen im Wasser waren. Sieht so aus als wäre die einzige verbliebene optische Stimulanz für meine Sehnerven Asahina-san...

"Hmm, der Gestank dieses Desinfektionsmittels ist wirklich übel."

In der Sonne stehend schnüffelte Haruhi, die in einen dunkelroten Tankini gekleidet war, ununterbrochen mit geschlossenen Augen in der Luft herum. Mit Asahina-san an der Hand trat sie aus der Umkleidekabine heraus. Asahina-san, die in der anderen Hand einen Korb hielt, war mit einem Badeanzug, der mit seinen Rüschen Ähnlichkeit mit Badekleidung für Kinder hatte, bekleidet, und Nagato trug einen einfachen rüschenlosen Wettkampfbadeanzug. Beide Anzüge schienen von Haruhi handverlesen zu sein, die zwar ihrer eigenen Aufmachung wenig Aufmerksamkeit schenkte, jedoch peinlich genau war, wenn es um die Mode anderer Leute(besonders Asahina-sans) ging.

"Springt ins Wasser sobald ihr einen Platz gefunden habt, wo ihr eure Sachen ablegen können. Wir werden einen Wettkampf abhalten! Wettkampf! Um zu sehen, wer am schnellsten zum anderen Ende des Beckens schwimmen kann."

Ich zuckte mit meinen Schultern und machte mich (nachdem ich einen kurzen Blick mit Asahina-san ausgetauscht hatte) in den Schatten auf, um das Handtuch auszubreiten und die Taschen abzustellen.


Die Bälger im Becken trieben über die Oberfläche wie abnorme Wasserläufer und machten es einem unmöglich, in einer geraden Bahn durchzuschwimmen. Das Ergebnis dieses Fünfzigmeter Freistil-Rennens der Brigademitglieder in dieser brutalen Umgebung war ein wenig überraschender Sieg von Nagato.

Dieses Mädchen, das nie Luft zu holen schien, tauchte sofort in das Becken und arbeitete sich dort kontinuierlich voran. Sie ließ die Wassertropfen frei von ihrem an den Wangen klebenden Haar fallen, während sie geduldig am anderen Ende auf unsere Ankunft wartete. Wie erwartet war Asahina-san mit Abstand die Letzte. Sie musste stehenbleiben, um Luft zu holen, und warf den Wasserball, der zu ihr getrieben war, zurück, was dazu führte, dass sie zehnmal so lange brauchte, um die andere Seite zu erreichen, wie Nagato. Als sie schließlich ankam, war sie völlig außer Atem.

"Es ist eine absolute Lüge, dass Sport den Stress reduziert! Der Körper ist der Körper, das Gehirn ist das Gehirn. Der Körper kann sich bewegen ohne nachzudenken, während das Gehirn nicht arbeiten kann, ohne zu denken."

Haruhi zeigte einen Gesichtsausdruck auf, als ob sie recht hätte, und fuhr fort:

"Deshalb lasst es uns noch einmal tun. Yuki, diesmal werde ich nicht gegen dich verlieren!"

Hat dir denn nie jemand beigebracht, dass du "deshalb", eine Konjunktion, nicht in diesem Zusammenhang verwenden kannst? Was soll dieser Blödsinn? Du bist nur eine schlechte Verliererin, die versucht, zumindest in der Verlängerung einmal zu gewinnen.

Deshalb, erwartete ich unruhig, dass Nagato die gespannte Atmosphäre erkennen und aus dem Becken steigen würde. Ich lass es euch alle untereinander austragen, während ich als Zuschauer danebenstehe. Ich wette auf Nagato, wer will auf Haruhi setzen?

Haruhi und Nagato schwammen fünfmal durch das Becken und zurück. Danach änderte sich die Situation dahingehend, dass das Damentrio der SOS Brigade mit den Grundschulkindern Ball spielte. Koizumi und ich, unfähig uns einzumischen, beschlossen, dass wir genausogut danebensitzen und ihnen beim Spielen zuschauen konnten, da es ansonsten nicht viel zu sehen gab.

"Sie spielen sich die Seele aus dem Leib."

Koizumi beobachtete sie.

"Man fühlt sich wie in Eden, alles ist in Ordnung mit der Welt. Glaubst du nicht auch, dass Suzumiya-san gelernt hat, sich mit konventionelleren Zeitvertreiben zu unterhalten?"

Es klingt als würde er mit mir reden, also sollte ich ihm wohl besser antworten.

"Sie ruft aus heiterem Himmel an und legt auf, sobald sie alles auf einmal von sich gegeben hat; welcher Teil dieser Art einer Einladung ist normal?"

"Gibt es nicht ein Sprichwort, dass es besser ist, heute als morgen zu handeln?"

"Die Frage ist allerdings, warum das 'heute' das diese Frau ausgewählt hat, nie die beste Zeit dafür war."

Das Baseballturnier und diese lächerlich große Grille erschienen vor meinem geistigen Auge.

Koizumi fuhr mit einem Lächeln fort:

"Das ist wahr, aber ich würde denken, dass das hier ziemlich friedlich ist. Wenn man Suzumiya-san so herzhaft lachen sieht, sollte man sagen, dass keine weltverändernden Ereignisse ausgelöst werden."

Ich wünschte, es wäre so.

Ich atmete bewusst tief durch und fügte am Ende ein kaltes Seufzen hinzu.

Just in diesem Moment erschien auf Koizumis Gesicht ein eigenartiger Ausdruck. Es war ein Gesichtsausdruck, mit dem ich vertraut war. Also abgesehen von einem Grinsen.

"Hmm?"

Koizumis Augenbrauen zogen sich plötzlich zusammen.

"Was ist?" fragte ich.

"Nichts..."

Der normalerweise wortgewandte Koizumi wirkte, als hätte er einen Knoten in der Zunge und sah aus, als ob er etwas zu sageb hätte... aber sein Lächeln kehrte recht schnell auf sein Gesicht zurück.

"Ich mache mir wahrscheinlich zuviele Sorgen. Wir haben uns seit dem Frühling einer Welle von ereignissen nach der anderen gegenübergesehen, wodurch ich leicht schizophren geworden bin. Ah! Sie sind hochgekommen."

Ich sah in die Richtung, in die Koizumi deutete. Haruhi kam in einer Gangart wie ein Königspinguin, der losgeht, um seine Kinder zu füttern, näher, mit einem Grinsen auf ihrem ganzen Gesicht. Asahina-san und Nagato folgten ihr, als ob sie einer entflohenen Prinzessin auf den Fersen wären.

"Es ist Zeit zu essen. Das Tagesmenü sind Asahina-sans handgemachte Sandwiches. Der Straßenpreis läge bei nicht weniger als fünftausend Yen. Wenn man sie online versteigern würde, wäre es keine Überraschung, fünfhunderttausend Yen einzufahren. Ihr solltet mir ernsthaft dafür danken, dass ich euch sowas Großartiges essen lasse."

"Vielen Dank",

sagte ich von ganzem Herzen, allerdings zu Asahina-san.

Koizumi tat es mir gleich.

"Wir sind vom Glück äußerst verwöhnt."

"Nein, nein, das ist doch nichts."

Asahina-san senkte ihren Kopf, während sie mit ihren Fingern herumspielte.

"Ich weiß nicht, wie sie geworden sind... Seid nicht zu überrascht, wenn sie schlecht schmecken."

Es wäre unmöglich, dass diese Sandwiches schlecht schmecken. Jedes Essen, das sorgfältig von Asahina-sans goldenen Händen hergerichtet wurde, ganz gleich wann und wo es gemacht wurde und was die Zutaten waren, ist eine Delikatesse in der Welt der Sterblichen. Letztendlich geht es an diesem Punkte auf "Wer hat’s gemacht" von den 6 Ws (was, wer, wann, warum, wo, wie) zurück.

Aus diesem Grund war meine Rührung nicht in Worte zu fassen, als ich Asahina-sans handgemachte Club-Sandwiches genießen durfte, so dass ich noch nicht einmal feststellen konnte, ob sie schlecht schmeckten oder nicht. Grundsätzlich ist alles, was sie macht, gut. Daher war auch der warme japanische Tee, den sie aus ihrer Thermoskanne ausschenkte, obwohl er nicht gut zu den Sandwiches passte, wahrhaft himmlisch. Selbst die süßen Tautropfen von ihrem Körper sorgten dafür, dass ich mich erfrischt fühlte.

Haruhi vertilgte ihren Anteil innerhalb eines Moments, als hätte sie Angst, sonst ihre angesammelte Körperwärme zu verlieren.

"Ich gehe eine Runde schwimmen. Kommt nach wenn ihr alle fertig seid."

Nach dieser Anweisung sprang sie unverzüglich zurück ins Schwimmbecken.

Diese Frau war bemerkenswert. Sie bewegte sich als ob niemand dawäre, obwohl in Wirklichkeit in jeder Ecke Hindernisse waren. So wie das aussieht, scheint die Theorie, dass die menschliche Evolution ihren Ausgang im Wasser genommen hat, nicht von der Hand zu weisen zu sein. Ich glaube, dass Haruhis Vorfahren, selbst wenn mit nichts als ihren Kleidern am Leib auf die Mondoberfläche geworfen würden, irgendwie überleben würden.

Später bewegten wir uns mit Ausnahme von Nagato, die auf ordentliche Weise aß, zu Haruhi hin, als wären wir Seehunde, die Kameraden suchten. Diesmal spielten Haruhi und die Grundschulmädchen zusammen Wasservolleyball.

"Mikuru-chan! Beeil dich und komm her!"

"Ja."

Sekunden nachdem sie mit dem Kopf genickt hatte, wurde Asahina-san von Haruhis rasendem Volleyball mit der Wucht von Stahl getroffen und versank im Wasser.


Koizumi und ich tauchten erst nach einer Stunde wieder aus dem Schwimmbecken und legten uns an den Beckenrand, erledigt vom lebhaften Geschrei der Kinder.

Egal wie ich es betrachte, wir passen einfach nicht hierher. Was denkt sich Haruhi nur, von allen möglichen Plätzen dieses öffentliche Schwimmbad auszusuchen, das praktisch keine Annehmlichkeiten hat? Ich verlange ja keine Wasserrutschen, aber es sollte doch geeignetere Anlagen geben, zu denen wir gehen können.

Ich weiß, dass die Haut unter der prallen Sonne schnell Melanin ansammelt; in dem Moment als ich darüber nachdachte, ob Nagato nach einem Platz zum Sonnenbaden suchte, sah ich dieses kleine, stille Mädchen mit kurzen Haaren, völlig regungslos im Schatten bei unsere Sachen sitzen, wo sie mit ihren scharfen Augen in den Himmel starrte.

Es war ein Bild, das immer gleich zu bleiben schien: Der Anblick von Nagato, die still wie eine Puppe dasaß, unabhängig davon, wo sie sich gerade befand.

"Hmm?"

Ein leichtes Gefühl von Verwirrung überkam mein Herz und verschwand augenblicklich wieder. Dieses bizarre Gefühl war zurückgekehrt. Nur für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, als würde Nagato sich langweilen, und hatte dabei ein Déjà-vu. Darüberhinaus schien ich mit dem, was als nächstes kommen würde, vertraut zu sein. Oh ja, Haruhi wird etwas sagen in der Richtung von-

"Diese beiden sind Mitglieder meiner Brigade. Wenn ich sage Osten, dann wagen sie es nicht, Westen zu sagen. Kommt also zu ihnen, wenn irgendetwas los ist."

Ich sah wieder zum Schwimmbecken um zu bemerken, dass Haruhi mit einer Horde kleiner Mädchen vor uns erschienen war,

Asahina-san ließ ihr Kinn auf der Wasseroberfläche treiben und schloss ihre Augen, vielleicht war sie erschöpft von der ganzen Spielerei mit den hyperaktiven Grundschulkindern. Die vor Energie überschäumende Haruhi, die noch sorgloser als die kleinen Kinder war, blickte zu den glimmenden Sternen und sagte zu Koizumi und mir:

"Macht mit! Wir wollen Wasserpolo spielen und brauchen zwei Leute als Torhüter."

Gerade als ich daran dachte, nachzufragen, wie das Spiel ginge und wie die Regeln lauteten, wich mein Gefühl von Vertrautheit.

"... Ähm."

Ich gab eine halbherzige Antwort und stand auf. Koizumi schloss sich den Kindern mit einem Lächeln auf dem Gesicht an.

Das Gefühl der Vertrautheit war restlos verschwunden.

Ähm, vergiss es. Sowas passiert. Ich habe oft das Gefühl, als ob ich bestimmte Traumszzenen schon in Wirklichkeit gesehen, und zudem war ich schon als Kind in diesem Schwimmbad gewesen. Es war möglich, dass sich meine damaligen erinnerungen mit der Gegenwart überlagerten. Ansonsten würde das darauf hindeuten, dass das Datenübertragungsprogramm meines Gehirns einen kleinen Fehler hatte.

Ich stieß einen delphinförmigen Schwimmreifen beiseite, als ich dem Strandball, der von einem Volltreffer weggeflogen war, hinterhereilte.


Wir verließen das öffentliche Schwimmbad erst, als wir todmüde waren. Selbst auf dem Rückweg musste ich den Dreisitzer-Trick wiederholen, während Koizumi seine Zwillingsgeschichte der Jugend fortsetzte. Das lässt einem unzweifelhaft das Herz ohne Ende zittern.

Asahina-san saß mit der Eleganz einer Lady auf dem Gepäckträger, wobei ihre weiße Haut die Rötung ihres Gesichts noch betonte. Mein junges Herz raste nur noch mehr, als sie einen ihrer Arme um die Hüfte des Fahrers schlang. Hätte ich meine Ohren daran gelegt, hätte ich vielleicht das Heulen des Windes der durch die öden Ebenen fegt und den Himmel durchschneidet, vernommen.

Haruhis Anweisungen folgend wandte ich mich mit meinem Fahrrad links und rechts, bis wir wieder an dem Bahnhof landeten, an dem wir uns getroffen hatten.

Ahh, ich verstehe. Ich muss alle aus eigener Tasche einladen.

Sobald wir Plätze im Cafe gefunden hatten, legte ich ein kleines kaltes Handtuch auf meinen Kopf und brach auf meinem Stuhl zusammen. In der Zwischenzeit-

"Ich habe mich für einen Plan für unsere nächsten Aktivitäten entschieden, also lasst uns einen Blick darauf werfen."

Haruhi platzierte sorgfältig ein Blatt Papier auf dem Tisch und deutete für uns mit ihrem Zeigefinger darauf. Es war ein A4 Zettel, der aus einem Notizbuch herausgerissen worden war.

"Für was ist das?"

Haruhi antwortete etwas stolz:

"Das ist ein Plan für die Aktivitäten während der restlichen Sommertage."

"Wessen Plan?"

"Unserer, es ist die spezielle SOS Brigade Sommeraktivitäten Version!"

Haruhi leerte ihr kaltes Getränk in einem Zug und fuhr fort, nachdem sie ein neues bestellt hatte:

"Mir ist plötzlich klargeworden, dass nur noch zwei Wochen übrig sind, bevor der Sommer endet, was mir doch einen Schock versetzt hat. Das ist schrecklich! Es gibt noch so viele Dinge, die hätten getan werden sollen und wir haben jetzt nur noch so wenig Zeit. Daher müssen wir es unverzüglich nachholen."


Die folgenden Textzeilen waren auf Haruhis handgeschriebener Vorlage zu lesen:


Zu absolvierende Unternehmungen in den Sommerferien:

▪ gemeinsamer Sommerausflug

▪ Schwimmbad

▪ O-bon

▪ Feuerwerk

▪ Teilzeitjob

▪ Sternschauen

▪ Schießtraining

▪ Käferjagd

▪ Mutprobe

▪ Andere


Sommerfieber.

Höchstwahrscheinlich breitete sich irgendeine tropische Krankheit aus einem noch unbekannten Dschungel aus und hatte begonnen durch Überträger wie Moskitos Menschen zu infizieren. Mir tat der "Überträger", der Haruhi gebissen hatte, einigermaßen leid. Vielleicht war er an Lebensmittelvergiftung gestorben.

Der Sommerausflug und das Schwimmbad waren auf der Liste bereits durchgestrichen worden, wahrscheinlich weil sie schon längst erledigt waren.

Natürlich bedeutete das auch, dass Suzumiya Haruhi jede einzelne dieser Aktivitäten in zwei Wochen durchführen würde. Dann war da noch den Punkt "Andere". Ich frage mich, ob das heißt, dass Haruhi noch weitere Dinge geplant hat.

"Das ist alles, was mir eingefallen ist. Wenn mir noch etwas einfällt, werde ich es hinzufügen. Mikuru-chan, gibt es irgendetwas, das du tun möchtest?"

"Ähm..."

Ich sah Asahina-san an, die tief in Gedanken versunken war, und versuchte ihr zu bedeuten, dass sie passen sollte. Bitte lass dir nichts Extremes einfallen.

"Ich würde gern Goldfische fangen."

"OK!"

Haruhi zog ihren Stift hervor und fügte es der Liste hinzu.

Danach fragte sie sowohl Koizumi als auch Nagato nach weiteren Vorschlägen. Nagato schüttelte leicht ihren Kopf, während Koizumi lächelnd ablehnte. Sie haben sich richtig entschieden.

"Entschuldigung, dürfte ich einen kurzen Blick darauf werfen?"

Koizumi leerte schnell den Rest seines Eiskaffee au laits und studierte sorgfältig die Liste. Er schien über etwas nachzudenken, aber etwas verwirrt zu sein... ich frage mich, worüber er nachdenkt.

Nagato nippte eine Weile durch ihren Strohhalm an der Cola -

"Danke."

Koizumi legte den sogenannten Plan zurück auf den Tisch und ließ seine Gedanken wandern. Was hat er nur vor?

"Morgen fangen wir an. Lasst uns uns vor dem Bahnhof treffen! Weiß einer, wo in der Nähe ein O-bon Festival stattfinden wird? Ein Feuerwerksfest ist auch in Ordnung."

Könntest du nicht zumindest ein paar Nachforschungen anstellen bevor du loslegst?

"Ich werde das überprüfen."

Typisch für Koizumi hinter ihr herzuräumen.

"Ich werde Suzumiya-san kontaktieren sobald ich die Information erhalten habe. Im Moment suchen wir nach O-bon und Feuerwerks Veranstaltungsorten, richtig?"

"Vergiss nicht das Goldfischfangen, Koizumi-kun. Schließlich ist das Mikuru-chans einziger Wunsch."

"Dann werde ich tun, was ich kann, um einen Ort zu finden, wo ein O-bon und Sommerfest zusammen abgehalten werden".

"Ähm, tu das bitte. Ich überlasse das dir, Koizumi-kun."


Haruhi vertilgte das Eis, das in ihrer Tasse Eistee schwamm und faltete ihren Plan sorgfältig zusammen, als wäre er eine Art Schatzkarte.

Als ich gerade die Rechnung bezahlte, stürmte Haruhi aus dem Geschäft als wäre sie ein Marathonläufer kurz vor dem Wettkampf. Vielleicht sammelte sie nur Energie und wartete auf morgen, um sie einsetzen zu können. Ich hoffte, dass sie sie auf einmal aufbrauchen und nichts übrigbehalten würde, was uns den Ärger ersparen würde, hinterher aufzuräumen.

Die vier Mitglieder entließen sich selbst und als alle begannen, sich zu trennen, rief ich nach dem schattenartigen von ihnen.

"Nagato."

Der organische intelligente Android, gekleidet in eine Sommer-Matrosenuniform, drehte sich um, um auf meinen Ruf zu reagieren.

"..."

Sie blickte mich emotionslos an. Man konnte von ihren geweiteten, anorganischen Pupillen in ihrem weißen Gesicht nicht sagen, ob sie widersprach oder zustimmte.

Irgendwas war daran seltsam. Obwohl Nagato schon immer emotionslos gewesen war, fühlte ich trotzdem, dass heute irgendetwas an Nagato seltsam war, aber ich nicht genau sagen, was es war.

"Ach nichts..."

Es war ziemlich peinlich, sie zuerst zu rufen und dann zu realisieren, dass ich ihr eigentlich nichts zu sagen hatte.

"Es ist nichts. Wie geht’s dir dich in letzter Zeit? Ist alles in Ordnung?"

Mir fiel wirklich nichts ein, was ich sagen konnte, also blieb mir nichts als ein wenig Smalltalk, um das Eis zu brechen.

Nagatos Augen blinzelten, und leicht, so leicht, dass man einen Winkelmesser gebraucht hätte, um den Winkel zu messen, nickte sie.

"Mir geht es gut."

"Das ist gut."

"Wirklich."

Ihr Gesicht, das ohnehin mit wenigen Emotionen ausgestattet zu sein schien, wirkte irgendwie härter... Nein, im Gegenteil, es schien weicher geworden zu sein. Woher kamen diese widersprüchlichen Gedanken? Ich kapier's nicht. Ist vielleicht die menschliche Wahrnehmung einfach so schlecht? Es ist wohl am besten, es einfach zu übergehen.

Letztendlich brachte ich, da mir nichts einfiel, was ich sagen konnte, ein paar Abschiedsworte heraus und verschwand, als würde ich vor Nagato davonlaufen.

Ich hatte das Gefühl, dass es so möglicherweise am besten war. Ich fuhr mit meinem Fahrrad heim, sprang unter die Dusche, sobald ich mit dem Essen fertig war, schaltete den Fernseher ein, nachdem ich im Bad fertig war und schlief beim Fernsehen ein.

Haruhis Anruf riss mich am nächsten Morgen erneut aus meinem Erschöpfungsschlaf.

Der O-bon Veranstaltungsort war gefunden worden. Es sollte heute Abend stattfinden und zwar im Gemeindestadion in der Stadt... laut ihr.

Wie konnte das nur alles so passend ergeben? Als ich gerade erstaunt war, wie alles zusammenpasste, fuhr Haruhi fort:

"Wir gehen gemeinsam Yukatas kaufen."

Klingt, als wäre es Zeit für den Frühsport.

"Eigentlich wollte ich, dass alle sie an Tanabata tragen, aber ich habe es vergessen. Ich weiß wirklich nicht was mit mir los war. Glücklicherweise rettet mich der Umstand, dass es in Japan Tradition ist, Yukatas zwei Monate lang zu tragen."

Wer ist gerettet?

Nur um es zu erwähnen, es war gerade morgen. Ich hatte angenommen, dass es in Ordnung wäre, sich bei Sonnenuntergang zu treffen, aber Haruhi hatte mich nur dafür so früh aufgeweckt. Und so begaben sich, genau wie am Tag zuvor, die majestätische Haruhi, die bedauernswerte Asahina-san, die stille Nagato und der frohgelaunte Koizumi alle zum alten Treffpunkt beim Bahnhof.

"Sowohl Mikuru-chan als auch Yuki haben keine Yukatas, während ich meinen vergessen habe. Auf dem Weg durch das Einkaufsviertel habe ich ein Geschäft gesehen, das sie als Komplettset mit Pantoffeln anbieten, daher werden wir dort später einfach hingehen und sie besorgen."

Ich sah Asahina-san und Nagato an und fragte mich, wie sie wohl in Yukatas aussehen würden.

Seufz, es ist Sommer.

Für Koizumi und mich würde Alltagskleidung reichen. Wir sind Männer; einen Yukata zu tragen, wenn wir im Hotel sind, weil es sich so gehört, reicht. Außerdem sind Männer in ihnen ohnehin nicht allzu attraktiv.

"Ja, Koizumi-kun würde ein Yukata gut stehen, aber dir..."

Haruhi musterte mich von Kopf bis Fuß mit einer Grimasse auf ihrem Gesicht.

"In Ordnung, los geht’s."

Anschließend scheuchte sie uns mit ihrem selbstgemachten Brigadefächer herum.

"Ziel: Das Yukata Geschäft!"


Haruhi stürmte mit dem Kopf voran in das Geschäft, wählte zielstrebig die Muster für Asahina-san und Nagato aus, und stürmte dann in den Umkleideraum.

Die Mädchen hatten (abgesehen von Nagato) keine Ahnung, wie man die Yukatas anzieht, daher baten sie die Verkäuferin um Hilfe, was eine Menge Zeit kostete. Koizumi und ich hingen lange vor dem Schaufenster, das mit Frauenkleidung gefüllt war, herum, bis das Trio schließlich vor dem Ankleidespiegel auftauchte.

Haruhis Yukatamuster bestand aus grazilen Fuso-Blüten (Roseneibisch). Asahina-san schmückten Goldfische in allen Farben, während Nagatos schlichte geometrische Muster darstellte. Ich wusste nicht, wen ich zuerst betrachten sollte, da jede der drei auf andere Art bezauberte.

Die Verkäufer warfen Blicke auf mich und Koizumi, und fragten sich wahrscheinlich "Wer ist wohl der Freund von welcher der drei Damen?" Es war eine Schande, dass es keine war. Koizumi vorerst beiseite lassend, war ich nur ein Mitläufer. Vermutlich hätte ich in diesem Moment etwas Bedauern darüber empfinden sollen.

Aber was soll's. Solange ich die Yukata-Version von Asahina-san sehen kann, bedaure ich mein Leben lang nichts mehr. Haruhis und Nagatos stand ihre Aufmachung und hatten ein gewisses Flair, aber es würde ihnen nicht gerecht werden, wenn ich versuchen würde, ihr Aussehen zu beschreiben.

"Mikuru-chan, du..."

Haruhis Freude über den Anblick der Yukata-Version von Asahina-san stand meiner in Nichts nach.

"Du siehst sooo süß aus. Ich bin von mir selbst beeindruckt, dass ich so ein Auge für Mode habe. Du in einem Yukata kannst 95% aller Männer um den Verstand bringen!"

Und was ist mit den restlichen 5%?

"Weil ein echter SCHWULER nicht überwältigt werden wird, egal wie süß ein Mädchen ist. Bitte denk daran: Von hundert Männern sind 5 schwul."

Ich sehe keinen Sinn darin, das im Gedächtnis zu behalten.

Asahina-san schien ihre eigene Niedlichkeit nicht zu bestreiten, da sie sich vor dem Spiegel hin- und herdrehte, um ihre eigene Kleidung zu beurteilen.

"Also das ist die traditionelle Tracht dieses Landes. Obwohl es an der Brust etwas eng ist, sieht es ziemlich gut aus..."

Das war das formellste und gleichzeitig passendste von all den Kostümen, in die Haruhi Asahina-san bisher gesteckt hatte. Es war weder auch nur annähernd so freizügig wie das Bunny-Kostüm, noch so provokativ wie die Dienstmädchen-Uniform, sondern es war ein normales Kleidungsstück, passend zur Jahreszeit, ein Symbol des Sommers, über das niemand lachen würde. Es passte perfekt zu ihr. Ich hatte das Gefühl, als würde ich auf meine Schwester in einem Yukata blicken, abgesehen von der übermäßigen Oberweite. Aber es ist in Ordnung, solange es süß ist. Asahina-san strahlte ein heiliges Leuchten aus, das in der Lage schien, sämtliche Sünden dieser Welt zu reinigen. Ich würde zu ihr halten, selbst wenn sie der Drahtzieher hinter einem Bankraub wäre; wohingegen ich mir bei Haruhi da nicht so sicher wäre...


Dadurch, dass Haruhi uns so früh zusammengerufen hatte (diese Frau hatte keinerlei Begabung hinsichtlich Zeitmanagement), hatten wir noch jede Menge Zeit, bevor das Fest beginnen würde. So endete es damit, dass wir die Zeit totschlugen, indem wir im Park vor dem Bahnhof herumstanden. Haruhi "half" dabei, Nagatos und Asahina-sans Haare zu richten. Die laufend wechselnden Frisuren der beiden Mädchen, die still wie Marionetten auf dasaßen, waren so ehrfurchtgebietend, dass ich am liebsten mit einer Kamera fortlaufend Fotos als Erinnerungsstücke geschossen hätte. Erst bei Sonnenuntergang begaben wir uns dann zum Stadion.

Der Veranstaltungsort des O-bon-Festes, auf dem es schon vor Sonnenuntergang geschäftig zugegangen war, wurde plötzlich von allen Seiten von Menschen überströmt, die wellenartig aus dem Nichts erschienen. Es ist unglaublich wie sich eine solche Menschenmenge ansammeln kann.

"Waa!"

rief Asahina-san ohne Zurückhaltung aus.

"..."

Nagato blieb gegenüber dem Ereignis emotionslos.

Das Gefühl kehrte wieder zurück, aber ich hatte noch nicht viele dieser Ereignisse gesehen. Warum denke ich, dass ich das schon gesehen habe... noch dazu ausgerechnet einen O-bon-Tanz!

"Hmm?"

Es traf mich erneut; diese Déjà-vus überkamen mich wie Kopfschmerzen. Ich dachte wiederholt, dass ich kürzlich dagewesen wäre, obwohl ich mir immer wieder sagte, dass ich seit Ewigkeiten nicht dort gewesen war. Es ist alles so vertraut... die Bühne in der Mitte des Stadions, die verstreuten Festivalstände, die darum herum verstreut waren...

Aber als ich gerade kurz davor stand, die zerschlissenen Fäden des Spinnennetzes, die in der Luft hingen, zu fassen zu kriegen, verschwand das Gefühl.

Ich hörte Haruhis Stimme:

"Hier ist der Goldfischstand auf den du dich so gefreut hast. Fang einfach weiter. Du bekommst zweihundert Extrapunkte, wenn du den mit den herausstehenden schwarzen Augen erwischt."

Haruhi zog Asahina-sans Hand in Richtung Goldfischbecken an dem Stand, nachdem sie sich spontan irgendwelche Regeln ausgedacht hatte.

"Lass uns mitmachen. Lass uns sehen, wer mehr erwischt!"

Ich lehnte den Vorschlag des spielsüchtigen Koizumi ab. Selbst wenn ich einen Goldfisch mit nach Hause bringen würde, hätte kein Aquarium um ihn zu behalten. Ich war mehr an den Essensständen, deren verführerisches Aroma uns umgab, interessiert.

"Nagato, Lust auf einen Happen?"

Ihre ausdruckslosen Augen fokussierten mich für eine Ewigkeit, und richteten sich dann langsam auf etwas anderes aus. Der Maskenstand war in ihrer direkten Blickrichtung. Es ist schwer, nachzuvollziehen, was diesem Mädchen gefällt.

"Vergiss es, lass uns uns einfach umsehen."

Die Lautsprecher spielten die typische eingängige Festivalmusik, als ob es ein Zauber wäre. Von der Musik angelockt, führte ich Nagato in Richtung Maskenstand, während ich das herrische "Glühen" von Koizumi spürte.


"Obwohl es eine großartige Beute ist, brauche ich nicht so viele, einen zu nehmen reicht. Mikuru-chan hat gar keinen erwischt, daher bekommt sie diesen.

Asahina-san hielt eine an einer Schnur baumelnde Plastiktüte in den Händen. In der Tüte war ein gewöhnlicher orangener Goldfisch, der unbekümmert umher schwamm. Jede Bewegung von Asahina-san, wie zum Beispiel das Halten der Plastikschnur, war absolut liebenswert. Als ich sah, dass sie in der anderen Hand einen Karamellapfel hielt, beschloss ich, meiner kleinen Schwester einen zu besorgen. Sie ab und zu zu beglücken kann nicht schaden.

Haruhi hingegen spielte mit ihrer linken Hand mit einem Wasserball herum und redete mit uns, während ihre rechte ein Tablett voller Takoyaki hielt.

"Jeder nur eines."

Uns soviel Großzügigkeit entgegenzubringen... auf diese Art. Gerade als ich den in Soße getauchten Takoyaki genoss -

"Hä? Yuki, woher hast du die Maske?"

"Gekauft",

murmelte Nagato, während sie auf den Zahnstocher mit dem Takoyaki darauf starrte. An der Seite ihres Kopfes war die Maske des silbernen Ultramans aus dem Königreich des Lichts. Ich weiß nicht genau, aus welcher Generation, aber es scheint genau auf der Wellenlänge dieses Aliens zu liegen, da es ausgerechnet diese Maske gewesen war, die sie ihre Geldbörse im Design eines Froschmauls aus dem Ärmel ziehen lassen hatte.

Die laufend wechselnden Frisuren der beiden Mädchen, die still wie Marionetten auf dasaßen, waren so ehrfurchtgebietend, dass ich am liebsten mit einer Kamera fortlaufend Fotos als Erinnerungsstücke geschossen hätte.

Nach allem was Nagato schon für mich getan hatte, hatte ich das Gefühl, dass ich ihr zumindest so eine Kleinigkeit hätte kaufen können, aber Nagato hatte es abgelehnt und es aus eigener Tasche bezahlt. Hmm... Was wohl ihre Einkommensquelle ist?

Die vier Ecken der Plattform waren von Frauen und Kindern umringt, die zur Melodie von (Tanko-bushi) tanzten. Es sah so aus als wären sie Mitglieder der Mutter-Kind-Gesellschaft, da die typischen Laien, die für die Show hierherkamen, das nicht wirklich tun würden, und wir natürlich genausowenig.


Asahina-sans Blick klebte an der Gruppe der Tänzer. Sie sah aus, als würde sie gerade Zeuge, wie Aborigines sie in einem unbekannten Teil der neuen Welt willkommenhießen.

"Wa...aah",

rief sie zurückhaltend aus. Ist die Tradition des O-Bon Tanzes in der Zukunft etwa verlorengegangen?

Unter der Führung von Haruhi besichtigte unsere bunte Truppe gemeinsam das Festgelände. Sie machte uns zu ihren Untergebenen, indem sie sagte "Lasst uns das essen!" und dann wieder "Lasst uns das ausprobieren!". Haruhi amüsierte sich, Asahina-san anscheinend auch, was auch mich glücklich machte. Ich konnte nicht sagen, on Nagato Spaß hatte, und ich scherte mich einen Dreck darum, was für eine Erfahrung es für Koizumi war.

Koizumi versank von Zeit zu Zeit in diese spezielle Stille und stellte ohne Vorwarnung sein Lächeln zur Schau... Kein Zweifel, dass seine Emotionen in letzter Zeit alles andere als stabil waren. Vielleicht ist das das Schicksal, das allen Mitgliedern der SOS Brigade blüht.


Wenn es um die Sommerferien geht, muss es eine großartige Zeit sein.


Schon mit dem Anblick des in Yukatas gekleideten Trios wäre ich auf meine Kostenm gekommen.

Deswegen erhielt Haruhis Vorschlag:

"Lasst uns ein kleines Feuerwerk veranstalten! Feuerwerk! Es kommt selten vor, dass wir alle so in Yukatas ausgehen, also können wir das alles auch gut heute erledigen!"

in dem Moment, in dem sie ihn machte, sofort die einhellige Zustimmung der SOS Brigade. Wir kauften dieses grelle Feuerwerk, das man an Kindern verteilt, und begaben uns unter einem Himmel, der so trüb war, dass man gerade mal den Mond und den Mars ausmachen konnte, zum Flussufer. Wir folgten Haruhi, die sich unterwegs ein billiges Feuerzeug und eine Polaroid Kamera besorgte. Haruhi schien in besserer Laune als sonst zu sein. Aus irgendeinem Grund ging mir die Phrase „Kleider machen Leute“ durch den Kopf.

Man würde Haruhis schrecklich breitbeinigem Gang keine Beachtung schenken, nachdem man ihr wirbelndes Haar, das sie hinter ihrem Kopf zusammengebunden hatte, sah. Offenbar ist sturköpfig zu sein, Haruhis Stärke

Eine Stunde später hatte ich unzählige Fotos gemacht. Da war Asahina-san, die eine Wunderkerze hielt, wobei sie die Augen weit aufriss, Haruhi, die herumkroch während sie mit beiden Händen die Drachenkanone hielt, und Nagato, die regungslos die tanzende Schlange beobachtete. Die Sommeraktivität der SOS Brigade erreichte mit diesem Finale ihr Ende.

Koizumi klaubte einige Splitter auf, die in den Fluss gefallen waren, und steckte sie in eine Einkaufstüte. Haruhi warf ihm einen Blick zu und legte einen Finger an die Lippen:

"Morgen ist dann die Käferjagd dran."

Sie war entschlossen, jeden einzelnen Punkt auf ihrem Programmplan abzuarbeiten.

"Haruhi, nicht dass ich dagegen wäre, aber bist du schon mit deinen Sommerhausaufgaben fertig?"

Ich hatte wirklich kein Recht, das zu sagen, da ich meinen Stift noch nichtmal angerührt hatte. Haruhi sah plötzlich überrascht aus.

"Wovon zum Teufel redest du? Ich brauche höchstens drei Tage, um das zu erledigen, Kinderspiel. Um genau zu sein war ich damit schon im Juli fertig. Erledige zuerst die langweiligen Arbeiten, damit du dich richtig amüsieren kannst; so genießt man den Sommer wirklich!"

Wenn Haruhi Ernst macht, ist dieser kleine Berg Arbeit nichts. Warum hat Gott ihr so ein brillantes Hirn gegeben? Das beweist, dass Gott nicht fair ist.

Haruhi gab ihre Befehle an uns mit einem erbarmungslosen Blick aus:

"Hört ihr? Morgen hat jeder ein Käfernetz und einen Käfig mitzubringen. Ach ja, lasst uns sehen, wer am meisten fängt. Wer auch immer gewinnt darf für einen Tag der Anführer sein."

Dieser Titel bedeutete mir nichts. Warte mal. Ist alles erlaubt, solange es Käfer sind?

"Hmm... nur Zikaden! Genau. Das ist der SOS Brigade Zikadenjagd-Wettbewerb. Was die Regeln angeht... Keine Arteinschränkung, jede zählt als eine und die höchste Anzahl gewinnt."

Haruhi, die nur ihre eigene Zustimmung benötigte, fing an, mit dem Brigadefächer herumzuspielen, als ob er ein Netz wäre. Netz und Käfig... Ich sollte noch irgendwo bei mir zuhause im Abstellraum ein Set davon haben.

Als ich schließlich zuhause ankam, bemerkte ich, dass ich vergessen hatte, mir selbst einen kandierten Apfel zu besorgen.


Aus irgendeinem Grund musste es, obwohl ich daran gedacht hatte eine Teru teru bozu verkehrtherum aufzuhängen, um sicherzustellen, dass es regnen würde, am nächsten Morgen völlig klar sein. Ohne Zweifel waren die Zikaden sicher ganz kribbelig aufgrund der höchsten Temperaturen des ganzen Sommers.

"Zikaden sind essbar, nicht? Vielleicht schmecken sie gut wenn wir sie in Tempura frittieren. Ahh, da fällt mir ein, ist Tempura vielleicht aufgrund des Mehlmantels so gut? Wenn ja, dann müsste Zikadentempura eigentlich köstlich sein."

Das kannst du allein ausprobieren!

Die Szene von fünf High School Schülern unterschiedlicher Größe, die gemeinsam mit Netzen und Käfigen bewaffnet auszogen, um Käfer zu fangen, kann nur als irgendwie bizarr beschrieben werden.

Wir trafen uns vormittags. Um nach Grünflächen zu suchen, fanden wir uns bei der North High ein, da sich die Schule auf der Kuppe eines Hügels befindet, der viele Bäume aufweist, aber sonst nichts. Das macht ihn zu einem guten Platz für Käfer, da diese sich vor allem in Wäldern und Gehölz aufhalten. Wie es aussieht, ist es, obwohl ich in einer ziemlich geschäftigen Stadt lebe, nicht so trostlos, dass nichtmal die Zikaden zirpen.

Stamm auf Stamm war mit den kreischenden Käfern bedeckt, als ob es eine Zikadeninvasion wäre. Es war wie im Selbstbedienungsladen. Asahina-san konnte ihre erste Ernte schon nach wenigen wilden Schwüngen mit ihrem Netz einfahren. Das bewies, dass den Zikaden dort nicht bewusst waren, dass Menschen die Tiere sind, auf die man am meisten achtgeben muss. Gut, dann ist es heute Zeit für eine Schocktherapie.

Ich bückte mich, um die stillen Zikaden im Käfig zu beobachten, nachdem ich ihn in kürzester Zeit gefüllt hatte. Ich hatte keine Ahnung wie lange sie unter der Erde ausgehaart hatten, aber sie hatten sich ohne Zweifel nicht bis zur Reife gequält, nur um von Haruhi gebraten zu werden. Die schwächer werdenden Schreie der Sommerkäfer erzeugten bei mir ein Gefühl der Melancholie und die Sünde meiner Hinterlist begann an mir zu nagen. Ich entschuldige mich dafür, dass wir eure Lebensräume mit planierten Zementstraßen zerstören. Ich hoffe ihr könnt den Menschen diese Anmaßung irgendwie vergeben.

Ich wusste, dass es unmöglich war, dass Haruhi meinen inneren Monolog gehört hatte, aber diese Frau sagte Folgendes:

"Der Geist von Fangen und Freilassen sollte hochgehalten werden. Lasst sie uns verschonen. Vielleicht werden sie uns die Gefälligkeit in der Zukunft erwidern."

In dem Moment, an dem ich an menschengroße Zikaden, die an unsere Türen klopften, dachte, wurde mir ganz anders. Wenn es Insekten gab, die, nachdem sie gesehen hatten, wie wir ihre Artgenossen gefangen und später wieder freigelassen hatten, den Gefallen erwiderten, wären sie so dämlich wie Insekten. Wenn sie kämen um Rache zu nehmen, würde ich sie für klüger halten.

Haruhi öffnete den Käfig und schüttelte ihn nach rechts und links.

"Fliegt! Fliegt zurück in die Berge!"

Jijiji- die Zikaden drängten sich im Käfig zusammen, als sie sich darauf darum drängelten, loszufliegen. Asahina-san stieß einen niedlichen Schrei aus als sie niederkniete. Der Schwarm umkreiste sie für eine ganze Weile und flog dann über Nagatos regungslosen Kopf hinweg, wobei sie einem spiralförmigen Muster oder einer geraden Linie folgten, als sie in den Himmel verschwanden, der von der untergehenden Sonne rot gefärbt wurde.

Ich tat es Haruhi nach und öffnete meinen Käfig. Ich fühlte mich wie Pandora, die die von Hermes irrtümlich gelieferte Büchse öffnete. Der Gedanke, wenigstens eine Zikade zu behalten, kam mir erst, als sich bereits alle Zikaden in Luft aufgelöst hatten.


Das Event des nächsten Tages war Teilzeitarbeit.

Haruhi schaffte es irgendwie, Arbeit zu finden, und stellte sicher, dass es für jeden von uns etwas zu tun gab. Dieser Eintagesjob war-

"W... Wilkommen!"

Asahina-san schien die Begrüßung herauszupressen.

"Kommt schon, alle hier anstellen! Ahhahh... Nicht drängeln!"

Der Job, den uns Haruhi eingebrockt hatte, war es, Kunden für den jährlichen Ausverkauf eines lokalen Supermarktes anzulocken.

Wir trafen uns, ohne eine Ahnung davon zu haben, was uns erwartete, und schlüpften in die Uniformen, die uns Haruhi aushändigte. Danach unternahmen wir seit zehn Uhr morgens Werbemaßnahmen ausgeführt.

Nebenbei bemerkt trugen wir alle Kostüme.

Warum passiert das... Warum muss ich mich hier derart zum Affen machen? Asahina-sans Aufgabe ist es, Leute mit hunderten von Aufmachungen zu erheitern... Koizumi, Nagato, was ist mit euch beiden? Würde es euch umbringen auch nur den kleinsten Einwand zu erheben? Warum unterwerft ihr auch einfach den Launen dieser Frau?

"Bitte hier anstehellen~ Danke für ihre Koopp... eration!"

Asahina-sans gedämpfte Stimme unter einer grünen Uniform, die ihren ganzen Körper bedeckte, hervorzuhören, brachte mich nur dazu, wie ein Schwein zu schwitzen. .

Wir waren alle als Frösche verkleidet. Um genau zu sein Frösche, die Ballons an Kinder verteilten. Dieser Supermarkt tat das jährlich an seinem Jahrestag - Gratisballons an die Kinder verteilen, die die Kunden begleiteten.

Kinder sind Kinder. Sie wanden sich vor Aufregung, nachdem sie dieses belanglose Geschenk bekommen hatten, das nur dazu gedacht war, sie zu täuschen. Hey, du dummes Kind da drüben, nimm einen Ballon. Es ist ein roter Ballon. Jetzt nimm ihn schon.

Asahina-san erwies sich als Baumfrosch als die Populärste von uns. Koizumi war übrigens ein Goldfrosch und ich eine Kröte (Was sonst hätte ich sein können?). Nagato, der Amazonas-Hornfrosch, bediente die Pumpe, die die Ballons, die wir drei verteilten, aufblies. Haruhi hingegen saß in Alltagskleidung im Schatten. Würden wir alle das gleiche bezahlt bekommen, würde ich jetzt wohl handgreiflich werden.

Es schien, dass der Besitzer des Supermarktes ein Bekannter von Haruhi war. Er schenkte ihr ein Lächeln, wann immer sie mit zuckersüßer Stimme "Onkel~" rief.

Nach zwei Stunden waren alle Ballons verteilt. Mit Ausnahme von Haruhi entledigten wir uns alle unserer Exoskelette, um uns in dem nach einem Lagerraum aussehenden Ruheraum ein wenig abzukühlen. In diesem Moment verstand ich die Gefühle von Schlangen, die ihre Haut abstreifen. Es kommt selten vor, dass ich ein derartiges Gefühl von Erleichterung verspüre.

Nagato zog den Froschanzug zügig aus, während Asahina-san und Koizumi völlig durchnässt waren und ihre Kostüme buchstäblich abschüttelten. Danach blieben sie für eine lange Zeit still.

"Puh~"

Ich hatte noch nicht einmal mehr die Energie, mich daran zu erfreuen, dass Asahina-san eine dünne Sportweste und einen kurzen Rock trug, als sie sich hinsetzte.

"Gute Arbeit!"

Beim Anblick von Haruhi, wie sie Eis schleckend zu uns stieß, hatte ich plötzlich das unbändige Verlangen, sie von Kopf bis Fuß in einer brennendheißen Wüste zu vergraben.

Scheinbar war unser Gehalt gegen den Baumfroschanzug eingetauscht worden. Ich realisierte, dass Haruhi es von Anfang an auf den Anzug abgesehen hatte, als sie uns diese Nachricht gelassen verkündete. Ich hätte es ahnen sollen, als sie den leeren Anzug mit einem Gesichtsausdruck wie ein Ritter, der mit tausend Goldbarren belohnt wurde, unter ihre Armbeuge geklemmt hatte. Die Gehälter hatte es nie gegeben.

"Was ist so schlecht daran? Ich wollte ihn wirklich haben. Jetzt ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Onkel sagt, dass er ihn mir für Mikuru-chan überlässt. Mikuru-chan, ich werde dir einen selbstgemachten Orden verleihen. Du wirst allerdings noch warten müssen, da ich ihn noch nicht gemacht habe.

So kam ein weiteres Stück Müll zu Asahina-sans Besitz hinzu. Ich stellte mir vor, dass dieser Schrott ein Ärmel sein musste, auf dem "Orden" stand.

"So kam ein weiteres Stück Müll zu Asahina-sans Besitz hinzu. Ich stellte mir vor, dass dieser Schrott ein Ärmel sein musste, auf dem "Orden" stand.

Jedoch-

"Dieser Frosch wird ein Andenken im Brigade Clubraum werden. Mikuru-chan, du kannst ihn tragen, wann immer du willst! Ich gewähre dir dieses Privileg."

Ich konnte meinen Ärger darüber nicht zeigen, weil ich in diesem Moment zu durchflutet von meiner Wut über Haruhis Formulierung war.


Ich war völlig fertig. Aktivitäten ohne Unterlass, zuerst Schwimmen, dann Käferfangen und schließlich das Saunabad in den Kostümen würden selbst den gesündesten High-School-Jungen zu Boden zwingen.

Deshalb bat ich um nichts als einen tiefen Schlaf in dieser Nacht. Ich konnte immer noch den Frieden von Arcadia fühlen, als mein Handy klingelte.

"...Uuu (Weinen)... Uuu (schwaches Weinen)..."

Das Weinen einer Frau verursachte bei mir eine Gänsehaut. Meine Sinne kehrten plötzlich zu mir zurück. Mist, verwählt.

Gerade als ich mein Telefon wegwerfen wollte -

"Kyon-kun..."

Obwohl sie erstickt klang, konnte ich trotzdem die Stimme von Asahina-san erkennen.

Wieder überkam mich eine Gänsehaut, wenn auch dieses Mal aus einem anderen Grund.

"Hallo, ist dort Asahina-san?"

Wollte sie mir mit diesem Anruf Lebewohl sagen? Musste Kaguya-hime in den Mondpalast zurückkehren? Mir war wohl bewusst, dass "hier" lediglich ein vorübergehender Aufenthaltsort für Asahina-san war, und dass sie irgendwann in die Zukunft zurückkehren musste. War es soweit? Ich würde mich nicht mit einem einfachen Lebewohl vor der Abreise zufriedengeben.

Andererseits war die Frau am anderen Ende der Leitung -

"Ich bin es... Uwaaa, es ist schrecklich... Uuu... Ugu... Wenn das so weitergeht... Uwaaa..."

Ich verstand kein Wort von ihr. Sie nuschelte wie ein Grundschulkind und schniefte zwischendurch, so dass ich überhaupt nichts entschlüsseln konnte. Als ich gar nicht mehr weiterwusste -

"Hallo, hier ist Koizumi."

Die frische Stimme ersetzte das Heulen von Asahina-san.

Was? Die beiden sind um diese Tageszeit zusammen? Warum bin ich nicht dort? Koizumi, du hast exakt fünf Sekunden in denen dein Kopf mit deinem Hals verbunden bleibt, in denn du mir eine befriedigende und verständliche Antwort auf all das liefern kannst. "Es ist etwas vorgefallen! Es ist ziemlich problematisch, also hat mich Asahina-san aufgrund der Dringlichkeit schon vorher kontaktiert."

Sie hat dich anstatt mich kontaktiert? Das hinterließ einen bitteren Nachgeschmack in meinem Mund.

"Das ist wegen deines Unvermögens, diese Sache zu bereinigen, selbst wenn sie sich als erstes an dich gewandt hätte... Nein, ich entschuldige mich. In Wirklichkeit kann ich auch nichts tun, da die Situation ziemlich gefährlich ist."

Ich kratzte mich am Kopf.

"Hat Haruhi Armageddon ausgelöst?"

"Genau genommen, nein; eher könnte man vom exakten Gegenteil sprechen. Wir befinden uns gerade in einer Situation, in der Armageddon niemals kommen wird."

Hä? Träum ich oder nicht? Was versuchst du zu sagen?

Koizumi fuhr trotz meiner Verwirrung fort:

"Ich habe gerade Nagato-san kontaktiert. Wie ich es geahnt habe, scheint sie sich der Situation sehr wohl bewusst zu sein. Du wirst die Details verstehen wenn du sie fragst. Soviel zur aktuellen Situation. Könntest du sofort kommen und dich mit uns treffen? Natürlich werde ich Suzumiya-san nicht bescheidsagen."

Natürlich konnte ich. Wer auch immer eine weinende Asahina-san im Stich lässt, soll ein Schlimmeres Schicksal erfahren, als siebenfach auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.

Koizumi nannte mir den Treffpunkt, der genau vor dem Bahnhof war. Es schien, dass dieser Ort für die Treffen der SOS Brigade reserviert war.


Und so, als ich mich schließlich umgezogen hatte, in den Vorgarten gewankt war, mich aufs Fahrrad geschwungen hatte und zum Treffpunkt gerast war, warteten dort bereits drei schattenhafte Gestalten auf meine Ankunft. Die Straßen waren nicht völlig verlassen, da ich noch immer ein paar Fußgänger ausmachen konnte, bei denen es sich um Schüler zu handeln schien. Dank ihnen hätten wir uns unter die Menge mischen und zur irgendeiner Rave Party gehen können. Es war nur so, dass ich müde wurde.

Asahina-san kauerte gerade am Boden, als ich am Bahnhof ankam. Flankiert wurde sie von Koizumi in einfachen Klamotten und Nagato in ihrer Matrosenuniform. Asahina-sans Ober- und Unterteil passten einfach nicht zusammen. Vielleicht hatte sie das erstbeste genommen, was ihr zwischen die Finger gekommen war. Ohne Zweifeln war sie entweder zu sehr in Panik, um es bemerkt zu haben, oder die Situation war so schlimm, dass ihre Aufmachung ihre geringste Sorge darstellte.

Der größere ihrer Begleiter bemerkte meine Ankunft und hob eine Hand, um mich zu grüßen.

"Was ist geschehen?"

Die sanfte Straßenbeleuchtung erhellte das sanfte Antlitz von Koizumi.

"Ich entschuldige mich dafür, dich gebeten zu haben, um diese Zeit hier zu erscheinen. Allerdings hat die Situation Asahina-san in ihren gegenwärtigen Zustand versetzt."

Asahina-san, die sich zu einem Ball zusammengerollt hatte, weinte wie ein dahinschmelzender Schneemann. Das feuchte Gesicht mit einem zusammengekniffenen Mund hob sich, um mich anzublicken, und gab diese wunderschönen feuchten Wangen preis. Dieser verführerische Blick würde mich dazu bringen, alles für sie zu tun.

"Uuu... Kyon-kun, ich..."

Asahina-san schniefte und murmelte vor sich hin:

"Ich kann nicht mehr in die Zukunft zurückkehren..."


"Um erst einmal alles auf den Tisch zu bringen, was wir bisher herausgefunden haben: Wir befinden uns in einer endlosen Zeitschleife."

Koizumi schien nur über einen sehr kleinen Tisch mit zu wenigen Gegenständen darauf zu verfügen. Versteht er wirklich, was er da sagt?

"Ich verstehe. Es gibt keine klarere Erklärung für diese Angelegenheit. Ich habe das Thema mit Asahina-san diskutiert..."

Hättest du nicht warten können bis ich auch da bin, bevor du die Diskussion anfängst?

"Wir haben herausgefunden, dass der Fluss der Zeit in der Welt in letzter Zeit unregelmäßig ist. Diese Erkenntnis verdanken wir Asahina-san; ohne sie könnte ich mir dessen nicht sicher sein."

Sicher bezüglich was?

"Wir werden die Ereignisse, die in einem bestimmten Zeitrahmen geschehen, immer wieder erleben."

Das hast du schon gesagt.

"Um genau zu sein vom siebzehnten bis zum einunddreißigsten August."

Koizumis Worte klangen für mich ziemlich bizarr.

"Mit anderen Worten sind wir für immer in niemals endenden Sommerferien gefangen".

"Im Moment sind definitiv Sommerferien."

"Es ist ein ENDLOSER SOMMER, der nicht von alleine enden wird. In dieser Welt wird der September nie kommen, geschweige denn der Herbst. Anders ausgedrückt hat diese Welt keine Zukunft jenseits des Augusts. Aus diesem Grund kann Asahina-san nicht in die Zukunft zurückkehren, was ja auch Sinn ergibt. Man kann die Zukunft nicht kontaktieren, wenn diese Zukunft nicht existiert, das ist selbsterklärend."

Es ist sinnlos, physikalisch von KEINER ZUKUNFT zu sprechen. Die Zeit sollte von selbst vergehen, selbst wenn man sie ignoriert. Auf Asahina-sans Kopf schauend sagte ich Folgendes:

"Wer würde so etwas glauben?"

"Zumindest du musst es, da nicht das Geringste vom dem hier gegenüber Suzumiya-san erwähnt werden darf."

Koizumi sah ebenfalls zu Asahina-san hinüber.

Später erklärte mir Asahina-san grundlegend die ganze Sache. Natürlich wurde die Erklärung dabei immer wieder von Schniefern unterbrochen.

"Uhh... Lass mich nachdenken... Ich benutze regelmäßig klassifizierte Information um die Zukunft zu kontaktieren oder um zu klassifizierte Information... Urr. Ich hatte erst das Gefühl, dass etwas nicht stimmt, als ich eine Woche keinen Kontakt mit klassifizierte klassifizierte Information hatte. Und dann klassifizierte Information... Das hat mich sehr beunruhigt, so dass ich versucht habe, klassifizierte Information zu benutzen, und das Ergebnis war klassifizierte Information... Uhh... Wah! Was soll ich nur tun?"

Was zu tun ist? Ich habe keine Ahnung. Steht klassifizierte Information für irgendwelche hochsensible Wörter, die zensiert werden müssen?

"Ist es möglich, dass wir in einer dieser von Haruhi geschaffenen bizarren Welten gefangen sind? Wie eine physische Manifestation eines geschlossenen Raumes oder so etwas Ähnliches?"

Koizumi verschränkte seine Arme vor der Brust als er sich an den Getränkeautomaten lehnte und mein Argument langsam widerlegte:

"Dieses Mal hat Suzumiya-san die Welt nicht neu erschaffen, sondern stattdessen die Zeit vom siebzehnten bis zum einunddreißigsten August herausgetrennt. Damit hat diese Welt im Moment nur eine Lebensspanne von zwei Wochen. Es existiert weder eine Zeit vor dem Siebzehnten, noch eine ab dem ersten September. Mit anderen Worten ist das hier eine Welt, in der es niemals erster September werden wird."


Er seufzte einmal lang, als würde er sich geschlagen geben.

"Die Zeit wird zurückgesetzt werden, sobald die Uhr am einunddreißigsten August 24 Uhr erreicht und dann zum siebzehnten zurückkehren. Ich kenne die Details nicht, aber es scheint, dass es einen SPEICHERPUNKT bei der Dämmerung des siebzehnten gibt."

Was wird dann aus unserer... Nein, aus der Erinnerung der gesamten Menschheit?

"Sie wird angepasst werden. Die kollektive Erinnerung der Menschheit bezüglich dieser zwei Wochen wird ausgelöscht werden und von vorne beginnen."

Diese Welt hat wirklich Spaß daran, die Zeit vor- und zurückzudrehen. Aber da kann man wohl nichts machen, mit einer Zeitreisenden in unserer Mitte.

"Nein, das hat nichts mit Asahina-san zu tun. Es ist nicht so simpel, wie du es dir vorstellst."

Woher willst du das wissen?

"Nur Suzumiya-san besitzt die Möglichkeit, ein solches Unterfangen durchzuführen. Wer kommt dir außer ihr noch in den Sinn? "

Diejenigen, die aus Langeweile darüber nachdenken, wer so etwas getan haben könnte, sind entweder geistesabwesend oder verbringen ihren Zeit mit Tagträumen.

"Komm einfach zur Sache und sag mir was wir dagegen tun sollen."

"Das wäre wesentlich einfacher, wenn ich eine Lösung für dieses Problem hätte."

Aus irgendeinem Grund dachte ich, dass Koizumi eher fröhlich aussah und kein Anzeichen von Besorgnis zeigte. Woran liegt das?

"Weil ich nun endlich den Grund für dieses Gefühl der Inkohärenz, das mich seit einiger Zeit verwirrt hat, gefunden habe."

Was bedeutet, dass du als Einziger aus dem Schneider bist.

"Bei dir war es ebenso, oder nicht? Hast du nicht auch ein mächtiges Gefühl des Déjà-vu verspürt, beginnend von dem Tag, an dem wir das Schwimmbad besucht haben bis jetzt? Im Rückblick sind diese Rückblenden Überreste vorheriger Inkarnationen - da es dafür keine andere Erklärung gibt. Jetzt ist das alles also geklärt. Die Anomalien, die wir erleben, sind Segmente, die beim Reset übriggeblieben sind."

Müssten das nicht alle Menschen wahrgenommen haben?

"Vermutlich nicht. Du und ich sind besondere Ausnahmen. Es scheint, dass nur diejenigen, die Suzumiya-san nahestehen, die Veränderungen in dieser Welt mitbekommen."

"Was ist mit Haruhi? Hat diese Frau überhaupt keine Wahrnehmung?"

"Wie es aussieht nicht. Wenn sie es hätte, wäre die Angelegenheit noch wesentlich komplizierter..."

Koizumi warf einen Blick in Richtung Nagato, um sie um ihren Kommentar zu bitten.

"Also, wie oft haben wir die vergangenen zwei Wochen wiederholt?"

Nagato antwortete mit ruhiger Miene:

"Dies ist das fünzehntausendvierhundertachtundneunzigste Mal"

Ein Gefühl von Schwindel überkam mich

Fünzehntausendvierhundertachtundneunzig. Das sind neununddreißig Buchstaben. In arabischen Ziffern wäre das 15.498, was sich gleich um einiges weniger anfühlt. Arabische Ziffern sind brillant. Wer auch immer sie sich ausgedacht hat, verdient meinen uneingeschränkten Dank. Du bist unglaublich, dass du diese praktische, unwichtige und völlig unlogische Notation entwickelt hast.

"Dieselben Wochen haben sich mehr zehntausendmal wiederholt. Angenommen, jedermann könnte fühlen, dass er in dieser Schleife gefangen ist, und seine Erinnerungen würden sich ansammeln, würde er zusammenbrechen. Was die Erinnerungen von Suzumiya-san betrifft, ich schätze, dass sie wesentlich gründlicher gelöscht wurden als unsere."

In solchen Momenten muss man sich an das Orakel wenden. Ich bat Nagato um Bestätigung:

"Ist das so?"

"Ja."

Nagato nickte.


"Also haben wir bereits getan, was immer wir auch morgen tun werden? Trifft das auch auf das O-bon und die Goldfische zu?"

"Nicht unbedingt."

Nagato zeigte keinen Funken von Emotion.

"Es gibt Diskrepanzen in Suzumiya Haruhis Aktivitäten während der letzten fünzehntausendvierhundertsiebundneunzig Durchgänge."

Sie sah leicht in meine Richtung und fuhr fort:

"In den letzten fünzehntausendvierhundertsiebenundneunzig Durchgängen wurde das O-bon zweimal ausgelassen. Das Goldfischfangen beim O-Bon geschah insgesamt vierhundertsiebenunddreißig Mal. Das Schwimmbad wurde ausnahmslos jedes Mal besucht. Die Teilzeitarbeit wurde mit sechs Variationen bezüglich der Arbeit insgesamt neutausendundfünfundzwanzig Mal durchgeführt. Abgesehen vom Verteilen von Ballons gab es auch Einräumen der Regale, Kassieren, Verteilen von Flugzetteln, Annehmen von Anrufen, sowie eine Modenschau. Es wurden sechstausendundelf Mal Ballons verteilt, mit dreihundersechzig Überlappungen von zwei oder mehr Variationen. Wiederholte Iterationen geordnet nach Reihenfolge der Kombinationen wären-"

"Das ist genug, du musst nicht fortfahren."

Ich begann, für mich selbst zu denken, nachdem der von Außerirdischen geschaffene künstliche Mensch verstummt war.

Die letzten Augustwochen haben sich fünfzehntausendund... wie viele hundert Mal nochmal widerholt? Argh... das nervt. 15.498 Mal, das war's. Die Schleife beginnt nach dem einunddreißigsten August von vorn und kehrt zum siebzehnten zurück. So, aber ich habe keinerlei Erinnerung an das Ganze und Nagato erinnert sich bis zum letzten Detail - woran liegt das?

"Nagato-san, oder genauer die Entität der integrierten Daten, existiert außerhalb der Grenzen von Raum und Zeit."

Das ziemlich stolze Lächeln von Koizumi wirkte etwas steif, vielleicht aufgrund der Beleuchtung.

Schon gut, das ist jetzt nicht wichtig, lassen wir das erstmal. Ich wusste, dass Nagatos Gehirn so etwas widerstehen konnte, aber das war nicht meine Sorge. Was mich beschäftigte, war:

"Nagato, hast du die Ereignisse dieser zwei Wochen ebenfalls 15.498 Mal erlebt?"

"Ja."

Nagato nickte, als spiele es keine Rolle. Kannst du nicht mehr sagen als ein simples Ja? Obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, was sie außer diesem Wort sagen sollte. Aber -

"Hmm..."

Warte. 15.498 x zwei Wochen. Das sind 216.972 Tage. Äh – ungefähr so viele Tage wie in 594 Jahren. Dieses Mädchen hat das Vergehen jeden einzelnen Tages in jedem einzelnem Durchlauf durchgestanden und alles, was geschehen ist, unbekümmert mitbekommen? Selbst dem allergeduldigsten Mensch würde danach die Geduld ausgehen. Wenn du mir nicht glaubst, dann versuch mal 15.498 Mal im Schwimmbad kurz ins Wasser zu springen.

"Du..."

ich unterbrach mich in demselben Moment, in dem ich dieses Wort hervorbrachte. Nagato neigte ihren Kopf wie ein Vogel als sie mich anstarrte.

Die Stimmung, die von Nagato im Schwimmbad ausgegangen war, kam mir wieder in den Sinn. Sie sah in diesem Moment ziemlich gelangweilt aus, wovon ich annehme, dass es nicht meine Schuld war. Selbst für Nagato musste es unzweifelhaft quälend sein diesen einen solchen Moment so oft zu erleben. Obwohl sie an der Oberfläche keine einzige Beschwerde gemurmelt hat, verflucht sie uns vielleicht insgeheim... Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf. Ich hatte endlich eine Vorstellung davon, was los war, aber die zugrunde liegende Ursache war noch nicht festgestellt.

"Warum sollte Haruhi so etwas tun?"

"Ich habe eine persönliche Vermutung."

Nach diesem typischen Einleitungssatz fuhr Koizumi fort:

"Suzumiya-san hat vielleicht nicht den Wunsch, dass die Sommerferien enden. Weil sie das insgeheim denkt, muss aus den Sommerferien eine endlose Wiederholung werden."

Ist das nicht so wie wenn kleine Bälger nicht in die Schule gehen wollen?

Koizumi berührte unbewusst den Rand seiner Kaffeedose.

"Ich vermute, dass sie sich halbherzig auf das neue Semester vorbereitet, da sie nicht mit allem, was sie während der letzten beiden Sommerwochen erledigen wollte, fertigwird. Dadurch begegnet sie dem Abend des einunddreißigsten mit einem unerfüllten Herz..."

Und sobald sie aufwacht, warten zwei Wochen Sommerferien auf sie, richtig? Wie soll ich es sagen... Ich schätze, dass Melancholie eher als Niedergeschlagenheit meine gegenwärtige Einstellung beschrieb. Ich weiß, dass sie diejenige ist, die dazu imstande ist, so ziemlich alles zu tun, um zu bekommen, was sie will, aber ich hätte mir nie vorstellen können, dass ihre Sturköpfigkeit solche Ausmaße annehmen könnte.

"Wenn das so ist, was muss getan werden, um diese Frau zufriedenzustellen?"

"Ich weiß es nicht. Nagato-san, weißt du es?"

"Nein."

Die Antwort kam unverzüglich. Von uns allen bist du die Verlässlichste! Ich konnte es nicht unterdrücken meinem Gedanken Ausdruck zu verleihen.

"Warum hast du nichts gesagt? Dadurch haben wir einen zweiwöchigen Walzer tausende Male getanzt."

Nach einem Moment der Stille sagte Nagato leise:

"Meine Aufgabe ist es, zu beobachten."

"... Ich verstehe."

Das brachte mich zu einigen Einsichten. Nagato war bisher an keinem unserer Erlebnisse aktiv beteiligt gewesen, aber ihre Existenz war entscheidend bei fast jedem dieser Ereignisse. Ich wage zu sagen, dass das einzige Mal, dass dieses Mädchen aktiv auf jemanden zugegangen war, war, als sie mich zu sich nach Hause geführt hatte. Abgesehen von dieser einen Ausnahme, hatte Nagato sich beteiligt, indem sie ohne einen Muckser eine zentrale Position eingenommen hatte.

Ich hatte nicht vergessen, dass Nagato Yuki sowohl eine humanoide Schnittstelle der Entität der integrierten Daten ist, um zu kommunizieren, als auch ein biologischer Android, der geschaffen wurde um Suzumiya Haruhi zu observieren. Ich fragte mich, ob vielleicht eine Sicherung bei ihren emotionalen Anzeigen zu ihren Spezifikationen gehörte.

"Vergiss es, das spielt keine Rolle."

Noch vor allen diesen Dingen, ist Nagato Yuki ein Bücherwurm, eine Person weniger Worte, von zierlicher Statur aber ein komplett verlässlicher Partner.

Von allen Mitgliedern der SOS Brigade verfügte Nagato über das breiteste Wissen, wie auch über den schärfsten Verstand. Damit im Hinterkopf behaltend, beschloss ich, die Allwissende weiter zu befragen.

"Wie oft haben wir das herausgefunden?"

Meine plötzliche Frage schien von Nagato schon erwartet worden zu sein, da sie ruhig antwortete:

"Achttausendsiebenhundertneunundsechzig Mal. Die Frequenz der Entdeckung erhöht sich mit jeder Wiederholung."

"Das liegt wahrscheinlich am Gefühl der Vertrautheit und Inkohärenz",

merkte Koizumi in sachlichem Ton an.

"Aber selbst in den ganzen Wiederholungen, selbst wenn wir uns unserer Situation bewusst wurden, haben wir es trotzdem nicht geschafft, die Situation zu lösen und die Zeit wiederherzustellen?"

"Korrekt", antwortete Nagato.

Kein Wunder, dass Asahina-san zusammengebrochen ist. Sie weint so, weil sie diese Tatsache weiß. Der Moment in dem ihr einmal mehr klarwird, dass sie zwei Wochen an Körperwachstum und Erinnerungen durch den Reset verloren hat... Und dann nochmal am Boden zerstört zu werden, nachdem sie entdeckt, dass sie in diesem Ablauf gefangen ist.

Ich habe darüber schon unzählige Male nachgedacht. Seit ich Haruhi zum ersten Mal im Frühling getroffen habe, ertappe ich mich dabei, bei jeder neuen Krise, die wegen ihr auftritt, daran zu denken, sei es jetzt oder in der Vergangenheit.

Das ist nicht gut.

Zweifellos ist das das 8.769. Mal, dass ich über in diesen zwei Wochen daran gedacht habe.

Das ist zu viel...

Noch ein Märchen.


Am Tag nach diesem war das Sternschauen dran.

Der Ort war das Dach von Nagatos Apartmentkomplex. Das klobige und sperrige Teleskop war von Koizumi zur Verfügung gestellt worden. Er hatte es auf einem Dreibein aufgestellt. Wir fingen um acht Uhr abends an.

Der Nachthimmel sah ziemlich trostlos aus, genauso wie Asahina-sans Gesicht. Ihr Gesichtsausdruck war entweder sprachlos oder verwirrt. Meine eigenen Gefühle befanden sich auch in Unordnung, daher war es wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um die Sterne zu betrachten.

Koizumi vergrößerte das Lächeln auf seinem Gesicht, als er das Teleskop aufstellte.

"Das war mein Hobby, als ich noch ein Kind war. Ich war so bewegt, als ich zum ersten Mal die Monde des Jupiters sah."

Nagato stand wie üblich still wie ein Wachposten auf dem Dach.

Ich verlagerte meinen Blick auf den Nachthimmel, aber ich konnte nur zwei oder drei Sterne ausmachen. Die Luft in der Stadt war zu verschmutzt, um viel erkennen zu können. Zu sagen "es gibt keinen Himmel" wäre an dieser Stelle ziemlich passend gewesen. Wenn der Winter kommt und die Atmosphäre sich aufklärt, würde sich Orion zeigen.

Die Spitze des Teleskops richtete sich auf den Nachbarn der Erde. Haruhi sagte, während sie ihren Kopf hin- und herdrehte:

"Nein."

"Was nein?"

"Keine Marsianer?"

Ich hoffe nicht, dass Marsianer existieren. Stell dir nur vor, einige umherwuselnde oktopussartige Monster, die ihren Plan für eine Invasion der Erde diskutieren. Egal wie süß ihre Münder wären, könnte ich nicht den Begriff "interessant" benutzen, um sie zu beschreiben.

"Warum das denn? Sie könnten äußerst freundlich sein. Schau, es ist keiner an der Oberfläche, also müssen sie der Typ sein, der sich im Untergrund versteckt. Das ist der beste Beweis dafür, dass sie Angst haben, uns Menschen zu erschrecken, weil sie nett sind."

Haruhi schien Untergrundbewohner im Sinn zu haben bei ihrer Vorstellung eines imaginären Marsianers. Bitte, sag mir zumindest, von welcher Art. Solche aus [Pellucidar]? Oder die aus [Mars Attacks]? Wenn e seine Kombination aus den beiden ist, könnte die Sache hässlich werden. Denk einfach; je einfacher, desto besser.

"Sie könnten da drinnen Vorbereitungen treffen, so dass sie, wenn die erste Marssonde endlich landet, herauskommen und die Menschen überraschend begrüßen können. Sie könnten sogar sagen: 'Willkommen auf dem Mars, Nachbarn! Wir heißen euch willkommen!'"

Das wäre sogar noch furchterregender. Wenn es einen Zwischenfall gäbe, würde das Ganze schnell von Überraschung in Furcht umschlagen. Ich habe keine Ahnung, wer der erste sein wird, der den marsianischen Boden betreten wird, aber es wäre wohl das beste, ihm eine Vorwarnung zu geben damit er emotional darauf vorbereitet ist. Ist es in Ordnung der NASA Post zu schicken?

Wir wechselten uns darin ab die Umrisse des Mars und die Mondkrater zu beobachten, während die Zeit verrann. Gerade als ich anfing, mich zu fragen, ob wir eine Person verloren hätten, fand ich Asahina-san mit geschlossenen Augen und gesenktem Kopf, ihre Knie umfassend und an den Zaun, der einem davor bewahrte, vom Dach in den vorzeitigen Tod zu stürzen, gelehnt. Sie muss gestern eine schlaflose Nacht gehabt haben, also lasse ich sie am Besten einfach in Ruhe.

Haruhi, scheinbar des Starrens auf den unveränderlichen Nachthimmel müde geworden, bemerkte:

"Lasst uns UFOs jagen gehen! Sie müssen es auf die Erde abgesehen haben. Wer weiß, ob sich nicht bereits fortschrittliche Späheinheiten im niedrigen Orbit befinden, während wir hier reden."

Haruhi schwenkte fröhlich das Teleskop herum, doch wurde ihr das schnell langweilig. Sie setzte sich neben Asahina-san und fiel in einen Schlummer, während sie sich an ihrer schmalen Schulter anlehnte.

Koizumi flüsterte:

"Müde?"

"Schwer vorzustellen, dass sie erschöpfter sein soll, als wir."

Haruhi schlief tief. Das gab mir das Bedürfnis, in ihrem ganzen Gesicht herumzukritzeln. Jedoch war ihr schlafendes Antlitz keines, das ich verunstalten wollte. Diese Frau ist ein ziemlicher Hingucker, solange sie nichts sagt. Es wäre besser wenn sie und Nagato die Persönlichkeit tauschen würden. Eine völlig ausdruckslose Haruhi ist bereits schwer vorzustellen, aber eine aufgeregte und ausdrucksstarke Nagato geht über meine Vorstellungskraft hinaus.

Während eine nächtliche Brise herumblies, betrachtete ich Asahina-san und Haruhi, die nebeneinander schliefen. Diese Beiden lieferten sich einen harten Wettkampf, so wie sie gerade waren. Vielleicht würden manche Leute Haruhi herausragender finden. Hmm... bestimmt.

"Was ist es, das sie tun will?"

Ich lies dies mit der Andeutung eines Seufzers aus.

Während eine nächtliche Brise herumblies, betrachtete ich Asahina-san und Haruhi, die nebeneinander schliefen. Diese Beiden lieferten sich einen harten Wettkampf, so wie sie gerade waren.

"Könnte es sein, sich mit ein paar Freunden zu amüsieren und eine großartige Zeit zu verbringen?"

"Vielleicht. Wenn du von Suzumiya-sans Freunden sprichst, das wären wir."

Koizumi blickte zum anderen Ende des Kosmos.

"Wenn dem so ist, ist es das Wichtigste herauszufinden, was sie zufrieden stellen wird. Sollten wir scheitern, wird diese Zeitschleife nie enden. Wir können ihr nur solange beistehen, bis sie herausfindet, was sie will, das ihr nicht erfüllt wird, und es geschehen macht. Glücklicherweise und dankenswerterweise existiert die Anpassung der Erinnerung, sonst würden wir von dem Ganzen letztendlich einen Nervenzusammenbruch erleiden."

Fünfzehntausendvierhundertachtundneunzigsten Mal wiederholt.

Ist das wirklich wahr? Könnte uns Nagato vielleicht einfach nur Angst einjagen wollen? Um es klar zu sagen, das war dem reinen Hören nach unglaublich, aber da der Ursprung Haruhi sein sollte, war es nicht auszuschließen. Die unbekannte mysteriöse Kraft dieser Frau brachte uns unbewusst immer wieder in Schwierigkeiten. Egal ob es von ihrer rücksichtslosen Natur oder tief aus ihrer Psyche kam, wir gerieten immer wieder in dieselbe Art von Schwierigkeiten. Sie war einfach diese Art von Person, die Art, die einem egal wie immer Ärger bereitet.

Ich habe mir schon überlegt, dass wir, die wir die gedankenlose Haruhi immer begleiteten, vielleicht dafür qualifiziert wären, zu Sonderbotschaftern ernannt zu werden. Jedes Mitglied der SOS Brigade hat ein besseres Gemüt als der davor. Und zu glauben, dass ich ein entscheidendes Element bei der Entscheidung des Schicksals der Welt war. Das lässt mich vermuten, dass die Welt von Anfang an abnormal war.

Um diesen Punkt weiter auszuführen, die naive Ansicht, dass die Welt, für die wir uns einsetzen, rechtschaffen sein muss, ist einfach Quatsch, der von Menschen unter der Führung von Ideologien und Doktrinen erschaffen und massenproduziert wird. Es gibt reichlich Fanatiker, die blind diese selbstzentrierte Verleumdung propagieren und sie anderen aufzwingen. Diesen sage ich, dass sie wenigstens darüber nachdenken sollen, was die Generationen jahrtausende später vielleicht einmal von ihnen halten werden.

Gerade als ich knietief in Gedanken über diese trivialen Themen versunken war, öffnete Koizumi ohne Vorwarnung seinen Mund:

"Obwohl wir vielleicht nicht wissen, was Suzumiya-sans innere Wünsche sind, sollen wir es nicht auf gut Glück versuchen? Zum Beispiel, sie ohne Vorwarnung von hinten umarmen oder ihr ‚ICH LIEBE DICH’ zuflüstern, oder irgendwas in der Art."

"Wer würde diese Selbstmordmission durchführen wollen?"

"Es gibt kein passenderes Individuum dafür als dich."

"Ich mache von meinem Vetorecht gebrauch. ABGELEHNT!"

"In diesem Fall werde ich es versuchen."

Mir ist offensichtlich entgangen, welchen Ausdruck mein Gesicht gezeigt haben mag. Ich hatte in diesem Moment keinen Spiegel dabei. Allerdings schien Koizumi meine Gedanken gelesen zu haben:

"Ich mach nur Witze. Mir fehlt der Mumm so etwas zu tun. Würde ich es wirklich tun, würde es Suzumiya-san nur in einen unnötigen Zustand der Verwirrung versetzen".

Das kreischende Lachen, der aus seiner Kehle hervordrang, beendete seine Worte.

Ich verfiel einmal mehr in Stille und starrte auf den hellen Mond, der unvermindert aus dem melancholischen sommerlichen Nachthimmel auf uns herabschien.

Die Milchstraße, die diese dunkle Leinwand dekorierte, glitzerte unter der Reflektion der Sonne, als wolle sie mich zum Spielen einladen. Wohin? Das weiß nur Gott.

Ich dachte all das, während ich auf den Schatten einer versteinerten Nagato, die dem Nachthimmel zugewandt war, blickte.


Der Sommer war noch nicht vorbei, aber die Sommerferien näherten sich ihrem Ende - obwohl das nicht so sicher ist, da ich nicht weiß, ob die Sommerferien wirklich enden werden oder nicht. Bitte verschont mich. Ehrlich.

Gut möglich, dass wir zum siebzehnten August zurückkehren. Was muss getan werden, damit Haruhi herausbekommt, was diese "Sache, die noch nicht getan wurde" ist?

Was könnte sie ausgelassen haben? Ich hatte noch einen Berg Sommerhausaufgaben, die seitdem ich sie nachhause gebracht hatte noch nicht angerührt worden waren. Das konnte nicht ihre Sorge sein, da sie sie schon lange im Voraus erledigt hatte.

Was sollen wir als nächstes tun?

"Lasst uns zu den Trainingsplätzen gehen."

Haruhi enthüllte einen Aluminiumschläger, und zwar eben den zerbeulten, den sie anderntags dem Baseballclub abgenommen hatte. Ich hätte nie gedacht, dass sie diesen ramponierten Schläger behalten würde, der eher zum Verprügeln geeignet schien, als um damit Bälle zu schlagen.

Die Anführerin schleuderte ihr Haar herum, als sie den Schläger mit einem strahlenden Lächeln in unsere Richtung schwang und führte uns zum Schlagplatz am Ende des Weges. Ich wette diese High School Liga versetzte sie in eine seltsame Stimmung.

Das Schreckgespenst der Melancholie wanderte weiter. Es war jetzt Zeit für das niedergeschlagene, zierliche Gesicht von Asahina-san, tiefer in die Niedergeschlagenheit zu versinken. Ehrlich, das war schon leicht bedauerlich, da sie sich nach ihrer eigenen Welt sehnen musste.

Zurück zu den sich zwanglos verhaltenden Koizumi und Nagato, welche ein lächelndes und ein stoisches Gesicht zur Schau stellten. Könntet ihr vielleicht mal ernst werden und nicht so sorglos auftreten?

"Puh~"

Ich stieß einen Atemzug aus und mein Blickfeld wurde von dem wippenden schwarzen Haar Haruhis eingenommen.

Ich habe keine Ahnung wer beschlossen hatte, dass es beginnend mit dem Tag der Gründung der SOS-Brigade meine Aufgabe sei, Haruhi zu beschützen. Ich werde mein Verlangen, meiner Frustration Luft zu machen, unterdrücken, da ich den Schuldigen nicht bestimmen kann. Nachdem das gesagt wurde, lasst mich eine Erklärung abgeben:

Preist mich nicht allzu sehr für diese Aufgabe. Ich bin nichts als ein einfacher Laie.

Obwohl ein derartiger Monolog nur meine innere Leere unter Beweis stellt.

Asahina-san war beschäftigt. Koizumi lächelte nur, während Nagato still die Umgebung beobachtete.

Ich muss Haruhi definitiv irgendwie dazu bringen, etwas zu tun.

Allerdings, was sollte ich sie tun lassen?

Die Antwort lag bei Haruhi, aber nicht einmal Haruhi selbst hatte eine Ahnung, was die Ursache des Problems war.

"Mikuru-chan braucht den Schläger nicht zu schwingen. Du musst nur Abprallen lassen trainieren, da du nicht einmal einen Treffer landen würdest, egal wie fest du schwingst. Schlag den Ball nach unten um einen Ground Ball zu bekommen. Ahh- nicht nach oben!"

Das Schlachtfeld des letzten Baseballturniers roch noch immer nach Schießpulver. Will sie nächstes Jahr etwa wieder antreten?

Haruhi belegte als nächste das 130 km/h Schlagübungsnetz. Krach! Krach! Und da kam der Pfeifton. Ich fühlte mich viel besser, als ich sie so glücklich sah. Diese Person ist definitiv ein Wunderkinf. Wer weiß, vielleicht war sie mit mehr [Mitochondrien] als jeder andere geboren worden: woher sollte sie sonst die ganze Energie bekommen? Es wäre großartig gewesen, wenn sie etwas davon für Wohltätigkeitsarbeit aufgespart hätte.


Wir machten weiter, da niemand den Stoppschalter bei Haruhis Kalorienverbrennungsplan drücken konnte.

Wir gingen sogar zur örtlichen Feuerwerksshow. Das Feuerwerk bestand aus [Shaku-dama Granaten], die vom Ufer aus gezündet wurden. Die Drei trugen noch einmal in ihre Yukatas, aber nur Haruhi genoß wirklich die Raketen, die "Bumm, Bumm" machten, als sie in die Luft geschossen wurden und "Bumm, Bumm" machten, als sie sich über den Himmel ausbreiteten. Nun, nur sie konnte sich vor Lachen den Bauch halten, als sie auf die armseligen Karikaturen zeigte, die von dem Feuerwerk geschaffen wurden. Haruhi liebt einfach den Überschuss an Glanz. Wir können ihr natürliches, unverdorbenes und sehr kindisches Lächeln nur zu solchen Zeiten sehen, obwohl ich meine Augen ziemlich schnell von ihr abwandte, weil wer weiß, woran ich gedacht hätte, wenn ich sie länger angesehen hätte. Woran ich denken sollte, war ich mir selber nicht sicher. All das lehrte mich jedenfalls: Man muss sich dem Anlass entsprechend kleiden.

Ein paar Tage später nahmen wir spontan am örtlichen japanischen [Grundel]-Angelwettbewerb teil, kamen aber mit leeren Händen zurück. Unsere Köder lockten ständig irgendwelche kleinen Fische an, die wir noch nichtmal zu Gesicht bekamen, daher konnten wir nicht einmal ihre Maße einreichen – obwohl Haruhi in der Freude des Anlockens und Einholens aufging, nicht im Fangen. Dies war mehr ein beruhigender und höchst bewegender Segen, als versehentlich plötzlich aus dem Nichts einen [Quastenflosser] zu fangen, da ich das handgemachte Bento der im Moment grün angelaufenen Asahina-san genbießen konnte, die beim Anblick des Sandwurmköders geflohen war.

Diesmal wurden Haruhi und ich braungebrannt, was im scharfen Kontrast zu den anderen beiden stand, die mit Sonnenschutz gekommen waren. Nagato scheint eine Ausnahme zu sein, da sie, egal unter welchen Umständen, nie Farbe bekommt. Großartig! Denn eine knackig braune Nagato wäre etwas, das nicht von dieser Welt ist.

Nachdem das gesagt ist, wusste ich genau, dass es nicht an der Zeit war, mich zu amüsieren.


Die Zeit raste davon wie ein Zug auf Schienen.

Haruhi war noch immer voller Energie, während ich es mir weiterhin auf die Nerven ging. Die blaue Asahina-san erstrahlte nun in einem dunkelgrünen Farbton, während Koizumi über das ganze Gesicht strahlte, als ob er ihn die ganze gegenwärtige Situation nichts anginge. Nur Nagato zeigte vernachlässigbare Unterschiede.

Im Rückblick waren diese zwei Wochen mit Aufregungen gefüllt.

Das Zeitlimit steht allerdings. Heute ist der dreißigste August, wodurch nur noch ein Sommerferientag verbleibt. Es ist vorbei, wenn uns in den nächsten beiden Tagen nichts einfällt, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, womit ich es versuchen soll. Das Sommerlicht, die Schreie der [Higurashi]... alle Zutaten des Sommers sind Quellen der Sorge. Die Highschool Baseballliga hat auch einen Champion hervorgebracht. Warum, oh warum kann das nicht länger anhalten?

Zumindest bis Haruhi völlig zufrieden ist.


Haruhi strich jeden einzelnen Punkt auf der Liste durch.

Gestern Nacht gingen wir um Mitternacht auf einen Friedhof, als wir die Sommeraktivitäten mit einer "Mutprobe" zum Abschluss brachten. Es gab kein Geisterfeuer, und auch keine Phantome. Das Einzige, was es wert war, ihm Aufmerksamkeit zu schenken, war der panische Gesichtsausdruck von Asahina-san.

"Damit wäre alles erledigt."

Es war gerade kurz nach Mittag am dreißigsten August und wir saßen alle in dem nur allzu bekannten Kaffeehaus.

Haruhi starrte mit einem Gesicht, das so ausdruckslos war, dass es Bleistiftstrichen auf einem Papier glich, auf die Abrissstelle auf dem Papier, als ob sie um den Verbleib der Schätze von [Tokugawa] wüsste. Sie war gleichzeitig sowohl zufrieden, als auch unwillig loszulassen. Mir ging es ähnlich. Es war nur noch ein Sommertag übrig.

Würde der Sommer tatsächlich enden? Zu diesem Zeitpunkt war ich hinsichtlich dessen eher misstrauisch; vielleicht bin ich einfach ein zu großer Skeptiker. Andererseits musste man ja schizophren werden, wenn man ein paar Monate in dieser von einer überemotionalen Chefin geleiteten bescheuerten Organisation verbrachte. Ich hoffte wirklich, dass sie ruhiger werden würde, in etwa so, wie wenn nur Asahina-san bei mir ist, das würde das Leben... Neinneinnein, ich muss damit aufhören, sonst drehen wir uns am Ende nur im Kreis (alle Zweideutigkeiten beabsichtigt).

"Hmm- ist das alles-?"

Haruhi stach wiederholt in das Vanilleeis, das in ihrer Cola schwamm. Sie war sich nicht sicher.

Nagato war still und beobachtete kommentarlos den schwimmenden Zitronenschnitz in ihrem Eistee. Asahina-san hatte ihre Hände auf den Knien fest zusammengefaltet; Sie war völlig fertig, wie ein kleiner Welpe, der ausgeschimpft worden war. Koizumi nippte sorgenfrei wie immer an seinem Wiener Kaffee.

Was mich betrifft, hatte ich nichts zu sagen und verschränkte meine Arme, während ich herauszubekommen versuchte, was ich tun sollte.

"Schon gut, wir haben diesen Sommer genug erlebt. Wir waren an allen möglichen Orten, haben Yukatas getragen und eine ordentliche Menge an Zikaden gefangen"

Mir schien es, als würde sich Haruhi nur selbst überzeugen wollen. Es ist wirklich nicht so! Als ob wir genug getan hätten! Ich fühlte vom Grunde meines Herzens meines Herzens, dass Haruhi noch nicht bereit war, mit dem Sommer abzuschließen. Egal wie sie es zu verbergen versuchte, sie belog sich nur selbst. In ihrem Inneren, im tiefsten Inneren von Haruhi, sehnte sie sich nach mehr.

"Das war's für heute."

Haruhi überreichte mir die Rechnung -

"Jetzt ist es vorbei. Morgen ist frei; es ist egal, wenn ihr zu Hause bleiben und euch ausruhen wollt. Lasst uns uns übermorgen Tagen im Clubraum treffen."

Ich fühlte mich äußerst nervös, als ich Haruhi sich von ihrem Stuhl erheben und den Tisch stilvoll verlassen sah.

Wir konnten Haruhi nicht so nach Hause gehen lassen. Es musste endlich einmal ein Ende haben. Wenn nicht, dann würde die von Koizumi entdeckte und von Nagato bestätigte Zeitspanne von zwei Wochen in ihre fünfzehntausendvierhundertneunundneunzigste Runde gehen.

Aber was sollten wir tun?

Haruhis Gestalt entfernte sich in Zeitlupe von mir.

Genau in diesem Augenblick! In diesem Moment, aus dem nichts, völlig unerwartet-

kam es mir.

Dieses verwirrende Gefühl von "wo habe ich das schon mal gesehen?" kehrte zurück. Diese Welle heute kam mit Gefühlen des Schwindels die unvergleichbar stärker waren als die letzten Male. Es war ein Gefühl von Déjà-vu ungleich allen anderen. Ich wusste, was es war, denn ich hatte es schon tausende Male durchlebt. Dreißigster August. Noch ein Tag übrig.

Da muss etwas in Haruhis Worten sein, das mir unbewusst einen Tritt verpasst hat. Was ist es nur, was ist es, was ist es~

"Bist du in Ordnung?"

Jemand sagte etwas. Koizumis Worte sollten ebenfalls Hinweise liefern. Etwas das laufend verschoben wird und mir Sorgen bereitet...

Haruhi war aufgestanden und bereit einem Wirbelsturm gleich nach Hause zu stürmen. Sie durfte nicht gehen oder an unserer Situation würde sich nichts ändern. Habe ich in der Vergangenheit schon irgendwas unternommen, um die Situation abzuändern? Szene um Szene raste vor mir wie eine Diashow vorbei. Alles, was wir in den letzten zwei Wochen getan hatten...

Und- Dinge die wir nicht getan hatten.

Es blieb keine Zeit um nachzudenken. Ich musste etwas sagen. Es spielte keine Rolle, wie trivial die Sache schien, sag es einfach!

"Meine Probleme sind noch nicht gelöst!"

Ich muss noch einmal klarstellen: Ich habe nicht geschrieen. Als ich später mit kühlem Kopf darauf zurückblickte, wurde es in einem Moment in den Hippokampus eingebrannt und wieder gelöscht. Die umstehenden Kunden und Angestellten sowie Haruhi, die sich schon in der automatischen Tür befand, drehten ihre Köpfe und blickten mich an.

Worte strömten direkt von meinem Kopf aus meinem Mund.

"Genau, es sind die Hausaufgaben!"

Erneut war jeder im Kaffeehaus von meiner lauten Bekanntmachung schockiert.

"Wovon zum Teufel redest du?"

Haruhi trat auf mich zu, als würde sie einen Wahnsinnigen betrachten.

"Dein Aufgaben? Hausaufgaben?"

"Ich hab für die Sommerhausaufgaben, die wir bekommen haben, noch keinen Finger gerührt. Wenn das nicht erledigt wird, kann ich den Sommer nicht enden lassen."

"Bist du irre?"

"Hey! Koizumi!"

"Ja, was ist?"

Koizumi schien einen Schrecken bekommen zu haben.

"Wie steht’s mit dir?"

"Ähnlich, nachdem wir diesen Sommer so beschäftigt waren. Etwa die Hälfte ist noch übrig."

"Dann lass es uns gemeinsam machen. Nagato auch, du wirst sie doch bestimmt nicht gemacht haben!"

Bevor Nagato antworten konnte, streckte ich meine Hand nach Asahina-san aus, deren Mund so weit offen stand, wie der einer Marionette in einer Puppenshow.

"Asahina-san, warum schließt du dich nicht auch an? Lass uns die Arbeit ein für alle mal hinter uns bringen."

"Ähh..."

Asahina-san war im zweiten Jahr, also hatte sie andere Aufgaben als wir, allerdings spielte das im Moment keine Rolle.

"Aber... Aber... Wo... Bei wem?"

"Kommt zu mir. Bringt eure Aufschriebe und eure Bücher mit, dann können wir uns absprechen, während wir arbeiten. Nagato, Koizumi, lasst mich das, was ihr schon gemacht habt, abschreiben."

Koizumi nickte.

"Nagato, bist du dabei?"

"Ja."

Der schon halb-erschöpfte Kappa-Kopf nickte und starrte mich an.

"Alles klar! Wir sehen uns alle morgen! Lasst uns am Morgen anfangen. Wir sollten das alles an einem Tag schaffen können."

Gerade als ich meine Faust hoch erhoben hielt, wie es meinem Ego entsprach -

"Jetzt mal langsam!"

Haruhi, voller Stolz und mit ihren Händen in die Hüften gestemmt, kam an den Tisch zurück.

"Entscheidet das nicht allein! Ich bin die Chefin! Ihr fragt mich besser, ob es in Ordnung ist, etwas zu machen! Kyon, jedes Mitglied, das für sich selbst Entscheidungen trifft, begeht einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Brigaderegeln!"

Nachdem sie das ausgestoßen hatte, starrte Haruhi mich an und kreischte:

"Ich bin dabei!"



Es war der Morgen danach.

Ich glaube, so ist es richtig. Als ich aus dem Bett stieg, wusste ich, dass wir aus dem Schneider waren.

Ich wusste es, da ich mich erinnerte, dass ich vom Land zurückgekommen war, als O-bon vorbei war und ich auch noch Erinnerungen an den August vom Schwimmbadbesuch, der Zikadenjagd und so weiter hatte. Von all diesen Erinnerungen war die beste die, an die gestrige Verabredung, die gerade eben klar in meinem Geist erschien.

Gestern war der einunddreißigste August gewesen und heute war der erste September.

Meine frischesten Erinnerungen eröffneten mir, dass ich am letzten Tag des Sommers das SOS Brigaden Krisentreffen in meinem Zimmer abgehalten hatte. Ich erinnere mich auch gut an das Gefühl von lähmender Erschöpfung erinnern. Es war schon anstrengend genug, all die Aufschriebe zu kopieren, daher kann ich vor der Menge an Arbeit, hätte ich alles allein erledigen müssen, nur in Furcht erschauern. Als ich gestern Abend ins Bett gesunken bin, war sich mein Gehirn einer Sache sicher, und das war, dass mein HP-, MP- und LIMIT-Balken so niedrig waren, dass ein einziger Hieb genug wäre, mich in meinem Bett bewusstlos zu schlagen.

Gestern hatte Haruhi ihren Stoß an Sommerhausaufgaben in mein Zimmer geschleppt, und mir einen kalten Blick zugeworfen, während ich mit meinem Kuli knietief in Arbeit gesteckt hatte. Dann hatten Koizumi, Nagato und Asahina-san mit meiner kleinen Schwester gespielt.

"Schreib nicht einfach alles ab",

wiederholte Haruhi, während sie Knöpfe auf dem Controller drückte und mit meiner Schwester spielte.

"Formuliere es ein bisschen um und stell sicher, dass du bei den Gleichungen ein paar zusätzliche Zwischenschritte machst. Nicht alle Lehrer sind Idioten. Besonders Mathelehrer Yoshizaki achtet auf wichtige Details. Allerdings sind Yoshizakis Lösungen auch nicht gerade Geniestreiche."

Mit fünf Leuten und meiner Schwester in meinem Zimmer war es ohnehin schon überfüllt, aber dass auch noch meine Mutter dazukam, die ständig Essen, Knabbereien und Säfte lieferte, machte das Ganze nur noch schlimmer. Im Gegensatz zu den meisten von uns, die kurz davor standen, eine Sehnenscheidenentzündung von den ganzen Bewegungen unserer Handgelenke zu bekommen, amüsierte sich Haruhi blendend. Seht sie euch nur an! Die Höhergestellten müssen mit demselben Lächeln auf dem Gesicht auf Arbeitssklaven herunterblicken. Wer weiß, ob sie sich übernommen hat. Haruhi hatte sogar angeboten, bei Asahina-sans Aufsatz zu helfen. Wenn Asahina-san mit einer 3 nach Hause kommt, können wir die Schuld daran direkt Haruhi geben.

Als die Reise durch meine Erinnerungslandschaft zu einem Ende gelangt war, kroch ich aus meinem Bett.

Heute war ein nagelneuer Anfang in ein nagelneues Semester, nehme ich zumindest an.

Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich auf den Beginn eines neuen Semesters freute.



Die Schulstunde war zuende. Die Ansprache des Direktors war vorrüber, genauso wie die kurze Klassentreffen. Heute war der erste September. In der Klasse fragte ich "Welcher Tag ist heute?" wofür mir Taniguchi und Kunikida einen mitleidigen Blick zuwarfen. Ich schätze, es ist wirklich der erste September.

Da die Cafeteria und der Lebensmittelladen noch nicht geöffnet hatten, steuerte Haruhi für ihre Essensbedürfnisse das Restaurant außerhalb des Schulgeländes an. Der Clubraum war von Koizumi und mir belegt.

"Suzumiya-san ist ein Maestro der Renaissance. Zweifellos war sie schon seit ihrer Kindheit bemerkenswert, daher sind diese Sommerhausaufgaben überhaupt keine Last für sie. Eine derart bemerkenswerte Personalität würde nicht auf die Idee kommen, die Arbeit mit ihren Freunden teilen zu müssen, da es sinnlos wäre, angesichts ihrer Fähigkeit, die Aufgaben allein zu erledigen."

Nachdem ich Koizumis Erklärung gehört hatte, zog ich den zusammenklappbaren Stuhl zum windowpane. Wir waren im Raum des Literaturclubs. Heute war Orientierungstag, daher hätten wir einfach unsere Taschen packen und gehen können, aber mir war einfach danach, einen Umweg über den Clubraum zu machen, woraufhin sich Koizumi mir einfach angeschlossen hatte. Das Erschreckendste und Wichtigste ist, dass Nagato nicht bei uns ist. Obwohl sie es nicht gezeigt hat, müssen die Sommerferien unglaublich erschöpfend für sie gewesen sein.

Bei der Territorialkontrolle der Zikaden stand eine Veränderung bevor. Higurashi nahmen überhand über die braunen Zikaden. Der Sommer war vorbei, da war ich mir sicher. Allerdings-

"Es ist wie ein Traum! Wir haben das Ende des Augusts fünfzehntausendirgendwas Male erlebt.

"Es wäre nicht grundlagenlos, das zu denken."

Koizumi begann die Karten mit seinem strahlenden Lächeln zu mischen.

"Es gibt keine gemeinsame Erinnerung mit den Versionen von uns, die innerhalb dieser fünfzehntausendvierhundertsiebenundneunzig Wiederholungen existiert haben. Sie existieren nicht auf derselben Zeitachse. Nur wir, die wir die fünfzehntausendvierhundertachtundneunzigste Wiederholung durchgemacht haben, sind in den Zeitstrom zurückgekehrt."

Das mag so sein, aber ich habe eindeutige Hinweise erhalten, die sich in den Gefühlen des Widererkennens gezeigt haben, die mich so oft überkommen haben, besonders die letzte Welle, die mich getroffen hat. Vielleicht sammelten sich in diesen Momenten die Geschenke unserer vergangenen "Wirs" an. Wäre es falsch zu sagen, dass das in der Vergangenheit liegt? Egal ob es vorher oder am Anfang war, die Zeit ist genau wie Tigerhaut, die zu Butter zusammenschmilzt, wenn sie ständig umgerührt wird.

Nun, ich verdanke es den Ichs in diesen tausenden von Wiederholungen, dass mein heutiges Ich wieder auf der richtigen Spur ist. Wenn ich nicht so denke, dann würden tausende und abertausende von Sommertagen, die wir Haruhi verdanken, verschwendet wirken.

Nicht zu vergessen die achttausendsiebenhundertneunundsechzig Ichs, die diesen "Reset" mitbekommen haben.

"Lust auf eine Runde Poker?"

Koizumi begann die die Karten wie ein Amateurzauberer auszuteilen. Es würde nicht schaden, ihm den Gefallen zu tun.

"Gut, wie sieht’s aus? Wenn es um Geld geht, vergiss es."

"Dann ohne Geld."

Ich gewinne nur dann, wenn Gewinnen keine Rolle spielt. Royal Flush! Zum ersten Mal.


Ich schwor mir insgeheim, dass ich, sollte dieser Tag wiederholt werden, auf jeden Fall Geld setzen würde.

(Die endlose Acht - Ende)




Prolog – Herbst[edit]

Endlich waren wir in der zweiten Novemberhälfte angekommen. Nach dem Ende des Schulfestes hatte die Erschöpfung endgültig von meinem ganzen Körper Besitz ergriffen.

Regisseurin Haruhis cinematographischen Fähigkeiten könnte man bestenfalls als chaotisch beschreiben, was nicht verhinderte, dass der Film kein geringer Erfolg wurde. Ich hatte angenommen, sie würde ihren Erfolg nun in vollen Zügen genießen und sich etwas einbremsen, aber egal was geschah, Haruhi hielt an ihrem Tempo fest.

Zusätzlich versorgte die Schule Haruhi am laufenden Band mit irrsinnigen Aktivitäten, die sie auf Ideen brachten oder in Arbeit für ihre Untergebenen endeten, wie etwa die Wahl zum Präsidenten des Schülerrates. Ich war wirklich besorgt was wir tun sollten, falls Haruhi beschließen würde dabei anzutreten. Erst später erfuhr ich von Haruhis seltsamer Ansicht, dass der Schülerrat der verschworene Feind aller kleinen Clubs war und sie weder Interesse daran hatte ihn zu infiltrieren und von Innen heraus zu zerstören, noch ihn als wahrer Meister aus den Schatten heraus zu kontrollieren.

Es klingt so, als würde sie diese unsichtbare Macht, sollte sie überhaupt existieren, lieber frontal konfrontieren.

Es kostete diese viel Überwindung die Existenz eines so verdächtigen Clubs wie die SOS Brigade zu leugnen oder sogar ihn einfach nur zu ignorieren. Ich meine, war es nicht eine gute Sache, dass wir uns jeweils nur um unsere eigenen Angelegenheiten kümmerten? Doch Haruhi ist immer voller Tatendrang. Es ist nur so, dass ich keinerlei Vorstellung davon hatte wie sie gegen diesen unbekannten Feind überhaupt kämpfen wollte.

Jedenfalls war diese erwartete Konfrontation nicht mehr als eine Vorahnung, denn diejenigen, die mit Flaggen und Banner gegen uns zogen, waren keine Auftragskiller des Schülerrates, sondern unsere Nachbarn, die nach Vergeltung schrien.




Der Tag des Schützen[edit]

Die unendliche Finsternis des Weltraums breitete sich vor meinen Augen aus. Es war als würde man eine Brille tragen und sich in der Schwärze des Pferdekopfnebels verlieren: nicht einziger Funken Sternenlicht war zu sehen. Um es plump auszudrücken, es war wie ein grob gefertigter Hintergrund. In diesem Moment begann ich daran zu denken, dass es eine gute Idee gewesen wäre ein paar Filmsequenzen einzubauen, aber alles in dieser Galaxie, inklusive des Hintergrundes, hatte einen bestimmten Grund, sei es wegen der Logistik, technischer Beschränkungen oder aus Zeitgründen.

“Ich kann überhaupt nichts sehen.”

Ich begann zu Murren, nachdem der Bildschirm nichts außer Schwärze zeigte und fragte mich schon, ob der Monitor vielleicht seinen Geist aufgegeben hatte.

Als ich gerade darüber wunderte, wo in dieser Galaxie ich umherwanderte, blinkte plötzlich ein heller Punkt auf dem schwarzen Bildschirm auf und begann sich vorwärts zu bewegen. ich beschloss das meinem Vorgesetzten zu melden.

„He, Haruhi, würde es dir etwas ausmachen dich ein bisschen einzubremsen? Dein Flagschiff ist zu schnell.“

Haruhi beantwortete meine Meldung mit folgenden Worten:

„Nennen sie mich Oberkommandantin, erster Offizier. Die SOS Brigade ist mit den höchsten militärischen Rängen gefüllt, schließlich sind wir ja auch die Größten aller Zeiten.“

Als ich darüber sinnierte, wer von uns der Oberkommandeur und wer der erste Offizier sei…

„Kommandantin Suzumiya, Aufklärungsoffizierin Nagato meldet verdächtige feindliche Flottenbewegungen. Wie sollen wir reagieren?“

Koizumi, dieser Arschkriecher, meldete pflichtbewusst die Geschehnisse. Haruhis Antwort war:

„Wir müssen lediglich einen Überraschungsangriff starten!“

Ein wahrlich Haruhi-istisches Kommando, jedoch gehorchte ihr niemand. Besser gesagt, es wagte ihr niemand zu gehorchen, da wir wenn wir den Feind frontal angreifen würden, wir wie Takedas Kavallerie bei ihrem unglücksseligen Dreifachangriff auf Tanegashima enden würden.

Asahina-san hob ihre Hand und fragte unbehaglich:

„Um… was soll ich tun…?

„Mikuru-chan, du würdest uns nur im Weg stehen, also platziere deine Versorgungsflotte dort hinten, da ich sowieso von vornherein nichts von dir erwartet habe. Kyon, du, Yuki und Koizumi seid dafür zuständig die gegnerische Front zu durchbrechen, während ich ihnen dann den kritischen Schlag verpassen werde. Einen vernichtenden kritischen Schlag!“

Irgendwer, kann denn bitte nicht irgendwer dieses Mädchen aufhalten?

Ich blickte zurück auf den Bildschirm um festzustellen, wo innerhalb der Flotte der SOS Brigade sich meine eigene befand. Die 15.000 Schiffe der <Kyon Flotte> folgen gerade der <Kommandantin Haruhi Flotte> in einer geraden Linie, die <Koizumi Flotte> eskortierte uns an den Seiten, während die allzeit verlässliche <Yuki Flotte> sich weit vorne befand und nach feindlichen Schiffen Ausschau hielt. Die <Mikuru Flotte>, die für die Versorgung zuständig war…. dank Asahina-sans unbeholfenen Pilotenfähigkeiten, befand sie sich schon von Beginn an irgendwo weit Abseits im Weltraum.

„Ah~~!! W…Wo soll ich hin?”

Asahina-san machte ein schluchzähnliches Geräusch; sie war so hilflos wie immer.

Solange du hinter uns bleibst, ist jede Richtung in Ordnung. Flieg nur wohin du willst. Auch wenn es nur eine Flotte auf einem Bildschirm ist, wünsche ich nicht, dass eine Flotte, die deinen Namen trägt, auf der Liste der Opfer erscheint.

Plötzlich begann sich die Situation am Bildschirm zu ändern. Die Spähschiffe, die von der <Yuki Flotte> ausgesendet worden waren, übermittelten nun Daten an meine mit ihnen in Verbindung stehende Flotte. Neben unseren eigenen Schiffen zeigte der dunkle Bildschirm nun auch die gegnerischen Schiffe, die Nagato entdeckt hatte. “Haruhi, du musst zurückfallen!” sagte ich “Sie haben ihre Flotte aufgeteilt und suchen wahrscheinlich nach unserer Position. Als Kommandantin musst du dich auch wie eine verhalten und hinter den Frontlinien Befehle erteilen.“

„Von was zur Hölle sprichst du eigentlich?“

Haruhi presste ihre Lippen irritiert zusammen.

„Willst du mich etwa aus diesem Kampf ausschließen? Wie gemein. Ich will Todesstrahlen und Raketen abfeuern wie jeder andere auch!“

Ich erteilte der <Kyon Flotte> den Befehl die Geschwindigkeit ein wenig zu erhöhen und sagte:

„Haruhi, hör mir zu. Sobald deine Flotte zerstört wird, sind wir verloren. Versteh doch, die vordersten Schiffe der Feinde sind nur Bauern, während ihr Flagschiff sich wahrscheinlich irgendwo hinten versteckt und die Befehle erteilt. Die Leute schicken ja auch beim Schach nie ihren König hinaus aufs Schlachtfeld oder? Außerdem hat die Schlacht gerade erst begonnen.“

“Erm... vielleicht hast du Recht...”

Haruhi sah ein wenig verlegen aus und starrte mich an wie eine Katze, die nach Futter bettelte.


“Dann werde ich fürs erste euch die Situation regeln lassen. Falls ihr in Kontakt mit dem Feind kommt, schießt ihn einfach weg. Wir können nicht gegen diese Bastarde verlieren, absolut unmöglich. Wenn wir verlieren ist die Reputation der SOS Brigade dahin und außerdem könnte ich es nicht ertragen, dass sie damit über uns stehen würden!“

„Kommandantin. Aufklärungsoffizierin Nagatos <Yuki Flotte> ist auf den Feind getroffen und auf Kampfstation gegangen. Ich wünsche ebenfalls, dass uns eure Exzellenz aus dem Hintergrund befehligt.“

Koizumi klang ernst, auch wenn man ihm das wegen seines fröhlichen Lächelns nur schwer abnahm.

„Oh…wirklich?“

Dank Koizumis Arschkriecherei befand sich Haruhi nun im siebenten Himmel. Mit verschränkten Armen saß sie auf dem Platz des Kommandanten und gab das Bild eines frischgebackenen, hochrangigen Befehlshabers ab, der seine Position nur aufgrund seiner Geburtsrechte und nicht wegen seiner Fähigkeiten innehatte.

„Nachdem Beratungsoffizier Koizumi es so empfiehlt, werde ich seinen Rat annehmen. Also los ihr alle, geht raus und tötet sie! Zeigt dem Computerclub was es für Konsequenzen hat wenn man versucht allzu clever zu sein. Unser Kampfziel ist die völlige Vernichtung! Zermalmt sie zu Sternenstaub!“

An ihrem Ziel den Sieg zu erreichen war nichts verkehrt, aber man sollte dabei nicht vergessen, dass sie es waren, die diesen Kampf initiiert hatten, also hatten sie vielleicht noch ein paar Asse im Ärmel.

In meinen Augen waren die Chancen der SOS Brigade einen Sieg zu erringen, geringer als die der japanischen Marine im Leyte Golf. Es gibt keine Wenns in der Geschichte. Selbst wenn wir jetzt die gleiche Truppenstärke haben, würden wir trotzdem verlieren. Es wäre wahrscheinlich das Beste jetzt gleich aufzugeben.

„Seufz, aber das steht wohl nicht zur Debatte.“

Mit verschränkten Armen saß sie auf dem Platz des Kommandanten und gab das Bild eines frischgebackenen, hochrangigen Befehlshabers ab, der seine Position nur aufgrund seiner Geburtsrechte und nicht wegen seiner Fähigkeiten innehatte.

Ich krempelte die Ärmel hoch und ließ mir noch einmal die Informationen über den Feind anzeigen. Wie man von Nagato erwarten konnte, waren inzwischen alle feindlichen Flotten, mit Ausnahme der des Kommandanten, lokalisiert. Die Verantwortung unsere Flotte zum Sieg zu führen oblag nun mir (nachdem mir unfreiwillig der lächerlich übertriebenen Titel des ersten Offiziers verliehen wurde) und meinem Verstand sowie Fingern.

Welche Strategie sollen wir amwenden?

„Zu allererst…. hier!“

Ich starrte auf den LCD Monitor meines Notebooks und versuchte mir vorzustellen wohin uns Kommandantin Haruhis Vorhaben führen würde.

Doch bevor ich darauf näher eingehe, sollte ich wohl erst einmal unsere derzeitige Situation erklären. Es ist immer gut zuerst seine Gedanken zu ordnen, um schließlich die richtige Entscheidung treffen zu können. Also lasst mich von da beginnen.

Es begann alles vor einer Woche.

An einem Herbsttag nach der Schule.

Es war ein paar Tage nach dem Schulfest und die Schule war inzwischen wieder zu ihrer üblichen friedlichen Atmosphäre zurückgekehrt.

Der obige Satz war natürlich nur ein Klischee, in Wirklichkeit sind wir nur wieder dorthin zurückgekehrt, wo wir schon vor dem Schulfest waren. Trotz alledem war ich nicht der Einzige, der froh war, dass die Sache so friedlich ausgegangen war.

Da mir die anderen ihre Gefühle nicht beichteten, hatte ich keine Ahnung was sie wirklich dachten, aber Koizumis übliches Lächeln wirkte erleichterter als sonst, während Nagatos ausdrucksloses Gesicht immer ein sicheres Zeichen für einen gut erledigten Auftrag war.

Seit einiger Zeit war das konzentrierte Lesen dieses Bücherwurms für mich ein Zeichen dafür, dass wieder Friede eingekehrt war. Hätte Nagato damit begonnen schräge Dinge zu tun oder Anzeichen von Hilflosigkeit zu zeigen, dann hätte ich schon damit begonnen meine Memoiren und mein Testament zu schreiben. Ich denke nicht, dass das Wort „unerwartet“ in Nagatos Vokabular überhaupt existiert. Wenn ich sie also in der Ecke des Literaturraumes ihre ausländischen Science-Fiction Romane lesen sehe, dann kann ich mit Überzeugung sagen, dass es ein sicheres Zeichen dafür ist, dass keine alptraumhaften Dinge im Anmarsch sind.

Auf der anderen Seite fuhr das schöne, wenn auch falsche Dienstmädchen damit fort in ihrem üblichen Kostüm sinnlos Tee zu servieren. Es ist schwer zu glauben, dass sie aus der Zukunft stammt, da sie nichts über die Vergangenheit zu wissen scheint. Mit ernstem Gesichtsausdruck begann sie japanischen Tee zu brühen. Ich habe keine Ahnung wo Asahina-san das alles gelernt hat, aber sie scheint die korrekte Brühtemperatur für alle möglichen Teesorten zu kennen. Sie brühte ihn nicht mit heißem Wasser aus dem Wasserkocher, sondern mit Leitungswasser, das in einem Teekessel erhitzt wurde.

In einer Hand hielt sie das Thermometer, öffnete mit der anderen den Deckel und steckte das Thermometer in den Kessel, um es anschließend intensiv zu studieren. Ich konnte sie einfach nicht als jemanden aus der Zukunft sehen. Irgendwas stimmte einfach nicht. Wenn man darüber nachdachte stimmte eigentlich nichts im Hauptquartier der SOS Brigade, denn alles war einfach schräg. Das einzige das normal war, war mein eigenes Bewusstsein, dass mir versicherte, dass ich wirklich existierte. Mann, ich fühle mich gerade wie René Descartes.

Dieser Clubraum gehörte einmal dem Literaturclub aber war nun schon seit einiger Zeit der Unterschlupf für Suzumiya Haruhi und ihr Gefolge. Wahrscheinlich bin ich sogar selbst eine bedeutende Figur, nachdem ich in dieser verzerrten Dimension bei Sinnen bleiben kann. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, werden die anderen Mitglieder der Brigade (mit meiner Ausnahme) jeweils von einer mysteriösen Macht unterstützt, während Haruhi, die Anführerin, selbst voller Mysterien ist. Ich bin der einzige hier mit einem objektiven Verstand, was mich jedes Mal wenn ich es realisiere von neuem frustriert.

Die irren Vier gegen den einen Objektiven – egal wie man es betrachtet, ein solches Verhältnis ist einfach nicht richtig. Ich wünschte jemand würde kommen und meine mentale Belastung mit mir teilen, schon eine Person würde genügen. Schließlich ist es nicht meine Angewohnheit hin und wieder ein paar scharfe Bemerkungen zu machen. Manchmal würde ich auch gerne einfach still bleiben. Warum lastet diese Verantwortung immer auf meinen Schultern? Mir ist danach eine melancholische Melodie zu singen um meiner Frustration über die Ungerechtigkeit dieser Welt Ausdruck zu verleihen. Aber ich will Taniguchi und Kunikida nicht in diese Sache hineinziehen. Nicht aus Mitleid mit ihnen, aber sie sind dem Ganzen einfach nicht gewachsen. Ich glaube nicht, dass ihr Vokabular und ihre Reflexe ausreichen um Haruhi standhalten zu können. Ich denke sie spinnen ein wenig, so wie Tsuruya-san. Verdammt, besteht denn die ganze Welt aus Verrückten?

„Hmm.“

Ich verschränkte meine Arme und murmelte in Gedanken versunken. Mich beunruhigte nicht, welchen Zug ich als nächstes in meinem Spiel Go mit Koizumi machen sollte. Es gab kein Problem damit seine schwarzen Spielsteine an den Rand einer Niederlage zurückzudrängen. Wenn ich auf dieselbe Stufe gestellt werden würde wie ein Brettspielfanatiker wie Koizumi, der wirklich schlecht in ihnen allen war, dann würde mir das ernsthaft Sorgen bereiten. Aber das war nicht mein Problem. Worüber ich nachdachte war, ob diese Welt normal war oder nicht, denn laut meiner Hypothese können in einer verrückten Welt nur Wahnsinnige ein normales Leben führen; selbst der mental Gesündeste würde über kurz oder lang irre werden. Ich glaube ich sollte mich selbst dafür rühmen, in diesem Strudel, der sich SOS Brigade nennt und wo normale Regeln nicht gültig waren, als normaler High School Schüler existieren zu können. Mir steht es zu, allein für diese Leistung gelobt zu werden.

„Erlaube mir also für dich ein paar lobende Worte zu finden.“

Koizumi gelang es seinen Spielstein elegant auf dem Go Brett zu platzieren und graziös einen meiner weißen Steine wegzunehmen. Er mag vielleicht seinen Zug gemacht haben, aber bei der derzeitigen Situation ist es nur eine Frage der Zeit bevor er in die Ecke getrieben wird.

„Danke, aber nein danke.“,

antwortete ich und legte meine Hände in die Box mit den Go Steinen. Unter dem Klappern der Spielsteine warf mir Koizumi einen Blick ehrlicher Anerkennung zu, was mich nur noch mehr irritierte.

„Irgendwie fühle ich mich überhaupt nicht glücklich wenn ich von jemandem wie dir gelobt werde. Stattdessen bin ich eher beunruhigt, was du vielleicht schon wieder im Schilde führst. Lass mich das klarstellen: Ich bin keiner deiner Bauern. Wenn du glaubst ich werde gehorsam deinem Drehbuch folgen, dann täuscht du dich gewaltig.“

„Wenn du sagst „du“, von wem sprichst du dann? Ich bin unschuldig, wirklich. Das geschieht alles nur weil du und Suzumiya-san immer mit abgedrehten Unternehmungen ankommt. Meine Präsenz allein ist der beste Beweis dafür.“

Wenn Koizumi nicht neu an die Schule gewechselt wäre, dann hätte ihn Haruhi nicht für die SOS Brigade rekrutiert. Ihr Interesse an „Koizumi Itsuki“ hatte nichts mit dem Geschlecht, der Persönlichkeit, dem Verhalten oder dem Aussehen zu tun, sondern einfach mit der Tatsache, dass er ein neuer Schüler war, sonst nichts. Geschieht ihm recht. Von allen Zeiten die Schule zu wechseln, musste er genau die auswählen, bei der kurz zuvor ein schräges Mädchen hier angefangen hatte. Oder hat er vielleicht absichtlich gewechselt, nur um an Haruhi heranzukommen? Wenn er der Esper Wunderjunge ist, nach dem Haruhi schon ihr ganzes Leben gesucht hat, dann sollte er sie eigentlich meiden als wäre sie eine hoch radioaktive Substanz, die regelmäßig Cherenkovstrahlung abgibt.

„Das war in der Vergangenheit.“

Koizumi starrte auf die Go-Steine in seiner Hand.

„Es stimmt, der ursprüngliche Plan war sie ohne, dass sie es bemerkt still aus dem Hintergrund zu beobachten. Ich war starr vor Schreck als Suzumiya-san geradewegs in meine Klasse kam und nach mir gesucht hat. Und als sie dann auch noch verkündete, dass es der Zweck des Clubs war nach Außerirdischen, Zeitreisenden und Espern zu suchen um mit ihnen zu spielen, was hätte ich da sonst tun können außer zu lächeln?“

Koizumi fuhr nostalgisch fort:

„Aber die Situation ist jetzt anders. Ich war damals vielleicht ein mysteriöser neuer Schüler, aber ich habe dieses Attribut schon längst verloren. Ich bin mir sicher Suzumiya-san denkt darüber genauso.“

„Und? In meinen Augen bist du noch immer ziemlich geheimnisvoll.“

Koizumi sah sich im Raum um, wie eine Katze die nach engen Plätzen Ausschau hielt. Zuerst heftete er seinen Blick für einige Zeit an Nagato, die mit Lesen beschäftig war, dann auf Asahina-san, die aufmerksam ihren Teekessel beobachtete, bevor er ihn auf seinen Ausgangspunkt zurücklenkte.

Haruhi war nicht da, da sie an diesem Tag Reinigungsdienst hatte, sonst hätten Koizumi und ich uns auch nicht in einer so entspannten Art unterhalten können.

In einem Clubraum, dem die Kommandantin fehlte, zeigte Koizumi ein sanftes Lächeln, wie ein erfahrener Tierarzt, der gerade einen verwundeten Vogel behandelt, und sagte:

„In diesem Augenblick, sind Ich, Nagato-san, Asahina-san und du die wundervollen Mitglieder der SOS Brigade, nicht mehr und nicht weniger. Ich bin mir sicher, dass Suzumiya-san der gleichen Ansicht ist.“

„Darf ich fragen was deine Definition von ‚nicht mehr und nicht weniger’ ist? Hat das irgendwas zu bedeuten?“

„Natürlich hat das etwas zu bedeuten. Paranormale Existenzen wie Außerirdische und Dimensionsreisende gelten als mehr als einfache Mitglieder, während alle anderen weniger signifikant sind als wir.“

Dann sind Taniguchi, Kunikida, Tsuruya-san und meine Schwester also weniger signifikant als wir Mitglieder? Ich will mich ja nicht für sie einsetzen, aber der Gedanke, dass sie weniger wert sind als ich, ist mir unangenehm.

„Es ist ganz einfach. Wenn ihre Existenz Suzumiya-san viel bedeuten würde, dann wären sie inzwischen schon Mitglieder und würden sich während wir hier sprechen mit uns im Raum befinden. Der Umstand, dass sie es nicht tun, bedeutet nur, dass sie in den Augen von Suzumiya-san nicht wichtig sind.“

„Sie bedeuten ihr nicht mehr als ein normaler Passant. Also wirklich, nachdem wir soviel geredet haben konnten wir es trotzdem nicht vermeiden auf die Konsequenz-Theorie zurückzugreifen.“

„Was ist mit Dimensionsreisenden? Sind die noch nicht angekommen?“

“Geht man von der derzeitigen Situation aus, existieren sie vielleicht nicht. Wenn sie es täten, dann wären sie schon durch Zufall oder durch Schicksal in diesen Raum gerufen worden.“

„Sie sollen besser gar nicht erst kommen. Ich will nicht ein eine andere Dimension gesaugt werden.“

Während ich meinen weißen Spielstein auf dem Brett platzierte und Koizumis Steine dezimierte, wurde eine Teetasse neben das Go-Brett gestellt, auf dem der Sieger inzwischen entschieden war.

„Entschuldige, dass ihr warten musstet. Bitte genießt euren Tee.“

Lächelnd wie ein gutmütiger Coach, der es gerade geschafft hat sein zusammengeflicktes Schulbaseballteam in die regionale Meisterschaft zu führen, stand Asahina-san neben dem Tisch und sagte:

„Ich hab eine neue Marke von Teeblättern namens ‚Karigane’ gekauft. Sie sind leicht zu brühen aber dafür sehr teuer.“

Asahina-san, du solltest diese Teeblätter nicht von deinem eigenen Geld bezahlen, denk daran Haruhi zu sagen, dass sie dir deine Kosten ersetzen soll. Es ist wirklich nicht notwendig sich so viele Gedanken über die Teeblätter zu machen, denn solange es von den Händen von Asahina-san zubereitet wurde, schmeckt sogar ein Becher Leitungswasser besser als eine Flasche reines Evian Mineralwasser.“

„Hee hee, dann probier bitte den Tee.“

Asahina-san hatte nun schon so lange ein Dienstmädchen gespielt, dass sie inzwischen gut darin war. Sie platzierte einen weiteren Becher auf Koizumis Seite, trug dann grazil das Tablett tüber zu Nagato und stellte neben ihr ebenfalls einen Becher hin.

„…..“

Wie immer hatte Nagato nichts zu sagen, aber für Asahina-san war diese Stille gleichbedeutend ehrlicher Dankbarkeit. Bis jetzt warte ich noch immer darauf die Außerirdische und die Zeitreisende der SOS Brigade sich fröhlich unterhalten zu sehen… Nein, wartet, ich habe Nagato noch mit niemanden eine fröhliche Unterhaltung führen sehen. Vergesst es, vielleicht ist das auch eine gute Sache. Wenn Nagato so plötzlich gesprächig werden würde, würde ich glaube ich in Panik ausbrechen. Außerdem, wenn sie wie Haruhi werden würde, bei der es besser ist wenn sie die Klappe hält, wäre das wirklich schade.

Für stille Leute ist es am besten still zu bleiben.

Asahina-san hatte nun schon so lange ein Dienstmädchen gespielt, dass sie inzwischen gut darin war. Sie platzierte einen weiteren Becher auf Koizumis Seite, trug dann grazil das Tablett tüber zu Nagato und stellte neben ihr ebenfalls einen Becher hin.


Die Idylle des Brettspiele Spielens und Tee Trinkens ließ einen vergessen, dass noch immer Böses in der Welt existierte. Doch dieser kurze Moment des Friedens währte nicht lange. Aus Angst vergessen zu werden, kommen die Probleme regelmäßig auf einen Besuch vorbei.

Ein Klopfen hallte von der Tür. Ich hob meinen Kopf und beobachtete die zerkratzte, billige Tür und bereitete mich geistig vor. Warum ich mich geistig vorbereitete fragt ihr? Weil zu diesem Zeitpunkt die Einzigen im Clubraum wir vier minus Haruhi waren und wenn Haruhi jemals klopfen würde, dann würde ich in die hinterste Ecke des Raumes gehen müssen um dort herzhaft zu lachen. Anders gesagt, wer anklopft ist weder Haruhi noch sonst wer aus der SOS Brigade, sondern jemand ganz anderes. Ich hatte keine Idee wer es sein könnte, aber er mussten einen Grund für seinen Besuch haben. So ist es immer, wie man bei Kimidori-sans Besuch gesehen hatte.

„Ich komme.“

Asahina-san eilte mit kleinen Schritten in ihren Pantoffeln zur Tür. Wie professionell, es ist fast so, als würde sie sich selbst schon für ein Dienstmädchen halten. Das ist gut… von was zur Hölle habe ich gerade gesprochen?

„Huh?“

Asahina-san öffnete die Tür und blinzelte ungläubig mit ihren Augen, als ob sie einen überraschenden Besucher sehen würde.

„Bitte tritt ein… um… willst du hereinkommen?“

Asahina-san trat zwei Schritte zurück und schirmte aus unerfindlichen Gründen ihre Brüste mit ihren Armen ab.

„Nein danke, es reicht wenn ich hier stehen bleibe.“

Die Antwort des Besuchers klang ein wenig ängstlich. Er streckte seinen Kopf durch die offene Tür und sah sich im Raum um.

„Oh, eure Anführerin ist nicht hier….“

Wer gerade die Anspannung in seinen Worten verbergen will, war niemand anderer als der Leiter des Raumes neben uns, der Präsident des Computerclubs.



Nachdem sonst niemand etwas sagte, oblag es schlussendlich mir die Verhandlung zu führen. Asahina-san stand weiter wie erstarrt da, Koizumi saß nur da und lächelte den Präsidenten an, während Nagato einfach damit fortfuhr ihr Buch zu lesen.

„Wie kann ich dir helfen?“

Nachdem er ein Senpai war, war es nur natürlich freundlich zu ihm zu sein. Ich stand auf und stellte mich vor Asahina-san. Hmm? Hinter dem Präsidenten des Computerclubs, der noch nicht einmal gewagt hatte über die Schwelle zu treten, stand ein ganzer Haufen männlicher Schüler, die den Eindruck erweckten, als seien sie seine leblosen Handlanger. Was soll das darstellen? Es ist noch immer ein bisschen zu früh um Rache auszuüben.

Als der Präsident bemerkte, dass ich es war, der gekommen war, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus und lächelte leicht. Dann richtete er sich auf und sagte:

„Hier, nimm das.“

Ich wusste nicht was er vorhatte, als er mir plötzlich eine einzelne CD-Hülle entgegenhielt. Egal ob ich sie akzeptieren würde oder nicht, es gab keinen Grund dafür, dass uns der Computerclub etwas schenken würde, weshalb ich sie natürlich misstrauisch beäugte.

„Nein, nein, da ist nichts Verdächtiges daran.”, sagte der Präsident, „Es ist eine Spielesoftware, ein selbst entwickeltes Spiel unserer Studiengruppe. Wir haben es während dem Schulfest verteilt, kannst du dich nicht daran erinnern?“

Es tut mir leid, ich glaube nicht, dass ich damals für so etwas Zeit hatte. Das Einzige an das ich mich vom Schulfest erinnern kann sind die Bandkonzerte und Asahina-sans Kellnerinnenkostüm.

„Ich verstehe….”

Der Präsident der Computergruppe sah nicht genkickt aus, aber seine Augenbrauen sanken deutlich als er sagte: „Daran ist nur der schlechte Standort schuld…”

Falls du gekommen bist um ein wenig zu plaudern, dann solltest du jetzt besser gehen bevor Haruhi zurückkommt und wieder Krawall schlägt.

„Natürlich bin ich aus einem bestimmten Grund hergekommen, aber es ist besser die Sache einfach zu halten. Also, dann lege ich mal los!“

Der Präsident schwitzte noch immer und hielt sich weiterhin damit zurück etwas zu sagen; die leblosen Handlanger hinter ihm nickten nur mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck. Jetzt beeil dich schon und sprich aus was du zu sagen hast.

„Lasst uns einen Showdown mit diesem Spiel haben!“,

sagte der Präsident in einem anderen Tonfall und streckte mir abermals die CD-Hülle entgegen.

Warum sollten wir das Bedürfnis haben in diesem Spiel ein Match mit dem Computerclub auszutragen? Wenn euch Spieler fehlen, dann rate ich euch euer Glück bei den anderen Clubs zu versuchen.

„Das ist kein Spiel!“

Sieht so aus als würde sich der Präsident weiter abmühen wollen.

„Das ist ein Showdown, bei dem um Einsätze gespielt wird!“

Dann geh zu Koizumi, ich bin mir sicher er würde sich freuen mit dir zu spielen bis die Sonne untergeht.

„Nein! Wir wollen mit dir einen Showdown haben!“

Ich bitte dich, hör auf das Wort “Showdown” zu benutzen. Es ist ja nicht so, als ob du nicht wüsstest wie schnell Haruhi solche Worte aufschnappt und wenn dieses überselbstbewusste, egozentrische Mädchen dich hört…

„WHOOOAAA!!!“ „URRRGGGHHH!!!“

Nach einer ganzen Serien von seltsamen Lauten verschwand der Präsident aus meinen Sichtfeld, als er zur Seite gestoßen wurde.

„Whoa!?“ „Präsident!“ “Bist du in Ordnung?”

Ein paar Sekunden darauf begannen die leblosen Handlanger zu schreien und an die Seite ihres Präsidenten zu eilen, der nun auf dem Gang lag, während ich langsam meinen Blick auf ihn lenkte.

„Wer zur Hölle seid ihr!?“

Wer mit glänzenden Pupillen und geöffneten wunderschönen Lippen auf die Mitglieder des Computerclubs starrte, war niemand anderer als Suzumiya Haruhi.

Nach diesem Angriff aus dem Hinterhalt mittels fliegenden Fußtritts, legte sie eine perfekte Landung hin und sah extrem selbstzufrieden aus.

Haruhi schnippte stolz die Haare bei ihren Ohren weg und sagte:

„So, die Böse Organisation ist also gekommen. Ihr müsst die geheime Gruppe sein, die die SOS Brigade als ihren geschworenen Feind ansieht. Damit werde ich euch nicht davonkommen lassen! Wir tragen die Verantwortung Licht in die Dunkelheit zu bringen und die Welt von allem Üblen zu befreien! Kleine Fische werden immer kleine Fische bleiben, also beeilt euch und haut ab sobald ihre euer Stück abgespielt habt!“

Der Präsident, der sich scheinbar den Kopf gestoßen hatte als er gefallen war, jammerte vor Schmerzen, während seine Mitglieder mit besorgtem Blick bei ihm saßen. Es scheint als wäre ich der Einzige der Haruhis Erklärung gehört hatte.

„Haruhi, ich will dich ja nicht kritisieren…“

Ich habe schon vergessen wie oft ich versucht hatte Haruhi aufzuhalten seitdem ich auf der High School war.

„Du solltest dir zumindest anhören was er zu sagen hat bevor du ihn zusammenschlägst. Dank dir weiß ich nicht einmal warum er hergekommen ist. Alles was ich weiß ist, dass er mit uns einen Showdown in irgendeinem Computerspiel haben will…“

„Kyon! Sobald jemand einen Wettkampf verlangt ist alles entschieden. Das ist eine Kriegserklärung. Alles was der Verlierer sonst noch sagt sind reine Ausreden. Wenn kümmert es schon was sie noch sagen bevor wir sie besiegen!“

Wie ein Jäger, der seine Beute begutachten will, ging Haruhi zum Präsidenten hin uns sagte im respektlosem Tonfall:

Nach diesem Angriff aus dem Hinterhalt mittels fliegenden Fußtritts, legte sie eine perfekte Landung hin und sah extrem selbstzufrieden aus.

„Oh, ihr seid es, unsere Nachbarn. Was macht ihr überhaupt hier?“

Genau deshalb habe ich auch gesagt, dass du ihm eine Chance geben musst sich zu erklären. Du warst diejenige, die ihn auf die Bretter geschickt hat bevor er noch etwas sagen konnte.

„Das ist weil“, Haruhi begann leicht zu schmollen, „ich gedacht hatte es wäre der Schülerrat, der uns aus unserem Clubraum vertreiben will. Es ist glaub ich an der Zeit, dass die hier auftauchen. Wirklich, warum tauchen hier immer Leute auf die uns Probleme machen wollen?“

„Selbst wenn es der Schülerrat wäre, es gibt keinen Grund die Leute gleich zusammenzuschlagen.“

Als ich gerade angestrengt versuchte es Haruhi auszureden…

„Weil es mir gerade einfällt, wir haben noch immer nicht die andere Aktivität abgehalten…”

Koizumi erschien plötzlich am Gang und erinnerte Haruhi tief in Gedanken versunken an etwas. Musst du wirklich so ein Wichtigtuer sein?

„Ugh… SOS Brigade… ihr solltet euch wirklich schämen…“

Nachdem er eine längere Zeit gejammert hatte, war der Präsident schließlich mit Hilfe seiner Mitglieder aufgestanden.

„Ah, jedenfalls lasst uns einen Wettkampf austragen. Ich weiß, dass wir uns nicht so gut verstehen, also habe ich es schriftlich vorbereitet. Sobald ihr es gelesen habt, werdet ihr wissen worum sich der Wettkampf dreht.“

Eines der Mitglieder nahm einen Stapel kopiertes Papier und CD-Hüllen heraus und ging ängstlich in unsere Richtung, als würde er Löwen mit rohem Fleisch füttern wollen.

„Danke.“

Koizumi lächelte und nahm das Papier und die CDs entgegen.

„Jetzt haben wir die Spielesoftware, aber gibt es auch eine Bedienungsanleitung?“

Ein zweites Mitglied trug einen weiteren Stapel Papier und gab ihn Koizumi. Dann sagte er leise:

„Präsident, wir haben unseren Auftrag erfüllt. Lasst uns in unseren Clubraum zurückkehren.“

„Ja, lasst uns zurückgehen.“

Er nickte schwach.

„Dann entschuldigt uns bitte…“

Nachdem er nur einen Teil des Ganzen erklärt hatte, bereitete der Präsident seine Flucht vor, aber Haruhi fasste ihn am Kragen und verhinderte so sein Entkommen.

„Erklär erstmal alles ordentlich bevor du abhaust! Glaub erst gar nicht du kannst mich mit einer albernen schriftlichen Erklärung abspeisen. Jetzt sag das alles noch mal, so dass es auch dieser Idiot Kyon hier verstehen kann!“

Wenn nennst du hier einen Idioten!?

Das Ergebnis war, dass der bemitleidenswerte Präsident des Computerclubs in den Raum des Literaturclubs gezerrt wurde. Bevor noch die anderen Mitglieder zu seiner Rettung eilen konnten, wurde die Tür zugeschlagen.



Ungleich Haruhi, die in jedem Monat des Jahres aktiv ist, kehrte jeder andere in der Schule zu seinem normalen ruhigen Schulalltag zurück, sobald das Schulfest vorbei war. Der Computerclub schien jedoch damit ebenfalls unzufrieden sein und beschloss daher drastische Maßnahmen zu ergreifen. Jetzt saß ihr Präsident hier alleine ängstlich auf einem stählernem Stuhl und sah aus wie ein weißer Magier, der in einem Dungeon von seiner Gruppe getrennt worden war und nun ohne MP von einer Horde blutdurstiger Vampire umringt war. Er war noch nicht einmal in der Stimmung den Tee zu genießen, den Asahina-san gebrüht hatte, während Haruhi begann ihn zu verhören.

Erlaubt mir die wichtigsten Ergebnisse des Verhörs hervorzuheben.

Der Präsident des Computerclubs verlangte folgende Dinge:

  1. Wettkampf mit dem Computerclub mittels des Spiels, das sie programmiert hatten.
  2. Wenn wir gewinnen muss der Computer, der sich auf dem Schreibtisch der SOS Brigade befindet, seinem ursprünglichen Besitzer 
     zurückgegeben werden.
  3. Schließlich ist ein derartig hochentwickelter Vielzweckcomputer für die SOS Brigade eine Verschwendung. Er sollte im Raum des 
     Computerclubs stehen, damit sein Potential ausgenutzt wird, also verlangen wir, dass er sofort zurückgegeben wird. 
  4. Als uns der Computer weggenommen wurde, verursachte das dem Präsidenten und den Mitgliedern große Schmerzen, aber wir wollen 
     das einmal beiseite lassen. Wir wollen diesen Vorfall einfach nur vergessen, also lasst uns so tun als wäre er nie geschehen.
  5. Aufgrund der obigen Gründe müsst ihr unsere Herausforderung annehmen…. Lasst uns eine Schlacht schlagen!


Der Stapel schriftlicher Erklärungen, den mir Koizumi reichte, enthielt ein paar unverständliche Dinge, die mit den obigen Worten mehr oder weniger zusammengefasst waren. Im Wesentlichen war es eine Kombination aus Beschwerdebrief und Herausforderung, aber ich hatte erst die sorgfältig gedruckten Zeilen der ersten Seite gelesen bevor Haruhi beschloss es aus erster Hand vom Präsidenten zu hören. Was er sagen wollte war ziemlich simpel.

„Wenn ihr keine Verwendung für den Computer habt, dann gebt ihn uns zurück.“,

sagte der Präsident. Haruhi antwortete:

„Natürlich brauchen wir ihn, die ganze Zeit. Gerade erst haben wir ihn dazu verwendet unseren Film zu schneiden und zu editieren.“

Um genau zu sein war ich der Einzige der ihn je verwendete.

„Wir haben sogar eine Website gestaltet.“

Auch das habe ich gemacht. Mit Ausnahme von Internetsurfen um die Zeit totzuschlagen und dem Gestalten von einem symbolischen Emblem, das nichts anders als Gekritzel war, hatte Haruhi den Computer kaum verwendet.

„Das Einzige was eure Website nach sechs Monaten aufweisen kann ist die Hauptseite und ihr habt sie seit Monaten nicht mehr aktualisiert!“,

erwiderte der Präsident wutentbrannt. Also er ist es, der die Seite regelmäßig besucht und damit den Besucherzähler nach oben schraubt. Ich verstehe, das würde auch erklären warum er damals in dieser gigantischen Höhlengrille gefangen war. Es beschäftigt ihn wirklich wie oft wir den Computer benutzen.

„Aber als ich euch nach einem Computer gefragt habe ward ihr einverstanden. Kyon, du kannst dich doch auch daran erinnern, nicht?“

Ob ich mich daran erinnere? Ja, ich kann mich noch genau daran erinnern wie Asahina-san schluchzend am Boden kniete, welch armes Mädchen. Aber ich schenkte damals den Worten des Präsidenten keine Aufmerksamkeit. Selbst wenn er zugestimmt hätte, er war damals seelisch am Boden zerstört, so das die Abmachung wahrscheinlich gar nicht gültig wäre.

„Einspruch! Ich protestiere heftigst gegen diese Darstellung der Dinge!“

Sieht so aus als wäre es dem Präsidenten dieses Mal ernst. Er verschränkte seine Arme und schloss seinen Mund und gab das Bild eines entschlossenen Kriegers ab, der bereit war auf dem Schlachtfeld zu sterben. Ich hatte gedacht, er hätte nach einem halben Jahr aufgegeben, aber sein inneres Feuer brannte noch immer hell.

„Hmm…“ Haruhi lächelte und nickte. “Gut, nachdem ihr einen Wettkampf mit uns haben wollt, werde ich eure Herausforderung annehmen. Wir spielen um den Computer, nicht? Was ist also euer Einsatz?”

„Der Computer, der dort steht, was sonst? Wenn wir verlieren bleibt der Computer bei euch.“

„Dieser Computer gehört uns schon. Es macht keinen Spaß etwas zu gewinnen was schon unser ist, also findet etwas anderes um das wir spielen können!“

Aus irgendeinem Grund bewegten mich Haruhis Worte. Sie fand immer einen Weg jegliches illegal erhaltene Objekt in ihren eigenen Besitz zu verwandeln. Denkt sie daran eine professionelle Diebin zu werden?

Der Präsident wurde jedenfalls nicht sauer sondern zeigte nur ein gequältes Lächeln.

„Gut, wenn ihr gewinnt, dann geben wir euch einen neuen …. Genau, wir geben auch vier Computer. Es sind alles Notebooks, also solltet ihr keine Probleme mit ihnen haben…“

Wie tapfer den Einsatz zu erhöhen. Haruhi hatte nicht damit gerechnet, dass er so etwas sagen würde.

„Wirklich? Seid ihr euch sicher?“

Sie sprang von ihrem Chefschreibtisch auf und starrte in das Gesicht des Präsidenten.

„Meint ihr das wirklich ernst? Wenn ihr auch nicht an euer Wort haltet, werde ich euch nie vergeben!“

„Du hast mein Wort. Ich werde sogar eine Willenserklärung unterschreiben.“

Beim Anblick des herausfordernden Blicks des Präsidenten, verstand ich plötzlich, woher seine Zuversicht kam.

Seit einiger Zeit starrte Nagato nun schon auf die CD in ihrer Hand. Was für ein Spiel sie enthielt wusste ich nicht, aber eines war sicher, der Computerclub hatte sein gesamtes Wissen für die Entwicklung eingesetzt. Die Frage, ob alle im Computerclub erfahrene Spieler waren mal außen vorgelassen, denken sie wohl, dass sie die Amateure der SOS Brigade vernichtend schlagen können. Das glaube ich auch. In einem echten Wettkampf, ganz gleich um welches Spiel es sich handelte, war es unwahrscheinlich, dass wir den Sieg davontragen würden. Wir haben das Baseballspiel nur dank Nagatos magischem Schläger gewonnen und nicht aufgrund unserer Fähigkeiten.

Allerdings gab es jemanden in unserer Brigade, der das einfach nicht verstand.

„Ihr habt keine Mädchen in eurem Club, oder?“

Haruhi stellte plötzlich eine derart bedeutungslose Frage.

„Haben wir nicht, na und?“, antwortete der Präsident.

„Wollt ihr denn keine weiblichen Mitglieder?“

„….N….nein.“

Der Präsident versuchte sein Möglichstes seine Haltung zu bewahren, während Haruhi grinste wie ein alter Lüstling.

„Wenn ihr gewinnt, belohne ich auch mit diesem Mädchen.“

Sie zeigte auf Nagato.

“Ich wette ihr wollt ein Mädchen in eurem Club, nicht? Yuki ist sehr nützlich. Sie hat ein großartiges Gedächtnis und benimmt sich besser als jeder andere von uns.“

Du Idiot! Wie kannst du nur einen derartigen Vorschlag machen? Sie haben uns vier Computer geboten, während wir nur eine Person bieten, ist das nicht zu wenig? Außerdem, es ist unmöglich, dass vier Computer Nagato aufwiegen können, auch wenn du das wahrscheinlich noch nicht weißt.

„….“

Nagato sah wirklich gefasst auf für den Umstand, dass sie gerade als Wetteinsatz verwendet wurde. Ohne sich zu bewegen verlagerte sie ihren Blick über mich und hinter Haruhi, bis er auf dem Gesicht des Präsidenten landete.

„Huh…. a…. aber….”

“Was ist jetzt? Willst du damit etwa sagen, dass du lieber Mikuru-chan hättest? Oder denkst du, dass eure vier Computer nicht genug für Nagato-san sind? Gut, lasst uns einen weiteren Preis ausmachen. Wenn wir gewinnen müsst ihr euren Clubnahmen in ‚SOS Brigade North High Abteilung Zwei’ ändern.“

„Eh….wa….ich…“,

stotterte Asahina-san nachdem sie Haruhis Worte gehört hatte und erstarrte auf der Stelle.

„Du darfst gehen und ihre Trophäe sein für den Fall, dass wir verlieren.“

Ich wandte mich entrüstet zu Haruhi,

„Hör auf Nagato und Asahina-san als Objekte zu behandeln! Warum kannst du nicht um dich selbst wetten? Es gibt eine Grenze bei Anstößigkeiten!“

„Wovon redest du? Der Kommandant ist die heiligste und symbolischste Existenz der SOS Brigade und darf nicht entweiht werden. Der Kommandant repräsentiert die ganze Natur der SOS Brigade! Mit Ausnahme von denen, die ich selbst ausgewählt habe, denke ich gar nicht daran von dieser Position zurückzutreten!“

Soll das heißen, dass du die Kontrolle über diesen Bereich auch noch behalten willst nachdem du graduiert hast?

„Außerdem, es gibt nichts, das meinen Wert entsprechen würde! Noch nicht einmal wenn sie in den entlegendsten Ecken der Welt danach suchen würden!“

Haruhi wehrte meine Angriffe mit unsinnigen Argumenten ab, zeigte zuerst auf die stille Nagato, dann auf die erstarrte Asahina-san und trat schließlich an den Präsidenten heran.

„Jetzt wähl aus! Welche willst du haben?“

Während sie das sagte, funkelte sie in meine Richtung und fügte hinzu:

„Falls du schlussendlich doch mich wählen willst….. ist es in Ordnung, du kannst auch mich als Einsatz bestimmen!“

Wie zu erwarten war ließ sich der Präsident nicht von Haruhis höhnischen Bemerkungen beeindrucken. Ich folgte seinen Blick und bemerkte wie er einige Male zu Nagato sah. Das konnte ich nachvollziehen.

Mit der Schuld behaftet, Asahina-san begrapscht zu haben, fühlte sich der Ex-Missetäter natürlich nicht dazu in der Lage sein Opfer auszuwählen. Andererseits hat mir Taniguchi auch erzählt, dass Nagato viele heimliche Verehrer hatte. Vielleicht ist diese Art von stillem, bücherversessenem Mädchen ja der Typ des Präsidenten. Der Umstand, dass er es nicht wagte vor Asahina-san seinen Kopf zu heben, war der andere Hinweis. Er versuchte noch immer sein Image zu bewahren, indem er es vermied offen zuzugeben „Ich will ein Mädchen in meinem Club.“ Also ist es nur natürlich, dass er Nagato wählen würde.

Was mit Haruhi ist fragt ihr? Ha. Sobald ihr exzentrischer Ruf sich in der Schule verbreitet hatte, sind die einzigen Typen, die sie wählen würden, entweder geborene Masochisten oder einfach selber schräg drauf. Natürlich können sie Haruhi in Sachen Verrücktheit nie ebenbürtig sein, was mich erleichtert aufatmen lässt.


Und so war der Schauplatz für die Entscheidungsschlacht festgelegt worden.

Der Präsident führte seine Handlanger aus dem Literaturclub und kehrte schnell zurück. Dieses Mal trugen sie soweit ich mich erinnere vier Notebooks. Zuerst dachte ich, wie großzügig von ihnen uns den Preis schon im Voraus zu überreichen. Erst dann realisierte ich, dass das Spiel fünf Computer verlangte. Unklar ob es sich bei ihnen um Mitglieder des Computerclubs oder um Telekommunikationstechniker handelte, verlegten sie daraufhin rasch LAN-Kabel zwischen Haruhis Desktop-Pc und den übrigen vier Notebooks und installierten das Spiel, das sie entwickelt hatten auf den Geräten. Ihrer Unterhaltung nach zu schließen handelte es sich um eine 5 vs. 5 Weltraumsimulation. Im Grunde würden die fünf Computer der SOS Brigade über einen gemeinsamen Server mit den fünf Computern der Computergruppe spielen, nur dass wir dabei in unserem Raum sitzen werden und sie in ihrem.

Der Server stand natürlich in ihrem Raum. Hmm, Ich verstehe.

„Eine Woche Trainingszeit ist für euch genug?“

Der Präsident sah zufrieden auf seine flotten und effizienten Mitglieder.

„Die Schlacht wird in einer Woche um 16:00 beginnen. Versucht vorher ein bisschen zu trainieren. Es macht keinen Spaß wenn unsere Gegner zu schwach sind.“

Er redet, als ob er das gewinnen würde. Er klingt in diesem Punkt schon genau wie Haruhi. Nur der Gedanke daran etwas Neues zu bekommen ist schon genug um Haruhi von Ohr zu Ohr grinsen zu lassen.

„Hmm, ich hatte schon daran gedacht ein paar neue Notebooks anzuschaffen. Jeder sollte eines haben nachdem in Ausstattung zu investieren einer der Schlüsselpunkte ist um seine Mitarbeiter zu motivieren.“

Ich bin nicht jemand, der durch ein gewöhnliches Notebook motiviert werden kann. Aber nachdem ich es gratis bekomme, werde ich es wohl akzeptieren.

Ich trank den inzwischen erkalteten Tee und bemerkte Nagatos Gesichtsausdruck. Sie stand neben Asahina-san an der Wand und beobachtete emotionslos die Arbeit des Computerclubs. Es zeigte sich keine Veränderung in ihren Emotionen, sie sah so friedlich aus wie immer.

Ich denke nicht, dass sie in ihrem eigenen Spiel einen Virus installieren würden, aber es gibt keine Garantie, dass sie es nicht tun würden. Sollte es so sein, würde Nagato etwas dagegen unternehmen. Solange sie bei uns ist kann ich beruhigt sein. Egal welche Tricks der Computerclub abzieht, sie haben keine Chance Nagato zu täuschen.

Während ich mit meinem leeren Teebecher spielte, eilte Asahina-san an meine Seite und sagte:

„Kyon-kun…. was…. was soll ich tun? Ich…. ich weiß absolute nichts über Maschinen….”

Mit besorgten Augen starrte sie gebannt auf die sich immer weiter vermehrenden Kabel. Aber es gibt nichts worüber man sich sorgen sollte.

„Es ist nur ein Spiel, also spiel einfach mit und hab Spaß.“

Ich beruhigte sie. Um ehrlich zu sein, ich meinte auch was ich sagte. Wären die Einsätze für diesen Wettkampf wirklich Nagato und Ashahina-san, dann würde ich ohne zu zögern mit ganzer Kraft kämpfen, aber wenn es darum ging ob Haruhi den Computer, den sie mit unlauteren Mittel erworben hatte, zurückgeben muss, dann ist das eine ganz andere Sache. Meiner Meinung nach wiesen die Bedingungen des Computerclubs ein geringes Risiko aber einen hohen Ertrag auf. Das zeugte vom Unterschied zwischen den Hürden und der Zuversicht in den beiden Teams.

„Das ist ein Wettkampf, bei dem wir nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen haben. Deshalb hat Haruhi ihn auch so schnell akzeptiert.“

Ich sagte das überzeugt um die Anspannung von Asahina-san zu mildern und lächelte sogar geflissentlich.

„Aber Suzumiya-san…. es scheint ihr so ernst zu sein…“

Sobald der Computerclub mit der Installation fertig war, fasste Haruhi Koizumi, der gerade einen Stapel Papier hielt, der scheinbar die Bedienungsanleitung darstellte und ging zurück an ihren Kommandantenschreibtisch um das Spiel sofort auszuprobieren.

Aus irgendeinem Grund schienen alle Mitglieder mit Ausnahme des Präsidenten sehr zufrieden als die den Raum verließen, oder sollte ich eher sagen, geradezu eingebildet, als ob sie gerade etwas Großes erreicht hätten.

Danach testeten wir jeden der Computer. Dieses Testen dauerte bis zum Sonnenuntergang und wir beschlossen es für den Tag genug sein zu lassen.

Als wir Fünf den Hügel der Schule hinabgingen unterhielt ich mich mit Koizumi. Ich wartete bis wir einige Meter hinter den Mädchen waren und sagte:

„Vor einiger Zeit habe ich beschlossen einen bestimmten Satz für immer aus meinem Vokabular zu streichen.“

Als wir Fünf den Hügel der Schule hinabgingen unterhielt ich mich mit Koizumi.

„Wirklich? Welcher ist es?“

“Rate.”

Koizumi lächelte ironisch und tat so als würde er nachdenken.

„Aus deiner Perspektive gibt es nicht viele Worte, die du verbannen würdest. Es könnte der sprachlose Ausdruck ‚…..’ sein, oder „Jetzt reicht es!“ Das wären wohl die passendsten Antworten, nicht?“

Ich blieb stumm während Koizumi lächelnd meine Frage beantwortete.

„Ok, du hast gewonnen.“

Ich gab ihm ein Achsezucken und erhob meine Hände als Belohnung dafür, dass er richtig geraten hatte. Koizumi winkte überheblich mit seinen Händen und sagte:

„Ich verstehe vollkommen wie du dich gerade fühlst.“

Als ob…

„Nein nein, du versucht zu vermeiden immer wieder in die gleiche Gemütslage zu kommen. Wenn du immer dasselbe machst, dann wirst du es müde werden, selbst wenn es außer dir niemand bemerkt. Es ist wie wenn man kein Spiel spielen will, das man schon tausende Male gespielt hat, so dass es einen inzwischen langweilt. Du sorgst dich in Wirklichkeit darum, was passiert, wenn du des Ganzen hier überdrüssig wirst. Das ist das Gleiche wie bei Suzumiya-san, mit dem Unterschied, dass ihre Handlungen auf ihren Gedanken basieren, während deine Gedanken auf ihre Handlungen beschränkt sind. Also, wer ist nun der Entspanntere hier?”

Warum analysierst du das Ganze wie ein Psychiater? Das Loch in meinen Herzen kann nicht so einfach von deinen spontan aufgestellten Theorien gefüllt werden. In Wirklichkeit bist du es, der seine Taten überdenken sollte. Als Haruhis Ja-Sager bist du der Letzte, der mich analysieren sollte.

„Als Ja-Sager vielleicht, aber ich bleibe hier aus freien Stücken. Hast du schon vergessen? Obwohl Nagato-san, Asahina-san und ich verschiedene Fraktionen und Ideale vertreten, sind wir hier alle aus mehr oder weniger dem selben Grund versammelt. Ich brauche dich glaube ich nicht daran erinnern, dass es meine oberste Mission ist Suzumiya-san zu beobachten.“

Deshalb bin ich ja deprimiert. Ich wurde ohne Grund in die SOS Brigade gezerrt und soll nun einfach jeder ihrer Launen ohne Widerrede folgen? Ich bitte dich! Was für eine Verschwörung ist das hier?

„Wie sollte ich das wissen?“

Koizumi sah mich mit verschmitzen Augen an.

„In Wirklichkeit ist es nicht nur Suzumiya-san, auch du bist inzwischen Ziel unserer Beobachtungen. Von jetzt an, egal was du und Suzumiya-san tut, werde ich die Herausforderung selbst mit Zittern annehmen und es als Erweiterung meines Weltbildes verbuchen. Schon allein für diesen Umstand ist dir mein Dank gewiss. Das ist kein Scherz, ich bin euch beiden wirklich dankbar. „

Du bist ja auch nicht der, der leiden muss, da kannst du natürlich in einer dankbaren Stimmung sein.

Seit dem Ende des Schulfestes ist mein Verstand etwas klarer geworden. Der Bergwind trug jetzt ein bisschen von herbstlicher Kälte mit sich. Ich konnte diese Jahreszeit einfach nicht mögen. Verglichen mit dem immer kälter werdenden Wetter, fühlte sich sogar Haruhis Tyrannei angenehmer an.

Es wurde langsam dunkel. Die drei Mädchen gingen langsam vor uns, Haruhi plauderte fröhlich, Asahina nickte ihr von Zeit zu Zeit zustimmend zu, während Nagato mit Ausnahme der Gehfähigkeit alle ihrer mechanischen Funktionen heruntergefahren hatte. Nagatos Tasche wurde durch das Notebook, das sie enthielt, ausgebeult. Als ich sie frage warum sie es mit nach Hause nahm, packte Nagato die CD-ROM in ihre Tasche und sagte: „Analyse“. Ihre Silhouette betrachtend kam mir ein Gedanke:

„Koizumi, ich habe einen Vorschlag.“

„Wie ungewöhnlich, ich bin ganz Ohr.“

Nur um sicherzugehen senkte ich meine Stimme.

„Könnten wir während unseres Wettkampfes mit dem Computerclub vielleicht nicht betrügen?“

„Deine Definition von betrügen ist…?“,

fragte Koizumi mit ebenfalls gesenkter Stimme.

„Das Zeug das Nagato während des Baseballturniers gemacht hat.“

Erzähl mir nicht du hast das schon vergessen.

„Lass es mich klarstellen. Solltest du irgendwelche Kräfte haben, die es dir erlauben Videospiele zu unseren Gunsten zu manipulieren, dann wende sie nicht an. Und neben übernatürlichen Kräften, benutz auch keine anderen Methoden, die man als Betrügen ansehen würde.“

Koizumi lächelte leicht und warf mir einen fragenden Blick zu.

„Hast du etwas Bestimmtes vor? Du sagst es ist egal wenn wir verlieren, richtig?“

„Ja.“

Das gebe ich zu.

„Nur dieses eine Mal verwende keine Kräfte oder Techniken zum Betrügen, die mit Außerirdischen, Zeitreisenden aus der Zukunft oder Espers in Verbindung stehen. Ich denke es ist das Beste diesen Showdown ehrlich durchzuziehen und zu akzeptieren was immer dabei herauskommt.“

„Und dein Grund das zu tun ist….?“

„Selbst wenn wir verlieren, verlieren wir nur den Computer, den wir von ihnen gestohlen haben. Er wird nur seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben, es ist jetzt keine so große Sache für uns.“

Bevor wir den Computer zurückgeben sollte ich besser noch Asahina-sans geheimes Photoalbum irgendwo anders sichern.

„Was ich wissen wollte war nicht ob der Computer zurückgegeben wird oder nicht.“,

sagte Koizumi in einem interessierten Tonfall.

„Du solltest wissen, dass Suzumiya-san es nicht mag zu verlieren. Wenn sich während des Showdowns die Anzeichen auf eine Niederlage häufen, wird sie vielleicht frustriert und erschafft eine abgeschlossene Dimension. Geht das wirklich in Ordnung mit dir?“

„Das kümmert mich nicht.“

Ich sah auf Haruhis Rücken.

„Es ist an der Zeit, dass dieses Mädchen lernt erwachsen zu werden. Sie kann nicht immer alles nach ihren Vorstellungen haben. Außerdem war nicht sie es, die diesen Kampf begonnen hat, also glaube ich nicht, dass sie sich allzu viel um das Ergebnis kümmert.“

Besser ich sage Nagato morgen auch, dass sie ihre ESP Kräfte versiegeln soll. Ich frage mich ob ich es auch Asahina-san erzählen soll. Obwohl es bei jemanden, der von sich selbst zugibt nicht gut mit Maschinen zu sein, nur schwer vorstellbar ist, dass er spezielle Kräfte oder klassifiziertes Zeug einsetzt um diesen Weltraumkrieg zu gewinnen. Aber ich denke ich rede zur Sicherheit auch mit ihr.

Koizumi kicherte leise. Was macht er bloß? Er klingt so widerlich.

„Nein, ich lache nicht über dich. Es ist nur so, dass ich dich beneide.“

Um was beneidest du mich?

„Um den hohen Grad an Vertrauen zwischen dir und Suzumiya-san.“

Wovon redest du bitte? Ich hab dich zwar gehört, aber ich verstehe nicht was du meinst.

„Stellst du dich dumm? Entschuldigung, vielleicht hast du es wirklich noch nicht realisiert. Suzumiya-san scheint sich immer stark auf dich zu verlassen, während du ihr selbst viel Vertrauen entgegenbringst.“

Wem sagst du bringe ich Vertrauen entgegen?

„Lass uns einmal annehmen wir verlieren nächste Woche tatsächlich den Wettkampf. Trotzdem glaubst du, dass Suzumiya-san daraufhin keine abgeschlossene Dimension erschaffen wird. Das zeigt nur wie viel Vertrauen du zu ihr hast. Andererseits glaubt Suzumiya-san auch daran, dass so lange du da bist, sie diesen Kampf gewinnen kann, was auch ein Zeichen von Vertrauen ist. Sie hat sich selbst und ihre Mitglieder zum Einsatz gemacht, weil sie aus ganzem Herzen glaubt, dass sie nicht verlieren wird. Ihr beide würdet das zwar vielleicht nicht offen zugeben, aber es ist nicht zu übersehen, dass sich zwischen euch eine vertrauensvolle Partnerschaft entwickelt hat.“

Ich verstummte. Warum habe ich ihm so lange nicht geantwortet? War es weil Koizumis Spekulation ein Volltreffer war? Ich werde es die Experten entscheiden lassen ob ich ihr vertraue oder nicht, aber ich bin wirklich davon überzeugt, dass Haruhis geistiger Zustand zu diesem Zeitpunkt nicht außer Kontrolle geraten wird. Seht auch nur die Ereignisse der letzten sechs Monate an. Viele Dinge sind geschehen, von der Gründung der SOS Brigade, bis zu den Dreharbeiten für den Film haben wir viele Erinnerungen gemacht. Ich selbst bin um einiges reifer geworden seit damals und ich bin mir sicher, dass man dasselbe auch über Haruhi sagen kann. Wenn nicht, wäre sie der größte Idiot der Welt und hätte keine Chance auf Heilung.

„Einen Versuch ist es wert.“

Endlich bewegte sich meine Zunge um etwas zu sagen.

„Wenn wir wirklich gegen den Computerclub verlieren und Haruhi als Ergebnis eine schräge und finstere graue Welt erschafft, dann schere ich mich nicht mehr um euch. Dieses Mal werde ich mich ihr vielleicht anschließen und die Welt zerstören.“

Koizumi lächelte zwanglos und sagte im sachlichen Tonfall:

„Das meinte ich damit, dass ihr Beiden euch vertraut. Verstehst du jetzt warum ich dich beneide?“

Ich antwortete ihm nicht sondern richtete meine Aufmerksam auf meine Schritte. Koizumi wollte noch etwas hinzufügen, bemerkte aber, dass ich nicht mehr in der Stimmung war ihm zuzuhören, weshalb er es schlussendlich aufgab.

Vergesst es, ich bin es gewohnt Koizumi in Gedanken versunken zu sehen, es ist so normal wie Asahina-san als Dienstmädchen kostümiert und Haruhis auf dem Nichts zu kommen scheinende Zuversicht.

Es war auch so normal wie Nagatos fast unspürbare Existenz….wollte ich eigentlich noch hinzufügen, aber…


Eine Woche später, während unserer Schlacht mit dem Computerclub, sah ich etwas, das mich vollkommen unvorbereitet traf.



Am nächsten Tag nach der Schule begannen wir unser Spezialtraining, unsere Nachbarn aus dem Computerclub immer als Feind vor Augen..

Spezialtraining ist nur der offizielle Name dafür, da es nicht mehr war als reines Computerspielen. Nun lasst mich mal im Detail erklären was für ein Spiel der Computerclub entwickelt hatte.

<Der Tag des Schützen 3>

Das ist der Name des Spiels. Zu Beginn klingt er vielleicht noch cool, aber irgendwann bemerkt man wie dumm er doch ist. Aber was solls, der Name spielt keine Rolle, was zählt ist die Software selbst. Wenn ich das nicht sagen würde, dann würde die SOS Brigade ihre Existenzberechtigung verlieren. Wenn es sich um bedeutungslose Namen und nicht existente Gründungsprinzipien handelt, glaube ich nicht, dass irgendeine Organisation da draußen die SOS Brigade übertreffen könnte. In jedem Falle ist es die dritte Version des Spiels, also gab es auch schon zwei Vorgänger.

Zuerst lasst uns uns in die Hintergrundgeschichte von <Der Tag des Schützen 3> vertiefen.

Das Jahr in dem wir uns befinden ist unbekannt, alles was wir wissen ist, dass es sich in der fernen Zukunft abspielt. Die Menschen haben sich in den Weltraum ausgebreitet und bereits einen ordentlichen Teil der Galaxis erobert. Im Prinzip ist es also eine Weltraumschlacht auf galaktischem Niveau, die sich im Sonnensystem abspielt. Zwei Weltraummächte sind miteinander wegen Grenzstreitigkeiten im Konflikt und nachdem keine der beiden Seiten nachgeben wollte, ist ein Krieg ausgebrochen. Der Einfachheit halber heißt die eine Fraktion <Computerclub Föderation> und die andere <SOS Imperium>. Zur Geschichte gibt es nur zu sagen, dass beide Parteien über gewaltige Sternenflotten verfügen und inzwischen schon seit langer Zeit ihr gesamtes Militär in diesem Konflikt einsetzen, der erst mit der totalen Vernichtung des Gegners und dem folgenden Abspann beendet sein wird. Diplomatische oder strategische Anweisungen existieren nicht in diesem Spiel, da sie dem Kampf im Wege stehen würden, was gleichzeitig völlig Haruhis bevorzugtem Kampfstil entsprich.

Der Startbildschirm ist rabenschwarz mit blauen blinkenden Punkten am unteren Ende, die die von uns kontrollierte Flotte darstellen. Die Indikatoren sind kleine gleichschenkelige Dreiecke, insgesamt fünf in einer Reihe. Das stellt die komplette Stärke des <SOS Imperiums> unter Haruhis Kommando dar. Ein Dreieck repräsentiert 15.000 Sternenzerstörer, was insgesamt eine Flottenstärke von 75.000 bedeutet. Jede Flotte wird von einer kleineren Anzahl von Versorgungsschiffen begleitet. Um den Sieg zu erringen muss man seine Schiffe befehligen und die Feinde vernichten, der über die gleiche Zahl von Raumschiffen verfügt. Nur in diesem Fall ist die Situation anders, indem das Ziel die Zerstörung der Flotte des feindlichen Anführers ist – was für uns die Schiffe des Präsidenten des Computerclubs wären – während ihr Ziel Haruhis <Kommandantin Haruhis Flotte> ist. Ungeachtet der erlittenen Verluste oder zerstörten feindlichen Schiffe, sobald die Kommandoflotte einer Seite zerstört ist, ist die Schlacht vorbei.

Jedem von uns wurde eine Flotte zugeteilt, die die Einzige ist, der wir Befehle erteilen können. Egal wie unvernünftig sich Haruhi also verhält, ich habe keine Möglichkeit von meinem Notebook aus einzugreifen.

Eines der Hauptcharakteristika dieses Spieles ist die Suchfunktion. Wenn wir sie nicht verwenden haben wir keine Chance zu wissen welcher Weltraumschutt uns erwartet und schon gar nicht wo sich der Feind befindet. Wenn wir also unsere Flotte bewegen wollen, aber vermeiden wollen mit irgendwelchen unidentifizierten Objekten zu kollidieren, müssen wir zuerst Aufklärungsschiffe aussenden, die die Umgebung auskundschaften und auf ihre Rückkehr warten um die sich uns bietende Situation zu analysieren. Klingt kompliziert? Ist es auch.

Der Sichtradius für jede Flotte beträgt nur wenige Zentimeter (auf dem Bildschirm). Wenn wir uns also ohne Aufklärung vorwärtsbewegen würden, dann würden wir riskieren aus dem Hinterhalt angegriffen zu werden, ohne eine Ahnung zu haben wo der Feind sich befindet.

Andererseits werden die gesammelten Aufklärungsdaten zwischen allen befreundeten Flotten geteilt (Ich denke so ist es eingestellt). So erhalten etwa alle Flotten die Informationen die Nagatos Flotte und ihre Aufklärungsschiffe gesammelt haben. In anderen Worten, selbst wenn ich mich zurücklehne und gar nichts tue, kann ich noch immer dabei zusehen wie die Karte langsam aufgedeckt wird und die Position diverser Planeten, Asteroidengürtel und feindlichen Schiffe preisgibt.

Trotz alledem, die Kampfkarte ist riesig, weshalb dem raschen Aufspüren der Position des Feindes eine wichtige Funktion zukommt, da es den Schlüssel zum Sieg darstellt.

Zwei Arten von Waffen sind verfügbar, Laser und Raketen. Laser können jedes feindliche Schiff treffen, das in ihre Reichweite kommt. Raketen sind um ein Vielfaches langsamer, sind allerdings mit einer Zielsucheinrichtung ausgestattet, wodurch es unmöglich ist ihnen zu entkommen. Die einzige Möglichkeit zu überleben ist sie abzuschießen.

Im Großen und Ganzen ist es ein zweidimensionaler Weltraumschlachtsimulator. Da der Simulator in Echtzeit verläuft und nicht rundenbasierend, würde man wenn man die ruhige Kugel schiebt in kürzester Zeit vom Feind ausgelöscht werden, weshalb es nicht so einfach ist.


Den kommenden Kampf immer im Hinterkopf, verbrachten wir die ganze Woche im Spielemodus. Nur Haruhi saß an ihrem Kommandantenschreibtisch und verwendete den Desktop Computer, während die restlichen vier von uns auf die Notebooks starrten, die auf dem langen Tisch angeordnet waren und beständig mit der Maus klickten. Sieht so aus als würde diese surreale Szene für einige Zeit Teil der SOS Brigade sein. Zu Beginn traten wir gegen den Computer an, doch selbst im leichtesten Schwierigkeitsgrad brauchten wir drei Tage bis wir unseren ersten Sieg errangen. Der Fortschritt in unseren Spielfähigkeiten kann mit dem langsamen Durchbohren der Erdkruste durch einen Elektrobohrer verglichen werden.

„Mann, ich wurde schon wieder getroffen! Dieses Spiel macht mich noch verrückt!“

Aber es war nicht nur Haruhi, auch ich war extrem genervt gegen den Computer nur solche Ergebnisse zu erzielen. Aber es hatte nichts mit der Stärke des Computers zu tun, sondern lag daran, dass eine gewisse Person ständig ihre Flotte mitten in die feindlichen Linien führte und dort vernichtet wurde.

„Wir müssen unsere Strategie überarbeiten.“

Ich blickte vom Bildschirm auf, auf dem von melancholischer Musik untermalt die Worte „GAME OVER“ zu lesen waren.

„Wir sollten die Attribute für jede unserer Flotten neu verteilen, besonders für deine kommandierende Flotte.“

Es gibt drei verstellbare Attribute für jede Flotte, „Geschwindigkeit“, „Verteidigung“ und „Angriff“. Jeder Spieler startet mit 100 Punkten, die er am Beginn des Spiels auf die drei Attribute verteilt, wie zum Beispiel „Geschwindigkeit 30“, „Verteidigung 40“ und „Angriff 30“. Haruhi hielt daran fest ihre Flotte auf „Geschwindigkeit 50“, „Verteidigung 0“ und „Angriff 50“ einzustellen. Das Resultat war, dass die Hüllenpanzerung ihrer Schiffe so dünn wie Papier war. Ich wollte ihr wirklich schon sagen „Unterschätze nicht die Galaxie!“. Dieses Mädchen wollte nur nach vorne stürmen und den Gegner versenken. Selbst mit mir und Koizumi als Schutzschild, wenn ihre kommandierende Flotte dadurch letztendlich ausgelöscht wird, bleibt keine Sternenflotte übrig, die sie befehligen könnte.

„Ich halte das nicht mehr aus! Das ist so mühsam! Was macht an diesem Spiel überhaupt Spaß? Könnte es nicht einfacher sein?“

Trotz ihrer Klagen beschloss Haruhi das Spiel neu zu starten. Der Bildschirm auf meinem Notebook zeigte erneut das Logo von <Der Tag des Schützen 3>.

Haruhi klickte fröhlich mit ihrer Maus und sagte:

„Es wäre besser wenn es ein Rollenspiel wäre. Sie würden den Herrscher des Bösen spielen, während ich der auserwählte Held wäre. Am besten würde man dann gleich nach dem Einleitungsfilm zum Endgegner kommen. Was ich mich schon immer gefragt habe, warum verstecken sich die Endgegner immer in den Dungeons? Wäre es nicht besser, wenn sie schon zu Beginn auftauchen würden? Ich würde das als Herrscher des Bösen auf jeden Fall machen. Auf diesem Weg müsste der Held nicht seine Zeit damit verwenden im Dungeon herumzuwandern und die Geschichte könnte schnell zu einem Ende kommen.“

Ich ignorierte Haruhis schwachsinniges Gerede und sah nach was die anderen Mitglieder taten. Am nächsten zu Haruhi saß Beratungsoffizier Koizumi, gefolgt von mir und Asahina-san, während sich Nagato am weitesten entfernt befand.

„Dieses Spiel ist wirklich schwer zu spielen. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht allzu vertraut bin mit Computerspielen. Die Steuerung ist einfach aber das Kommandieren kann ziemlich knifflig werden.“,

kommentierte Koizumi in seiner üblichen Art und zeigte mir das gleiche Lächeln wie wenn er Othello spielte. Im Gegensatz dazu sagte Asahina-san, die noch immer ihr Dienstmädchenkostüm trug, auch wenn es für diesen Anlass nicht notwenig war:

„Uwaa~. Ich kann sie einfach nicht so bewegen wie ich will. Das Spiel ist doch im Weltraum angesiedelt, also warum sind die Bewegungen auf die zweite Dimension beschränkt?“

Sie stellte diese grundsätzliche Frage während sie amateurhaft ihre Maus bewegte.

Ich kann die Bedenken dieser zwei verstehen, aber ich war völlig verblüfft über das Verhalten des verbliebenen Mitglieds.

„…….“

Nagato Yuki starrte den Bildschirm konzentriert an, wie ein Mathematiker, der gerade versuchte ein fortgeschrittenes mathematisches Problem zu lösen. Sie war die erste, die sich in das Spiel eingespielt hatte und auch unser erster und einziger Sieg war auf ihr von Haruhis Vorstürmen unbeeindrucktes, präzises Kommandieren ihrer Flotte zurückzuführen.

Natürlich hatte ich Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Während der Mittagspause bat ich sie keine Tricks wie Magie oder Datenmanipulation zu verwenden. Nagato starrte mich für ein paar Sekunden an und nickte schließlich leicht. Die Last auf meinen Schultern verringerte sich augenblicklich. Dank dem konnte ich mich ohne Sorgen diesem Spiel widmen. Es ist nur natürlich für Menschen, Fehler zu begehen. Ja, ich habe sogar schon Ausreden vorbereitet um jegliche Verantwortung von mir weisen zu können.

Das Einzige was noch zu erledigen war, war es eine Strategie aufzustellen mit der wir dem Gegner einen harten Kampf liefern würden und schließlich ein Drehbuch für unser tragisches Scheitern zu schreiben. Oh ja, außerdem muss ich daran denken Asahina-sans geheimes Fotoalbum auf CD-ROM zu brennen.



Die Woche flog vorbei wie das stürmische Herbstwetter, bis schließlich der Tag der Entscheidung gekommen war.

Haruhi führte uns zu unseren Plätzen im Raum des Literaturclubs und wir warteten auf den Beginn der Schlacht. Die Mitglieder des Computerclubs standen bereits in ihrem Raum bereit und starrten auf ihre Monitore, während sie die Sekunden bis zum Start des Kampfes zählten.

Bevor die Schlacht startet, werden am Bildschirm die Daten der einzelnen Flotten angezeigt. In Wirklichkeit sind es nur die Namen und die Art von Schiffen, die jede Flotte besitzt. Die Anzahl der Schiffe und ihre Position bleibt geheim.

Mit der kommandierenden Flotte beginnend, waren die Namen der Flotten des Computerclubs <Dies Irae>, <Equinox>, <Lupercalia>, <Blindness> und <Muspelheim>.

Sogar ihre Namen hatten etwas Revoltierendes an sich. Es scheint als hätten sie zuviel Freizeit um sich solche Namen auszudenken. Auf jeden Fall scheint es, als wäre ich nicht der Einzige der nicht daran interessiert war wie sie auf ihre Bezeichnungen gekommen waren.

„Das nervt! Von Rechts beginnend nennen wir die Feinde einfach A, B, C, D und E. Die Kommandoflotte ist A.“

Haruhi gab den feindlichen Flotten rasch neue Namen und verwarf damit die geltungssüchtig klingenden ursprünglichen Bezeichnungen. Da wir gerade davon reden, wenn du so etwas tun kannst, warum änderst du dann nicht auch gleich den Namen meiner <Kyon Flotte>?

„Der Kampf beginnt gleich. Alle hergehört, wir müssen die Initiative ergreifen, denn das ist erst der Anfang. Unser Feind ist nicht nur der Computerclub. Nur mit der totalen Vernichtung des Feindes kann sich der Ruhm der SOS Brigade über die ganze Galaxie verteilen! Früher oder später werde ich das Erziehungsministerium kontaktieren und sie Abteilungen der SOS Brigade landesweit in den verschiedensten Schulen einrichten lassen. Ambition alleine ist nicht genug, man muss lernen nach Höherem zu streben!“

Ich frage mich was die anderen hier von Haruhis größenwahnsinnigen Wahnvorstellungen halten. Koizumi schnippte den lockeren Muskel an seinem Kinn mit seinem Daumen, Asahina-san schlug die Ärmel ihrer Dienstmädchenuniform zurück, ich tat so als würde ich Luft holen und seufzte tief, während sich Nagatos Augenbrauen ein wenig bewegten.

„Vergesst es. Es ist ja nicht so als ob wir verlieren werden. Ich verbiete euch Gnade zu zeigen! Dem Feind Gnade zu zeigen ist die größte Beleidigung für ihn! Wenn ihr kämpfen wollt, dann gebt alles!“

Ich habe mich schon immer gewundert, was die rohen Zutaten ihres Selbstvertrauens sind. Wie ich doch wünschte, sie würde ein wenig davon mit mir teilen, schon zwei Milligramm wären genug.

„Wirklich? Dann lass mich dich aufmuntern.“

Ich wusste nicht was in Haruhis Kopf vor sich ging, als sie begann mich konzentriert anzustarren.

Ich wusste nicht was in Haruhis Kopf vor sich ging, als sie begann mich konzentriert anzustarren.

Schau mich nicht so ernst an. Egal wie lange du schaust, ich kann dir keine glücksversprechende Tarotkarte geben.

Und so starrten wir uns zehn Sekunden lang gegenseitig an, bis ich es schlussendlich nicht mehr aushielt und meine Augen abwandte.

In diesem Moment:

„Und? Fühlst du dich jetzt besser?“

Haruhi grinste triumphierend. Mir war nicht bekannt, dass diese Art von Anstarr-Spiel die Laune von jemandem heben kann.

„Ich habe meine Energie in mein Starren fokussiert und sie dann direkt in deinen Körper geleitet! Ist dir etwa überhaupt nicht warm geworden? Du solltest jetzt schwitzen, nicht? Das nächste Mal werde ich das glaube ich bei jedem machen, der sich deprimiert fühlt!“

„Der Kampf beginnt gleich.“

Koizumis enthusiastische Stimme vernehmend, kehrte mein Blick zurück auf den Computerbildschirm. Asahina-san sah zurück auf ihren und begann zu sich selbst zu murmeln:

„….W…was soll ich tun? Ich glaube nicht, dass ich das schaffe…“

Mach dir keine Sorgen, es ist nur ein Spiel. Niemand wird wirklich sterben. Selbst wenn es Verluste gibt, sie sind nur auf dem Computermonitor.

Lasst uns beten, dass Haruhi am Schluss nicht vor Wut alle Computer aus dem Fenster wirft.


1600 Stunden

Eine Marschmelodie signalisierte den Beginn der Schlacht um den Besitz am Computer.

Zuerst verfolgte das <SOS Imperium> folgende Strategie:

Die <Yuki Flotte> würde die Vorhut sein, während die <Koizumi Flotte> und die <Kyon Flotte> im Hintergrund die Flanken schützen würde. Sehr viel weiter dahinter würden sich die <Mikuru Flotte> und die <Kommandantin Haruhi Flotte> befinden.

…Das ist alles, wirklich.

Auf die Bitte Aufklärungsschiffe zu senden um die Umgebung auszukundschaften, antwortet Haruhi nur „Das ist mir zu lästig!“ da sie nur daran interessiert war nach Vorne zu stürmen und den Feind zu vernichten. Noch bevor die zwei Flotten noch aufeinander prallten, stand schon fest, dass sie keine große Hilfe sein würde.

Asahina-san war sogar noch nutzloser als Haruhi, so dass wir alle unsere Versorgungsschiffe in ihre Flotte transferierten. Deshalb war das Dreieck, das die <Mikuru Flotte> anzeigte etwas größer als die anderen und als Ergebnis war sie auch um einiges langsamer. Ich gab ihr eine klare Anweisung: „Wenn du dich der Front näherst, beeil dich, dass du davon weg kommst!“. Meiner Ansicht nach war das die geeignetste Aufgabe für sie.

Die Attribute von Haruhis Flotte waren jetzt auf „Geschwindigkeit 20“, „Verteidigung 60“ und „Angriff 20“ festgelegt. Der Grund dafür war, dass wir bei Zerstörung ihrer Flotte die Schlacht verlieren würden, so dass der Stärkung ihrer Verteidigung die höchste Priorität zukam. Die Flotten von Nagato, Koizumi und mir, die an der Front kämpften, waren mit den Attributen „Geschwindigkeit 33“, „Verteidigung 33“ und „Angriff 34“ ausgestattet. Wir legten es so fest, weil geplant war, dass Haruhi im Hintergrund bleibt während wir Zeit für sie schindeten. Aber schon in kürzester Zeit hatte sich die Situation dahingehend gewandelt, wie ich es am Beginn der Geschichte beschrieben habe.


Zu diesem Zeitpunkt steht, wie ich schon anfangs erwähnt hatte, die simulierte Schlacht zwischen dem Computerclub und der SOS Brigade kurz vor dem Ausbruch.

„ Also gut, dann werde ich mich zurückziehen während ihr euch um den Feind kümmert. Mikuru-chan, lass uns uns zurücklehnen und uns das Spektakel anschauen.“

„Ah…in…in Ordnung….“

Zu meiner Rechten nickte Asahina-san gehorsam mit dem Kopf und sagte in ihrer süßen und sanften Stimme:

„Viel Glück, Kyon-kun.“

Das war eine wirklich effektive Motivationsmethode. Wäre die kommandierende Flotte die <Mikuru Flotte>, dann würde ich ohne zu zögern alle Raketen abfangen, die sich ihr nähern. Doch ich hatte die Aufgabe einen tyrannischen Despoten zu beschützen. Wäre ich ein Feudalherr mit einem beträchtlichen eigenen Heer, dann würde ich mich definitiv gegen sie stellen. Leider verfügt das Spiel nicht über eine „Meuterei“-Option. Na gut, ich werde einfach mein Bestes geben und den Feind frontal angreifen.


1615 Stunden.

Nagato begann plötzlich schnell auf der Tastatur zu tippen. Sie war derart schnell, dass man ihr mit dem nackten Auge fast nicht mehr folgen konnte. Es sah danach aus, dass ihr die Maus zu unpraktisch erschien. Ich weiß nicht wann sie damit begonnen hatte, aber Nagato hatte ihr eigenes Makroprogramm für <Der Tag des Schützen 3> programmiert, das es ihr erlaubte ihre Flotte direkt per Tastatur zu kommandieren. Dank dem war der Mut und die Zähigkeit der <Yuki Fleet> geradezu eine Augenweide. Ihre Grausamkeit im Kampf konnte es wahrscheinlich mit der von Belisarius aus dem byzantinischen Reich unter Kaiser Justinian aufnehmen. Unglücklicherweise war sie zahlenmäßig stark unterlegen.

Die einzigen Flotten, die auf unserer Seite am Kampf teilnehmen, waren die <Yuki Flotte>, die <Koizumi Flotte> und die <Kyon flotte>. Der Feind führte vier Flotten gegen uns und hielt seine Kommandoflotte <Dies Irae> (Feind A) im Hintergrund. Von allen bisherigen Schlachten hatten wir eine grundsätzlich Regel gelernt: der Ausgang einer Schlacht wird im Normalfall von der Anzahl der Schiffe auf beiden Seiten entschieden. Bei Drei gegen Vier waren unsere Chancen am Ende die Champagnerkorken knallen zu lassen sehr gering. Sie würden sich auch nicht gerade verbessern wenn wir Haruhis und Asahina-sans Flotten in die Schlacht werfen würden. Wenn wir das tun würden, würden wir es unseren Feinden nur einfacher machen uns auf einen Schlag zu vernichten.

„Der Feind scheint uns mit einer Kranichflügelformation anlocken zu wollen.“,

flüsterte mir Beratungsoffizier Koizumi zu.

„Wenn wir sie verfolgen dann tappen wir direkt in ihre Falle. Ich schlage vor wir bleiben hier und konzentrieren uns auf unsere Verteidigung, was denkst du?“

Es bringt nichts wenn du es mir sagst, ich finde es ist eine gute Idee, aber worauf es ankommt ist Haruhis Meinung darüber.

Außerdem….

Ich sah über Asahina-sans Schultern hinweg auf Aufklärungsoffizierin Nagatos Gesicht.

Ich weiß nicht was der Grund dafür war, aber Nagato war überraschend initiativ. Ihr Gesicht war genauso ausdruckslos wie immer, doch waren ihre Augen seit Schlachtbeginn auf den Bildschirm gerichtet und die Schiffe der <Yuki Flotte> waren bereits aktiv am Kampf beteiligt. Welche innere Emotion von Nagato hatte <Der Tag des Schützen 3> ausgelöst?

„Analyse“ – Nagato hat nicht gelogen als sie das gesagt hat. Dieses emotionslose von Außerirdischen erschaffene humanoide Interface kannte das vom Computerclub entwickelte Spiel in zwischen wie ihren Handrücken. Sie kannte es vielleicht sogar besser als seine ursprünglichen Entwickler. Für sie sind alle Computer die von der modernen menschlichen Zivilisation erschaffen werden wie antike Uhren aus der Zeit vor der Industriellen Revolution für uns und können ohne Probleme bedient werden.

Jedoch waren Nagatos Pupillen von ihrem üblichen leuchtlosen Obsidianschwarz in eine glänzende chromgleiche Silberfarbe gewechselt. Ich begann ihr altes Selbst zu vermissen…

Mit einer nie zuvor gesehenen Energie fuhr Nagato damit fort mit raschen Bewegungen auf ihrer Tastatur zu tippen. Ihre Augen bewegten sich rastlos über den Bildschirm. Sie hatte das graphische Benutzerinterface verworfen und sich ein eigenes kleines Fenster geöffnet in das sie wie eine Verrückte ohne Unterbrechung ihre Kommandos eintippte.

„…..“

Die <Yuki Flotte> bewegte sich schnell und schickte konstant Aufklärungsschiffe aus, die sich auf die Suche nach der feindlichen Flotte begaben. Wir wussten jetzt, dass sich <Feind B> und <Feind C> vor unserer imperialen Flotte befanden. Nagato griff sie an ohne auf Unterstützung zu warten. Ich helfe ihr wohl besser, ich kann nicht einfach hinten bleiben und zusehen.

Gerade als ich meine <Kyon Flotte> in Bewegung setzten wollte, traf mich von der Seite ein Regen aus Lasern.

„Was zur…!?“, rief ich aus.

„Ahh…verdammt!“ Auch Koizumi fluchte.

Ich suchte gewissenhaft und bemerkte, dass die <Koizumi Flotte> auf ihrer Backbordseite unter schweren Beschuss stand. <Feind D> und <Feind E> waren plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht und hatten uns von Links und Rechts attackiert. In kürzester Zeit hatte sich die Anzahl der Schiffe der <Kyon Flotte> drastisch reduziert.

„Was zur Hölle treibst du?“

Haruhi brüllte mich durch ein gelbes Megaphon an.

„Jetzt übe in meinem Namen ordentlich Vergeltung! Zeig ihnen zu was wir imstande sind!“

Das tu ich schon, auch wenn du mich nicht daran erinnerst. Diese Leute sind Spieleprofis, wenn sie sogar Nagatos Aufklärungsnetzwerk umgehen konnten, aber wir können trotzdem nicht weiterhin so dezimiert werden.

Ich gab der <Kyon Flotte> das Kommando die Richtung zu wechseln. Sofort drehte sich die gesamte Flotte um 90 Grad nach rechts. Dann, als ich das Ziel auf den Feind in meinem Schussfeld gesetzt hatte, gab ich den Feuerbefehl…. aber gerade als ich das tun wollte, wendete <Feind E> und verschwand in die Finsternis des Weltraums. Nun war ich wirklich sauer und sendete die Aufklärungsschiffe aus um ihn aufzuspüren, aber ich konnte kein einziges feindliches Schiff finden.

„Verdammt, sie sind entkommen.“

Es scheint als würde der Feind Flotten mit einem hohen „Geschwindigkeits“-Wert einsetzen und eine hit-and-run Strategie anwenden. <Feind D>, der die Backbordseite der <Koizumi Flotte> angegriffen hatte, reagierte auch auf das Stichwort und verschwand ebenfalls spurlos. Jetzt verstehe ich. Feind < B > und <C>, die in den Kampf mit der <Yuki Flotte> verwickelt waren, waren nur eine Ablenkung, während die Hauptstreitmacht <D> und <E> war. So muss ihre kommandierende Flotte <Feind A> überhaupt nicht kämpfen und kann sich sicher in den Tiefen der Galaxie verstecken. Das scheint ihre Strategie zu sein.

„Wah~~…. Ich habe Angst~~….“

Trotz ihrer unbeholfenen Bewegungen, hatte Asahina-san es geschafft ihre Flotte präzise in die Ecke der Karte zu steuern, auch wenn sie dadurch ein wenig zu weit entfernt war um Nachschub für die dezimierte Verteidigung unserer Flotte liefern zu können. Aber selbst dann, wenn es so weitergeht werden wir ausgelöscht sein bevor wir uns überhaupt Sorgen um unsere Energie und Raketenvorräte machen müssen. Die <Computerclub Föderation> hatte die Initiative übernommen.

Ab diesen Zeitpunkt fuhren <Feind D> und <Feind E> damit fort, die <Kyon Flotte> und die <Koizumi Flotte> mit ihrer hit-and-run Taktik zu drangsalieren, wie wilde Hunde die laufend wieder zum Geruch eines saftigen Knochens zurückkehren. Jedes Mal wenn wir die Verfolgung aufnehmen wollten, feuerten sie ihre zielsuchenden Raketen ab und verschwanden spurlos. Wir kämpften gerade damit gegen diese frustrierende Taktik anzukommen. Langsam unsere Streitmacht zu dezimieren und einen Showdown Mann gegen Mann zu vermeiden, war gerade die Art von Kampf, die Haruhi am meisten hasste.

Auf der anderen Seite hatte die <Yuki Flotte> auf sich allein gestellt die Angriffswellen von <Feind B> und <Feind C> abgewehrt und verschaffte uns so den dringend benötigten Freiraum. Ohne ihre Flotte würden wir bereits als Weltraumschutt durch die Galaxie treiben. Selbst wenn wir den Kampf verlieren sollten, sollte sie zumindest eine Auszeichnung für ihre Tapferkeit bekommen.

„.…“

Es sah nicht einmal mehr danach aus, als würde Nagato atmen während sie auf ihren Bildschirm starrte und nie stoppten ihre Hände dabei Kommandos einzugeben. Ich wette die Typen vom Computerclub waren auch überrascht, da ich es selbst kaum glauben konnte.

War Nagato mit Haruhis unnachgiebiger Haltung infiziert worden?


1630 Stunden.

Die Situation wurde immer schlechter.

Nachdem sie realisiert hatten, dass die <Yuki Flotte> ein hartnäckiger Gegner war, blieb nur noch <Feind B> zurück um gegen sie zu kämpfen. Mit der Ausnahme ihrer kommandierenden Flotte <Feind A>, deren Position noch immer unbekannt war, hatten die übrigen drei Flotten nun damit begonnen uns mit gut koordinierten Angriffswellen von Links und Rechts zu attackieren. Ich war beeindruckt davon wie gut Feind <C>, <D> und <E> untereinander koordiniert waren. Wenn <C> anvisiert wurde, kam <D> heraus und griff an und wenn wir <D> nachjagten, feuerte <E> seine Laser auf uns. Während ich mit versuchte gegen ihre wechselnde Versteckspielmethoden anzukommen, bekam ich den Eindruck als würde ich gegen erfahrene Profis antreten, woran ich überhaupt keine Freude hatte. Ich wollte sie schon darum bitte nicht zu weit zu gehen, aber dann erinnerte ich mich, dass dieser Kampf das Schicksal einiger Computer betraf und ich begann in gewisser Weise sogar mit ihnen zu sympathisieren.

Jedoch war unsere Situation alles andere als optimistisch. Wie ich schon gesagt hatte, standen unsere Chancen auf eine Niederlage bei fast 90%, aber ich wollte ruhmreich verlieren. Erlaubt unseren Schiffen doch zumindest inmitten einer funkelnden Explosion unterzugehen. Ich meine, könnt ihr uns nicht wenigstens das Gefühl „wir haben verloren, aber wir haben unser Bestes gegeben und es hat Spaß gemacht“ geben?

Aber seht es auch an! Jetzt sterben wir einen langsamen und entwürdigenden Tod!

„Ich halte das nicht länger aus!”

Ich sollte sagen, dass man das erwarten konnte. Haruhi gab ihrer Kommandoflotte ein einfaches Kommando:

„Alle Flotten volle Kraft voraus! Kyon, geh mir aus dem Weg! Ich werde ihren Anführer finden und ihn zu Brei schlagen und danach siegreich zurückkehren!“

Als die <Kommandantin Haruhi Flotte> an der <Kyon Flotte> und <Koizumi Flotte> vorbeirauschen wollte, umzingelten wir sie schnell in einer fischartigen Formation.

„Was macht ihr da!? Koizumi-kun, willst du mich etwa ebenfalls davon abhalten den Feind zu zerstören?! Ich befehle dir dich sofort zurückzuziehen, oder ich enthebe dich deiner Position als Beratungsoffizier!“

„Ich will euch auf keinen Fall im Wege stehen Kommandantin.”

Koizumi mag das gesagt haben, aber er hatte nicht die Absicht seiner Flotte den Befehl zu geben abzurücken.

„Kommandantin, bitte erlauben sie uns die Kontrolle über diese Situation zu übernehmen. Ich bin gewillt bis zum letzten Moment mein Leben für den Schutz eurer Exzellenz zu riskieren. Über die Bestrafung werde ich eure Exzellenz entscheiden lassen sobald die Schlacht vorüber ist.“

„Genau so ist es.“

Ich beschloss Koizumi zu helfen.

„Wenn du wirklich unsere Chancen auf einen Sieg steigern willst, dann bleib zurück. Außerdem haben wir noch immer nicht ihre Kommandoflotte gefunden.“

„Das ist auch der Grund warum ich auf die Suche gehen muss. Er sollte hier irgendwo sein…“ Sie deute auf einen Punkt auf ihrem Bildschirm, obwohl wir natürlich von unseren Plätzen aus nichts sehen konnten. „… Ich denke ich werde mich auf direktem Weg dorthin begeben und dann einen Mann gegen Mann Kampf unter uns Anführern anzetteln!“

Ich habe keine Ahnung wohin sie unterwegs ist, aber ich fürchte, dass die <Kommandantin Haruhi Flotte> bevor sie dort ankommt ein Schicksal erleiden wird wie ein Bienenstock, der von einem Bär angegriffen wird bevor es Zeit für den Winterschlaf ist.

Haruhi packte ihre Maus und befahl ihrer Flotte vorwärts zu stürmen, gerade so als würde sie nur darauf warten angegriffen zu werden.

„Das ist der Grund warum Zurückbleiben nichts hilft! Was soll das!? Deine <Kyon Flotte> lässt den Feind ständig entkommen und deine Schiffe werden auch laufend dezimiert. Sieht so aus als müsste ich schließlich doch ausrücken!“

„Deshalb sage ich dir ja auch, dass du dich vorerst zurückhalten sollst!“

Ich befahl meiner eigenen Flotte den Weg der Kommandoflotte zu blockieren und Koizumi tat es mir kommentarlos gleich. Unsere Situation realisierend fuhren die drei <Computerclub Föderations> Flotten mit ihrer hit-and-run Taktik fort, während Ashaina-sans <Mikuru Flotte> inzwischen in einer unbekannten Ecke der Galaxie verschollen war.

„W…wo bin ich? Oje~~. Ich kann schon gar nicht mehr Links von Rechts unterscheiden …”

Zu meiner Rechten sitzend blickte Asahina-san laufend zwischen meinem und ihrem Bildschirm umher. Sie war schon den Tränen nahe als sie sagte:

„Wo seid ihr alle…“

Es tut mir so leid. Bitte flieg nur herum wo du willst und bleib weiter ein verlorenes Kind. Es ist zu deinem eigenen Besten.

Da die <Kommandantin Haruhi Flotte> auf der Rückseite der <Kyon Flotte> feststeckte konnte ich nicht mehr manövrieren und wurde quasi ein Schild für Haruhis Flotte. Angriffswelle um Angriffswelle hatte das Dreieck das meine Flotte darstellte kleiner und kleiner werden lassen.

„Geht mir aus dem Weg!“

Selbst wenn ich wollte, könnte ich es nicht. Die unehrenhafte <Koizumi Flotte> war ausgewichen bevor Haruhi ihre Flotte in meine gerammt hatte und gab vor in einen Kampf mit <Feind D> verwickelt zu sein, womit die mühselige Aufgabe Haruhi zu stoppen mir zufiel.

Ich versuchte mein Bestes meine Flotte, die jetzt mit der <Kommandantin Haruhi Flotte> vereinigt war, in Bewegung zu setzen und klickte fanatisch mit der Maus um sie zu einem geeigneten Fleck auf dem Bildschirm zu manövrieren. Im Schneckentempo änderte das weiter schrumpfende Dreieck, das die <Kyon Flotte> repräsentierte, seine Richtung. Aber Schnecken bewegen sich bekanntermaßen sehr langsam, weshalb meine Flotte weiterhin das Ziel der feindlichen Laser und Raketen blieb.

Das wars, wir sind erledigt.

Selbst wenn ich die weiße Fahne schwenken musste, wir hatten keine andere Wahl mehr. Bitte versucht zu verstehen, unsere Kommandantin war ganz einfach zu dumm, selbst wenn wir eine kleine Chance auf den Sieg gehabt hätten. Ich hätte wohl schon vor dem Beginn des Kampfes desertieren sollen. Egal in welcher Situation, wenn der Anführer keine Ruhe bewahrt dann kann keine Organisation effizient arbeiten. Ich kenne vielleicht nicht alle Details, aber war es nicht schon immer so?

Während ich damit fortfuhr mit Haruhi zu zanken, sowohl in der realen als auch in der virtuellen Welt, setzte das vorausschauendste und besonnendste Mitglied der SOS Brigade seinen Kampf fort.

….Das war es zumindest was ich anfangs dachte.

Später realisierte ich, dass das nicht der Fall war, denn das Mitglied, das die hinterste Position am Tisch eingenommen hatte, erhöhte plötzlich seine Tippgeschwindigkeit, so dass es ohne Hochgeschwindigkeitskamera und Superzeitlupe fast unmöglich war zu erkennen was gerade vor sich ging.

Vor Frustration seinen Kopf zu verlieren war bisher immer Haruhis Privileg gewesen, aber für diese Situation war das wahrscheinlich nicht die korrekte Beschreibung.

Zu diesem Zeitpunkt war die Person, die mehr Ehrgeiz als alle anderen von uns zeigte, niemand anderer als der Stolz der SOS Brigade, die weise Aufklärungsoffizierin, Bücherwurm und ursprünglich Mitglied des Literaturclubs…

„……“

Nagato Yuki.


1635 Stunden

„Whoa!?“

Eine unglaubliche Szene spielte sich vor meinen Augen ab und führte so zu meinem dümmlichen Ausruf.

„Was zur Hölle ist gerade passiert?“

Die sichtbaren Flächen der Karte des <SOS Imperiums> hatten sich gerade auf das Dreifache der ursprünglichen Größe erweitert. Die Positionen der Feinde <C>, <D> und <E>, die laufend Auf- und wieder Abgetaucht waren, waren nun klar zu erkennen. Einer befand sich am linken Flügel und bereitete sich darauf vor Koizumis Flotte mit Lasern anzugreifen, ein anderer bewegte sich weg und drehte um, um den nächsten Angriff zu starten, während der Dritte die bewegungsunfähigen <Kyon Flotte> und <Kommandantin Haruhi Flotte> im Visier und in Angriffsweichweite hatte. Der Grund warum die feindlichen Positionen so klar erkenntlich waren, war….

die <Yuki Flotte>, die sich in zwanzig Flotten aufgespalten hatte.

„Das ist einfach unglaublich!“

Koizumis Lob klang für mich nicht gerade ehrlich.

„Wie es zu erwarten war von Nagato-san, diese Funktion zu entdecken. Ich habe auch schon daran gedacht sie zu verwenden, aber sie war mir zu kompliziert, so habe ich aufgegeben ohne es überhaupt zu versuchen.“

„Warte mal Koizumi“, sagte ich, „ist diese Funktion überhaupt in der Bedienungsanleitung?“

„Aber sicher! Sie ist im hinteren Teil beschrieben. Soll ich sie dir lernen? Zuerst halte Strg und F4 gedrückt, dann entscheide dich in wie viele Flotten du deine Flotte teilen willst…“

„N…nein danke. Ich glaube nicht, dass ich sie je verwenden werde.“

Ich betrachtete abermals prüfend den Bildschirm.

Das Dreieck, das die <Yuki Flotte> darstellte war dramatisch geschrumpft, als hätte es irgendein seltsamer Strahl getroffen. Stattdessen waren jetzt zwanzig kleine Dreiecke gleicher Größe zu sehen. Ich fuhr mit meiner Maus über eines der kleinen Dreiecke, woraufhin die Worte <Yuki Unterflotte12> eingeblendet wurden.

Unterflotte?

Von den kleinen Dreiecken, die von 01 bis 20 durchnummeriert waren, fuhren einige damit fort <Feind B> anzugreifen, andere schlüpften durch die Lücken in der gegnerischen Verteidigung um weitere unbekannte Areale des Weltraums auszukundschaften, während wieder andere entweder umherflogen oder der ums Überleben ringenden <Kyon Flotte> zu Hilfe kamen.

Koizumi, würde es dir etwas ausmachen mir das zu erklären?

„Also…diese Funktion erlaubt es einem eine einzelne Flotte in zwei oder mehr einzeln kommandierbare Unterflotten zu teilen. Das Maximum liegt bei siebenundzwanzig Flotten soweit ich mich erinnere. Das ist zumindest das, was in der Bedienungsanleitung steht.“

„Was ist der Vorteil daran so etwas zu tun?“

„Wie du gesehen hast, wird die Fläche die man auskundschaften kann erhöht, in etwa so als hätte man zwanzig zusätzliche Augenpaare. Neben dem ist ein weiterer Vorteil einer Flottenteilung, dass du eine Unterflotte als Köder verwenden kannst, während die anderen sich von hinten anschleichen und dem Gegner in den Rücken fallen. Aber diese Funktion ist so kompliziert, dass sie selbst der Computerclub nicht verwendet.“

Koizumi beugte sich zu mir rüber und sagte in einer Lautstärke, dass Haruhi ihn nicht hören könnte:

„Das ist weil diese vielen Unterflotten nur von einem Spieler kontrolliert werden können. Wenn du dich auf eine einzelne Unterflotte konzentrierst, dann ist es nicht möglich dich um die anderen zu kümmern, die dann quasi unbewegliche Puppen wären. Es ist für einen Menschen einfach unmöglich zwanzig oder mehr Unterflotten zu kommandieren.“

Ich stellte mir die entsetzten Blicke der Leute nebenan vor und wandte meinen Kopf seitwärts.

„He, Naga….“

Das Geräusch von Nagatos Tastatur war nicht mehr das übliche Klappern, sondern klang jetzt als ob auf alle Tasten gleichzeitig eingehämmert werden würde.

„U…um….glaubst du nicht, dass die Tastatur kaputt wird wenn du so auf sie einschlägst…?“

Asahina-san starrte Nagato entsetzt an, aber Nagato beachtete sie nicht. Ihre Augen waren auf den Bildschirm fixiert, der nicht länger die Spielgrafik anzeigte sondern einen schwarzen Hintergrund mit einer Vielzahl von Buchstaben, Zahlen und Symbolen, die mich an eines dieser BIOS Systeme aus der Urzeit der Computer erinnerten. Was noch auffälliger war, war aber die Geschwindigkeit mit der sich die Worte und Symbole änderten.

Ihre Augen waren auf den Bildschirm fixiert, der nicht länger die Spielgrafik anzeigte sondern einen schwarzen Hintergrund mit einer Vielzahl von Buchstaben, Zahlen und Symbolen, die mich an eines dieser BIOS Systeme aus der Urzeit der Computer erinnerten. Was noch auffälliger war, war aber die Geschwindigkeit mit der sich die Worte und Symbole änderten.

„Was ist?“,

fragte mich Nagato ohne auch nur ihren Kopf zu drehen.

„….Um, Ich….“

Na, Nagato-san? Dürfte ich fragen was du da gerade genau machst?

Ich fühle nun einen unsichtbaren Druck von der Aura, die Nagato ausstrahlte während sie auf die Tastatur einhämmerte. Selbst mein Gemurmel nahm daraufhin einen höflichen Ton an.

Ich bestätigte noch mal was sich auf meinem Bildschirm abspielte. Die zwanzig <Yuki Unterflotten> waren wie zum Leben erweckte animierte Teeblätter, die mit dem Feind herumspielten. Mit der Spielanzeige stimmte also alles…nein, warte mal, hatte ich ihr nicht extra gesagt, dass sie nicht schummeln soll?

„Das tue ich nicht.“,

antwortete Nagato. Zum ersten Mal drehte sie ihren Kopf und sah mich an, während ihre Hände ungebremst weitertippten.

„Ich habe keine Datenmanipulation angewendet sondern mich an die Regeln des Spiels gehalten, so wie du es mir gesagt hast.“

Als hätte sie Angst davor von Nagatos Blick gescannt zu werden, wandte sich Asahina-san unbewusst ab. Nagatos Augen starrten nun direkt in meine.

„Ich habe keine Aktionen gesetzt, die über die Grenzen dieser Simulation hinausgehen.“

„Ich… Ich verstehe. Entschuldigung, dass ich an dir gezweifelt habe.”

Ich fühlte wie eine entsetzliche Aura von ihren kurzen Haaren aufstieg.

Doch Nagatos Gesichtsausdruck und Blick blieben der Gleiche und zeigten keinerlei Emotionen. Normalerweise würde sie jetzt im ruhigen Tonfall „Ich verstehe“ antworten und wieder in Stille verfallen, aber dieses Mal gab sie mir eine unerwartete Antwort.

Eine wahrhaft schockierende Antwort.

„Es sind die Leute aus dem Computerclub deren Handlungen als Betrügen bezeichnet werden könnten, nicht meine.“



Zu diesem Zeitpunkt durchbrach Haruhis Flotte die schützende Barriere der <Kyon Flotte>.

„Zu langsam! Warum geht das so langsam? Würde es schneller gehen wenn ich Mineralwasser über den Computer leeren würde?”

Auch wenn sie sich beschwerte, Haruhi konnte die Aufregung darüber, dass sie endlich vorwärtsrücken konnte nicht verbergen.

Ich beugte mich über Asahina-san und fragte Nagato leise:

„Was hast du damit gemeint, dass sie betrügen?“

Ohne ihr Hochgeschwindigkeitstippen zu unterbrechen antwortete Nagato emotionslos:

„Sie benutzen Kommandos, die sich nicht auf unseren Computern befinden und die ihnen einen Vorteil in diesem virtuellen galaktischen Kampfschauplatz verschaffen.“

„Welche Kommandos?“

Nagato verstummte für einige Zeit, als ob sie ihre Gedanken ordnen wollte und sagte:

„Ihr Suchmodus ist abgeschaltet.“

Nachdem sie das gesagt hatte erklärte sie es genauer im ruhigen Tonfall.

Laut Nagato hatte der Computerclub am Beginn des Spiels die Funktion „Suchmodus aus“ aktiviert, während uns diese Option nicht zur Verfügung stand. Was ich aber noch immer nicht verstand war, was für einen Unterschied das machte. „An“ und „Aus“, wie wirkt sich das aus?

„Wenn der Suchmodus eingeschalten ist müssen die Spieler ihre Umgebung auskundschaften. Wenn er abgeschalten ist entfällt diese Suchaufgabe. Sie haben ihren Suchmodus deaktiviert und sich damit das Auskundschaften erspart.

Erm…könntest du das noch weiter ausführen?

„Wenn der Suchmodus ausgeschaltet ist wird die gesamte Karte angezeigt.“

In anderen Worten…

„Sie konnten von Beginn an die gesamte Karte sehen, inklusive der Position all unserer Flotten.“

Für Nagato war das der einfachste und direkteste Weg es zu erklären.

„Das ist noch nicht alles.“

Das von Außerirdischen erschaffene humanoide Interface fuhr ohne zu lächeln fort.

So, die Schiffe der <Computerclub Föderation> verfügen also sogar über Teleportationsgeräte. Kein Wunder, dass sie sofort verschwinden konnten wenn sie es wollten. Sie sind dem <SOS Imperium> technologisch gut 500 Jahre voraus. Es ist wie wenn die Samurai Infantrie der Sengoku Periode gegen die die Attilerie der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte antreten würde. Die Chancen auf einen Sieg sind gleich Null.

„Das ist korrekt.“

Nagato bestätigte nur was wir schon alle wussten.

„Verlieren war unsere einzige Option.“

War? Nagato verwendete die Vergangenheit. Wie ist es denn jetzt? Als ich hoffte sie würde zur Gegenwart wechseln, bemerkte ich, dass Nagatos Obsidianaugen eine mir bisher unbekannte aufgewühlte Emotion zeigten. Ich lehnte mich zurück und sagte:

„Aber Nagato, ich hoffe noch immer dieses Spiel weiter zu spielen ohne irgendeine außerirdische Technologie zu benutzen. Ich weiß jetzt, dass diese Typen betrügen, aber das ist auch der Grund warum wir nicht auch zu Magie greifen dürfen, da wir sonst nicht besser wären als sie. Nein, wir wären sogar schlimmer als sie, denn unsere Magie liegt sogar außerhalb des Menschenmöglichen.“

„Ich werde nicht gegen deine Anweisungen verstoßen.“,

antwortete Nagato prompt.

„Ich war gerade dabei das Programm unter der Verwendung der aktuellen Erdentechnologie umzuschreiben. Ich verspreche dir, dass ich keine existierende Dateninformation manipulieren werde. Ich werde Maßnahmen ergreifen um den Computerclub innerhalb der Grenzen der menschlichen Fähigkeiten zu kontern. Bitte erlaube mir das zu tun.“

Fragst du etwa mich?

„Derjenige der meine Datenmanipulationsfähigkeiten eingeschränkt hat warst du.“

……

Ich kannte dieses Mädchen nun schon seit einem halben Jahr. Während dieser Zeit habe ich beobachtet wie sich unter ihrem ausdruckslosen Gesicht kleine emotionale Veränderungen abspielten – das heißt für den Fall, dass sie überhaupt Emotionen besitzt – aber ich bin mir dessen bis zu einem gewissen Grad sicher. In diesem Moment konnte ich auf Nagatos blassen Gesicht einen mikroskopisch kleinen Ausdruck von Entschlossenheit wahrnehmen.

Asahina-san sah mich ängstlich an. Koizumi sah ebenfalls zu mir, aber natürlich mit einem Lächeln. Nur Haruhi schrie irgendwas und feuerte ihre Laser und Raketen ab. Wenn das so weiterläuft wird ihr die Munition ausgehen und sie wird von den Feinden umzingelt werden. Mir bleibt nicht viel Zeit mich zu entscheiden.

Wie soll ich entscheiden?.... Ich zögerte für einige Sekunden. Es ist ungewöhnlich für Nagato so leidenschaftlich zu sein. Ich glaube es ist überhaupt das erste Mal, dass ich sie je so gesehen habe. Ich dachte darüber nach, ob das eine gute Sache war oder nicht. Sie mag ein lebendiges humanoides Interface einer Datenintegrations-Entität sein, das einem Menschen in allen Aspekten gleicht, aber selbst mit der perfektesten künstlichen Intelligenz wird vielleicht einmal der Tag kommen, an dem auch sie das Bedürfnis haben würde selbst ein Mensch zu sein.

Nie dachte ich daran, dass das keine gute Sache wäre.

„Also gut Nagato, fahr fort und mach es.“

Ich zeigte ihr ein ermunterndes Lächeln und schlug mir um sie zu versichern auf die Brust.

„Solange es innerhalb der menschlichen Fähigkeiten liegt, kannst du machen was auch immer du willst. Erteil diesen Typen aus dem Computerclub die Lektion ihres Lebens. Falls du es schaffst, dass sie es nie mehr wagen Vergeltung von uns zu forden, was auch Haruhi gefallen würde, wäre es umso besser.“

Nagato starrte mich für eine ziemlich lange Zeit an – zumindest fühlte es sich für mich wie eine lange Zeit an.

„Ich verstehe.“

Eine simple Antwort später drückte Nagato die Enter-Taste und wie durch Zauberhand stand das Spiel plötzlich zu unseren Gunsten.


1647 Stunden.


Die ausgeklügelte Falle war nun ausgelegt.

Obwohl mich der plötzliche Umschwung in der Situation sprachlos werden ließ, war der Grad meines Erstaunens gerade einmal wie der eines angehenden Shaolin-Mönchs, der gerade sein Training begonnen hatte und war nichts im Vergleich mit dem des Computerclubs, bei denen jetzt ein Chaos herrschte, als wäre die Wall Street gerade den Bach hinuntergegangen.

Das alles hatten wir Nagato zu verdanken. Ich war wirklich dankbar dafür, dass sie sich auf der gleichen Seite wie ich befand. Ich dachte sogar daran ein oder zwei Geschenke zu kaufen um unserer allmächtigen Göttin Nagato meinen Dank zu erweisen. Vielleicht besorge ich ihr nächstes Mal ein interessantes Buch. Weil wir gerade davon sprechen, wann ist eigentlich ihr Geburtstag?

Auch egal, solche Details können wir auch später noch besprechen. Jetzt lasst uns erstmal zur aktuellen Situation zurückkommen.

Als würde sich die Panik der Spieler auch in der virtuellen Welt manifestieren, hatten die feindlichen Flotten mit einem Mal alle ihre Bewegungen eingestellt.

Scheinbar hatte sich Nagato mit ihrem Notebook in die fünf Computer des Computerclubs gehackt und dort das Programm für <Der Tag des Schützen 3> umgeschrieben. Fragt mich nicht wie sie das getan hat, woher sollte ich das wissen? Diesen Teil habe ich vielleicht nicht verstanden, aber mir war klar was ihr Ziel dabei war, nämlich gewaltsam den Suchmodus auch für den Feind zu aktivieren. Als Resultat würde sich der sichtbare Bereich der Karte der <Computerclub Föderation> dramatisch verringern und sich die verdeckten Areale im Gegenzug drastisch erhöhen. Zuvor hatten für sie nie die Notwendigkeit bestanden Aufklärungsschiffe auszusenden, was sie laut unserer Aufklärungsoffizierin Nagato auch nicht getan hatten.

Nachdem sie den feindlichen Suchmodus auf „An“ gestellt hatte, machte Nagato weiter und schrieb den Quellcode des Spiels so um, dass er nicht mehr verändert werden konnte. Nun konnte ihn niemand mehr umschreiben außer ihr selbst. Die Teleportationsfunktion deaktivierte sie jedoch nicht, sondern veränderte sie nur ein einigen Dingen, was Teil eines kleinen Plans war, den sich Nagato ausgedacht hatte.

Sie tat das alles während sie gleichzeitig ihre zwanzig Unterflotten steuerte und setzte dafür keine mysteriösen außerirdischen Kräfte ein. Selbst innerhalb der Grenzen der menschlichen Fähigkeiten war sie schon bemerkenswert.

„Eure Exzellenz, unsere Chance auf Vergeltung ist gekommen.“

Koizumi trug ein fröhliches Lächeln und kommentierte die aktuelle Situation auf dem Bildschirm:

„Bitte werfen sie ihren Blick hierauf, Feind <C> und <D> wurden von den diversen <Yuki Unterflotten> abgefangen und haben uns aus den Augen verloren. <Feind E> befindet sich derzeit im Kampf mit uns und <Feind B> wird sich bald in Angriffsreichweite der <Kommandantin Haruhi Flotte> befinden.“

„Feind gesichtet!“

Haruhis aufgeregter Schrei war der Beweis für Koizumis korrekten Kommentar.

„Feuer! Feuer! Feuer! Feuer!”

Haruhi brüllte weiter wie eine Wahnsinnige herum und ihre Stirn knallte dabei fast auf den Monitor.“

Die <Kommandantin Haruhi Flotte> war aus ihrer Blockade befreit worden, feuerte nun aus allen Rohren und deckte den Feind mit einem Regen aus Lasern und Raketen ein. Der entsetzte <Feind B> machte schnell kehrt und versuchte zu entkommen, aber meine <Kyon Flotte> wartete bereits auf ihn.

„Oh nein, das machst du nicht.“

Ich bewegte meinen Finger und klickte einmal und schon ergossen sich alle meine Laser auf <Feind B>.

„Verdammt Kyon! Das ist meine Beute! Hau ab!”

Von beiden Seiten attackiert, schrumpfte die Flotte von <Feind B> schnell zusammen. Der Indikator der Flotte gab ein surrendes Geräusch von sich bevor er wie Feuerwerk explodierte und sich damit vom Bildschirm verabschiedete.

Nach ihrer nächsten Beute Ausschau haltend bewegte Haruhi ihre mobile Munitionsvernichtungsflotte zur Flanke von <Feind E>, der bereits seine Probleme mit Koizumi hatte und nun von zwei Seiten angegriffen wurde, was die Anzahl seiner Schiffe dramatisch verringerte.

In dieser verzweifelten Situation beschloss <Feind E> all seine Ehre über Bord zu werfen und verwendete zum ersten Mal das nur ihnen bekannte geheime Kommando unter den Augen des <SOS Imperiums>.

„He! Sie verschwinden! Wa…Wie ist das möglich!?“,

schrie Haruhi und ich wusste, dass der Moment letztendlich gekommen war. Unter dem heftigen Bombardement von beiden Seiten begann <Feind E> langsam zu verschwinden.

Das war die Teleportationsfunktion, obwohl man sie anders nennen sollte, nachdem es so etwas wie Teleportation in unseren Tagen nicht gibt.

Damit tappten sie jedoch genau in Nagatos gefinkelte Falle.

„Huh? Irgendwas anderes taucht gerade auf.“

Als Haruhi das gesagt hatte, hatte ich meine eigenen Aktionen bereits eingestellt.

„Wah?“

Asahina-san stieß einen niedlichen Schrei aus und starrte ungläubig auf ihren Bildschirm.

„Kyon-kun, dieses Ding das ich kontrolliere, ich weiß nicht wo es hingekommen ist….“

<Feind E> war nicht der Einzige der teleportiert wurde. Mit Ausnahme der <Kommandantin Haruhi Flotte>, die an ihrem ursprünglichen Platz verblieb, wurden alle Flotten beider Seiten über die Karte befördert.

Der Grund dafür war, dass Nagato das Programm in der Form umgeschrieben hatte: „Sobald der Computerclub die Teleportationsfunktion benutzt, werden alle Flotten mit Ausnahme der <Kommandantin Haruhi Flotte> automatisch teleportiert und danach an denen ihnen zugewiesenen Plätzen auftauchen.“

So etwas nennt man „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, nur dass unser Betrügen viel subtiler war.

Zu diesem Zeitpunkt sollte das Chaos im Nachbarraum wohl noch größer gewesen sein als bei der erzwungenen Einschaltung des Suchmodus, denn was auf meinem Bildschirm auftauchte war nichts anderes als die feindliche Kommandoflotte <Feind A> (ursprünglich Dies irgendwas genannt), die damit ihren ersten Auftritt hatte. Ich bestätigte ihre Position und zuckte mit den Schultern:

„So etwas nennt man dann wohl Karma.“

Die Flotte <Feind A> des Präsidenten des Computerclubs befand sich nun direkt vor der <Kommandantin Haruhi Flotte>. Direkt hinter ihm war die <Mikuru Flotte>, die ebenfalls teleportiert worden war und noch völlig unversehrt war. Von Steuerbord wurde er von der <Koizumi Flotte> anvisiert, während auf der linken Seite die wiedervereinigte <Yuki Flotte> lauerte. In der Nähe befand sich auch noch die nahezu überflüssige <Kyon Flotte>, die inzwischen viel ihrer ursprünglichen Größe eingebüßt hatte. Was die anderen Flotten des Computerclubs betrifft, die waren jetzt über alle vier Ecken der Galaxie verstreut und selbst wenn sie mit Höchstgeschwindigkeit zu Hilfe geeilt wären, gab es nichts mehr was sie hätten tun können.

Und so war nun <Feind A> komplett von der Flotte des <SOS Imperiums> umzingelt und hatte keinerlei Möglichkeiten auf Flucht mehr.

„Ich hab keine Ahnung was hier gerade los ist, aber ….“

Haruhi schien hocherfreut zu sein und hob ihre Hand.

„An alle Streitkräfte, Feuern nach eigenem Ermessen! Schickt den feindlichen Kommandanten zur Hölle!“

Unter ihrem Kommando leerten Haruhi, Koizumi, Nagato und ich die Waffenlager unserer gesamten Flotten und sogar Asahina-san, die beim Vernehmen von Nagatos mit eiskalter Stimme ausgegebenen Feuerkommandos erschauderte, machte verzweifelt ihren ersten Angriff des Tages auf den umzingelten <Feind A>.

„Es tut mir so leid….“, sagte Asahina-san.

Der Präsident des Computerclubs wurde von der Attacke völlig überrascht. Er hatte wohl geplant gehabt sich an einem sicheren Platz in der Galaxie zu verstecken und das ganze Spektakel in Ruhe zu genießen, nur um zuerst mitansehen zu müssen, wie der Suchmodus gewaltsam aktiviert wurde und danach plötzlich mitten in die feindlichen Flotten teleportiert zu werden, wo der sichere Tod auf ihn wartete.

„Seufz…“

Seufz. Schnell unterdrückte ich die Worte, die ich gerade aussprechen wollte. Koizumi zeigte mir ein verschmitztes Lächeln, aber ich tat so als hätte ich es nicht gesehen..

Ich wandte mich wieder zu meinem Bildschirm, wo auf die Flotte von <Feind A> gerade ein Regen aus Lasern und Raketen niederging und die wie eine rücklings liegende Schildkröte verzweifelt versuchte davonzukommen. Was solls…. er hat es verdient, schließlich waren sie es, die mit dem Betrügen angefangen hatten. In Wirklichkeit hatten wir später dank Nagato Yuki sogar noch mehr geschummelt, also stand es uns eigentlich nicht zu ihn allzu sehr zu kritisieren.

Nagato tippte ohne Unterlass die Feuerkommandos auf ihre Tastatur ein. Die Anzeige der Schiffe von <Feind A> nahm in der selben Geschwindigkeit ab, wie unsere Munitionsanzeige. Schließlich feuerte die <Yuki Flotte> einen Laserstrahl mit einer Fehlerrate von ein paar Dezimalstellen ab und pulverisierte die wenigen verbliebenen feindlichen Schiffe mit perfekter Präzision. Das war das Letzte, das die feindliche Flotte noch sah, bevor sie unterging.

Eine heitere Marschmusik begann zu spielen und die blinkenden Worte auf unseren Bildschirmen signalisierten, dass der Kampf endlich vorbei war:

„SIE HABEN GEWONNEN!“



1711 Stunden

Zehn Minuten nachdem der Kampf vorüber war, klopfte jemand an die Tür unseres Clubraums.

Herein stürmten die betreten aussehenden Mitglieder des Computerclubs. Der Präsident sagte in entmutigten Tonfall:

„Wir haben verloren. Wir wurden komplett geschlagen und bieten nun unsere Kapitulation an. Es tut mir leid, es tut mir schrecklich leid, bitte vergebt uns. Wir haben euch völlig unterschätzt und damit einen Fehler begangen, einen schrecklichen Fehler.“

Vor dem sich entschuldigenden Präsidenten, dessen Kopf so weit hinuntergebeugt war, dass er schon einer Sonnenuhr glich, stand Haruhi, die ein strahlendes Lächeln aufgesetzt hatte. Unter dem achtsamen Blick von Lord Haruhi erblassten die Mitglieder des Computerclubs und verstummten.

„Ihr habt sogar unsere kleinen Tricks bemerkt…. es stimmt, dass wir unehrliche Methoden angewandt haben, aber wir hätten nie gedacht….. dass der Quellcode mitten im Kampf umgeschrieben werden könnte…. es ist einfach unglaublich, aber es ist wirklich passiert….“

Der Präsident blickte sich erschöpft im Raum um, als würde er in eine andere virtuelle Welt eintreten. Haruhi hob eine Augenbraue und sagte:

„Was zur Hölle murmelst du da? Ich habe keine Zeit dafür mir Ausreden eines schlechten Verlierers anzuhören. Du erinnerst dich noch an unsere Abmachung?“

Sie winkte fröhlich mit ihrem Finger, was bedeuten sollte: Glaub erst gar nicht, dass du damit davonkommen kannst. Komplett in ihren Siegestaumel versunken hatte Haruhi nie das Gefühl, dass der Kampf auf ungewöhnliche Weise gewonnen worden war. Für dieses Mädchen ist ein Sieg ein Sieg.

„Ich wette euch fehlen gerade die Worte. Der Desktop-Pc hier gehört jetzt mir, genauso wie die vier Notebooks da drüben. Erzählt mir nicht ihr habt schon vergessen, dass je gesagt zu haben, weil wenn dem so ist, muss ich euch zu einem schrecklichen Tod verurteilen! Aber ich denke ich werde die Strafe etwas hinuntersetzen und auf zehn Runden nackt um die Schule laufen und dabei ‚Ich werde von kleinen, grünen Männchen verfolgt!“ schreien reduzieren.

Haruhis unsinnige Forderungen ließen die Mitglieder des Computerclubs ihre Köpfe nur noch tiefer sinken lassen. Ich weiß nicht ob ich sie bemitleiden soll oder ob es nur an der angespannten Atmosphäre liegt…

„Ah…. genau, ich werde erstmal Tee für jeden aufsetzen.“

Die immer verständnisvolle Asahina-san stand auf und ging zum Teekessel, während Koizumi höhnisch grinste und dabei half ein paar Pappbecher herauszunehmen. Nagato fuhr damit fort auf ihrem stählernen Stuhl zu sitzen und emotionslos auf die niedergeschlagenen und gebrochenen Gestalten zu starren, die nun in einer Reihe vor Haruhi standen.

Während Haruhi enthusiastisch ihre Rede hielt, kam eines der Mitglieder, der Präsident, auf mich zu.

„He“, flüsterte er mir zu, „Wer war es? Mit solchen elitären Hackfähigkeiten steht dir die Welt offen…. in Wirklichkeit habe ich ja eine Idee wer es ist….“

Nagato hob ihren Kopf um mich anzusehen, während der Präsident sich zu ihr umwandte.

Tja, sogar Außenseiter sehen sofort, dass Nagato die Klügste von uns allen ist.

„Ich muss mit dir reden.“,

sagte der Präsident zu Nagato.

„Wann immer du Zeit hast, würde es dir etwas ausmachen rüber in den Computerclub zu kommen und mit uns rumzuhängen…. ich meine, gelegentlich auszuhelfen?“

Er begann mit seinen Überredungsversuchen. Vor kurzem wirkte er noch wie ein toter Fisch, der zum Trocknen in die Sonne gelegt worden war, aber jetzt war er wieder völlig zum Leben erwacht. So etwas geschieht normalerweise mit Leuten die komplett aufgegeben haben, wenn sie schnell ihre ganze Würde zum Fenster hinaus werfen.

Nagato erweckte nun den Eindruck, als hätte sie innen einen Motor eingebaut. Zuerst sah sie den Präsidenten an, dann wechselte ihr Blick auf mich. Sie sagte nichts sondern starrte mich nur mit diesen dunklen, rabenschwarzen Pupillen an und warf mir einen fragenden Blick zu.

Nagato erweckte nun den Eindruck, als hätte sie innen einen Motor eingebaut. Zuerst sah sie den Präsidenten an, dann wechselte ihr Blick auf mich. Sie sagte nichts sondern starrte mich nur mit diesen dunklen, rabenschwarzen Pupillen an und warf mir einen fragenden Blick zu.

„……“

Was macht sie nur? Telepathische Signale übermitteln? Oder will sie, dass ich für sie entscheide? Du bringst mich mit diesem Gesichtsausdruck von dir in eine schwierige Situation (auch wenn in Wirklichkeit kein Ausdruck zu sehen ist). Er hat dich gefragt und du kannst doch sicher alleine entscheiden oder nicht? So sollte es einfach sein.

Wie ich es von Nagato gelernt hatte versuchte ich mit einem stummen Blick zu antworten….

„He! Was glaubst du, was du da machst?“

Haruhi kam und mischte sich ein,

„Unsere Yuki kann nicht so einfach an dich verborgt werden! Dafür musst zu zuerst mich fragen!“

Haruhi war wirklich begabt darin andere zu belauschen. Sie hatte alles was hier gesprochen worden war mitgehört. Wie sie da so dastand, mit ihren Händen auf den Hüften, wollte ich sie sogar schon dafür loben.

„Jetzt hör mir zu! Dieses ruhige Mädchen ist ein unersetzbares Mitglied der SOS Brigade. Ich habe sie zuerst in Besitz genommen, also wird sie nirgendwohin gehen!“

Eigentlich hast du ursprünglich nur den Raum des Literaturclubs in Besitz genommen, nicht Nagato.

„Was für einen Unterschied macht das? Ich wollte von Anfang an beides haben, den Clubraum und Yuki. Alles in diesem Clubraum, sogar eine alte Coladose, gehört mir und ist nicht zu verkaufen!“

Meins, alles meins! Haruhi plusterte ihre Matrosenuniform auf und proklamierte furchtlos ihre Souveränität über den Clubraum.

„Umm, mal langsam.“,

sagte ich nachdem ich eine Weile nachgedacht hatte.

Man sieht es mir vielleicht nicht an, aber ich behaupte von mir, dass ich Nagatos Äußerungen besser verstehe als sonst jemand, schließlich habe ich sie ja auch schon vor drei Jahren getroffen. Obwohl Nagato bisher perfekt darin gewesen war ihre Emotionen zurückzuhalten, fühlte ich trotzdem, dass sie nicht völlig emotionslos war. Es fiel mir auf, als sie in den endlosen Sommerferien gefangen war und ich bemerkte es auch jetzt während dieses Wettkampfes. Und ja, das hätte ich fast vergessen, es war auch so während unseres Besuches der öffentlichen Bücherei.

Selbst Nagato muss Sachen haben, die sie gerne tut.

Wenn ich darüber nachdenke, während unseres <Der Tag des Schützen 3> Kampfes mit dem Computerclub, war es Nagato und nicht Haruhi, die den meisten Enthusiasmus gezeigt hatte. Während ich sie dabei beobachtete, wie sie die Kommandos in die Tastatur einhämmerte, wusste ich, dass sie hier noch leidenschaftlicher bei der Sache war, als wenn sie Bücher liest. Obwohl ich damals nicht wusste, ob es nicht nur der Nebeneffekt davon war, dass ich ihr verboten hatte ihre Kräfte zum Schummeln zu benutzen. Ich fühlte einfach nur, dass es ihr wirklich Spaß machte. Wenn sie neben dem Lesen ein neues Hobby gefunden haben sollte, dann finde ich sollte man das unterstützen. Statt immer nur als Dekoration im Hauptquartier der SOS Brigade zu bleiben, wäre es eine gute Sache wenn sie ihr Schulleben stärker auskosten, und mehr mit anderen Leuten interagieren würde.

Nagato wird es wahrscheinlich auch müde werden jeden Tag nur Suzumiya Haruhi zu beobachten. Sogar von Außerirdischen erschaffene humanoide Interfaces brauchen ab und zu eine Pause.

„Mach was immer du willst.“

Für heute stellte ich mich auf die Seite des Präsidenten.

„Du magst Computer, nicht? Dann geh und spiel mit ihnen wann immer du willst. Selbst wenn du ihnen nur hilfst Bugs in ihren selbstentwickelten Spielen aufzuspüren, ich bin mir sicher sie wären dir sehr dankbar und du hättest wahrscheinlich die Chance mit fortschrittlicheren Spielegeräten in Kontakt zu kommen wenn du zu ihnen gehst.“

Nagato blieb weiterhin stumm, aber ich bemerkte eine leichte zittrige Bewegung in ihrem Gesicht. Es schien als würde sie fragen ob es in Ordnung war oder was sie tun sollte. Ihre dunklen Bonbon-artigen Augen zeigten die gleiche Art von Zögern wie bei einem Schachspiel, wenn man nicht weiß welchen Zug man machen soll.

Es fühlte sich für mich so an, als würde sie lange Zeit überlegen, obwohl es in Wirklichkeit nur drei ihrer Wimpernschläge bedurfte um sich zu entscheiden.

„…..Ich verstehe.“

Bevor ich noch fragen konnte, wie sie sich entschieden hatte, nickte sie mechanisch mit ihrem Kopf, sah den Präsidenten an und sagte ohne ihren Tonfall zu verändern:

„Ich kann ab und zu kommen.“



Natürlich musste Haruhi widersprechen:

„Wir waren diejenigen die gewonnen haben, also warum müssen wir ihnen jetzt unser wichtigstes Mitglied ausleihen? Nagatos Miete ist teuer sag ich euch! Genau, 1000 Yen pro Minute!“

Wenn es nur 1000 Yen pro Minute sind, wäre ich bereit das zu zahlen.

„Kommandantin Suzumiya.”

Fertig damit seinen warmen Tee zu trinken, näherte sich Koizumi Haruhi mit einem entspannten Lächeln.

„Eure Exzellenz, manchmal ist es wichtig Gnade für die Besiegten zu zeigen. Neben im Anlassfall seine Macht zur Schau zu stellen, ist auch eine großzügige Einstellung eine Vorrausetzung um ein großartiger Anführer zu werden.“

„Hmm? Wirklich?“

Haruhis Mund ähnelte nun einem Entenschnabel…

„Also gut. Wenn Yuki damit einverstanden ist… Allerdings werde ich euch die Notebooks nicht zurückgeben und außerdem…“

Haruhi hielt inne und dachte an etwas. Sie starrte den Präsidenten an und setzte ein hämisches Grinsen auf. Sie hatte wirklich ein großes Repertoire an Ausdrücken.

„Die Besiegten müssen auf alles hören, was der Sieger ihnen befiehlt. Das ist die Grausamkeit des Krieges.“

Sie schnappte sich den Tee vom Tablett, das Asahina-san bedächtig zu ihr hingetragen hatte (Ich glaube es war die Sorte „Karigane“) und leerte den Becher in einem Zug. Dann sagt sie:

„Von nun an müsst ihr mir absolute Gehorsamkeit schwören. Ich werde euch gut behandeln, nachdem ich Leute nur nach ihren Fähigkeiten beurteile. Wenn ihr hart arbeitet, werde ich euch vielleicht sogar zu ordentlichen Brigademitgliedern befördern. Mal angenommen… ja genau, mal angenommen wir müssen uns dem Schülerrat stellen, dann werdet ihr bereitstehen müssen um meine Befehle zu empfangen. Bis dahin seid ihr nur vorläufige Mitglieder.“

Wenn das so weitergeht, plant sie etwa die ganze Schule in die SOS Brigade zu assimilieren? Aber Haruhi war zu vergnügt um meinen Sorgen Beachtung zu schenken.

„Koizumi-kun, bereite einen Vertrag vor.“

„Verstanden, eure Exzellenz.“

Koizumi zeigte das listige Lächeln eines mächtigen Regenten, der vorgab den Befehlen des jungen Kaisers zu folgen, den er eingesetzt hatte und setzte sich vor sein neu erworbenes Notebook und begann zu tippen.


Ein paar Tage später hatte sich die Szenerie im Clubraum nicht geändert, mit Ausnahme von ein paar zusätzlichen ungenutzten Notebooks.

Gekleidet in ihr Dienstmädchenkostüm wusch Asahina-san mit einem Mob den Boden auf und ging dann zu ihrem Teekessel um Wasser zu kochen. Koizumi spielte mit sich selbst Brettspiele und Nagato saß still in ihrer Ecke und las ein Buch. Bevor Haruhi zu sprechen begann genossen wir allen einen kurzen Moment des Friedens.

In dieser üblichen Szene im SOS Brigade Clubraum nach der Schule, manchmal, sehr selten, würde die Bücherwurmaußerirdische fehlen. Wann immer ich bemerkte, dass sie verschwunden war, würde sie nach ein paar Minuten ruhigen Schrittes zurückkehren um weiter in ihrem Buch zu lesen. Für mich war Nagato der wahre Herrscher dieses Raumes.

„……”

Während sie einen ausländischen Detektivroman in seiner Originalsprache las, schien sich Nagato äußerlich nicht viel verändert zu haben. Über ihr Inneres konnte man schwer etwas sagen….nicht einmal ich konnte das wissen.

Wie immer würde Nagato die meiste Zeit hier im Raum verbringen. Gelegentlich, wie eine überraschende Brise, würde sie in den Nachbarraum hinüberwehen, was auch genug für sie war.

„Kyon-kun, hier ist dein Tee. Dieses Mal habe ich chinesischen Tee probiert. Hee hee….wie ist er?“

Ich nahm meinen Teebecher von der sanft lächelnden Asahina-san in Empfang. Nachdem ich einen Schluck genommen hatte, bemerkte ich wie meine Geschmacksknospen in eine ähnliche Sensation verfielen wie bei den anderen Teeblättern, die sie gebrüht hatte. Solange er von dir serviert wird, würde sogar Unkrautsaft für mich wie Wein schmecken.

Während ich darüber nachdachte mit welchen Worten ich Asahina-san antworten sollte, sinnierte ich darüber, dass ich wohl nicht mehr in irgendwelche schrägen Ereignisse verwickelt werden würde.


Kurz vor Weihnachten und den Winterferien fand ich heraus, wie sehr ich mich damit geirrt hatte.

Als Haruhi verschwand wusste ich, dass ich schrecklich falsch gelegen hatte.

(Der Tag des Schützen Ende)




Prolog - Winter[edit]

Es ist unnötig zu sagen, dass meine Gedanken über Suzumiya Haruhi dem Muster einer Patchworkdecke glichen. Nichtsdestotrotz, müsste ich dieses Individuum mit mir verständlichen Worten und Phrasen beschreiben, dann würde dabei diese Warnung herauskommen:

Hier ist eine Person, die man nicht in die Nähe der Interkontinentalraketen-Abschussanlagen Japans lassen darf.

Normalerweise sind die Chancen eines High School Mädchens etwas derartigen zu besitzen gleich Null, aber jedes Mal wenn sich diese Frau ins Getümmel wirft, wird auch das geradezu Unmögliche plötzlich zu etwas Unvermeidbaren. Entweder das, oder diese beiden Optionen heben sich gegenseitig auf und hinterlassen ununterbrochen Chaos, gegen das sie immun zu sein scheint. Für sie wäre es nur eine Sache der Entscheidung zwischen zwei Dingen, wo eines auszuwählen ist. Diese Person mag nicht so teuflisch sein wie eine Zeitbombe, die ihren Countdown beginnt ohne, dass man sie aktiviert hätte, aber sie ist radioaktiver als eine Reaktorkernschmelze. Die Erfahrung hat allerdings gelehrt, dass selbst wenn das in-Schach-halten dieses Koboldes unmöglich ist, man solange man sie im „Vibrationsmodus“ hält, jedes Leck das auftaucht auch wieder flicken kann.

Aus diesem Grund muss ich mir Wege ausdenken um ihre Langeweile zu verringern, so dass sie erst gar keine Zeit hat über Nuklearwaffen nachzudenken, auch wenn nur für kurze Zeit. Solange sie andere Dinge hat an denen sie ihr inneres Feuer abkühlen kann, wie etwa meiner Glückskatze Shaminsen einen Flaschenverschluss zuwerfen, an dem diese dann drei Minuten herumbeißt, dann würde sich ihre Aufmerksamkeit schon für drei Minuten auf dieses „Ding“ verlagern-

-das Obige sind die Mandate, die Koizumi in der Vergangenheit vorgeschlagen hat und an denen dieser Typ bis heute festhält.

Wegen ihnen wurde uns nun die idiotischste Situation, die man sich vorstellen kann, geradezu ins Gesicht geschleudert.

Ins Gesicht geschleudert? Keuch, ja. Es ist kein Zufallstreffen, keine Entdeckung und kein Treffen. Es gibt keine Worte, die unsere Situation besser beschreiben können.

Denn derzeit befinden wir uns gerade in wirklich, wahrhaftig großen Schwierigkeiten.




Das “Verschneiter Berg”-Syndrom[edit]

“Mist.”

Haruhi, die mir vorausging, sprach aus was ihr durch den Kopf ging.

„Man kann überhaupt nichts erkennen!“

Wollt ihr wissen wo wir sind? Im Sommer waren wir auf einer einsamen Insel, und im Winter? Versetzt euch mal in Haruhis Rolle und ratet.

„Es ist eigenartig.“,

tönte Koizumis Stimme von der Seite.

„Wir sollten inzwischen am Fuß des Berges sein, nachdem wir schon so lange gewandert sind.“

Mein Tipp an alle ist, dass wir uns an einen kalten und verschneiten Ort befinden.

„Es ist so kalt, oh…Uuuu~“

Die schneidenden Winterböen ließen Asahina-san verstummen. Ich wandte meinen Kopf um die Person imSkianorak, die wie ein Entenkücken wackelte zu beruhigen und nickte ihr ermunternd zu. Dann drehte ich mich zurück nach vorne.

„…“

Vielleicht war es nur Einbildung, aber ich hatte das Gefühl, dass die Schritte von Nagato, die uns den Weg vorgab, langsam schleppender wurden. Die Schneekristalle klebten auf ihren Stiefeln und sammelten sich mit jedem Schritt weiter an. Wo würden wir so etwas durchmachen müssen?

Ich werde euch nicht länger auf die Folger spannen, hier die Antwort:

In einer so weit das Auge reicht silbern glänzenden weißen Welt, wo das Einzige außer Schnee, Schnee ist, wo hin auch immer man sich wendet.

Wo sonst, als auf einem verschneiten Berg könnte das so sein?

Und gerade jetzt war es ein verschneiter Berg, der von einem Schneesturm heimgesucht wird.

Um präzise zu sein – Dank des Ausbruchs eines Schneesturms war unser Rückweg in die Berghütte ein totales Disaster – diese Beschreibung würde auf unsere Situation zu 100% zutreffen.

Um aufs Thema zurückzukommen, wer hatte sich das alles ausgedacht? Inzwischen war ich bereit zu glauben, dass es damit Enden könnte, dass alle fünf von uns mit dem Tod konfrontiert werden und vielleicht das Tageslicht erst wieder als gefrorene Leichen erblicken werden, wenn der Frühling den Schnee wegschmilzt.

„Koizumi, denk dir was aus!“

„Mir sind die Ideen ausgegagen.“,

sagte Koizumi während er auf den Kompass starrte.

„Die Richtung scheint zu stimmen. Nagatos Orientierung ist unvergleichlich. Allerdings sind wir jetzt schon seit Stunden unterwegs, ohne den Fuß des Berges zu Gesicht zu bekommen. Normalerweise wäre das eine höchst seltsame Situation.“

„Und was heißt das jetzt? Sind wir in diesem riesigen Skiresort für immer gefangen?“

„Die einzige Schlussfolgerung, die sich derzeit ziehen lässt ist, dass es sich um einen bizarren Vorfall handelt, eine unvorhersehbare Abnormität. Nicht einmal Nagato kann den Grund hierfür verstehen und weiß auch nicht mehr, als dass wir mit einer Widrigkeit konfrontiert sind.“

Du brauchst mir nichts erzählen was ich schon weiß. Es ist ungewöhnlich mit Nagato als Führerin den Weg nach Hause nicht finden zu können.

„Es muss wieder eine von Haruhis nicht-von-dieser-Welt-Ideen am Werk sein.“

„Ich würde mit meinen Vermutungen nicht soweit gehen. Mein Instinkt sagt mir, dass Suzumiya-san sich ihren Rückweg nicht abschneiden lassen würde.“

„Warum bist du dir dessen so sicher?“

„Weil Suzumiya-san sich schon auf die mysteriöse Murder-Mystery in der Berghütte freut. Für dieses Rätselspiel habe ich nicht wenige Dinge arrangiert und das Ganze sorgfältig durchdacht.“

Schon seit dem Sommer stand fest, dass es auch beim Winterausflug wieder zu einem Detektivspiel kommen würde. Letztes Mal war es eine Horrorgeschichte, die mit einem enttäuschenden Abschluss endete und dieses Mal war es ein Kombinier-Spiel, in das jeder eingeweiht war. Die Besetzung war die gleiche, mit Arakawa dem Butler und Mori dem Dienstmädchen in den Hauptrollen. Tamaru würde der Gaststar sein und die gleiche Rolle, mit den gleichen Beziehungen und dem gleichen Namen spielen.

„Das ist wahr…“

Haruhi konnte es schon gar nicht mehr erwarten die Verschwörung des Opfers und die Identität des Mörders aufzudecken, also würde sie es auch nicht unbewusst verhindern, dass wir in die Berghütte zurückkehren, wo sie diese Murder-Mystery erwartete.

Außerdem warteten noch meine Schwester, Tsuruya-san, die immer als Extra die Lücken ausfüllt, und Shamisen in der Berghütte auf unsere Rückkehr.

Um ehrlich zu sein gehörte die Berghütte, die wir uns dafür ausgeborgt hatten, der Tsuruya Familie. Dieser Senpai mit endloser Energie stimmte sofort zu uns die Hütte zur Verfügung zu stellen, solange sie mitkommen durfte. Dass ich Shamisen mitbrachte war aufgrund von Koizumis Bitte, da er Teil der Inszenierung sein sollte. Meine Schwester wurde aus eigenen Stücken Teil meines Gepäcks. Diese Zwei plus Eins sind jedoch nicht Teil der Gruppe, die gerade der sicheren Katastrophe ins Angesicht blickt. Shamisen würde wohl gerade zu einer Kugel zusammengerollt vor dem Kamin liegen und Tsuruya-san gemeinsam mit meiner Schwester, die nicht Skifahren konnte, einen Schneemann bauen. Das war das Letzte an das ich mich von ihnen erinnerte.

Für Haruhis waren die Drei Reservemitglieder, was auch der Grund dafür war, warum sie nicht dagegen war sie wieder zu treffen.

Warum ist das so? Warum können wir nicht zurück zum beheizten Rückzugsort der SOS Brigade gelangen?

Selbst mit dem Segen von Nagato Yuki konnten wir den Rückweg nicht finden. Was läuft hier nur falsch?

„Wir treffen laufend auf diese extremen Stürme, sei es im Sommer oder im Winter…“

Könnte es gar ein Naturgesetz sein, dass wir während allen längeren Ferien in irgendeine Abnormalität hineingezogen werden, die das menschliche Verständnis übersteigt?

Als wäre ich von einem Cocktail aus Angst und Unsicherheit betrunken, begann ich mir schnell mein Erinnerungsvermögen zu aktivieren.

„Wie ist es so weit gekommen?“

Flashback-Modus an.

..........

......

...

Ein gemeinsamer Winterausflug war eine nahezu ausgemachte Sache. Selbst wenn wir wirklich die Zukunft vorhersagen könnten, wären wir von dieser Tatsache unbeeindruckt gewesen.

Außerdem hatte schon zum Zeitpunkt, als der mörderische Ausflug zur einsamen Insel (inklusive Taifun) beendet war, eine gewisse Person die kommenden Ereignisse angekündigt. Wer könnte es sein außer Haruhi? Diejenigen, die ihre Rücksichtslosigkeit und ihre Ausdrücke zu ertragen hätten, waren wir alle, mit Ausnahme von ihr selbst natürlich. Die Führung würde Koizumi übernehmen.

Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass Haruhi die Sache bis zum Winter vergessen würde, aber das Gedächtnis des Anführers versagt nicht bei solchen Dingen-

„Countdown zum Jahresende im Schneesturm.“ Haruhi überreichte stapelweise zusammengeheftetes Papier. Nachdem sie es ausgeteilt hatte grinste sie wie ein perverser Kidnapper.

„Wie ursprünglich geplant werden wir diesen Winter eine eingeschneite Berghütte aufsuchen um dort mit Teil zwei unserer Mystery-Tour durchführen!“

Diese Deklaration erfolgte im Clubraum am vierundzwanzigsten Dezember, gleich nach der Zeremonie zum Jahresende. Wir hatten einen Keramiktopf auf einem portablen Gasofen an einem Ende des Tisches stehen, der jedes Mal wackelt während wir diverse Zutaten in ihn hineinwarfen, als Ersatz für einen Feuertopf zum Mittagessen.

Haruhie schmiss Fleisch, Fisch und Gemüse ohne bestimmte Ordnung hinein, während die mit einem Kopftuch geschmückteDienstmädchenversion von Asahina-san das Essen mit einem Paar Stäbchen aufteilte und es in regelmäßigen Abstände aus der Brühe holte. Nagato, Koizumi und ich waren für das Konsumieren zuständig. Neben der Fünfergruppe der SOS Brigade war heute auch ein Gast anwesend.

„Waaa! Das ist toll! Was ist das? (mampfend)… Haruhi, du bist kein 5-Sterne-Koch oder? (kauend)….Yoho! Diese Suppenbrühe ist das Beste! Yumyumyum~ (verschlingend)”

Der Gast war niemand anderer als Tsuruya-san. Die Quelle dieser lebhaften Geräusche schien sich mit Nagato zu duellieren, die still vor sich hin aß, und bewegte hastig ihre Essstäbchen um sich die Leckerbissen auf ihr Teller zu schaufeln.

„Im Winter muss man einfach einen Feuertopf essen! Kyon als Renntier ist auch ein Kracher, haa, ist das schön!“

Die Einzige die mir Anerkennung für meinen Auftritt zollte war als Tsuruya-san und nur Tsuruya-san. Haruhi und Koizumi zeigten nur ein falsches Lächeln, während Asahina-san plötzlich ihre Augen verdeckt hatte und mit ihren Schultern zuckte. Nagato zeigte am ganzen Körper, dass sie versuchte die Quelle dieses Humors mittels Logik zu ergründen und ich fühlte nur völlige Verlegenheit während mir der Schweiß über das Gesicht rannte. Da geht er hin mein Funken von Ambition in die Unterhaltungsindustrie einzusteigen…Aber was solls, es ist auch besser so.

Es musste einen Grund dafür geben, dass Tsuruya-san unser Gast war, außer um sich am Festmahl zu beteiligen oder Asahina-sans Begleitung zu sein. Dieser spezielle Grund war..

„Bezüglich der Berghütte im Blizzard.“

Haruhis Beschreibung wurde vom Schneesturm auf einen Blizzard aufgerüstet.

„Freu dich Kyon! Wer hätte gedacht, dass uns Tsuruya-san gratis ihre Villa zur Verfügung stellen würde? Das und dass sie erstklassig ist! Ich brenne schon darauf. Komm, komm, komm! Nicht so schüchtern, hau rein!”

Haruhi warf ein paar Schweinekoteletts auf Tsuruya-sans Teller während sie sich Anglerfischscheiben für sich selbst nahm.

„Normalerweise würde unsere Familie ihren Urlaub dort verbringen…“

Tsuruya-san stopfte sich ihren Mund voll mit Schweinefleisch und schlang es runter.

„Aber mein Vater befindet sich dieses Jahr auf einer Geschäftsreise nach Europa und kann deshalb nicht. Nachdem seine Arbeit aber in drei Tagen erledigt sein wird haben wir beschlossen später auf Skiurlaub in die Schweiz zu fahren. Also werde ich mit euch in die Villa fahren! Das wird ein Kracher!“

Wie es schien hatte uns Tsuruya-san ihre eigene Villa für den gemeinsamen Ausflug in dem Moment überlassen, in dem Asahina-san beiläufig unsere Winterpläne erwähnt hatte. Koizumi schloss sich der Idee an und befürwortete sie aus ganzem Herzen, während Haruhi so aufgeregt war wie eine Katze, der man gerade einen Teller voll Sashimi vorgesetzt hatte, als sie schließlich davon erfuhr.

„Tsuruya-san, das ist für dich!“

Haruhi holte ein violettes Manschettenband hervor, auf dem „Ehrenamtlicher Berater“ stand und überreichte es ihr- womit die Sache besiegelt war.

Koizumi hatte ein strahlendes Lächeln im Gesicht als er auf Haruhi, Nagato und Tsuruya-san sah, die alle aßen als wären sie bei einem Esswettbewerb. Vielleicht weil er meinen Blick bemerkte, begann er zu sprechen:

„Keine Sorge. Dieses Mal werden wir Niemanden einen Schrecken einjagen. Es wird nur ein einfaches vorbereitetes Detektivspiel sein. Wir haben sogar dieselben Leute dafür.“

Das bedeutete, dass Arakawa der Butler, Mori das Dienstmädchen und die Tamaru-Brüder wieder an der Show mitwirken würden. Aber das war egal. Schon mehr würde mich interessieren, was sie normalerweise taten. Sind sie Teil der Verwaltung der „Organisation“?

„Sie sind Schauspieler aus einer kleinen Truppe, die ich zufällig kenne. Reicht dir das als Erklärung?“

Solange Haruhi damit zufrieden war, hatte ich keine Bedenken.

„Suzumiya-sans Hauptkriterium ist ob das Schauspiel interessant ist, sonst kümmert sie nichts. Das ist allerdings auch schon das schwierigste Problem. Ich bin mir nicht sicher ob sie das Szenario zufrieden stellen wird und der Gedanke daran bereitet mir Magenschmerzen.“

Koizumi drückte sich auf den Magen und simulierte Sodbrennen, behielt aber sein Lächeln. Was für ein schrecklicher Schauspieler.

Ich war eine normalere Person als Haruhi wenn man bedachte, dass ich nicht einfach den Spaß ins Zentrum stellen und alles andere ignorieren konnte. Ich sah mich um nach etwas, das meine Nerven beruhigen könnte und stoppte zuerst bei der ausdruckslosen Fassade von Nagato. Das gute alter Pokerface Nagato. Die mir so gut bekannte Nagato Yuki schlang die Zutaten des Hot Pots hinunter als wäre nichts geschehen.

„….“

Was auch immer, dachte ich zu mir selbst.

Dieses Mal sollte es keinen kritischen Zwischenfall geben, der Nagato über die Maßen beansprucht. Nein, eher es sollte überhaupt kein solches Ereignis auftreten. Im Angesicht der geplanten Dinge, sollte es dieses Mal eine gemütliche Sache werden. Nagato hatte beim gemeinsamen Sommerausflug nicht übermäßig viel zu tun und ich hoffte, dass es dieses Mal das Gleiche sein würde. Überlass einfach die ganze Arbeit Koizumi und seinen Freunden.

Ich dachte all dies während ich die Broschüre las, die neben mir lag.

Laut dem Zeitplan in der Broschüre war die Abfahrt am 30. Dezember, einen Tag vor Silvester. Der Berg war nicht allzu weit entfernt und konnte per Bus innerhalb von ein paar Stunden erreicht werden, also noch am gleichen Tag.

Nach unserer Ankunft würden die Pläne für den Tag nur eines sein: Schifahren und noch mehr Schifahren. Am Abend würde eine Party stattfinden (kein Alkohol erlaubt) und Abendessen serviert werden, das von Arakawa-san, dem Butler von dieser einsamen Insel (der obwohl er ein falscher Butler war, makellos und überzeugender war als ein echter, weshalb ich keine Einwände hatte) sowie von Mori-san (die obwohl sie ein falsches Dienstmädchen…et cetera) zubereitet wird. Die Tamaru-Brüder würden am nächsten Tag als verspätete Ehrengäste eintreffen, bevor sich der Vorhang für das Detektivspiel schließlich hebt.

Anschließend daran würde Silvester damit verbracht werden das Spiel und die Verschwörung dahinter aufzulösen. Die Gruppe würde sich kurz vor Sonnenaufgang versammeln und abwechselnd ihre Lösung für den „Fall der vergifteten Schokolade“ präsentieren, woraufhin Koizumi als Mastermind schließlich die Wahrheit verkünden würded. So würde sich dann jeder vom vergangenen Jahr verabschieden und Hallo zum neuen sagen können. Prosit Neujahr!“

-das wäre eine kurze Zusammenfassung des gemeinsamen Ausflugs.

Als ich meinen Kopf aufrichtete starrte ich in Haruhis hämisches Gesicht. Es kam nicht überraschend, dass sie mich selbst in dieser unchristlichen Stunde so direkt ansah.

“Wir sollten das neue Jahr wirklich feiern!”

Haruhi hob den Lauch mit ihren Essstäbchen auf.

„Und dem neuen Jahr dann gleich unseren Dank erweisen, damit es auch ein gutes wird. Ich glaube fest daran, dass das kommende Jahr eines sein wird, in dem Schicksal der SOS Brigade zu unserem Gunsten wenden wird.“

Kleines Fräulein, es ist schon in Ordnung, dass du das neue Jahr wie eine Person behandeln willst, aber ich glaube nicht, dass deine Definition eines guten Jahres die gleiche ist, wie für den Rest von uns.

„Wirklich? In meinen Augen war dieses Jahr interessant, weshalb ich will, dass auch das nächste so verläuft. Ahh, Mikuru-chan, die Brühe ist drauf und dran völlig zu verdunsten, beeil dich mit dem Wasser.“

„OK, ich komme schon.“

Asahina-san eile schnellen Schrittes zum Teekessel.

„Eishu.“

Sorgfältig goss sie das Wasser aus dem augenscheinlich schweren Teekessel in den Topf.

Der Anblick von Asahina-sans verführerischen Gesicht ließ mich auf die Unglücke dieses Jahres zurückblicken und meine Emotionen wurden davon ein wenig aufgerührt. Haruhi hatte gesagt, dass dieses Jahr interessant gewesen war. Hätte man mir die gleiche Frage gestellt, wäre meine Antwort definitiv ja gewesen.

Als Kind hatte ich auf Begegnungen gehofft mit denen ich angeben konnte. Sei es einen Außerirdischen zu treffen oder irgendwas anderes in diesem Bereich. Ich wollte wirklich, dass so etwas geschieht und damit meiner Kindheit ein neues aufregendes Kapitel hinzufügen würde. Es wäre ungewöhnlich nicht davon zu träumen, dass die eigenen Phantasien wahr werden. Wie es allerdings derzeit war, wo meinem Leben ohne Unterlass neue Kapitel hinzugefügt wurden, das ging über meine Erwartungen hinaus.

Das gesagt, fühlte ich mich nachdem ich diese ganzen Ereignisse durchlebt habe wie folgt:

- ja, sehr zufrieden.

Erst jetzt wo der ganze Trubel vorbei war konnte ich das so laut verkünden. Es hatte mich wirklich einige Zeit gekostet diese Einstellung zu entwickeln. Nichtsdestotrotz, wenn ich die Chance gehabt hätte mehr darüber zu sagen wie ich mich im Inneren fühle, dann hätte ich gesagt, dass ich mir mehr friedliche Tage wünsche. Persönlich hoffte ich auf mehr dieser Zeiten, die wir hier im Clubraum verbringen und herumalbern, nur ein bisschen mehr.

„Du und dein ganzes verrücktes Gerede.“

Haruhis Backen waren voll mit Anglerfischleber als sie keifte:

„Du hast ja auch nur herumgealbert! Jetzt komm mir nicht und sag, dass du nicht genug hattest. Wenn du mehr haben willst, dann verwende dafür die letzten Tage vor Silvester und feiere sie bis zum letzten Moment durch!“

„Nein danke.“

Dieser Blödmann hatte keine Ahnung wie sehr ich bis jetzt gelitten hatte und dass ich mich erst von all den Wunden erholt hatte. Den Sieg in dem Baseballspiel erringen, den Sommerferien ein Ende setzen, die Realität nach dem Filmdreh wieder in Ordnung bringen, zurück und vor in die Vergangenheit und Zukunft reisen und sogar kürzliche Ereignisse korrigieren. Es stimmt schon, dass ich das alles aus eigenem Ermessen getan hatte, also konnte ich das niemandem vorwerfen, aber es auch nicht vor mir selbst rechtfertigen, wenn man bedenkt, dass ich im Moment nicht derartig beschäftigt sein hätte sollen.

Aber was solls, ich kann meine Wut nicht an Haruhi auslassen, selbst wenn ich mich bei aller Welt darüber beschwere.

„Wenn wir in der Berghütte ankommen werden wir noch genug Zeit zum Feiern haben.“

Ich schob Haruhis in Lauerstellung gehaltene Essstäbchen beiseite und angelte mir Kohl aus dem Topf. Das war eine der seltenen von Haruhi zubereiteten Mahlzeiten, also sollte ich mir schnell genug davon einwerfen, bevor die hungrige Gruppe der weiblichen Geschöpfe hier (mit Ausnahme von Asahina-san) alles für sich beanspruchte, schließlich war unklar, wann wir wieder so eine Delikatesse haben würden.

„Wir werden es noch schaffen.“

Haruhi schaufelte sich Rindfleisch auf ihren Teller.

„Einfaches Feiern ist nicht genug, wir müssen es richtig krachen lassen. Hört mir zu, es gibt nur einen Silvesterabend pro Jahr. Denkt mal darüber nach, das diesjährige Silvester findet nur einmal in eurem Leben statt, genauso wie der heutige Tag. Dieser Tag wird nicht wiederkommen wenn er einmal vorbei ist. Also würde man dem heutigen Tag nicht gerecht werden, wenn man ihn nicht in vollen Zügen genießen würde. Deshalb hoffe ich, dass ich alle Tage meines Lebens aufs Vollste auskosten werde können, schließlich ist es das Beste sie unvergesslich zu machen.“

Beim Hören dieser naiven Worte öffnete Tsuruya-san ihren Mund, während sie noch auf etwas halbgarem Hühnerfleisch herumkaute:

„Whoa! Du erinnerst dich an alle dreihundertfünfundsechzig Tage des Jahres? Weite so! Ahh, Mikuru, bitte noch etwas Tee.”

“Sicher, kommt gleich!”

Asahina-san nahm den Tontopf und goss den gekochten Tee sorgfältig in den Becher, den ihr Tsuruya-san entgegen hielt. Obwohl sie wie eine einfache Kellnerin behandelt wurde, schien Asahina-san mehr als glücklich mit ihrer Tätigkeit. Haruhi, die Küchenchefin, die alles was ihr unter die Finger kam in den Topf war, war auch völlig in die Sache versunken. Koizumis elegantes Lächeln spiegelte sich schemenhaft im dampfenden Feuertopf, während die ruhig dinierende Nagato das Essen still hinunterschlang. Tsuruya-san, die ehrenamtliche Beraterin, war hier nur als Reservemitglied, aber das störte nicht den Umstand, dass wir genauso gut miteinander auskamen wie üblich in der SOS Brigade.

Ich war mit zu der Zeit völlig bewusst wie kostbar dieser Augenblick war. Da ich diesen Weg gewählt hatte, würden mich ohne Zweifel in Zukunft weitere märchenhafte Ereignisse rund um Haruhi erwarten. Bevor ich irgendwann das Zeitliche segne, rechne ich damit, dass ich noch ein oder zwei weitere mir Kopfschmerzen bereitende Krisen durchgemacht haben werde.

Und außerdem musste ja noch der Dimensionsreisende seinen Auftritt machen.

„Beeil dich und tauch endlich auf!“,

entkam es mir. Glücklicherweise befanden sich Haruhi und Tsuruya-san gerade in einem intensiven Kampf um die Pilze, so dass es niemanden auffiel was ich gerade zu mir selbst gesagt hatte.

Allerdings fiel mir auf, dass sich Nagatos Wimpern leicht bewegt hatten.

Ich warf einen Blick aus dem Fenster, wo nur der graue Himmel und der langsam fallende Schnee zu sehen war, der beim Beobachter schnell ein gewisses Gefühl von Trägheit auslöste. Koizumi bemerkte wo ich hinsah:

„Wenn wir auf der Berghütte fertig sind wirst du Schnee nicht mehr sehen können. Übrigens, bevorzugst du Schifahren oder Rodeln? Es gehört zu meinen Aufgaben mich um die Ausrüstung zu kümmern.“

„Ich bin noch nie gerodelt.“

Nach dieser unklaren Antwort wandte sich mein Blick vom Winterhimmel ab. Koizumi behielt sein harmloses Lächeln, aber öffnete seinen Mund um mich weiter zu befragen:

„Welche(n) Yuki(Schnee) siehst du gerade an? Den der vom Himmel fällt oder-“

Es brachte mir nichts Koizumi für seine Frage in Grund und Boden zu starren, also warf ich mich in den Kampf um die Pilze.

Dieses Hot Pot Festmahl entging den Augen der Lehrer und wurde auch von sonst keiner Petze gesehen. Vielleicht hatten sie es aber auch bemerkt und nur ein Auge zugedrückt. Was auch immer jetzt der Wahrheit entsprach, als wir uns alle vollgestopft hatten, wuschen wir die Schüsseln aus und verließen den Clubraum. Gerade als wir durch das Schultor traten hörte es auf zu schneien.

Nachdem wir uns von Tsuruya-san verabschiedet hatten, die zurück musste um am Weihnachtsessen ihrer Familie teilzunehmen, begab sich die SOS Brigade Richtung Bäckerei. Wir holten den extragroßen Kuchen ab, den Haruhi bestellt hatte und gingen wir weiter zu Nagatos Apartement.

Es war nicht aus Mitleid, weil Nagato sonst den Weihnachtsabend allein verbringen hätte müssen, sondern weil Nagatos Wohnung die einzigartige Gelegenheit bot gemeinsam den Kuchen zu genießen und dabei ein bisschen auszuflippen, ohne uns eine Standpauke von jemandem anhören zu müssen. Ich wunderte mich wer wohl glücklicher war: Koizumi mit Twister oder ich mit dem Kuchen. Haruhi, die die mit tänzelndem Schritt die Führung übernahm, sah ziemlich zufrieden aus und auch bei Asahina-san (deren Hände gepackt und mit ihnen herumgewunken wurde) schien es daran keinen Zweifel zu geben. Selbst die Schritt um Schritt setzende Nagato müsste sich eigentlich von der fröhlichen Stimmung angesteckt haben lassen.

Von der derzeitigen Situation aus betrachtet, sollten eigentlich keine Vorfällte wie, dass auf einmal Weihnachtsmänner statt Schnee auf uns niedergingen, geschehen. Haruhi hatte die Freuden eines typischen Weihnachtsabends voll ausgekostet und schien Spaß daran gehabt zu haben. Ihre Laune schien auf dem gleichen Niveau wie die meiner kleinen Schwester zu sein, aber vielleicht lag es auch einfach nur an diesem besonderen Festtag.

Aus unbekannten Gründen bin ich während dieser Zeit des Jahres versöhnlicher. Selbst wenn Haruhi die winterlichen Straßen durchstreifen würde um Weinachtsmänner zu jagen, würde ich es vielleicht mit einem schiefen Lächeln geschehen lassen.

Während wir die diversen Spiele spielten, die Koizumi mitgebracht hatte, schien jeder von un seine gute Zeit zu haben. Nagatos Aufmerksamkeit war auf <Der Tag des Schützen 3> gerichtet, das auf zwei vernetzten Notebooks lief, während Haruhi und ich uns bei Twister herumstießen und –schoben. Es war wirklich eine wilde Nacht, wo sich vorbeiwandernde Pärchen wohl schnell dem Spaß angeschlossen hätten.


Damit verbrachten wir einen spaßerfüllten Weihnachtsabend.


Die Tage zwischen dem Weihnachtsabend und Silvester vergingen wie im Flug, als würde Haruhi sie gemeinsam mit Chronos, dem Gott der Zeit, beschleunigen. Wir machten einen Komplettputz des Clubraumes und ich erhielt sogar einen Telefonanruf eines scheinbar hirntoten früheren Klassenkameraden. Nach einiger Bettelei begleitete ich ihn zu einem Footballmatch. Während dieser Zeit kam das Ende des Jahres immer näher.

Das neue Jahr. Würde es ein gutes oder schlechtes werden? Ich wusste es nicht. Was mich betrifft, wenn sich meinen Noten nicht verbessern, dann werde ich ziemlich auf die Nase fallen.

Das Verlangen meiner Muter mich in einem Institut für die Collegeprüfungsvorbereitung anzumelden ging schon über das Rhetorische hinaus. Wäre ich irgendeinem professionellen Sportklub beigetreten und mich hineingesteigert oder auch nur in einen anderen weniger gut organisierten klassischen Club eingetreten, dann hätte ich noch eine Ausrede gehabt. Leider ist es nun mal so, dass ich einer obskuren und wenig überzeugenden Gruppe angehöre, die nichts anderes tut als herumzualbern –so erscheint es zumindest Außenstehenden.

Vielleicht gibt es so etwas wie Gerechtigkeit aber auch nicht, nachdem Haruhis Noten geradezu außergewöhnlich gut waren und auch Koizumis Noten aus den letzten großen Tests für die Spitzengruppe reichten. Auch Asahina-san folgte gewissenhaft dem Unterricht, vielleicht auch wegen ihres Interesses an Archäologie, während für Nagato sowieso alles ohne den geringsten Denkaufwand gelöst werden konnte.

„Vergesst es, lasst uns später darüber reden.“

Die dringendste Sache war jetzt der gemeinsame Winterausflug, also war es in Ordnung sich zuerst um diesen zu kümmern. Die Schule konnte bis zum nächsten Jahr warten, während der Countdown für den Ausflug noch in diesem stattfand.

Das gesagt-

„Lasst uns gehen!”,

rief Haruhi aus.

„Yahoo-!”,

schrie Tsuruya-san zurück.

„Wir haben wie es scheint klares Wetter, was den heutigen Tag perfekt macht zum Schifahren, zumindest nach derzeitigem Wetter.“,

gab Koizumi den Wetterbericht zum Besten.

„Schifahren? Ist das das wo man über den Schnee rutscht?“,

bemerkte Asahina-san als sie ihr Kinn hob, das eng von ihrem Schal umschlungen war.

„…“

Nagato stand regungslos mit ihrem kleinen Gepäcksstück in einer Hand.

„Hi!“,

rief meine kleine Schwester und sprang heraus.

Wir standen gerade in aller Früh fertig vorbereitet am Bahnhof. Wir würden den Zug nehmen und dann einige Male umsteigen, bis wir dann plangemäß am Nachmittag am Berg ankommen. Das war aber kein Thema, viel eher stellte sich die Frage wie meine kleine Schwester hier uneingeladen auftauchen konnte…

„Egal, was willst du machen wenn sie schon mal hier ist? Nehmen sie wir mit. Wenn wir gemeinsam fahren lässt sich die Sache wahrscheinlich einfacher lösen und du wirst uns ja keine Probleme bereiten oder?“

Haruhi beugte sich zu meiner Schwester und zeigte ihr ein Lächeln.

„Wäre es jemand, der mir nichts bedeutet, hätte ich ihn bereits rausgeworfen, aber deine Schwester ist mit ihrer ehrlichen Persönlichkeit ganz anders als du, also gibt es keinen Grund nicht OK zu sagen. Das, und weil sie im Film mitgespielt hat und Shamisen braucht ja auch einen Spielkameraden.“

Das ist wahr, sogar Shamisen befand sich unter meinem Gepäck. Ihr wollt wissen warum? Dann hört zu was der Planer des gemeinsamen SOS Brigade Winterausflugs zu sagen hatte:

„Die Katze brauchen wir für die Handlung des Krimis.“

Ist es eine Geschichte ähnlich wie „Die Katze war Zeuge?

Koizumi, der auf seinem Gepäck saß, fuhr fort:

„Es ist egal welche Katze, es kann jede sein, solange sie den Fall lösen kann. Seine außergewöhnliche Schauspielkunst im Film jedoch hat mich dazu gebracht ihn auch für dieses Schauspiel einsetzen zu wollen.“

Der jetzige Shamisen ist allerdings nicht mehr als eine typische Hauskatze, die kein Wort sprechen kann. Es ist also besser nicht allzu große Hoffnungen in seine Schauspielkunst zu haben. Ich fuhr fort und sagte folgendes zu Haruhi, die gerade mit meiner Schwester die Köpfe zusammensteckte:

„Dank ihm wurde ich auf frischer Tat ertappt als ich gerade das Haus verlassen wollte.“

Bei Anbruch der Dämmerung das Haus zu verlassen war einfach zu früh. Gegenüber meiner Mutter hatte ich mich stumm verhalten um meine Deckung zu bewahren und meine Schwester hatte keine Ahnung davon, dass ich mit Haruhi & Co wegfahren würde, jedoch hatte der Plan eine Schwachstelle. Als ich gerade dabei war den schlafenden Shamisen in einen Katzenkorb zu schieben, stolperte meine Schwester in mein Zimmer. Vielleicht war sie gerade auf dem Weg ins Badezimmer und hatte sich im Halbschlaf in der Tür geirrt, nehme ich zumindest an.

Die Situation eskalierte sofort. Die verschlafenen Augen meiner Schwester öffneten sich weit-

„Wohin willst du mit Shamisen? Warum bist du so angezogen? Was soll das Gepäck?“

Mensch, gib Ruhe. Was jetzt folgte war ein Anfall einer elfjährigen Fünftklässlerin, wie sie meine Schwester darstellte, der noch Schlimmer war als der im vergangenen Sommer und in dem sie vollen Gebrauch von ihren Händen und Füßen machte um sich an meine Tasche zu klammern und nicht mehr loszulassen. Es hatte große Ähnlichkeit mit diesen farbenfrohen Muscheln, die sich mit stählernem Griff an die Felsen klammern auf denen sie sich befinden und welche sie unter keinen Bedingungen loslassen.

„Einer mehr gefährdet den Plan nicht.“, sagte Koizumi lächelnd, „Es übersteigt nicht unser Budget die Fahrt für ein zusätzliches Kind zu bezahlen. Außerdem finden sowohl Suzumiya-san als auch ich, dass es gemein wäre sie jetzt noch nach Hause zu schicken.“

Nachdem sie mit Haruhi herumgealbert hatte, vergrub meine Schwester ihr kleines Gesicht in den vollen Brüsten von Asahina-san und umarmte die Knie der stillstehenden Nagato. Als Finale ließ sie sich von Tsuruya-san im Kreis schwingen und hörte dabei gar nicht mehr auf zu kreischen.

Was bin ich froh, dass sie eine Schwester ist. Wäre es ein Bruder, dann würde er inzwischen in einer Tasche verpackt in irgendeiner dunklen Gasse stehen.

Auch im Expresszug zum Berg hielt das Bedürfnis meiner Schwester zu spielen an und sie wuselte um uns Vier herum und verbrannte dabei ihre ganze Energie. Schon am Beginn so aufgeregt zu sein würde nur dazu führen, dass wir wenn wir am Ziel ankommen völlig erschöpft sind, was bedeuten würde, dass ich meine dann schlafende Schwester tragen müsste. Aber meine Warnungen fielen auf taube Ohren. Haruhi und Tsuruya-san verhielten sich genauso wie meine Schwester und waren völlig überdreht. Sogar die eher zurückhaltende Asahina-san schien aufgeregt und selbst Nagato, die ihr Buch nach ein paar Seiten wieder eingepackt hatte, beobachtet meine Schwester mit stummem Blick.

Ich stützte meinen Kopf auf meinen Arm und starrte nachdenklich auf die am Fenster vorbeiziehende Landschaft. Koizumi saß neben mir, Haruhi und die anderen Mädchen uns gegenüber. Sie hatten ihre Sitze gedreht, so dass sie zueinander sahen, um gemeinsam UNO spielen zu können. Werdet dabei nicht zu laut, ihr stört sonst die anderen Passagiere.

Koizumi und ich, die Ausgeschlossenen, spielten nach der Abfahrt für zehn Minuten Rommé, doch wurde das je länger es ging immer langweiliger, weshalb ich aufgab. Warum müssen immer wir zwei Männer die tragischen Gestalten sein?

Wenn dem so sein musste, war das Einzige was einem übrig blieb, sein geistiges Auge auf das kommende gloriose Festmahl zu richten, wobei der noch zu kommende Anblick von Asahina-san in Schioutfit um einiges besser wirkte. Gerade als ich darüber nachdachte wie ich es zu einer Szene mit nur uns beiden in verliebter Stimmung auf der Schipiste kommen lassen könnte…

„Miau~“

Ein Geräusch ertönte aus dem Katzenkorb und Schnurrbarthaare erschienen in der Öffnung.

Nach dem Filmphänomen wurde aus Shamisen eine artige Hauskatze von geringem Pflegeaufwand, die bei niemanden mehr den Eindruck eines Streuners erweckte. Er benahm sich und wartete bis es Fütterungszeit war und kratze oder kaute nicht an Dingen. Vielleicht lag es daran, dass die erste Priorität dieses Burschen keine andere als schlafen war. Sobald er an diesem Morgen im Katzenkorb war begann er zu schlafen, doch egal wie faul eine Katze ist, irgendwann hat sie genug geschlafen und wacht letztendlich auf. Er rieb sich über die Ecken seiner Augenlieder, als würde er sich langweilen, doch konnte ich ihn natürlich nicht im Wagon herumstreunen lassen.

„Halte noch ein bisschen länger durch.“

Ich redete auf ihn ein während er neben meinen Beinen lag.

„Sobald wir da sind bekommst du neues Katzenfutter.“

„Miau~“

Shamisen verfiel in Stille und schien meine Absicht zu verstehen. Erstaunt bemerkte Koizumi:

„Als er zum ersten Mal zum Sprechen anfing, hat es mich völlig umgehauen. Diese Katze gefangen zu haben war wie auf Gold zu stoßen. Damit meine ich nicht nur eine männliche Glückskatze gefunden zu haben, sondern dass es unglaublich ist wie gut er menschliche Emotionen versteht.“

Es war Haruhi gewesen, die ihn aus einer Gruppe von streunenden Katzen ausgesucht hatte, die eine Chromosomenmutation aufwiesen, wie sie nur einmal bei ein paar tausend Katzen vorkommt. Ich sollte ihr wirklich raten an Lotterien teilzunehmen. Egal was wir gewinnen, es würde irgendwie die Kosten unserer Aktivitäten decken. Ich fühle mich nicht gut dabei immer das Budget des Literaturclubs dafür zu verwenden.

„Lotterien…Wenn Suzumiya-san wirklich in der Lotterie gewinnen würde, wären die Folgen davon wahrscheinlich schwierig zu kontrollieren. Denk nur mal daran was passieren würde, wenn sie mehrere Millionen Dollar zur Verfügung hätte?“

Ich denke nicht oft über solche Dinge nach, aber ich glaube der Schwachkopf würde damit beginnen ausgemusterte Kampfflugzeuge der amerikanischen Armee zu kaufen. Einsitzer sind ja Ok, was mir Kopfschmerzen bereitet sind Zweisitzer. Man braucht gar nicht zu überlegen, um zu wissen wer als Co-Pilot in den hinteren Sitz gestopft werden würde.

Entweder das, oder sie würde es verschwenderisch für Werbung verwenden und wenn man sich dann eines Tages zurücklehnt und zur Hauptabendzeit fernsieht, wird plötzlich ein „Dieses Sendung wird einzig und allein von der SOS Brigade gesponsert“ über den Bildschirm flimmern. Nur der Gedanke daran, dass unsere Werbung in jedem Haushalt zu empfangen sein würde, jagte mir Schauer über den Rücken. Wenn Haruhi Produzent werden würde, würde jede Show einfach nur krank werden. Sogar ein Kindergartenkind könnte höhere Quoten einfahren, als wenn sie die Leitung innehat.


„Vielleicht würde sie auch Dinge tun, die der Allgemeinheit nützen würden, wie ein paar Stiftungen für Erfindungen gründen oder ein Labor einrichten.”

Man verliert allerdings in 90% der Fälle im Leben und der Einsatz hier war einfach zu hoch. Selbst ein erfahrener Statistiker würde hier zögern. Wir sollten uns nicht noch mehr Probleme schaffen solange wir keinen vernünftigen Grund dafür haben.

„Es würde ausreichen sie im Supermarkt Eis am Stiel kaufen zu lassen bei dem man etwas gewinnen kann.“

Ich betrachtete wieder die Landschaft hinter dem Fenster. Koizumi lehnte sich zurück, versank in seinem Stuhl und schloss seine Augen um sich ein wenig auszuruhen. Sobald wir ankommen würden wir ständig beschäftig sein, also war es ratsam schon jetzt dafür Enegie zu sparen.

Die Umgebung wurde immer ländlicher. Tunnel für Tunnel wurde der Anblick weißer und während ich noch die Aussicht bewunderte versank ich langsam in Schlaf.

Am Ziel angekommen schnappten wir uns unser Gepäck und rollten damit aus der Bahnstation. Was sich uns bot war ein von zwei Farben geprägter Anblick, der klare blaue Himmel im Kontrast zum gleißend weißen Schnee und einer Zweiergruppe bekannter Gesichtern, die uns begrüßte.

„Willkommen zusammen. Es ist schon einige Zeit her, dass wir uns gesehen haben.“

Mit einer tiefen Verbeugung stand hier der beste Schauspieler in der Rolle des Butlers-

„Sie müssen von der langen Reise müde sein. Willkommen.“

-neben dem wunderschönen Dienstmädchen von unbekanntem Alter.

„Nein gar nicht, überhaupt nicht, Entschuldigung, dass wir euch Umstände bereiten.“

Koizumi, der bei dieser Art von Unterhaltung in seinem Element war, begab sich in ihre Richtung und stellte sich zu ihnen.

„Das wäre wohl das erste Mal, dass Tsuruya-san sie trifft. Sie sind meine Freunde, Arakawa-san und Mori-san. Ich habe sie hinsichtlich der Essensversorgung auf diesem Ausflug um Hilfe gebeten.“

Ihr Auftreten entsprach exakt dem auf der einsamen Insel…der einen Dreiteiler tragende grauhaarige Gentleman-Butler Arakawa-san und das eine einfache Schürze über einem Kleid tragendes Dienstmädchen Mori-san.

„Mein Name ist Arakawa.“

„Ich heiße Mori.“

Die Zwei begrüßten uns gleichzeitig.

Sie begrüßten uns bei diesen frierenden Temperaturen ohne auch nur einen Mantel zu tragen. War das Teil des Schauspiels oder war es aufgrund von Professionalität hinsichtlich der Rollen, die sie in diese Sache verwickelt hatten?

Tsuruya-san schwang ihr schweres Gepäck herum.

„Hallo! Schön Sie kennenzulernen! Nachdem Sie uns Koizumi-kun empfohlen hat, habe ich keinerlei Bedenken. Bitte kümmern Sie sich um uns und benutzen Sie das Haus wie es ihnen gefällt!“

„Ich danke Ihnen vielmals.“

Arakawa-san verbeugte sich nochmals, richtete sich mit einiger Mühe wieder auf und zeigte ein steifes Lächeln auf seinem Gesicht.

„Wir sind erleichtert Sie alle bei so guter Laune zu sehen.“

„Ich entschuldige mich für die dürftige Begrüßung im Sommer, bitte vergeben Sie uns.“

Mori-san offenbarte ein warmes Lächeln, das sogar noch weicher wurde, als sie meine Schwester sah.

„Wow, so ein süßes kleines Mädchen.“

Der uneingeladene Gast erwachte schnell wieder zum Leben, fast wie Seegras wenn es auf kochendes Wasser trifft. „Hallo!“, sagte sie und stürmte rasch zu Mori-sans Rock.

Haruhi ging ein paar Schritte und stieg in den Schnee.

„Es ist schon zu lange her. Ich freue mich schon wirklich auf den gemeinsamen Winterausflug. Dass uns im Sommer der Taifun erwischt hat war ein ziemliches Pech, also will ich das alles mit diesem Ausflug auf einmal wieder ausgleichen!“

Damit wandte sie sich um und startete weg, als wäre sie ein Verbrecher auf der Flucht.

“Lasst uns gehen! Danach können wir es endlich krachen lassen! Lasst uns den ganzen Dreck des alten Jahres abschütten und das neue Jahr begrüßen! Nicht ein Funken von Reue darf ins neue Jahr mitgenommen werden. Genau!“

Jeder von uns antwortete darauf auf seine eigene Art. Tsuruya-san erhob beide Hände und rief „JA-!“, Asahina-san sah schüchtern aus und nickte nur zurückhaltend, Koizumi verblieb bei seinem Lächeln und Nagato verhielt sich wie üblich still, während meine kleine Schwester nicht von Mori-sans Seite wich.

Was mich betrifft, ich wandte meinen Blick seitwärts auf den Horizont um dem strahlend, schon nahezu gleißend lächelnden Gesicht von Haruhi zu entgehen.

Der Himmel war absolut klar und zeigte keine Zeichen eines aufziehenden Sturmes.

Zu diesem Zeitpunkt.

Wir stiegen in Allradfahrzeuge ein um zu Tsuruya-sans Villa zu gelangen. Die Fahrer waren Arakawa-san und Mori-san, so dass wir daraus schließen konnten, dass Mori-san zumindest alt genug sein musste um einen Führerschein zu machen. Das war ein ziemlicher Durchbruch, nachdem ich davor wenig Zweifel daran gehabt hatte, dass sie zu unserer Altersgruppe gehört. Nein, nein, ich will damit gar nichts anderes andeuten. Asahina-san als einziges geschäftiges Dienstmädchen ist genug. Ich habe kein Bedürfnis nach Mori-san, nur um das mal klarzustellen. Dieser Punkt ist mir wichtig.

Die Autofahrt durch die weiße Landschaft zwar eher kurz. Schon nach fünfzehn Minuten hielt das vierrädrige Monster vor einem Edelbau an.

„Das kann sich sehen lassen!“

merkte Haruhi an, die als erste aus dem Auto stieg.

„Das wäre die kleinste und schönste der Villen, die wir besitzen.“, sagte Tsuruya-san, „Aber mir gefällt es hier, da sie auch die gemütlichste ist.“

Die Villa befand sich nicht weit von der Bahnstation entfernt und man konnte zu Fuß das Schigebiet erreichen. Berücksichtigt man die Lage, war es klar, dass die Villa nicht wenig gekostet haben musste. Die Aussage, dass es das die kleinste Villa war, war aber keine Lüge, denn der Vergleich hinsichtlich Größe und Schönheit bezog sich auf ihr eigenes Anwesen im japanischen Stil. Beschreibt man sie mit den Worten von einfachen Leuten, dann entsprach die Ausdehnung des Grundstückes der der einsamen Insel, wo wir den Sommer verbracht hatten. In was für dunkle Geschäfte war die Tsuruya Familie nur verwickelt um sich solche riesigen Häuser leisten zu können?

„Bitte treten Sie ein.“

Arakawa-san, der Butler, übernahm die Führung. Er und Mori-san hatten schon im Voraus die Erlaubnis und die Schlüssel für die Villa erhalten und waren einen Tag früher angereist, was bedeutete, dass sie seit gestern das Schauspiel vorbereiteten. Das zeigte nur Koizumis minutiös genaue Planung, als auch wie locker die Tsuruya Familie damit umging.

Wäre diese aus Holz gebaute Villa in der kommenden Schisaison für die Öffentlichkeit geöffnet, sie wäre sicher ausgebucht. Gerade als ich voller Dankbarkeit in das Haus trat, überkam mich eine kleine Vorahnung.

Hinsichtlich was genau konnte ich nicht sagen, aber sie war definitiv da.

„Hmm…?“

Ich wandte mich um und betrachtete ehrfurchtsvoll die Einrichtung der Villa.

Tsuruya-san konnte nicht aufhören zu lächeln als Haruhi sie mit schmeichelnden Worten überschüttete, die von Tsuruya-san mit schallendem Gelächter beantwortet wurden. Koizumi und Arakawa-san sowie Mori-san unterhielten sich, während sich meine Schwester sofort Shamisen schnappte und ihn an sich drückte. Asahina-san atmete tief durch nachdem sie ihr Gepäck abgestellt hatte und Nagato wandte ihren Blick gen Himmel auf ein unbekanntes, nicht erkennbares Ziel.

Keine Anomalie war zu erkennen.

Von nun an würden wir die nächsten paar Tage den gemeinsamen Urlaub verbringen und schließlich in unsere normale Umgebung zurückkehren und das alltägliche Leben genießen…

Theoretisch…

Wir alle wussten, dass der kommende Mordfall nur ein Schauspiel und nicht echt sein würde, also würde Haruhis Stimmung nicht außer Kontrolle geraten. Es sollte also für Nagato und Asahina-san nicht notwendig sein zu intervenieren und auch Koizumis Kräfte würden überflüssig sein.

Um es anders auszudrücken, die kommenden Ereignisse waren mehr wie Insiderhandel und nicht wie irgendein bizarrer unklarer Mordfall oder eine gigantische Grille, die einen anspringt sobald man einen Raum öffnet, nichts derartig Außergewöhnliches.

Aber was war dann dieses Gefühl? Ich konnte es nur als Inkohärenz beschreiben, was inzwischen schon nichts ungewöhnliches mehr war. Nicht unähnlich einem Phantom, das an einem vorbeistreift. Ja, genau wie bei den endlosen Sommerferien. Es fühlte sich ähnlich an, nur ohne die Déjà-vus….

„Ich gebe auf.“

Wie der glitschige Körper eines Fisches entglitt mir das Gefühl aus den Händen.

„Mache ich mir nur zu viele Gedanken?“

Ich schüttelte den Kopf und stieg die Treppen innerhalb der Villa hinauf um zum mir zugewiesenen Zimmer zu gelangen. Die Inneneinrichtung war nicht verschwenderisch, aber vielleicht habe ich auch nur kein Auge für Qualität. Wer weiß, ob ich nach der Frage nach dem Preis des einfach wirkenden Treppengeländers nicht eine astronomische Summe an den Kopf geworfen bekommen hätte.

Wir befanden uns im zweiten Stock, in dem die Schlafzimmer waren.

„Kyon-kun.“

Tsuruya-san näherte sich mir mit einem Lächeln.

„Kann ich gemeinsam mit deiner Schwester schlafen? Um ehrlich zu sein haben wir nicht genug Zimmer. Ich könnte sie in das Zimmer lassen, das ich selber als Kind benutzt habe, aber wäre sie nicht einsam, wenn sie alleine schläft?“

„Sie kann sich mit mir ein Zimmer teilen.“

Haruhis Kopf tauchte plötzlich auf.

„Ich habe mich gerade umgesehen, das Bett ist riesig. Sogar drei Leute wären kein Problem. Egal wie du es drehst und wendest, es ist einfach gesünder wenn Mädchen gemeinsam mit Mädchen schlafen.“

Wie, gesünder? Meine Schwester in meinen Zimmer zu haben… Als ob ich ihr irgendwas antun würde. Kritisch würde es nur werden, wenn ich mir ein Zimmer mit Asahina-san teilen würde, aber ob es jetzt meine Schwester ist oder Shamisen macht für mich keinen Unterschied.

„Also, wie sollen wir es machen?“

Haruhi fragte meine kleine Schwester, die sich gerade Shamisen auf die Schultern hängte. Sie kicherte und antwortete ohne Rücksicht auf die aktuelle Situation:

„Ich will bei Mikuru-oneechan schlafen!“

Meine Schwester erschlich sich damit einfach so Zugang zu Asahina-sans Zimmer und ließ Shamisen bei mir zurück. Ich schickte mich an den anderen die seltene Chance zu geben die Nacht mit diesem Stubentiger zu verbringen-

„Danke für deine gute Absicht, aber ich habe nicht die Geduld mich um eine sprechende Katze zu kümmern.“

Koizumi wiegelte ab, während Nagato für gut dreißig Sekunden auf die Wimpern der Glückskatze starrte-

„Kein Bedarf.“

Mit dieser kurzen Antwort wandte sie sich um und ging von dannen.

Gut, ihn auf dem Anwesen herumstreunen zu lassen würde wohl auch nicht schaden. Allerdings verhielt sich Shamisen auf fremdem Territorium nicht anders als zu Hause sondern sprang sofort ins Bett und begann zu schnarchen. Dabei hatte er doch schon so lange im Zug geschlafen. Ich hätte mich selbst gerne hingelegt, aber Haruhi wollte keine Zeit verschwenden, also hatten alle der Tagesorder Folge zu leisten und sich unten zu versammeln.

„Gut! Lasst uns gehen! Auf zum Schifahren!”

Meiner Ansicht nach übereilten wir das Ganze, aber Haruhi wollte energiegeladen wie sie war nicht auch nur eine einzige Sekunde verlieren. Bedingt durch die energetische Tsuruya-san, die das Feuer nur noch weiter anfachte, würde Haruhi ihre Geschwindigkeit vielleicht sogar noch verdoppeln, solange diese mit ihrer hyperaktiven Art bei ihrer Seite blieb.

Schianzüge und Schi hatte Koizumi gemietet. Es war mir unerklärlich wie er an unsere genauen Maße gekommen war. Sogar für meine kleine Schwester, die sich uns erst im letzten Moment angeschlossen hatte, gab es einen Anzug, der ihr passte wie angegossen. Ich hatte die Spione der „Organisation“ vor Augen, die, gekleidet in schwarze Anzüge und sich in den Schatten bewegend, sich in die North High und die Volksschule meiner Schwester schleichen und das Krankenzimmer stürmen um an die Unterlagen der Schuluntersuchung zu kommen. Hmm, vielleicht sollte ich ihn in den nächsten Tagen mal nach den Maßen von Asahina-san fragen, natürlich nur aus reiner Neugierde.

„Ich bin schon länger nicht mehr Schi gefahren. Seit den Ausflügen in meiner Volksschulzeit hatte ich nicht mehr die Gelegenheit dazu, da es dort wo wir wohnen nicht schneit. Im Winter braucht man Schnee um richtig in Stimmung zu kommen!“

Die Worte einer Göre, die keine Ahnung von den Gefahren von verschneiten Feldern hat. Es gibt viele Leute die Schnee hassen. So war etwa Uesugi Kenshin aus der Zeit der streitenden Reiche einer von ihnen. Uesugi Kenshin

Beladen mit Schischuhen und Schi auf unseren Rücken, marschierten wir schließlich Richtung großer Schipiste. Wie Haruhi hatte auch ich schon länger keine Gelegenheit mehr gehabt Schi zu fahren. Das letzte Mal war in meiner Mittelschulzeit gewesen. Für meine Schwester war es das erste Mal, genauso wie scheinbar für Asahina-san. Ich war mir sicher, dass Nagato noch keine Erfahrung darin hatte, aber mein geschulter Verstand sagte mir, dass sie jedem Profi Konkurrenz machen würde sobald sie sich auf der Piste befand.

Die verstreuten Fahnen in verschiedenen Farben, wie die Skijacken aus der Entfernung aussahen, fielen mir ins Auge sobald wir vom Lift abstiegen und machten mir bewusst, wie viel weniger Leute hier entgegen meiner Erwartung waren, was Tsuruya-san sofort erklärte:

„Das hier ist ein versteckter Ort, ein Skigebiet, das nur einigen wenigen Experten bekannt ist, weil es bis vor einem Jahrzehnt noch im Privatbesitz war.“

Obwohl es seitdem für die Öffentlichkeit geöffnet war, hatte Tsuruya-sans Ergänzung keinen verächtlichen Unterton. Es gibt solche Leute, sie sehen gut aus, haben eine großartige Persönlichkeit, eine großartige finanzielle Situation, stammen aus gutem Hause und sind damit mit einem Wort geradezu fehlerfrei.

Haruhi sagte zu mir als sie sich die Ski anschnallte:

„Was machen wir Kyon? Ich würde gerne sofort die Expertenpiste ausprobieren, aber kann überhaupt jeder hier Schi fahren? Wie stehts mit dir?“

„Lass uns vorher noch ein wenig üben.“

Ich sah zu meiner Schwester und Asahina-san, die nachdem sie sich die Schi angeschnallt hatte gestürzt war, nach einer zurückgelegten Strecke von neununddreißig Zentimetern, weshalb ich Haruhi sofort antwortete:

„Wenn du ihnen nicht einmal die Grundlagen lernst, kannst du die Expertenpiste vergessen, dann wird sogar das Aufsteigen auf den Sessellift ewig dauern.“

Asahina-san, die nach dem Sturz völlig mit Schnee bedeckt war, war ein Naturtalent als Model für Skiausrüstung. Manchmal dachte ich darüber nach, ob es irgendwas gab, das ihr nicht stand.

„Dann lasst uns das machen! Ich werde mit Mikuru trainieren, Imouto-chan wird mit Haruhi-nyan losziehen. Und bezüglich Kyon-kun und dem Rest, denkt auch einfach selber etwas aus.“

Der Vorschlag von Tsuruya-san hätte nicht zu einer besseren Zeit kommen können. Ich brauchte ein wenig Zeit um mich an das Gefühl von Schiern zu gewöhnen. Ich warf einen flüchtigen Blick zur Seite..

„….“

Die absolut emotionslose Nagato hatte bereits ihre Stöcke gepackt und problemlos losgelegt.

Letztendlich lernte meine Schwester gar nichts. Waren Haruhis Lehrmethoden etwa ungeeignet?

„Press die Füße zusammen und stoß dich stark mit den Skistöcken ab, dann visier dein Ziel an und schon bist du unterwegs. Fahr einfach mit Volldampf und bleib auch mit Volldampf stehen. Ok! Jetzt ist alles zur Abfahrt bereit!“

Schon eher sich Schritt für Schritt vortasten. Wenn alles mit Volldampf angehen alles wäre was man braucht, dann hätte man viele Probleme der Welt schon längst gelöst. Unglücklicherweise brachten die Bemühungen meiner Schwester mit Volldampf zu fahren nur eine Verlängerung der zurückgelegten Strecke von dreißig Zentimetern auf drei Meter, bevor sie auf den Boden stürzte. Aber sie hatte Spaß daran und schrie herum, fiel und aß Schnee. Egal wie das Ergebnis war, das war eine gesunde Form sich zu entspannen, auch wenn man aufpassen sollte, dass man davon nicht Magenweh bekommt und sich zu sehr reinsteigert.

Hinsichtlich der anderen Gruppe hatte Asahina-san entweder Talent oder Tsuruya-san war eine großartige Lehrerin, denn Asahina-san hatte schon nach dreißig Minuten Schifahren gelernt.

„Wa, wa! Das macht Spaß! Wa! Das ist toll!”

Vor dem strahlend weißen Hintergrund war das Gesicht der lachenden Asahina-san, um es kurz zu sagen, wie ein grandios gefertigtes Abbild einer Schneefee, so umwerfend wie ein Kunstwerk. Dieser Anblick wäre mir schon genug gewesen, wenn wir jetzt unsere Sachen gepackt hätten.

Haruhi warf einen Blick auf Koizumi und mich, die wir gerade eigenständig übten und sah dann auf meine Schwester, die keinerlei Fortschritte machte. Ihr Blick sagte, dass sie am liebsten den Gipfel stürmen würde um dann ins Tal zu schießen, aber es war unmöglich die Fünftklässlerin dabei mitzunehmen.

Tsuruya-san schien sie durchschaut zu haben, weshalb sie sagte:

„Haruhi-nyan! Geht schon voraus und nehmt den Lift!”

Sie fiel hin, lachte aber aus ganzem Herzen als sie meine Schwester hastig ausgrub.

„Ich werde es Imouto-kuntu beibringen! Entweder das, oder ich baue einen Schneemann mit ihr oder fahre mit ihr Schlitten, wenn es hier einen zum mieten gibt.“

„Wirklich?”

Haruhi sah auf meine Schwester und Tsuruya-san und dankte ihr.

„Vielen vielen Dank~ Es tut mir leid~“

„Kein Problem, kein Problem~ Komm Imouto-kuntu! Willst du lieber Schistunden, einen Schneemann bauen oder Schlittenfahren?“

„Schneemann!“,

antwortet meine Schwester laut während Tsuruya-san ihre Schiausrüstung ablegte.

„Ok, dann bauen wir einen Schneemann. Lass ihn uns richtig groß machen, oder?“

Während sie die beiden dabei beobachtete wie sie einen Schneeball rollten, sagte Asahina-san neidisch:

„Schneemann…Ich will hier bleiben und einen Schneemann bauen…“

„Keine Chance.“

Haruhi packte Asahina-san schnell am Arm und sagte mit einem Lächeln auf dem Gesicht:

„Wir fahren jetzt zum Gipfel des Berges und treten dann gegeneinander an. Der Erste, der das Tal erreicht wird von mir mit dem Titel General Winter belohnt. Gebt euer Bestes!“

Diese Göre würde sich ohne Zweifel erst zufrieden geben wenn sie als Sieger aus dem Wettkampf hervorgeht. Auch egal, aber sofort den Gipfel in Angriff zu nehmen bereitete mir etwas Sorgen. Man sollte die Dinge Schritt für Schritt angehen.

Haruhi rümpfte die Nase und spottete:

„Feigling. Um wirklich Spaß am Schi fahren zu haben muss man sofort am Gipfel beginnen!“

Obwohl sie das gesagt hatte, ging sie auf meinen Vorschlag ein, was eine wahre Seltenheit war. Wir entschieden uns dafür zuerst auf der normalen Piste zu fahren und uns das Hauptereignis des Tages, die Expertenpiste, als letzte Herausforderung aufzuheben.“

„Auf zu den Liften. Yuki, wir fahren los! Komm her!“

Nagato, die in weiten Bögen um uns herum gefahren war, eilte zu unserer Position nachdem Haruhi sie gerufen hatte und stoppte direkt neben mir.

„Wir fahren gegeneinander! Wettkampf! Ich habe genug Gratistickets für den Lift um uns bis zum Sonnenuntergang damit zu versorgen. Nein! Sogar in der Dämmerung können wir den Lift benutzen! Ok, mir nach!“

Das hätte ich auch ohne dein Gebrülle gemacht. Außerdem, selbst wenn ich die Absicht gehabt hätte an der Schneemann bauen Klasse teilzunehmen, hättest du dein Veto eingelegt. Lassen wir mal Koizumi beiseite, allein weil Nagato und Asahina-san Haruhi tun lassen was sie will, würde ich sagen, dass nicht nur ein Blizzard sondern auch die Rückkehr der Eiszeit nicht völlig abwegig war. In so einer Situation ist ein Mann offenen Geistes mit ethischen Grundsätzen unabdingbar. Ich war mir nicht sicher, ob mein Geist offen genug dafür war all die Außergewöhnlichkeiten in unserer Mitte wahrnehmen zu können und Koizumi würde nur seine Freude daran haben wenn er mir mit den diversen Einwänden kommen könnte. So kümmerte ich mich nicht mehr darum, nachdem das alles ja jetzt sowieso keine Rolle mehr spielte.

Die ganze Brigade stand energiegeladen bereit. Beim Schnee handelte es sich um Pulverschnee und der klare helle Himmel zeigte sich in Zyan. Die Anführerin hob ihre Hand, mit einem Ausdruck im Gesicht, so strahlend wie der Himmel über ihr:

„Der Lift ist ein Zweisitzer, also lasst uns der Fairness halber Schere-Stein-Papier spielen.“

Als nächstes…

... hatte der Schneemann schon erste Formen angenommen und Tsuruya-san und meine Schwester vergnügten sich als wären sie im gleichen Alter

…absolut nichts Erwähnenswertes. Meine Schwester und Tsuruya-san entschlossen sich zurück zu bleiben und sich eigenen Aktivitäten hinzugeben, während die regulären Mitglieder der SOS Brigade langsam mit dem Lift nach oben fuhren um die einfachen Freuden des Schifahrens zu genießen. Als wir wieder im Tal ankamen hatte der Schneemann schon erste Formen angenommen und Tsuruya-san und meine Schwester vergnügten sich als wären sie im gleichen Alter. Egal ob es das Aufsetzen eines Kübels oder das Anbringen einer Nase war, sie waren in ihre Arbeit versunken. Kurz darauf begannen sie mit einem zweiten Schneemann. Das wäre dann die aktuellste Szene, an die ich mich erinnern konnte.

Beziehungsweise die letzte Erinnerung an diese Beiden.

„Wieviele Durchgänge der Wettfahrt waren das jetzt?“

Wir waren den Berg irgendwie ohne Sturz heruntergekommen und hatten der Zeit keine Beachtung geschenkt. Aus heiterem Himmel fanden wir uns plötzlich in einem dichten Schneeturm wieder. Vor uns war ausschließlich Weiß zu sehen und die Sichtweite betrug nur einen Meter.

Die stürmischen mit Schnee gemischten Winde trafen uns in voller Härte. Die Schmerzen waren dabei noch schlimmer als die sich verstärkende Kälte. Unsere ungeschützten Gesichter foren schnell ein und wir konnten nur atmen wenn wir Richtung Boden sahen, so stark war der Blizzard in dem wir uns befanden.

Dafür hatte es wirklich keinerlei Anzeichen gegeben.

Die in Führung liegende Haruhi hielt an, ebenso die mit ihr konkurrierende Nagato, während Asahina-san und ich auf Koizumi aufschlossen und die Nachhut bildeten-

-wir befanden uns bereits mitten im Blizzard.

Es war fast so, als wäre er von irgendjemand da draußen gerufen worden.

...

......

..........

Ende des Flashbacks. Wisst ihr jetzt wie wir in diese kritische Situation hier auf dem verschneiten Berg geraten sind?

Die Sicht war einfach zu schlecht und sollte sich ein paar Meter entfernt eine Klippe befinden, dann würden wir dort hinunterfallen und unser Ende finden wenn wir nicht Acht gaben. Eigentlich sollte es ja keine Klippe geben, aber es würde mich nicht überraschen wenn irgendwas auf der Karte nicht verzeichnetes plötzlich vor uns auftauchen würde. Dieses Schigebiet hatte immerhin keine Sprungschanze, die wir hinabstürzen konnten und vom Fallen zu sprechen wäre vielleicht auch übertrieben, aber es bestand die Möglichkeit uns unsere Nasenrücken zu brechen wenn wir in direkten Kontakt mit einem der im dichten Weiß versteckten Bäume kamen.

„Wo sind wir gerade?“

Ich war etwas betrübt mich hier wieder auf Nagato verlassen zu müssen, aber nichts ist wichtiger als unser Leben. Jetzt waren wir allerdings in einer Situation wo Nagato unfähig war uns zu leiten und nach stundenlanger Wanderung waren wir immer noch nicht weitergekommen.

„Das ist seltsam.“

Sogar Haruhis Gemurmel zeigte Anzeichen von Verwirrung.

„Was geht hier nur vor? Wie kann es sein, dass wir nicht einmal den Schatten einer anderen Person sehen? Das ist einfach zu komisch. Wie lange sind wir jetzt schon unterwegs?“

Sie sah nach vorne zu Nagato, die gerade so aussah, als würde sie sich fragen ob sie irgendwie den falschen Weg ins Tal erwischt hatte. Diese Sache musste jetzt warten. Das hier war kein Wunderland, also sollten wir eigentlich den Fuß des Berges erreichen solange wir Ruhe bewahrten und entlang der Piste nach unten gingen. Das Problem war nur, dass wir aus irgendeinem Grund nicht dort ankamen.

„Wir haben keine Wahl, lasst uns eine Höhle in den Schnee graben und ein Lager aufschlagen. Wir gehen weiter wenn der Sturm abflaut.“

„Warte.“

Ich stoppte Haruhi während ich zu Nagato vorstapfte, die den Schnee wie ein Pflug beiseite zu schieben schien.

„Was geht hier eigentlich vor?“

Das junge Mädchen mit Pokerface, ihre kurzen Haare von den frostigen Winden steifgefroren, hob ihren Kopf langsam zu mir hoch.

„Ein unerklärliches Ereignis ist geschehen.“,

sagte sie ruhig. Diese dunklen Pupillen sahen mich mit ernstem Blick an.

„Wenn die Dimensionskoordinaten, die ich empfange korrekt sind, dann sollten wir uns derzeit schon von unserem Ausgangspunkt entfernt haben.“

Was und was? Wenn dem so gewesen wäre, wären wir inzwischen auf menschliche Lebenszeichen gestoßen, aber selbst nach der ganzen Wanderei waren wir noch nicht auf Liftkabel oder auch nur auf irgendeine Hütte gestoßen.

„Ein Ereignis, das nicht innerhalb der Kontrolle meiner Dimensionsmanipulationsfähigkeiten liegt ist geschehen.“

Nachdem ich Nagatos kühle Stimme gehört hatte, atmete ich tief durch. Worte entwichen aus meinem Mundwinkel gerade so wie Schneeflocken, die augenblicklich schmelzen wenn sie mit der Zungenspitze in Berührung kommen.

Ein Ereignis außerhalb von Nagatos Kontrolle?

Hatten sich meine seltsamen Vorahnungen darauf bezogen?

„Wer könnte dieses Mal dafür verantwortlich sein?“

Nagato verfiel in Stille und starrte mich ohne zu blinzeln an, während die Schneeflocken wild um sie herumtanzten und ihr ins Gesicht geweht wurden.

Keiner von uns hatte eine Uhr oder ein Handy, da wir so übereilt zur Schipiste aufgebrochen waren, also wusste niemand wie spät es war. Das Einzige was wir wussten war, dass wir die Villa um ungefähr drei Uhr Nachmittag verlassen hatten und seitdem schon einige Zeit vergangen war. Am wolkigen Himmel waren ein paar Lichtstreifen zu sehen, aber die dicken Wolken und der Blizzard verhinderten es, dass wir die Sonne ausmachen konnten. Es war ungefähr so hell wie in einer moosbewachsenen Höhle. Aus den Tiefen meines Weisheitszahnes kam plötzlich ein rostiger Geschmack und er begann leicht zu schmerzen.

Wir schienen dieser Wand aus Schnee nicht entkommen zu können und der Himmel war von Grau bedeckt.

Es war ja nicht so, als ob ich so etwas vorher nicht schon einmal erlebt hätte.

Könnte es sein, dass-

„Ahh!“

Haruhi, die direkt neben mir stand, schrie plötzlich auf. Ich war so geschockt, dass mein Herz fast aus meiner Brust gesprungen wäre, direkt durch die Rippen hindurch.

„He! Erschreck uns hier nicht einfach so! Warum schreist zu plötzlich so herum?!“

„Kyon, schau, dort!“

Haruhi deutete mit den Fingern und unbeeindruckt von den starken Winden-

war ein schwaches Leuchten vor uns zu sehen.

„Was ist das?“

Ich starrte in das Licht. Aufgrund des Sturmes flackerte das Leuchten, aber die Quelle blieb stabil. Es ähnelte dem matten Leuchten von Glühwürmchen bei der Paarung.

„Das Licht kommt aus einem Fenster!“

Haruhis Stimme klang plötzlich wieder heiter.

„Dort drüben muss ein Haus sein! Lasst uns gehen und nachsehen. Wir werden hier noch erfrieren wenn wir länger bleiben.“

Wenn wir stehen bleiben ist es aus mit uns, so wie sie es gesagt hat. Trotzdem…ein Haus? Ist es möglich, dass in einer so verlassenen Gegend ein Haus steht?

„Hier drüben, hier drüben! Mikuru-chan, Koizumi-kun! Alle Mann mir nach!“

Haruhi verwandelte sich in einen menschlichen Schneepflug und öffnete heldenhaft einen Pfad für uns. Kälte, Angst und Erschöpfung ließen Asahina-sans Körper zittern. Koizumi folgte Haruhi und stützte sie. Die Worte die er mir zuzischte, als er an mir vorbeiging ließen mein Herz erstarren.

„Das ist definitiv künstliches Licht. Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass vorhin noch kein Licht aus dieser Richtung gekommen ist, da ich die die nähere Umgebung inspiziert habe.“

„…“

Nagato und ich sagten kein Wort während wir auf den Rücken von Haruhi starrten, die ihre Schi dazu verwendete den Schnee wegzuschaufeln.

„Beeilt euch! Kyon, Yuki! Fallt nicht zurück!”

Es blieb uns nichts übrig. Bevor unsere gefrorenen Körper ein Jahrhundert später die Schlagzeile in den Zeitungen werden, setzte ich lieber auf diese kleine Überlebenschance. Selbst wenn es eine vorbereitete Falle war, zu diesem Zeitpunkt hatten wir sonst keine Chance.

Ich schob an Nagatos Rücken während ich dem Weg folgte, den Haruhi freigeschaufelt hatte.

Je näher wir kamen, desto heller wurde das Licht. Haruhis Adleraugen sind keine Übertreibung, das ist definitiv Licht, das von innen durch die Fenster scheint.

„Es ist ein Haus! Sogar ein großes…“

Haruhi blieb stehen, richtete sich auf und schaufelte weiter nachdem sie ihren Gedanken Ausdruck verliehen hatte.

Ich starrte auf die massive Struktur und meine schon bedrückte Stimmung sank noch weiter. Vor einer Kulisse aus silberglänzenden Schnee und graphitfarbenen Himmel stand es da wie ein Haus aus einem Schattenspiel, wodurch es nur noch weniger einladend aussah. Es war allerdings nicht so, dass sein Außeres ein besonders ungewöhnlicher Anblick gewesen wäre. Ob Villa wirklich der richtige Ausdruck war? Es sah mehr aus wie ein Schloss. Mehrere Türme unbekannter Funktion ragten aus dem Dach empor und auch wenn das vielleicht an der mangelhaften Beleuchtung lag, sahen sie alle ziemlich düster aus. Ein solches Gebäude mitten auf einem verschneiten Berg ist geradezu der Inbegriff von bizarr. Wenn dem nicht so wäre, dann müssten alle Wörterbücher dieser Welt auf diese neue Definition umgeschrieben werden.

Der Ort war ein verschneiter, von einem Blizzard heimgesuchter Berg. Die Besetzung waren wir, die wir uns in einer Notlage befanden. Nachdem wir auf ein mattes Licht aufmerksam wurden und diesem gefolgt waren, stießen wir auf ein eigenartiges Anwesen-

Nur eine Zutat fehlt noch. Was kommt als nächstes? Das Auftreten des Besitzrs, der noch außergewöhnlicher als die Villa war, oder sogar ein außerirdisches Monster? Würde sich die Geschiche in Richtung Krimi, Mystery oder Horror entwickeln?

„Hallo!„

Haruhi trat vor die Tür und erhob ihre Stimme. Die Tür hatte keine Gegensprechanlage oder auch nur eine Klingel, also klopfte Haruhi mit ihrer Faust gegen die geschmacklose Tür.

„Ist irgendjemand zu Hause!?“

Ich warf noch einmal einen Blick auf die Villa während ich neben Haruhi stand.

Es ist ja nicht so, dass ich zynisch bin, aber dieses Setting war einfach zu gut vorbereitet, gerade als wäre es extra für uns gemacht. Ich war mir allerdings im Klaren, dass das nicht das Werk von Koizumi sein konnte. Es wäre toll gewesen, wenn sich die Tür geöffnet hätte und Arakawa-san und Mori-san uns begrüßt hätten…aber selbst Nagato hatte gesagt, dass die aktuelle Situation über ihren Verstand geht, was beweist, dass nicht Koizumi dafür verantwortlich sein konnte, dem ich nicht zutraue sie täuschen zu können. Selbst wenn er Nagato eingeweiht hätte und sie Teil der Überraschung gewesen wäre, hätte sie mich nicht angelogen.

Haruhi schrie mit einer dröhnender Stimme, die es sogar mit dem Sturm aufnehmen konnte:

„Wir haben uns verirrt! Würden Sie uns bitte hier rasten lassen? Wir sind im Schnee gefangen und werden sterben wenn es so weitergeht!“

Ich wandte mich um um zu bestätigen, dass noch alle da waren. Nagato sah mit ihrem typischen marionettenhaften Ausdruck auf Haruhis Rücken, Asahina-san umklammerte mit panischem Gesicht ihren eigenen Körper um sich zu wärmen und stieß ab und zu einen niedlichen Nieser aus, woraufhin sie sich dann ihre komplett rote Nase putze. Koizumis klassisches Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. Tief in Gedanken versunken hatte er seine Arme verschränkt und hielt seinen Kopf in aufgerichteter Position. Sein Gesichtsausdruck war, als hätte er gerade etwas Bitteres gekostet. Er wirkte wie es ein unentschlossener Hamlet vielleicht täte, der überlegte ob man die Tür öffnen sollte oder nicht.

Haruhis Lärmpegel erreichte eine Lautstärke, dass hätte sie das in der Nähe meines Hauses gemacht, die Nachbarn längst zu den Waffen geeilt wären. Allerdings hatte sie bisher keine Antwort erhalten.

„Ist niemand zu Hause?“

Während sie sich ihre Handschuhe auszog und ihre Hände anhauchte sagte Haruhi gereizt:

„Innen sind Lichter an, also habe ich angenommen, dass auch Leute zu Hause sind… Kyon, was sollen wir tun?“

Ich kann dir darauf keine schnelle Antwort geben, auch wenn du nach einer fragst. Nur ein hitzköpfiger Held, der ausschließlich impulsiv handelt und alles tut was ihm durch den Kopf schießt, würde ohne zu zögern in dieser mysteriösen Villa einfallen.

„Es reicht wenn wir einen Ort finden, den wir als Unterstand benutzen können…gibt es hier in der Nähe eine Garage oder einen Schuppen?“

Für Haruhi jedoch waren solche Nebensächlichkeiten wie eine Suche nach einem Schuppen keine Option. Sie zog sich ihre Handschuhe an und ergriff die Türschnalle, auf der sich schon einiges Eis angesammelt hatte. Sie stieß einmal den Atem uns, was schon fast wie ein Gebet wirkte und drückte mit einem ernsthaften Gesichtsausdruck langsam die Schnalle.

Vielleicht hätte ich sie stoppen sollen. Zumindest nachdem ich Nagatos Hinweis gehört hatte, hätte ich wissen müssen was uns erwartete. Aber jetzt war es zu spät-

-es war als würde die Villa ihr Maul öffnen.

Die Tür war offen.

Künstliches Licht erhellte unsere Gesichter.

„Sie ist also nicht verschlossen. Wäre es zuviel verlangt, dass jemand zur Tür kommt wenn er im Haus ist?“

Haruhi stürmte als Erste hinein und lehnte ihre Schi und Stöcke gegen die Wand.

„Irgendwer? Ist irgendjemand hier? Entschuldigen Sie unser Eindringen!”

Was hätten wir tun sollen? Wir konnten es nur unserer Anführerin gleichtun. Koizumi, der Letzte der eintrat, schloss die Tür und wir konnten schließlich zumindest vorerst einen Abschied von den Stunden voller Kälte und peitschender Stürme nehmen und uns ausrasten.

„Hoo-!“

Asahina-san sank sofort auf den Boden.

„Hallo! Ist hier jemand-?!“

Die dröhnenden Rufe von Haruhi klingelten mir in den Ohren, während mir die Wärme und Helligkeit des Hauses in die Knochen sank. Es ist wie wenn man eine heiße Dusche nimmt, nachdem man im tiefsten Winter nach Hause gekommen war. Der Schnee, der sich auf unseren Jacken und Köpfen angesammelt hatte, verflüssigte sich schnell und tropfte auf den Boden. Die Heizung muss hier ziemlich hochgedreht sein.

Seltsamerweise war niemand im Haus. Es wäre an der Zeit gewesen, dass jemand herauskommt um zu zeigen wie sehr er sich von Haruhi gestört fühlte und sie hinauswarf, aber es kam keine Antwort auf ihre Rufe.

„Könnte es sich um ein Geisterhaus handeln?“,

murmelte ich, während ich mich im Haus umsah. Sobald man durch die Doppeltür trat befand man sich in der Halle. Es wäre allerdings angemessener sie mit einer Lobby eines Luxushotels zu vergleichen. Der Raum war ziemlich hoch und von einem großen Kronleuchter erhellt, während der Boden mit einem dicken roten Teppich bedeckt war. Von Außen sah es vielleicht wie ein Gespensterschloss aus, aber Innen war es ziemlich modern. Ein beeindruckender Aufzug, der zum zweiten Stock führte, befand sich direkt in der Mitte der Halle. Wenn es in der Nähe eine Garderobe gegeben hätte, hätte ich die Halle vielleicht als Erdgeschoss eines Hotels bezeichnet.

„Ich werde mich mal umsehen.“

Der nicht vorhandene Hausbesitzer ging Haruhi auf die Nerven. Sie entledigte sich ihrer Skijacke als würde sie sich häuten und schleuderte ihre Stiefel weg.

„Ich mach mir keine großen Sorgen, da es sich um einen Notfall handelt, aber ich will nicht wegen Ruhestörung angezeigt werden, also werde ich nachsehen ob jemand hier ist. Ihr wartet hier inzwischen auf mich.“

Wie man es von der Anführerin erwarten konnte, war ihre Einschätzung der Lage einer Führungspersönlichkeit würdig. Gerade als Haruhi nur mit Socken bekleidet losziehen wollte-

„Warte mal.“,

rief ich ihr zu.

„Ich begleite dich. Gott bewahre wenn du alleine gehst und wieder etwas tust, das völlig aus dem Rahmen fällt. „

Ich zog hastig meine Schischuhe und meine Jacke aus. Mein Körper wurde sofort beweglicher. Die ganze durch das Verirren im Schneesturm verursachte Müdigkeit war scheinbar verschwunden. Ich warf die schwere Kleidung beiseite.

„Koizumi, kümmere dich inzwischen um Asahina-san und Nagato.“

Ein schiefes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Esper-Jungen, der uns nicht vom Berg herunterführen konnte und er nickte leicht. Ich sah auf die besorgte dreinblickende Asahina-san und warf einen Blick auf Nagato, die noch immer still da stand.

„Lass uns gehen. Das Haus ist groß, also befindet sich der Besitzer vielleicht irgendwo tief drinnen, wo er unsere Rufe nicht hören kann.“

„Seit wann bestimmst bitte du was zu geschehen hat? In Situationen wie dieser bin ich die Einzige, die Befehle erteilt! Mach das was ich dir sage!“

Die scharfzüngige Haruhi unterstrich somit ihre Befehlsgewalt, packte mich am Handgelenk und sagte zu den drei Zurückbleibenden:

„Wir werden bald zurück sein. Koizumi-kun, kümmere dich um die zwei.“

„Verstanden.“,

antwortete Koizumi Haruhi mit seinem üblichen Lächeln und nickte mir zu.

Wahrscheinlich denkt er gerade das gleiche wie ich.

Aber selbst nach einer Durchsuchung alle Ecken des Hauses werden wir auch nicht nur einen Geist einer Person finden.

Aus irgendeinem Grund hatte ich dieses Gefühl

Haruhi beschloss zuerst die oberen Stockwerke zu durchsuchen. Am Ende der großen Stiege erwarteten uns zu unserer Linken und Rechten lange Korridore, an deren Wänden unzählige hölzerne Türen zu sehen waren. Wir entschieden uns dafür eine der Türen zu öffnen, die schließlich auch mit Leichtigkeit aufging. Dahinter lag ein ordentliches Schlafzimmer im europäischen Stil.

An den Enden jedes Korridors schien sich eine Stiege zu befinden, die wir hinaufgingen, natürlich immer Haruhis Anweisungen folgend.

„Da, danach geh mal da lang.“

Haruhi zeigte mit einer Hand nach vorne und benutzte die andere um mich am Handgelenk zu ziehen. Jedes Mal wenn wir ein neues Stockwerk erreichten rief sie: „Ist irgendjemand hier?“, in einer Lautstärke, dass ich das Bedürfnis hatte mir die Ohren zuzuhalten. Aber nicht einmal das konnte ich, so dass mir nichts anderes übrig blieb als Haruhis Anweisungen zu folgen und sie zu begleiten.

Da es unzählige Räume waren konnten wir immer nur stichprobenartig welche öffnen um hineinzusehen. Als wir gerade nur wieder die gleiche Art von Schlafzimmer entdeckt haten, befanden wir uns schon im vierten Stock. Sind die Nachtlampen in den Korridoren immer eingeschaltet? Jeder Stock schien hell erleuchtet zu sein.

Welche Tür sollen wir als nächstes aufmachen? Gerade als ich eine Auswahl treffen wollte –

„Das erinnert mich an das eine Mal im Sommer, als wir nach Draußen gingen um zu sehen ob das Boot noch da war.“

…hmm, haben wir so etwas gemacht? Damals wurde ich wie jetzt von Haruhi mitgeschleift und wir rannten umher während es goss wie aus Eimern.

Während ich die dunklen vergilbten Filme meiner Erinnerung weiterdrehte, blieb Haruhi pötzlich stehen, was auch mich, der ich am Handgelenk gehalten wurde, zum Stillstand brachte.

„Weißt du ich…“

Haruhi fuhr leise fort:

„…kann mich nicht erinnern wann das alles angefangen hat…Ich fing an wann immer möglich den Weg zu wählen, der weniger frequentiert wurde, in der Annahme, dass die übliche Wahl die langweiligere ist. Warum sich Leute für gewöhnliche Dinge entscheiden kann ich einfach nicht nachvollziehen. Schließlich fand ich heraus, dass solange ich mich immer von Beginn an anders als die meisten Leute entscheiden würde, würden interessante Dinge darauf warten von mir entdeckt zu werden.“

Die geborene Rebellin würde also den anderen Weg nehmen, nur weil es ihrer Ansicht nach zu gewöhnlich wäre unter Berücksichtigung des Vorteils geringeren Risikos die Alternative zu wählen. Auch ich habe diese Neigung, es ist also nicht so, dass ich nicht verstehen würde, was Haruhi damit sagen will. Jedoch halte ich sie darin für zu extrem und sie bewegt sich schon abseits des Niveaus, das noch vertretbar ist.

Haruhi lächelte mir zu wie die Mona Lisa.

„Vergiss es, es ist nicht so wichtig.“

Was? So etwas braucht keine Anwort von mir, also bemüh erst gar nicht eine zu bekommen! Könntest du mal unsere Situation betrachten! Das ist nicht die Zeit um Witze zu machen und es locker anzugehen.

„Obwohl mich schon länger etwas beschäftigt.“

„Was ist es dieses Mal?“,

fragte ich ungeduldig.

„Was ist zwischen dir und Yuki?“

Haruhi sah mich nicht an sondern starrte gerade aus in den Korridor.

Meine Antwort kam mit einiger Verzögerung.

“… Was meinst du? Nichts ist zwischen ihr und mir.”

„Lügner. Ich kann doch sehen, dass du ihr seit Weihnachten mehr Aufmerksamkeit schenkst. Jedes Mal wenn ich zu dir schaue, siehst du Yuki an.“

Haruhi starrte noch immer gerade aus.

„Du hast dir nicht den Kopf gestoßen oder so etwas? Oder ist es weil du irgendwas hinsichtlich Yuki planst?“

Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich Nagato exzessiv angestarrt hatte. Das Verhältnis verglichen mit meinen Blicken auf Asahina-san betrug höchstens 6:4 …aber jetzt war nicht die Zeit um so etwas zu sagen!

„Als ob…“

Es verschlug mir die Sprache. Seit dem Vorfall mit dem Verschwinden, genau wie es Haruhi behauptete, hatte ich Nagato ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Ich fühlte mich deswegen einfach etwas unwohl, weshalb ich es auch abstreitete. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es Haruhi auffallen würde, also hatte ich mir nie eine Ausrede dafür überlegt. Das und weil ich ihr ja nicht einfach die Wahrheit sagen konnte.

„Sag schon!“

Haruhi betonte ausdrücklich jede Silbe.

„Yuki hat sich irgendwie verändert. Obwohl sie genauso aussieht wie immer weiß ich es einfach. Irgendwas ist zwischen dir und Yuki vorgefallen, nicht?“

In der Zeitspanne von zwei oder drei Sätzen waren wir von „dunkler Vermutung“ zu „in Stein gemeißelt“ fortgeschritten. Wenn wir das in dieser Geschwindigkeit weiterlaufen ließen, dann würde das zwischen Nagato und mir „Realität“ geworden sein, wenn wir zu Koizumi und dem Rest zurückkommen. Es stimmte, dass zwischen uns etwas vorgefallen war, also konnte ich diese Anschuldigung schlecht abstreiten wenn ich so darüber nachdachte.

„Eh… um… weißt du…“

„Versuch dich nicht irgendwie rauszureden, du erbärmlicher Abschaum!“

„Nein! Wir haben nichts Fragwürdiges getan. Es ist nur so, nur… in Wirklichkeit…“

Haruhis Gesichtsausdruck glich mehr und mehr einem Adler, der seine Beute anvisiert.

„In Wirklichkeit was?“

Mit einiger Anstrengung schaffte ich es meine Worte herauszubringen während Haruhi ihre herausfordernden Augen auf mich fixiert hatte.

„Nagato hatte ein paar Probleme, Ja, so ist es. Sie ist zu mir gekommen um mit mir darüber zu reden.“

Im selben Moment zu sprechen und zu denken ist ziemlich schwierig und es wird noch schwieriger, wenn du dabei spontan Lügen erfinden musst.

„Um genau zu sein sind ihre Probleme noch nicht vorbei. Wie soll ich es ausdrücken… es ist wie… im Prinzip liegt es an Nagato sie zu lösen. Ich kann ihr nur zuhören, denn auch wie sie es lösen soll muss sie selbst entscheiden. Nagato hat mir nicht gesagt, was sie jetzt tun wird, also mache ich mir natürlich Sorgen und das ist wahrscheinlich der Grund warum ich gelegentlich zu ihr hinsehe.“

„Worum muss sich Yuki Sorgen machen? Warum würde sie sich an dich wenden? Mit mir zu reden geht doch genauso!“

Sie klang noch immer skeptisch.

„Ich glaube nicht, dass Yuki dich für verlässlicher hält als mich oder Koizumi.“

„Im Prinzip ist Nagato jeder außer dir recht um mit ihm zu reden.“

Meine freie Hand packte Haruhi, deren Augenbrauen hochgezogen waren und mein Gehirn begann endlich wieder normal zu arbeiten.

„Es ist wirklich so. Weißt du warum Nagato alleine leben muss?“

“Familiäre Gründe? Ich stecke nicht gerne meine Nase in private Angelegenheiten, also weiß ich es nicht genau.”

„Es hat Veränderungen in ihrer familiären Situation gegeben. Je nachdem wie sie ausgehen werden Nagatos Tage allein in einem Apartement vielleicht zu Ende gehen.“

„Was ist denn los?“

„Einfach ausgedrückt, sie muss vielleicht umziehen, die Luxuswohnung verlassen und an einen weit entfernten Ort übersiedeln… vielleicht zu einem Verwandten. Das hätte natürlich Auswirkungen auf ihre Ausbildung, da sie die Schule wechseln müsste. Sie muss vielleicht schon nächsten Frühling auf eine andere Schule gehen, wenn wir unser zweites Jahr beginnen…“

„Wirklich?“

Haruhis Augenbrauen waren wieder gesunken, so dass nur noch ein letzter Schubs genügte.

„Wirklich. Aber egal was ihre Eltern sagen, sie will nicht die Schule wechseln. Sie will bis zu ihrem Abitur auf der North High bleiben.“

„Darüber macht sie sich also Sorgen…“

Haruhi senkte für einige Zeit ihren Kopf, sah mich jedoch wütend an sobald sie ihn wieder gehoben hatte:

„Das ist nur umso mehr Grund mir davon zu erzählen! Yuki ist ein wichtiges Brigademitglied, ich würde es ihr nicht erlauben einfach von selbst auszusteigen!“

Als ich das hörte war ich zufrieden.

„Da siehst du es… Du würdest die ganze Sache nur wieder übermäßig aufblasen. Du würdest wahrscheinlich zum Haus ihrer Verwandten rennen und bei ihnen gegen Nagatos Schulwechsel protestieren.“

„Das ist wahr.“

„Nagato hat beschlossen das selber zu regeln. Obwohl sie vielleicht noch ein wenig ratlos ist, hängt ihr Herz an unserem Clubraum. Diese Situation immer im Hinterkopf zu haben ist eine ziemliche emotionale Belastung für sie, also beschloss sie mit mir zu reden. Ich war damals im Krankenhaus und als sie mich einmal alleine besuchte, hat sie es mir erzählt. Es war einfach so, dass außer mir niemand da war.“

„So ist das also…“

Haruhi seufzte leicht.

„Also sorgt sich Yuki um solche Dinge…? Sie sieht in letzter Zeit so glücklich aus, deshalb ist es mir nicht aufgefallen. Vor den Ferien sah die die Handlanger des Computerclubs sich mit einer neunziggradigen Verbeugung bei ihr bedanken. Es sah nicht danach aus als würde es sie stören…“

Ich versuchte mir krampfhaft vorzustellen wie eine Nagato, die etwas nicht stört, aussehen würde, aber ich konnte es einfach nicht, also verwarf ich den Gedanken. Genau in diesem Augenblick hob Haruhi ihren Kopf und sagte:

„Aber, hmm, vergiss es. Das klingt nach etwas, das Yuki tun würde.“

Sieht so aus als hätte sie es geschluckt. Ich stieß innerlich einen Seufzer der Erleichterung aus. Nur welcher Teil dieser Geschichte klingt nach etwas, das Nagato tun würde? Sogar ich finde sie unglaubwürdig. Aber ich sollte mich damit zufrieden geben wenn Haruhi zu dem Schluss gekommen ist, dass Nagato diese Art von Mädchen ist.

„Lass aber keine anderen Leute davon erfahren, besonders nicht Nagato. Keine Sorge, sie wird auch nächstes Jahr noch im Clubraum sitzen und ihre Bücher lesen.“

„Natürlich, sonst würde ich die Sache nicht dabei belassen!“

„Aber…“

Ich, dessen Handgelenke noch von Haruhis stählernem Griff brannten, fügte noch diese ergänzende Erklärung an:

„Für den Fall, nur für den Fall, dass Nagato trotzdem wechseln muss oder mit Gewalt dazu gezwungen wird, kannst du soviel Theater machen wie zu willst, ich werde dich dabei unterstützen.“

Haruhi starrte mich mit sanften Augen an und blinzelte zweimal, bevor sie ein breites Grinsen zeigte und sagte:

„Aber natürlich!“

Als wir in die Haupthalle zurückgekehrt waren, hatten dort schon die drei Zurückgelassenen ihre Jacken abgelegt und grüßten uns mit unterschiedlichen Blicken.

Aus irgendeinem Grund sah Asahina-san noch immer so aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.

„Kyon-kun, Suzumiya-san… ihr seid zurück, endlich…“

„Warum weinst du Mikuru-chan. Habe ich nicht gesagt, dass wir gleich wieder da sein werden?“

Haruhi tröstete glücklich Asahina-san und führ ihr durch die feinen Haare, während Koizumi mir einen äußerst verwirrenden Blick zuwarf. Was willst du mir damit nur sagen? Solche Blicke sind vergeblich, mit denen wirst du bei mir nichts bewirken.

Die einsame Nagato stand nur da und sah mit ihren dunklen Pupillen direct auf Haruhi. Sie wirkte noch lebloser als sonst. Sogar für eine von Außerirdischen erschaffene humanoide Lebensform ist es vielleicht zu anstrengend wie ein Schneepflug durch den Schnee zu stapfen. Ich erklärte es mir auf diese Weise, da es so für mich nachvollziehbar war. Nagato war kein perfektes Individuum, soviel hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon begriffen.

„Es gibt etwas, das ich dir sagen muss…“

Koizumi näherte sich ungezwungen meinem Ohr.

„Aber du musst es von Suzumiya-san geheim halten.“

In diesem Fall sollte ich ihm wohl besser zuhören.

„Wie lange glaubst du, dass du und Suzumiya-san weg wart?“

„Das sollte nicht mehr als dreißig Minuten gewesen sein.“

Auch wenn Haruhi schwachsinniges Zeug gefaselt hatte und ich ihr ein paar Lügen auftischen musste, waren wir meiner Meinung nach nur so lange abwesend gewesen.

„Ich wusste, dass du so etwas sagen würdest.“

Koizumi klang etwas verwirrt, jedoch gleichzeitig irgendwie zufrieden.

„Für uns, die wir zurückgeblieben sind, sind drei Stunden vergangen vom Zeitpunkt als du und Suzumiya-san aufgebrochen seid bis zu eurer Rückkehr.“

„Nagato hat die Zeit gemessen“, sagte Koizumi.

„Mikuru-chan ist ganz aufgelöst weil ihr so lange gebraucht habt.“

Er strich ein paar seiner getrockneten Stirnfransen beiseite und fuhr mit einem Lächeln fort:

„Deshalb habe ich beschlossen ein kleines Experiment durchzuführen. Ich habe Nagato gebeten irgendwo hin zu gehen, wo wir sie nicht sehen können und nach für sie zehn Minuten zurückzukommen.“

„Nagato tat so ohne Widerrede. Sie ging in den Gang, der seitlich an die Halle anschloss und verschwand um die Ecke – „

„Bevor ich jedoch noch bis zweihundert gezählt hatte, war Nagato zurückgekehrt. Ich konnte nicht anders als mich zu wundern, da sie nach meinem Gefühl gerade einmal für drei Minuten weg gewesen war, aber Nagato hat für sich selbst in der Tat zehn Minuten gestoppt.“

„Nagato konnte sich nicht geirrt haben. Könnte es sein, dass du entweder eingeschlafen bist oder falsch abgerundet hast?“

„Asahina-san hat still mitgezählt und ist auf das gleiche Ergebnis gekommen.“

„Ist das so…Ich denke aber noch immer, dass Nagatos Angaben präziser wären.“

„Nicht einmal ich zweifle an der Präzision von Nagato-san. Sie kann beim simplen Zählen keinen Fehler machen.“

“Was dann?”

“Ich vermute, dass der Zeitfluss in dieser Villa je nach Aufenthaltsort variiert… oder dass die Zeitwahrnehmung von jedem von un seine Diskrepanz zur generellen Zeit aufweist. Ich weiß nicht, welche der Theorien eher stimmt… es könnte auch sein, dass beide korrekt sind.“

Koizumi sah zuerst auf Haruhi, die Asahina-san glücklich in dreister Art tröstete und dann auf mich.

„Es wäre das Beste als Gruppe unterwegs zu sein, da ich fürchte, dass sich das Zeitproblem sonst verschlimmern könnte. Es wäre sogar eine Erleichterung, wenn sich die Sache hierauf beschränkt, da es Möglichkeiten gibt die Zeitverzögerung auszugleichen solange sie nur innerhalb der Villa auftritt. Jedoch, was ist wenn diese chronologische Störung schon aufgetreten ist, bevor wir hier reingelockt wurden? Was würde das für den Sturm, der plötzlich aufgezogen ist bedeuten und die darauf folgende Wanderung, bei der wir nie ein Ziel erreicht haben? Was wenn wir in eine andere Raumzeit gezogen wurden, dann…“

Ich sah zu Asahina-san, deren Haare von Haruhi zersaust worden waren und dann zu Nagato. Ihre Frisur, die vom Sturm außer Form geblasen worden war, war inzwischen getrocknet und wieder normal und sogar ihr Teint war wieder zu einem Weiß geworden, das wärmer war als weißer Schnee.

Ich fing an Koizumi zuzuflüstern:

„Du, Nagato und Asahina-san müsstet danach ja eine Gruppenbesprechung abgehalten haben. Irgendwelche Ergebnisse?“

„Asahina-san hatte keine Ideen.“

Das war selbsterklärend wenn man gesehen hatte wie sie geweint hat. Wichtig war die andere Person.

Koizumi senkte noch einmal seine Stimme.

„Sie sagte absolut nichts. Sie ging ohne ein Wort zu sagen als ich sie vorher um Hilfe gebeten hatte und blieb ab ihrer Rückkehr stumm. Als ich sie gefragt habe ob sie wirklich zehn Minuten abgezählt hat, hat sie nur mit einem Nicken geantwortet. Sonst hat sie keinerlei Meinung zu dem Thema abgegeben.“

Nagato starrte weiter still auf den roten Teppich. Ihr Pokerface war das gleiche wie am Tag zuvor, obwohl ich das Gefühl hatte, als wäre sie irgendwie perplex… mache ich mir vielleicht zu viele Gedanken? Gerade als ich meiner Besorgnis gegenüber Nagato Ausdruck verleihen wollte –

„Kyon, was zur Hölle tust du? Beeil dich und berichte allen!“

Mit durchdringendem Blick sprach Haruhi von den Ergebnissen der Expedition:

„Nach einer Runde sind wir zurückgekommen. Im zweiten Stock und darüber sind nur Schlafzimmer, dabei hatten wir gedacht dort ein Telefon zu finden…“

„Ja, aber wir haben keines gefunden.“ fügte ich hinzu, „Außerdem gibt es keinen Fernseher und kein Radio. Wir haben auch keine Telefonbüchsen oder Stationen für Funktelefone gefunden.“

„Ich verstehe.“

Koizumi fasste mit den Fingerspitzen an sein Kinn.

„In anderen Worten es gibt keine Möglichkeit die Außenwelt zu kontaktieren oder Informationen von ihr zu empfangen.

„Zumindest nicht im zweiten Stock und darüber.“

Haruhis Lächeln zeigte nicht einen Hauch von Besorgnis.

„Es ist alles in Ordnung wenn es im ersten Stock eine Möglichkeit gibt, obwohl, gibt es überhaupt einen ersten Stock? Dieses Haus ist so groß, dass es hier vielleicht sogar irgendwo einen eigenen Kommunikationsraum gibt.“

„Lasst uns also losziehen und ihn finden“; Haruhi benutzte ein Handsignal anstelle eines Flaggenzeichens und zog die besorgte Asahina-san zu sich heran.

Ich folgte nach Koizumi und Nagato und wir gingen los.

Kurz darauf ließen wir uns im Speisesaal nieder. In diesem Raum, eingerichtet mit Antiquitäten, fanden wir einen luxuriösen, glitzernden, goldfunkelnden Kerzenständer auf einem Esstisch stehen, der mit einem weißen Tischtuch bedeckt war. Solche Dinge sieht man auch in Dreisternerestaurants, die ich aber noch nie besucht hatte und von denen ich entsprechend wenig wusste. Direkt darüber hing ein Kronleuchter von der Decke, der kalt auf die Mitglieder der SOS Brigade herunterblickte.

„Hier ist sonst wirklich niemand.“

Haruhi hob eine dampfende Teetasse zu ihren Lippen.

„Wo sind die alle hin? Strom und Heizung sind noch immer aufgedreht. Denkt nur an die Energieverschwendung. Und es gibt keinen Kommunikationsraum. Warum ist das so?”

Den heißen Milchtee, an dem Haruhi nippte, hatten wir uns in der Küche besorgt, die genauso luxuriös war wie die eines Luxusrestaurants, ebenso die Teetassen und Wasserflaschen. Während sie darauf warteten, dass das Wasser kocht, sahen sich Asahina-san und Haruhi um und fanden blankgeputzte Küchenutensilien in einer Küchenlade, in der kein Staubkorn zu finden war. Der übergroße Kühlschrank beinhaltete eine Ladung Essen, die es einem schwer machte zu glauben, dass das hier ein verlassenes Haus war. Es fühlte sich eher so an, als hätten die Bewohner schnell zusammengepackt und wären verschwunden, gerade als wir das Haus betreten hatten. Nein, sogar diese Hypothese hat Ungereimtheiten, denn wenn das wahr gewesen wäre, dann hätten sich noch irgendwelche Anzeichen von Leben finden lassen.

„Es ist schon fast wie auf der Mary Celeste

Haruhi wollte die Stimmung heben, ohne Erfolg.

Die Erkundung des ersten Stocks wurde von uns allen gemeinsam durchgeführt. Im Gänsemarsch öffneten wir jede Tür auf die wir stießen und wir fanden jedes Mal etwas, das wir gebrauchen konnten. Es gab einen Waschraum mit einer großen Waschmaschine und ein riesiges Bad in der Größe eines Badehauses. Sogar ein Spielraum, komplett mit einem Billardtisch, einem Tischtennistisch und einem automatischen Mah-jong Tisch war vorhanden.

Ich wünsche mir nur, dass die Räume in diesem Korridor keine von Haruhi neu geschaffenen Dimensionen sind.

„Es gibt noch eine andere Möglihckeit…“

Koizumi stellte die Teetasse auf die Untertasse und spielte mit dem flimmernden Kerzenständer. Ich dachte schon er wollte ihn zu seinem Besitz erklären, aber nachdem er ihn fertig begutachtet hatte, stellte er ihn an seinen ursprünglichen Platz zurück.

„Die Bewohner der Villa sind fortgefahren bevor der Sturm aufgezogen ist und können unter diesen Wetterbedingungen nicht zurückkehren.“

Er zeigte ein schwaches Lächlen, scheinbar Haruhi zuliebe.

„Wenn dem so ist, dann werden sie zurückkommen sobald der Sturm abgeflaut ist. Hoffentlich versetzen sie sich in unsere Lage und verzeihen uns, dass wir einfach in ihr Eigentum eingedrungen sind.“

„Das werden sie definitiv tun, da wir ja keinen anderen Platz hatten wo wir hätten hingehen können. Ahh, könnte es sein, dass diese Villa als Notfallunterkunft gebaut wurde, für Skifahrer wie uns, die sich verirrt haben? Das würde erklären warum niemand hier ist.“

„Welche Notfallunterkunft würde über kein Telefon verfügen?“

Ich klang ziemlich erschöpft. Wir hatten erst so wenig erreicht obwohl wir zu fünft jede Tür in diesem Stockwerk abklappert hatten. Dieses Gebäude hatte keine Kontaktmöglichkeiten nach Außen, noch nicht einmal eine Uhr.

Aber noch vor alledem, verletzte diese Villa definitiv die Bau- und Feuerschutzvorschriften.

„Wer in der Welt würde eine so große und unhandliche Notfallunterkunft bauen?“

„Vielleicht eine nationale oder regionale Organisation, die mit Steuergeldern finanziert wird? Wenn man es so sieht fühle ich mich berechtigt den schwarzen Tee hier zu trinken. Schließlich zahle ich auch Steuern. Mikuru-chan, hilf mir mal.“

„Eh? Ahh, ok.”

Asahina-san wurde in die Küche geschleift kurz nachdem sie uns einen besorgten Blick zugeworfen hatte. Es war ihr gegenüber unfair, aber Koizumis Zeitverzerrungstheorie bereitete mir Sorgen, also war es zu diesem Zeitpunkt ideal, dass Haruhi aus unserem Blickfeld verschwand.

„Nagato“, sagte ich zum kurzhaarigen Mädchen, das auf das Porzellan auf der Seite starrte.

„Was geht in dieser Villa vor? Wo genau sind wir?“

„Diese Dimension verursacht signifikanten Stress bei mir.“

Sie warf mir einen derartigen Satz an den Kopf.

„Ich verstehe es nicht. Was heißt das? Könntest du nicht deinen Schöpfer oder deinen Patron kontaktieren und um Hilfe bitten? Das hier ist eine außerordentliche Situation. Ist gelegentliche Hilfe zuviel verlangt?“

Das Gesicht, das sie mir schließlich zuwandte, zeigte kein Zeichen von Emotion.

„Meine Verbindung zur Datenintegrations-Entität wurde getrennt. Grund unbekannt.“

Ich begriff es nicht weil sie es so locker aussprach. Nachdem ich mich gesammelt hatte, fragte ich noch einmal:

„… Wann ist das passiert?“

„Gemessen an meiner eigenen Zeitperspektive, vor sechs Stunden und dreizehn Minuten.”

Es wäre sinnlos die wirkliche Uhrzeit anzugeben wenn man sein Zeitgefühl verloren hat. Gerade als ich darüber grübelte –

„Seit dem Moment in dem wir in den Blizzard gekommen sind.“

Die dunklen Pupillen waren noch wie zuvor, aber in meinem Herz bahnte sich eine Lawine an.

„Warum hast zu damals nichts gesagt?”

Ich wollte sie nicht beschuldigen, Nagatos stille Aura war eine ihrer Charaktereigenschaften. Sie wurde damit geboren und hat sie nicht erst später entwickelt.

“Du sagt also, dass das hier nicht die reale Welt ist? Nicht nur diese Villa… sondern auch der Berg von dem wir nicht wegkommen. Das alles ist eine Paralleldimension, geschaffen von irgendjemandem da draußen?“

Nagato verfiel für einige Zeit in Stille bevor sie sagte:

„Ich weiß es nicht.“

Sie ließ ihren Kopf wie nach einer Niederlage sinken. Ich war etwas unruhig, da es mich an die Nagato von diesem einen Tag erinnerte. Allerdings, gibt es überhaupt irgendetwas mit Ausnahme von Haruhi, das eine derartige Anomalie erschaffen kann, dass sie nicht einmal diese Person hier verstand?

Ich sah zur Decke und fragte ein anderes Mitglieder SOS Brigade.

„Was denkst du? Irgendwas hinzuzufügen?“

„Nagato-sans Kommentare einmal außer Acht gelassen, übersteigt diese Anomalie meinen Verstand.”

Ich schenkte dem ehrenwerten Vizeanfüher der Brigade etwas Aufmerksamkeit, woraufhin er sich ein wenig aufrichtete:

„Nach allem was ich weiß, handelt es sich hierbei nicht um eine abgeschlossene Dimension im eigentlichen Sinn. Das hier ist keine Dimension die durch den Willen von Suzumiya-san entstanden ist.“

„Bist du dir sicher?“

„Ja. Du kannst mich als Experten betrachten wenn es darum geht Suzumiya-sans psychische Aktivitäten zu studieren. Wenn sie die physische Welt verändert hätte, würde ich das auf jeden Fall wissen. Jedoch hat sie dieses Mal nichts dergleichen getan, da sie nicht auf einen derartigen Notstand gehofft hat. Ich kann garantieren, dass das in keinster Weise mit ihr in Verbindung steht. Lass und darum wetten, egal wie viel zu wettest, ich verdopple den Einsatz.“

„Wer kann es dann sein?“

Ich fühlte wie in mir Kälte aufstieg. Es hätte aufgrund des Sturms sein können, aber die Fenster im Speisesaal zeigten nur einheitliches Grau. Selbst wenn ein neonblauer „Avatar“ plötzlich einen Blick herein werfen würde, er würde sich nicht wirklich vom Hintergrund abheben.

Koizumi zeigte einen Nagato-Ausdruck und zuckte wortlos mit den Schultern. Er schien nicht beunruhigt zu sein, aber vielleicht lag das auch an seinen schauspielerischen Fähigkeiten und er wollte mir nur nicht sein besorgtes Gesicht zeigen.

„Entschuldigt, dass ihr warten musstet!“

Genau in diesem Blick trugen Haruhi und Asahina-san eine große Platte voll Sandwiches herein, so hoch wie ein kleiner Hügel.

Meine biologische Uhr sagte mir, dass wir nicht derart lange gewartet hatten. Es konnten nicht mehr als fünf Minuten gewesen sein, seit Haruhi Asahina-san mit ihn die Küche geschleift hatte. Als ich jedoch Haruhi fragte, während ich so tat als wäre nichts geschehen, stellte sich heraus, dass es mindestens dreißig Minuten gedauert hatte die Sandwiches zu machen. Gemessen am Ergebnis glaubte ich nicht, dass sie übertrieb. Jeder einzelne Toast war gegrillt worden, der Schinken und das Kraut hatten gewürzt werden müssen, die Eier waren in Scheiben geschnitten worden nachdem man sie gekocht hatte und zum Abschluss war noch Mayonnaise verwendet worden. Schon allein die Zutaten herzurichten hätte länger als fünf Minuten gedauert. Wenn man dann noch die Menge an Sandwiches berücksichtigt, dann ist es egal wie viele Tricks man anwendet, ein nicht geringer Zeitaufwand wäre trotzdem notwendig gewesen. Nur nebenbei, ich muss auch anmerken, dass sie ziemlich gut geschmeckt haben. Natürlich hatte ich schon beim weihnachtlichen Feuertopf die Gelegenheit Haruhis kulinarische Künste zu genießen. Worin war diese Frau eigentlich nicht gut? Hätte ich sie in der Volksschule getroffen, wäre das einzige Fach in dem ich sie vielleicht hätte schlagen können Ethik gewesen…

Ich schlug mir selbst auf den Kopf.

Jetzt ist nicht die Zeit um über solche nebensächlichen Dinge nachzudenken. Worüber ich mir wirklich Sorgen machen sollte ist unsere derzeitige Situation.

Asahina-san schien darauf zu achten wer ihre Werke aß. Wann immer ich nach einem neuen Sandwich griff, begann sie voller Erwartung zu schauen und ihr Gesichtsaudruck änderte sich sofort von ent- auf gespannt. Man konnte leicht erkennen, dass das vordere von Haruhi war und das hintere von Asahina-san.

Es gab etwas, das sie nicht wusste. Ich hatte es nicht einmal Koizumi erzählt und Haruhi durfte es natürlich erst recht nicht wissen.

Nur Nagato und ich waren uns bewusst, dass es etwas gab, das ich noch nicht getan hatte.

Genau-



Ich musste noch immer in die Vergangenheit zurückkehren um die Welt zu retten.



Ich dachte anfangs, dass es keine Priorität hatte und es reichen würde es nach Neujahr zu erledigen. Der Umstand, dass ich es irgendwie Asahina-san erklären musste, hatte ebenfalls dazu beigetragen, dass ich es immer weiter verschoben hatte. Das Verschieben auf das nächste Jahr läuft also nicht? Was wenn wir nicht mehr von hier wegkommen?

„Warte mal kurz.“

Das ist seltsam. Nagato und ich sind definitiv irgendwann Mitte Dezember mit Asahina-san in die Vergangenheit gereist. Wie sonst hätte ich die drei damals sehen können? Um es anders auszudrücken, wir werden auf jeden Fall in die ursprüngliche Welt zurückkehren. Es so zu betrachten erleichterte mich ein wenig.

„Kommt, kommt, los haut rein.“

Haruhi schnappte sich Sandwiches und stopfte sich damit den Mund voll, bevor sie alles mit schwarzem Tee runterspülte.

„Es ist noch immer genug übrig, haut rein, ich kann euch machen was auch immer ihr wollt. Im Lagerraum ist genug Essen für uns alle.“

Koizumi lächelte etwas unbeholfen und genoss sein Schinken und Schweinekotelett Sandwich.

„Lecker, einfach nur lecker. Das ist so gut wie die in berühmten Restaurants.“

Dieses übertriebene Kompliment war natürlich an Haruhi gerichtet, obwohl ich mich eigentlich nicht wirklich um sie sorgte, ebenso wenig um Asahina-san, die ihr Essen scheinbar nicht genießen konnte weil sie ein schlechtes Gewissen hatte, da sie fremde Vorräte dafür verwendet hatte.

„…“

Um wen ich mir Sorgen machte war Nagato.

Nur einen kleinen Bissen nach dem anderen zu nehmen war nicht ihre Art.

Der übliche extreme Appetit des von außerirdischen erschaffenen humanoiden Interfaces war nicht zu erkennen. Die Hand zu Mund Bewegung schien höchstens halb so schnell wie sonst.

Die Sache endete damit, dass Haruhi und ich uns gemeinsam den Großteil der leichten Mahlzeit unter den Nagel rissen-

„Auf ins Bad.“

Haruhis plötzlicher Vorschlag stieß auf keinen Widerstand und es war ihre Ansicht, dass das Ausbleiben von Einwänden einer allgemeinen Zustimmung gleichkommt.

„Das Bad ist ziemlich groß, aber es gibt keine Unterteilung in Männer und Frauen, also müssen wir uns abwechseln. Als Anführerin kann ich es nicht erlauben, dass in der Brigade unzüchtige Dinge vor sich gehen. Die Frauen zuerst. Irgendwelche Einwände?“

Wenn man keine Ahnung hat, was man als erstes tun soll, ist es nicht schlecht eine Person wie Haruhi zu haben, die alles Schritt für Schritt befiehlt. So konnten wir uns auf andere Dinge konzentrieren. Wenn man in einer Sackgasse steckt kann man ja auch seinen Körper bewegen um damit das Gehirn anzuregen. Wer weiß ob man dabei nicht einen Geistesblitz hat. Soviel zu meiner Gehirnleistung.

„Davor lasst uns noch die Zimmereinteilung regeln. Welchen wollt ihr? Und ja, sie sind alle gleich.“

Nach Koizumis Hypothese wäre es das Beste alle in das gleiche Zimmer zu stecken, aber sollte auch nur irgendwer diesen Vorschlag machen, ist ihm ein direkter Faustschlag von Haruhi gewiss. Manchmal hat die Selbsterhaltung Vorrang.

„Es ist besser von uns nahe beisammen zu schlafen, etwa in gegenüberliegenden oder benachbarten Zimmern, so lange es fünf davon gibt.“

Nach diesen ernsthafteren Worten stand Haruhi auf.

„Gut, dann lasst uns im zweiten Stock schlafen.“



Haruhi ging mit breiten Schritten voran und wir eilten ihr nach. Bevor wir nach oben gingen warfen wir noch die Skijacken in den Trockner im Wäscheraum.

Haruhi wählte die fünf Zimmer aus, die am nächsten zur Stiege waren, um schnell nach unten gelangen zu können falls der Eigentümer des Anwesens zurückkehrte. Ich schlief im Zimmer neben Koizumi und die auf der anderen Seite liegenden Räume wurden der Reihe nach von Nagato, Haruhi und Asahina-san belegt, wobei sich Haruhis Zimmer direkt gegenüber von meinem befand.

Die Schlafzimmer wirkten noch immer so wie als Haruhi und ich sie vorher inspiziert hatten. Jeder Raum war nur spärlich eingerichtet und war gerade mal ein Ort zum Schlafen. Sogar billige Business Suites hatten mehr Möbel. Neben einer archaischen Frisierkommode gab es nur Vorhänge und ein Bett. Das Fenster war dicht geschlossen. Wenn man es genau betrachtete, sah man, dass es ein Doppelglasfenster war. Vielleicht bewirkt das eine bessere Lärmisolation, da es trotz des draußen tobenden Sturmes im Haus mucksmäuschenstill war, was genau genommen aber sogar ein unangenehmes Gefühl von Anspannung verursachte.

Nachdem wir kein Gepäck zum auspacken hatten, beschlossen wir uns nach Inbesitznahme der Zimmer im mit einem roten Teppich ausgelegten Gang zu treffen.

Haruhi sagte mit einem provokanten Lächeln:

„Kyon, du weißt?“

„Was soll ich wissen?“

"Stell dich nicht so dumm. Du darfst natürlich auf keinen Fall die eine Sache tun, die alle Burschen mit Sorgen in dieser Situation tun würden. Ich hasse dieses primitive Verhaltensmuster.“

Was soll ich also tun?

„Und deshalb…“

Haruhi schnappte sich die Arme der zwei anderen weiblichen Mitglieder, lehnte ihren Kopf seitlich an die Haare der bewegungslosen Nagato und ließ dann alles mit einem Schrei raus:

„Nicht spannen!“


Ich verließ, besser ausgedrückt schlüpfte aus meinem Zimmer, sobald die Gruppe der drei Mädchen weg war, die rappelige Haruhi in ihrer Mitte. Die Luft war warm und der Gang lag in völliger Stille, unbeeinträchtigt vom Blizzard, der draußen tobte, aber mein Herz war alles andere als ruhig. Diese Wärme konnte mich nicht beruhigen wenn in meinem Herzen eine solche Kälte herrschte.

Ich schlich zum benachbarten Zimmer und klopfte leise an die Tür.

„Wie kann ich dir helfen?“

Koizumi ließ sich blicken und setzte ein Willkommenslächeln auf. Gerade als er zu Sprechen anfangen wollt, legte ich meinen Zeigefinger auf seine Lippen, woraufhin er seinen Mund wieder schloss. Ohne ein Wort zu sagen schlich ich in sein Zimmer. Eigentlich wäre ich ja viel lieber in Asahina-sans Zimmer schleichen, aber dafür war keine Zeit.

„Zu allererst gibt es etwas, das ich dir erzählen muss.“

„Oh?“

Koizumi setzte sich auf sein Bett und signalisierte mir ebenfalls Platz zu nehmen.

„Was könnte das sein? Das macht mich neugierig. Ist es etwas, das von den anderen drei geheim bleiben muss?”

„Also wenn es Nagato mitkriegen würde, wäre das in Ordnung.“

Was es ist? Du fragst noch immer um was es geht?

Natürlich geht es um die Ereignisse zwischen Haruhis Verschwinden und meinem Aufwachen im Krankenhauszimmer. Die Wiederauferstehung von Asakura Ryouko, die Wiederholung des Tanabata Festes vor drei Jahren, die Mitglieder der SOS Brigade in einem völlig anderen Setting, die erwachsene Asahina-san und die kommenden Pläne die Welt wieder in Ordnung zu bringen.

„Das wird einige Zeit dauern.“

Koizumi ist ein großartiger Zuhörer. Nicht nur gibt er mir ein gutes Feedback wenn ich zu einer Pause komme, er behält auch bis zum Schluss die Aufmerksamkeit eines Top-Schülers.

Da ich mich nur auf die Hauptpunkte beschränkte, dauerte es nicht allzu lange alles zu erklären. Ich überlegte mir bei manchen Dingen auf die grausigen Details einzugehen, aber um zuerst ein allgemeines Verständnis zu gewährleisten, entschied ich mich für eine kompakte Zusammenfassung.

Nachdem er alles gehört hatte rief Koizumi aus:

„So ist das also.“

Er schien davon nicht speziell bewegt zu sein. Ich beobachtete wie er die Seite seines Mundes mit einem Finger antippte.

„Wenn alles was du erzählt hast wahr ist, dann kann ich nur sagen, dass das alles sehr interessant ist.“

„Versuchst du höflich zu sein mit deinem „interessant“?“

„Nein, das denke ich wirklich, da ich mir selber auch schon etwas zusammengesponnen hatte. Wenn du das alles erlebt hast, dann untermauert das meinen Verdacht.“

Meine Gesichtszüge sollten nun in die Richtung „Das ist nicht gut. Was zur Hölle hat er sich überlegt?“ gehen.

„Ich nehme an, dass es sich abgeschwächt hat.“

„Was?“

„Suzumiya-sans Kräfte. Die und Nagato-sans Datenmanipulationsfähigkeiten.“

„Wovon redest du?“ Ich sah Koizumi an, der nur ein unschuldiges Lächeln zeigte.

„Dass Suzumiya-san abgeschlossene Dimensionen erzeugt ist seltener geworden, was ich dir ja schon zu Weihnachten gesagt habe. Und als wäre es die Antwort darauf, fühle ich, dass Nagato-sans…wie soll ich es sagen? Ihre außerirdische Aura? Die und andere Anzeichen scheinen sich drastisch reduziert zu haben.“

„…was?“

„Suzumiya-san wird mehr und mehr zu einem normalen Mädchen. Genauso Nagato-san, die immer weniger wie ein Terminal der Datenintegrations-Entität wirkt.“

Koizumi sah mich an.

„Aus meiner Sicht kann ich mir keine bessere Entwicklung vorstellen. Wenn Suzumiya-san in der Realität mit sich ins Reine kommen würde, dann müsste sie nicht an solche Dinge denken wie die Welt zu verändern, was dann auch meine Mission beenden würde. Es wäre auch zu meinem Vorteil wenn Nagato-san ein normales High School Mädchen ohne spezielle Kräfte werden würde. Was Asahina-san betrifft…für jemanden aus der Zukunft macht es keinen Unterschied wie die Sache hier ausgeht.“

Koizumi fuhr mit seinem Monolog fort, gerade so als wäre ich nicht anwesend.

„Du musst also in die Vergangenheit zurückkehren um die Welt und dich selbst wieder in Ordnung zu bringen. Das ist so weil dein vergangenes Ich dein zukünftiges Ich mit Nagato-san und Asahina-san beobachtet hat, ist das korrekt?“

„Aye.“

„Jedoch sind wir jetzt auf diesem Berg gefangen, auf den ein Blizzard niedergeht. Wir befinden uns in einer seltsamen Villa, die jemand unter viel Aufwand für uns vorbereitet hat und uns in einer alternativen Welt eingesperrt hat, die nicht einmal Nagato-san verstehen kann. Wenn dieser Zustand anhält, dann werdet ihr alle nicht in die Vergangenheit zurückkehren. Also müsst zumindest du, Nagato-san und Asahina-san in die normale Welt zurückkehren. Nein, es ist eigentlich sogar sicher, dass ihr alle in die normale Welt zurückkehrt.“

Es wäre seltsam wenn dem nicht so wäre, aber ich habe wegen dem keine Panik. Ich bin mir nahezu sicher, dass ich damals meine eigene Stimme gehört habe. Obwohl ich derzeit noch in die Vergangenheit zurückkehren muss, ist das etwas, das in der Zukunft geschehen wird. Das bedeutet, dass es mehr oder weniger in Stein gemeißelt ist, dass wir nicht ewig in diesem verrückten Haus im tobenden Sturm gefangen sein werden. Um Asahina-san (alt) zu zitieren: „ansonsten wäre dein derzeitiges Ich nicht hier.“

„So ist es.“

Koizumi wiederholte den Satz und lächelte mich an.

„Allerdings habe ich auch andere Theorien, aber die sind alle pessimistisch. Um es einfach auszudrücken, sie besagen, dass es keine Rolle spielt, selbst wenn wir nicht mehr in die ursprüngliche Welt zurückkehren.

„Hör auf herumzudrücken und sprich es aus.“

Nach dieser Aufforderung senkte Koizumi behutsam seine Stimme:

„Stell dir einmal vor, dass wir hier nicht unsere originalen Ichs sind, sondern nur Kopien, die in einer anderen Welt existieren.“

Koizumi starrte mich an, als wartete er darauf, dass ich seine Worte erst einmal verdaue. Um ehrlich zu sein hatte ich dabei auch Verdauungsprobleme.

„Ich werde es einmal umformulieren, damit du es besser verstehen kannst. Stell dir vor, dass unser Psyche kopiert und in eine digitale Welt transferiert wurde. Was würde dann geschehen? Nehmen wir einmal an, dass unsere Psyche so wie sie ist in eine imaginäre Realität kopiert wurde.“

„Ist es das, was du mit Kopien meinst?”

„Ja. Alles kann kopiert werden, nicht nur die Psyche. Auf der Ebene einer Datenintegrations-Entität ist so etwas möglich. In anderen Worten, wir, die wir in dieser alternativen Welt gefangen sind, sind nicht die Originale sondern nur genaue Kopien, die zu einem bestimmten Zeitpunkt geschaffen wurden. Und was unsere Originale betrifft…die feiern während wir hier sprechen vielleicht gerade fröhlich in Tsuruya-sans Anwesen.“

“Warte mal kurz. Das übersteigt gerade meinen Verstand. Könnte es sein, dass mir einfach Hintergrundwissen fehlt?“

„Das denke ich nicht. Um ein besseres Beispiel zu geben. Stell dir vor du spielt ein Videospiel, sagen wir einmal eines dieser Fantasy RPGs. Hier wäre es klug die Fortschritte abzuspreichern bevor zu einen Dungeon betrittst, in dem dich weiß Gott was erwartet. Das Spiel abzuspeichern ist nur logisch. Selbst wenn die gesamte Gruppe von den Monstern ausgelöscht wird, kann man am Speicherpunkt neu beginnen. Solange die Kopien nur aus Daten bestehen, bleiben die Originale in Sicherheit und nur die Kopien der Brigademitglieder tragen alle Risiken. Sollte etwas schief gehen reicht es aus den Reset-Knopf zu drücken. Meinst du, dass das eine zutreffende Metapher für unsere aktuelle Situation ist?“

„Koizumi…“

Ein intentives Gefühl von Vertrautheit überkam mich im Moment, wo ich das aussprach. Genauso wie das Gefühl, dass ich während des endlosen Augusts mit der plötzlichen Erinnerungslöschung erlebt hatte. Was ist es? Ich verlangte innerlich nach Erinnerungen, die ich eigentlich vergessen haben sollte. Komm schon! Beeil dich!

Ich fragte wenig konkret:

„Haben wir in der Vergangenheit schon einmal etwas Ähnliches erlebt?“

„Du meinst auf einem verschneiten Berg gefangen sein? Nein, nicht persönlich.“

„Das mein ich nicht.“

„Es hat nichts mit dem verschneiten Berg zu tun. Ich meine abseits dieser Situation kommt es mir ständig so vor, als gäbe es irgendwo in meinem Kopf Erinnerungen von uns wie wir in andere Dimensionen gezogen wurden… an sehr irreale Orte…“

„Du meinst damals, als wir die riesige Grille bekämpft haben? Das geschah in einer anderen Dimension.“

„Nein, nicht diesen Vorfall.“

Ich zerbrach mir weiter darüber den Kopf und langsam erschien ein Bild wie ein ein gerade erkennbares Wasserzeichen. Da war Koizumi in seltsamer Kleidung, Haruhi, Nagato mit Asahina-san und schlussendlich ich selbst.

„Ahh langsam kommt es. Koizumi, aus irgendeinem Grund stelle ich mich dir mit einer Harfe in der Hand vor und alle von uns tragen historische Kleidung und tun etwas Bestimmtes…“

„Willst du damit sagen, dass du Erinnerungen an frühere Leben hast? Ich dachte du glaubst nicht an sowas.“

„Wenn es wirklich so etwas wie Wiedergeburt geben würde, dann wären die Leute sich gegenüber verständnisvoller und würden einander eher verzeihen. Solche Dinge sind reine Fantasy, gemacht für Leute die eine Ausrede brauchen um aus der gegenwärtigen Realität zu flüchten. „

„Exakt.“

Verdammt. Ich kann mich an nichts Genaues erinnern. Meine eigene Logik sagt mir, dass ich keinerlei Erinnerung an irgendwelche alternativen Dimensionen habe, aber mein Bauchgefühl tief in mir erzählt mir, dass dem nicht so ist.

Was konnte es sein. Obwohl ich mich nur an Fragmente erinnern konnte, schwirrten mir Bilder wie Könige, Piraten und Schießereien in einem Raumschiff im Kopf herum. Was hat es damit nur auf sich? Mein Gedächtnis sagte mir, dass nichts dieser Art geschehen ist, aber was war mit diesen Bruchstücken, die ich einfach nicht zusammensetzen kann, die in meinem Herzen aber miteinander verbunden waren? Ich schaffe es einfach nicht sie zu einem Gesamtbild zu ordnen.


Wer weiß wie Koizumi mein verwirrtes Auftreten interpretierte. Er fuhr im ruhigen Ton fort:

„Wenn selbst Nagato-san nicht in der Lage ist alles zu interpretieren, das hier vorgefallen ist, gemeinsam mit dem Umstand, dass diese Welt eine Belastung für sie darstellt, dann ist es eigentlich nicht schwer zu schlussfolgern wer das Mastermind ist, das dieses Bergdrama und dieses Haus inszeniert hat.“

Ich konnte darauf nichts antworten.

„Es müsst jemand auf dem gleichen oder einem höheren Level wie Nagato-san sein.“

„Wer also?“

„Das weiß ich nicht, aber wenn wir annehmen, dass es der Plan unseres Widersachers ist, uns in eine Krisensituation zu bringen und uns darin zu belassen, dann würde Nagato-san das größte Hindernis für seinen Plan darstellen.“

Koizumi griff sich auf seine Unterlippe.

„Wäre ich diese Person, dann würde ich als erstes Nagato-san ins Visier nehmen, denn anders als ich, der ich auf mich allein gestellt machtlos bin oder ungleich Asahina-san, ist Nagato-san ein außerirdischer Androide mit direkter Verbindung zur Datenintegrations-Entität.“

„Dieser Beschreibung nach steht die Person vielleicht sogar über Haruhi. Ich habe allerdings keine Ahnung ob es jetzt allerdings eine einzelne Person oder eine ganze Gruppe ist. Aber Nagato hatte gesagt, dass ihre Verbindung mit ihrem Boss getrennt worden war.“

„Vielleicht ist dieses Superhin sogar um einiges mächtiger als die Erschaffer von Nagato-san. Wenn das der Fall ist, dann haben wir de facto schon verloren…“

Mitten während seiner Rede schien dem jungen Burschen etwas durch den Kopf zu gehen und er verschränkte seine Arme.

„Erinnerst du dich noch an Asakura Ryouko?“

Ich hatte sie schon fast vergessen, aber die unvergesslichen Ereignisse dieses Monats hatten meine Erinnerung an sie wieder wachgerüttelt.

„Es existiert eine radikale Minderheit innerhalb der Datenintegrations-Entität. Jetzt über leg dir mal, was geschehen würde, wenn sie einen erfolgreichen Staatsstreich durchgeführt hätten. Von unserem Standpunkt aus sind sie allmächtige Wesen. Nagato-san zu isolieren und uns in einer anderen Welt in einer anderen Dimension gefangen zu halten wäre ein Leichtes für sie. „

Ich erinnerte an die soziale, herausragende und leichtlebige Klassensprecherin, und an ihr scharfes Messer. Ich war bereits zweimal von ihr attackiert worden und beide Male hatte mich Nagato gerettet.

„Auf jeden Fall wird das nicht das Ergebnis beeinflussen. Wenn wir das Anwesen nicht verlassen können, dann müssen wir für immer hier bleiben.“

Was? Ist das hier Ryugu-jo [1]?

„Volltreffer. Ich kann sogar sagen, dass wir hier wie VIPs behandelt werden. Man hat für alles Nötige gesorgt. Ein komfortables Anwesen, ein Kühlschrank voller Essen, ein Badehaus gefüllt mit heißem Wasser, bequeme Schlafzimmer,…so gut wie alles ist hier, mit Ausnahme von Dingen, die uns helfen könnten das Haus zu verlassen.“

Ein derartiges Leben wäre sinnlos. Ich bin nicht derart unzufrieden mit meinem Leben, als dass ich es vorziehen würde in dieser unbekannten Dimension zu bleiben und sorgenfrei vor mich hin zu leben. Es ist einfach noch zu früh mein High School Leben schon nach einem Jahr zu beenden. Außer den Leuten hier gibt es noch andere, die ich gerne wieder sehen würde. Es wäre einfach zu tragisch meine Familie und Shamisen nicht mehr sehen zu können und man kann sogar Taniguchi und Kunikida dazuzählen. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, ich mag den Winter nicht. Entschuldigt bitte ihr Isländer, aber ich kann mir nicht vorstellen mein Leben in Eis und Schnee zu verbringen. Nennt mich ruhig einen Mann, der sich nach der Hitze des Sommers und dem Lärm der Zikaden sehnt.

„Ich bin sehr erleichtert dich das sagen zu hören.“

Koizumi seufzte theatralisch.

„Die Folgen davon, wenn Suzumiya-san ihre Kraft einsetzt nachdem sie den ernst der Situation begriffen hat, sind noch nicht abzusehen. Das ist vielleicht auch die Intention des Täters. Wenn der Fortschritt ausbleibt, beginnt man gerne jemanden bewusst zu provozieren um eine Reaktion zu erreichen. Das ist eine bekannte Taktik. Sollte das hier wirklich nur eine simulierte Umgebung und wir nur Kopien der Originale sein, dann muss sich die unsichtbare Hand nicht zurückhalten. Nur selten sieht man jemanden, der Gewissensbisse hat wenn sich seine Videospielcharaktere zu Tode arbeiten. Ist es bei dir nicht genauso?“

Jetzt wo er es erwähnt, natürlich habe ich dabei keine Gewissensbisse. Jedoch sind Videospielcharaktere nur Nummern, während ich es bevorzugen würde ein echter Charakter in der wirklichen Welt zu sein.

„Das Wichtigste ist jetzt von hier zu entkommen. Es wäre besser in der realen Welt eine Katastrophe zu konfrontieren als in dieser alternativen Dimension zu bleiben. Es wird einen Weg geben, besser gesagt wir werden uns einen Weg überlegen müssen. Wer auch immer es ist, der Suzumiya-san und uns hier gefangen hat, ist offenkundig ‚unser’ Feind. Damit meine ich nicht ‚unser’ wie in ‚unsere Organisation’ oder der Datenintegrations-Entität, sondern der der SOS Brigade.“

Beides ginge in Ordnung. Solange wir beide uns auf Augenhöhe begegnen, sehe ich dich als meinen Bruder an.

Danach versank ich tief in Gedanken. Koizumi schloss sich mir an und stützte sein Kinn auf seiner Hand auf.

Kurz darauf-

Das Geräusch leichten Anklopfens brach die Stille zwischen mir und Koizumi. Ich erhob meinen Körper, der sich anfühlte als wäre er an das Bett geleimt worden und öffnete die Tür.

„Umm…das Bad ist jetzt frei. Ihr Zwei könnt es jetzt benutzen.“

Asahina-sans errötete Wangen passten genau zu ihrem Ausdruck von Lieblichkeit und Unschuld. Eine nasse Haarsträhne klebte an ihrer Wange und erhöhte nur die Zuneigung, die man für sie empfand. Unter dem etwas längeren T-shirt blitzen ihre Schenkel hervor, was einfach unglaublich sexy war. Wäre ich in normaler geistiger Verfassung gewesen, hätte ich darüber nachgedacht sie mit in mein Zimmer zu nehmen und sie dort in die Ecke zu stellen um den Anblick zu genießen.

„Wo sind Haruhi und Nagato?“

Ich sah in den Gang und Asahina-san schenkte mir ein wunderschönes Lächeln.

„Sie trinken Saft im Speisesaal.“

Sich meiner gierigen Augen bewusst zog sie am Saum ihres T-Shirts.

„Ahh, Ersatzkleidung ist im Umkleideraum. Ich hab das T-Shirt hier bekommen. Handtücher und Badeutensilien sind alle…“

Es fällt mir schwer die Anziehungskraft ihres schüchternen und verlegenen Verhaltens zu beschreiben.

Ich warf Koizumi einen Blick zu damit er seine Bewegungen einstellte, ging schnell auf den Gang hinaus und schloss hinter mir die Tür.

„Asahina-san, ich habe eine Frage an dich.“

„Was ist es?“

Diese runden, großen Augen blickten mich an während sie ihren Kopf unsicher zur Seite lehnte.

„Was hast du über dieses Anwesen zu sagen? Ich finde es merkwürdig, wie steht es mit dir?“

Asahina-san blinzelte mit ihren langen und dichten Wimpern und antwortete folgendermaßen:

„Umm, Suzumiya-san glaubt, dass das ein Teil von Koizumi-sans Detektivspiel ist…wie hat sie es noch einmal genannt? Ja, so etwas wie ein Vorspiel. Das hat sie zumindest im Schlafzimmer gesagt.“

Es ist am besten so, dass Haruhi so darüber denkt., obwohl es problematisch werden könnte, wenn Asahina-san der gleichen Meinung ist.

„Wie kannst du dir dann die Unstimmigkeit im Zeitfluss erklären? Du hast Koizumis Experiment aus erster Hand miterlebt, oder?“

„Ja. Aber das ist Teil des Plans…richtig? Oder etwa nicht?“

Ich fasste mir auf die Stirn und versuchte mein Seufzen zu verhindern. Ich hatte wirklich keine Ahnung ob Koizumi so etwas bewerkstelligen konnte, aber wenn sogar Zeitverzerrung teil des ganzen Szenarios ist, wäre es unfair Haruhi nicht vorzuwarnen. Außerdem, ist Zeit nicht das Spezialgebiet von Asahina-san?

Ich beschloss es auszuprobieren.

„Asahina-san, kannst du die Zukunft kontaktieren? Genau hier und jetzt?”

“Ehh?”

Ihr verwirrted kindliched Gesicht sah mich an.

„Wie könnte ich dir solche Dinge sagen? Huhu. Das ist klassifizierte Information!“

Sie kicherte als ob sie es lustig finden würde, aber weder scherzte ich, noch fand ich es amüsant.

Asahina-san lachte jedoch weiter.

„Genug davon, nimm einfach ein Bad, sonst wird Suzumiya-san wieder wütend. Hoho.“

Mit Schritten so leicht wie Schmetterlinge, die im Frühling über ein Rapsfeld flattern, schwebte die zierliche Gestalt in Richtung Stiegen und verschwand nachdem sie noch einmal ihren Kopf gedreht und mir einen geradezu unnatürlich bezaubernden Blick zugeworfen hatte.

Nicht gut. Auf Asahina-san kann ich mich nicht verlassen. Die einzige Verlässliche ist…

„Verdammt!“

Ich seufzte in Richtung Teppich.

Ich wolltel ihr jetzt nicht noch mehr Stress zumuten, doch wie die Dinge standen, war sie die Einzige, die die Situation noch zu unseren Gunsten drehen konnte. Koizumis Vermutungen waren nicht mehr als die eines Schreibtischstrategen und wer weiß, was für ein Chaos Haruhi mit ihren Methoden anrichten würde. Selbst wenn ich die Trumpfkarte in der Hand hätte, nach den ganzen Horrorgeschichten die Koizumi erzählt hatte, würde ich jetzt nicht leichtfertig handeln. Es kann gut sein, dass das Individuum, das das alles geplant hat, das schon vorausgesehen hat.

„Was ist jetzt also zu tun…?“


Nachdem ich ein Bad genommen hatte, grübelte ich noch einige Zeit mit neu auf Touren gebrachtem Blutkreislauf, in der Hoffnung, dass mir doch noch eine gute Idee kommen würde. Aber es war vergeblich. Selbst wenn ich mich noch so anstrengte, nicht einmal die Hälfte einer Idee, die uns helfen könnte wollte mir einfallen. Es war einfach unmöglich. Ich fühlte mich zwar nicht entmutigt, aber wenn ich jetzt darüber nachdenke war es ein wenig traurig.

Genau wie es Asahina-san gesagt hatte, waren im Umkleideraum Handtücher und Kleidung zum Wechseln. Trainingshosen und T-Shirts lagen gestapelt in einem Regal. Ich zog mir ein Set an und ging mit Koizumi zum Speisesaal.

Die drei, die vor uns gebadet hatten, hatten eine ganze Reihe von Saftbechern auf dem Tisch aufgestellt und warteten auf uns.

„So langsam, warum zur Hölle habt ihr so lange gebraucht?“

Für mich hatte es nicht länger gedauert als die Zeit, die auch eine Krähe für ihr Bad benötigen würde.

Ich nippte am Orangensaft, den Haruhi mir überreicht hatte. Mein Blick richtete sich nicht auf Nagato sondern auf die Außenwelt hinter dem Fenster. Vielleicht weil ihr Körper nun aufgewärmt war, trank Haruhi ihre Dose Saft in einem Zug und erhob triumphierend ihren Zeigefinger. Asahina-san lächelte, nichts ahnend der Situation in der sie sich befand, während Koizumi, der sich dessen sehr wohl bewusst war, es ihr gleich tat. Nagato sah noch zierlicher aus als sonst, vielleicht weil ihre feuchten Haare gerade nach unten hingen.

Welche Uhrzeit hatten wir überhaupt gerade? Das Bild hinter dem Fenster zeigte noch immer einen Schneesturm, aber es schien eher düster als schon pechschwarz, was mir einen Schauer über den Rücken jagte.

Haruhi schien ihren Zeitsinn verloren zu haben.

„Lasst und in den Spieleraum gehen.“

Noch immer in Spiellaune.

„Sogar Karaoke ginge in Ordnung, aber wir haben schon lange nicht mehr Mahjong gespielt. Die Wette ist drei Mal die Anzahl der Ziegel und alles ist erlaubt. Aber ich will die großen Ziegeln verwenden, also müssen wir keine Punkte ab- oder dazuzählen. Wir werden nach dem finalen Punktestand entscheiden. Kokushi Shisan-men und Su-ankou Tanki auf Yakuman, in Ordnung?" (Anmerkung: in Japan gebräuchliche Mahjong Ausdrücke)

Auch wenn ich mich nicht über die Regeln des Spiel beschweren wollte, schüttelte ich doch meinen Kopf. Was wir in diesem Augenblick tun sollten war weder Karaoke, noch Mahjong, sondern nachdenken.

„Ich würde sagen wir sollten uns erst einmal ein wenig schlafen. Wir werden später noch immer genug Zeit zum Spielen haben und derzeit bin ich wirklich müde.“

Wir waren für Stunden mit unseren Schiern auf dem Rücken im hohen Schnee gewandert. Haruhis Muskeln schienen die einzigen zu sein, die nicht bis zur völligen Erschöpfung beansprucht worden waren.

„Das ist wahr…“

Haruhi schien zu wissen wie es den anderen ging. Nachdem sie einen Blick auf jeden von uns geworfen hatte:

„Gut, in Ordnung, lasst uns eine Pause machen. Aber sobald wir aufwachen will ich, dass jeder mit vollem Einsatz mitspielt.“,

verlautbarte sie mit einem Leuchte von zwei oder drei Nebelflecken in ihren Augen.



Nachdem jeder in seinen jeweiligen Bau zurückgekehrt war, begann ich geistig eine Konferenz mit mir selbst, während ich auf dem Bett lag um über einen Ausweg aus der Situation nachzudenken. Traurigerweise brachte das nur das Ergebnis, dass ich in diesem Moment nutzlos war und kein konstruktiver Vorschlag wollte auftauchen. In meinem Kopf blieb es still, als wartete jeder darauf, dass ein anderer das Eis bricht. Während die Zeit so verstrich, wurde mein Bewusstsein von Minute zu Minute vernebelter. Wie ich darauf kam?

„Kyon-kun.“

Ich hatte weder das Geräusch einer sich schließenden Tür, nochr das der Schritte von jemanden der in mein Zimmer trat gehört, ebensowenig das von raschelnder Kleidung. Schon allein dadurch bekam ich Angst und ich war nur noch zusätzlich geschockt durch die Silhouette der Person, die in der Mitte meines Zimmers stand.

„Asahina-san?“

Das Licht, das durch das Fenster ins Zimmer schien, war vom Schnee reflektiert worden und verursachte einen einseitigen Schatten. Jedoch war ich mir sicher selbst in diesem schummrigen Licht das zu sehen, was ich glaubte zu sehen. Da stand die süße Fee des Clubraums, der Glücksbringer der SOS Brigade, Asahina-san.

Asahina-san lächelte als sie meinen Spitznamen rief, bewegte sich grazil zu mir hin und nahm neben mir Platz. Ich beeilte mich damit mich aufzurichten als ihre nackten Beine sich schlossen.

„Kyon-kun…”

Asahina-san lächelte als sie meinen Spitznamen rief, bewegte sich grazil zu mir hin und nahm neben mir Platz. Ich beeilte mich damit mich aufzurichten als ihre nackten Beine sich schlossen. Eine unbeschreibliche surreale Stimmung lag in der Luft. Nach einem genaueren Blick stellte ich fest, dass sie etwas anderes trug als zu der Zeit, als wir uns im Gang Gute Nacht gewünscht hatten. Nicht, dass es so war, dass sich die Menge an Stoff gegenüber dem T-Shirt viel vergrößert hätte.

Asahina-san sah mich an, gekleidet in ein weißes Hemd, das von meiner Vorstellungskraft fast in Fetzen gerissen wurde und sie war mir so nahe, wie es näher nicht hätte sein können.

„Nun gut…“

Dieses schöne, kindliche Gesicht schien etwas zu wollen.

„Könnte ich hier übernachten?“

Ihre Worte waren genug um mich fast meine Lungen aushusten zu lassen.


Diese feuchten Augen sahen mir direkt ins Gesicht während sich diese kecke Asahina-san sanft an meine Schultern lehnte. „Wa…wawawawas soll das hier?“

„Ich hatte Angst so alleine und habe mich nur im Bett umhergeworfen ohne einschlafen zu können. Wenn ich an der Seite von Kyon-kun bin, dann sollte ich gut schlafen können…“

Körperwärme stieg durch das Hemd auf. Sie war so heiß, dass man sie schon für Feuer hätte halten konnte. Etwas Weiches drückte sich an mich. Asahina-san umarmte meinen Arm und presste ihr Gesicht näher an meines.

„Ist das ok?“

Das war keine Sache von ok oder nicht. Es gibt keinen Mann und keine Frau in der Welt, die es übers Herz bringen würden eine bittende Asahina-san abzuweisen. So lautete die Antwort natürlich ja, dieses Bett war ja auch ein wenig zu groß für eine Person…Warte mal!

Hoho, sie ließ meinen Arm mit einem hinreißenden Lächeln los und fing an ihr bereits sehr loses Hemd weiter aufzuknöpfen. Langsam enthüllten sich ihre blendenden, weichen Kurven. Ihre vollen Brüste, die ich gesehen hatte als sie von Haruhi in das Bunny-Kostüm gezwungen worden war, die ich gesehen hatte als ich versehentlich in den Clubraum ging während sie sich umzog, die ich auf ein Foto gebannt hatte, das nun tief in einem verstecktem Ordner auf dem Computer schlief…waren nun direkt vor mir. Wach auf, darum geht’s nicht

Nur noch zwei Hemdknöpfe waren übrig…nein, einer. Das war sogar verführerischer als völlige Nacktheit, da es sich um ein Model von höchster Qualität handelte. Außerdem, egal wie man es betrachtete, diejenige die sich in diese provozierenden Posen warf war schließlich Asahina-san. He!

Asahina-san sah mich von unten herauf an und warf mir ein schüchternes, provokantes) Lächeln zu. Ihr Finger hatte schlussendlich den letzten Knopf gelöst. Sollte ich wo anders hinsehen? Konzentrier dich!

Unterhalt ihres nun komplett geöffneten Hemdes bewegte sich ihre weiße Haut mit jedem Atemzug auf und ab. Auf dem Körper dieser Person, der in einer solchen künstlerischen Perfektion geschaffen ist, dass sich selbst die Venus selbst in ihrer Muschel verstecken würde Keiner hat gesagt du sollst dort hinschauen , lag auf dem Hügel über den weichen und runden Brüsten ein klar erkennbarer Stern…

Ein tiefer Atemzug kam aus den Tiefen meines Halses.

„Hoo…!“

Ich sprang aus dem Bett als hätte ich eine Feder in mir.

„Unmöglich!“

Schau genau hin! Warum habe ich das nicht bemerkt? Die Person vor mir ist nicht „meine Asahina-san“. Ich sollte das besser wissen als sonst jemand. Habe ich das nicht schon letztes Mal gemacht um die Authentizität sicherzustellen? Man würde es wissen nachdem man auf „diesen Punkt“ auf Asahina-san gesehen hatte.

„Wer bist du?“

-Es war kein Muttermal auf der linken Brust dieser Asahina-san.

Die halbnackte Schönheit, die auf meinem Bett saß sagte mit einem betrübten Blick.

„Warum? Du willst mich nicht?“

Wenn das die echte Asahina-san wäre Ich hab dir doch schon gesagt, sie ist es nicht! , dann sollte ich noch abwarten können. Nein, nein. Das ist nicht das Problem. Asahina-san würde sich nie hereinschleichen und mich verführen. Ich bin ihr verfallen ohne dass sie so etwas tun muss.

„Du bist nicht Asahina-san.“

Ich ging weiter zurück und starrte auf die verführerischen Augen, die daran waren in Tränen auszubrechen. Meine Vorbehalte waren drauf und dran sich aufzulösen. Wie kann ich eine solche Dame traurig machen. Das hat nichts damit zu tun, dass sie nicht Asahina-san ist, richtig? Reiß dich zusammen

„Bitte hör auf damit.“,

brachte ich endlich hervor.

„Wer bist du? Bist du der Erschaffer dieses seltsamen Hauses, eine Außerirdische oder Dimensionsreisende? Warum hast du das getan?“

„…Kyon-kun.“

Die Asahina-san vor mir klang so verzweifelt. Sie ließ ihren Kopf hängen und ihre Lippen verzogen sich vor Deprimiertheit. Und dann-

„!“

Sie wandte sich um und flog wie der Wind zur Tür, so dass sich ihr Hemd in die Luft hob. In dem Moment, in dem sie den Raum verließ, drehte sie sich um, sah mich mit Tränen in den Augen an und verschwand schließlich im Gang. Der Knall der Tür war überraschend laut und rüttelte mich wieder wach. Ich versperrte die Tür, so dass von Außen niemand mehr hereinkommen konnte.

„Bitte warte einen Moment!“

Sobald ich das in einem nun respektvollen Ton gesagt hatte, rannte ich zur Tür um sie wieder zu öffnen.

Bang! Ein lautes Geräusch war zu hören. Egal wieviel Gewalt ich dabei aufgewandt hatte, das Geräusch des Öffnens einer Tür sollte nicht so laut sein, dass mein Abdomen dabei erzittert. Gerade als ich das gedacht hatte-

„Ehh,you…“

Ich rannte direkt in Haruhi. Haruhi, deren Zimmer direkt gegenüber von meinem lag, hatte ihren Kopf durch die Tür gestreckt und sah mich mit weit offenem Mund an.

„Kyon, du warst noch vor einem Moment in meinem Zimmer…oder warst du nicht?“

Noch mehr Leute außer Haruhi streckten ihren Kopf bei der Tür heraus.

„Umm…“

Haruhis rechte Nachbarin, die T-Shirt bekleidete Asahina-san war ebenso verwirrt und hatte ihre Tür halb geöffnet. Was die Nachbarin auf der Linken betraf-

„…“

Nagatos schlanker Körper zeigte sich. Ich sah auf die Seite-

„Was war das…“

Koizumi griff sich auf die Nasenspitze und warf mir einen seltsamen Blick zu, gemeinsam mit einem steifen Lächeln.

Es stellte sich heraus, dass der Grund warum der Widerhall des Öffnens der Tür so laut war, der war, dass alle fünf von uns gleichzeitig die Türen geöffnet hatten, es also der Nachklang eines Fünferensembles war.

„Warum alle? Ist etwas passiert?“

Haruhis Verstand kehrte als erster zurück und sie sprach während sie mich anstarrte.

„Warum kommen alle zur gleichen Zeit aus ihren Zimmern?“

Ich habe die falsche Asahina-san verfolgt- gerade als ich daran dachte, das zu sagen, realisierte ich etwas. Haruhis vorige Worte waren grammatikalisch nicht richtig gewesen.

„Wie steht es denn mit dir? Du wirst ja nicht hier heraußen sein um auf die Toilette zu gehen.“

Überraschenderweise senkte Haruhi ihren Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Erst nach einiger Zeit antwortete sie:

„Ich hatte einen sehr seltsamen Traum. Ich habe geträumt, dass du in mein Zimmer geschlichen bist, aber nicht geredet hast wie du es tun würdest… urr, und du hast Dinge getan, die du nicht tun würdest. Ich fand das merkwürdig…letztendlich habe ich dich geschlagen und du bist weggerannt! Das war ein seltsamer Traum! Richtig? Aber es fühlte sich nicht wirklich wie ein Traum an.”

Wenn das ein Traum war, dann wäre das hier die Fortsetzung davon. Während ich mit starrem Blick auf die irritierte Haruhi sah, kam Koizumi in meine Richtung.

„Bei mir auch.“

Er starrte mir direkt ins Gesicht.

„Du bist auch bei mir im Zimmer aufgetaucht. Dem Aussehen nach warst es zwar du, aber dein Verhalten war einfach furchteinflößend… jedenfalls hast du Dinge getan, die du nicht tun würdest.“

Mir lief es plötzlich kalt über den Rücken. Mein Blick bewegte sich weg vom lächelnden Gesicht Koizumis, der offensichtlich etwas verheimlichte und wandte sich in Richtung Asahina-san. Das war der richtige McCoy. Ein Blick und kein Zweifel bestand mehr daran. Wie konnte ich nur diese Person für sie halten? Sei es ihr Auftreten oder ihre Handlungen, sie war kein Vergleich mit der originalen Asahina-san.

Vielleicht weil mein Blick sie beschämte, errötete Asahina-san. Bin ich vor ihr aufgetaucht? Gerade als ich annahm, dass das der Fall gewesen war-

„Suzumiya-san ist in mein Zimmer gekommen.“

Sie fummelte mit ihren Fingern herum.

„Diese seltsame Suzumiya-san… Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, sie war wie eine Fälschung…“

Ja, definitiv eine Fälschung. Soviel ist sicher. Das Problem ist nur, dass das überhaupt passier ist. Warum sind gefälschte Versionen von uns in den anderen Zimmern aufgetaucht? Asahina-san in meinem, ich war bei Haruhi und Koizumi und Haruhi in Asahina-sans Raum.

„Nagato“, ich drängte weiter, „Wer war in deinem Zimmer?“

Das stoische Antlitz von Nagato, die wie Asahina-san mit einem T-Shirt bekleidet war, hob sich und sah direkt in mich:

„Du.“

Nachdem sie das in einem flüsternden Ton gesagt hatte, schloss sie langsam ihre Augenlieder.

Daraufhin-

„…Yuki?!“

Untermalt von Haruhis verwirrtem Schrei von der Seite, erlebte ich eine unglaubliche Szene.

Nagato, die echte Nagato Yuki fiel, als würde sie von einer unsichtbaren dämonischen Hand niedergedrückt, flach auf den Boden.

„Yuki! Was ist passiert? Yuki…”

Alle waren zu überrascht um ein Wort zu sagen und starrten sprachlos und wie festgefroren auf die Szene. Nur Haruhi eilte zu ihr hin und hob den zierlichen Körper auf.

„Whoa…so heiß! Yuki, bist du in Ordnung? Yuki? Yuki!”

Nagatos Augen waren geschlossen und ihr Kopf hing nach unten. Mein Instinkt sagte mir jedoch, dass sie sich nicht in tiefem Schlaf befand.

Haruhi umarmte Nagatos Schultern und schrie mit scharfem Blick:

„Koizumi-kun, bring Yuki schnell in ihr Bett. Kyon, geh und such Kühlkissen. Es sollten welche da sein. Mikuru-chan, geh und richte nasse Handtücher her.”

Als sie sah wie ich, Asahina-san und Koizumi starr dastanden brüllte Haruhi noch einmal:

„Beeilt euch!“


Nachdem ich Koizumi die völlig kollabierte Nagato aufheben sah, rannte ich nach unten. Kühlkissen, Kühlkissen, Kühlkissen, wo sind nur die Kühlkissen?

Es war wohl so, dass ich mich noch nicht völlig von dem Schock des Anblicks der in Ohnmacht fallenden Nagato erholt hatte. Es schien einfach so unmöglich. Das war auch der Grund warum der Vorfall mit der falschen Asahina-san in meinem Zimmer und den anderen falschen Versionen von uns in den anderen Zimmern, etwas war, von dem ich einfach derartig genug hatte, dass ich ihn nur noch vergessen wollte. Vergesst es. Das hat mit mir nichts zu tun.

„Verdammt!“

Das ist einfach nur schlecht, verdammt. Ich hatte gehofft, dass Nagato die nächsten paar Tage wie eine normale Person ein friedliches Leben führen könnte und nun war genau das Gegenteil geschehen.

Ich konnte nirgendwo eine Eispackung entdecken, also endete ich in der Küche. Bei mir war das Kühlkissen nicht im Notfallsset sondern im Kühlschrank, wo sollte sie also in diesem seltsamen Haus sein?

„Warte.“

Ich stoppte meine Hand als ich gerade daran war den Kühlschrank zu öffnen. Ich betete so fest wie ich konnte nachdem ich das Kühlkissen in meinem Kopf visualisiert hatte.

Danach öffnete ich den Kühlschrank.

„….da.“

Das blaue Kühlkissen lag auf dem Kohl.

Hier war wirklich für alles gesorgt. Das war schon fast zu bequem. Ich wusste nicht wer hier an alle Eventualitäten gedacht hatte, aber es führte nur zu einem unerwünschten Ergebnis. Dank dieser Person war ich nun entschlossener als je zuvor.

Wir können definitiv nicht hier bleiben.


Ich ging mit dem Kühlkissen durch den Speisesaal und sah Koizumi in der Eingangshalle stehen, wo er die Haustür intensiv betrachtete. Was macht er hier? Hatte ihm die ehrenhafte Haruhi befohlen Schnee zu sammeln um Nagato kühlen zu können?

Gerade als ich ihm ein paar Ratschläge erteilen wollte, entdeckte mich Koizumi und fing als Erster an:

„Du bist gerade zur richtigen Zeit gekommen. Schau dir mal das hier an.“

Er deutete auf die Tür.

Ich schluckte und sah wo er hindeutete. Ich sah etwas ziemlich Unglaubliches und war sprachlos vor Überraschung.

„Was…was ist das?“,

war alles was ich aus mir herausbrachte.

„Das haben wir vorhin noch nicht gesehen.“

„Ja, es war damals auch noch nicht da. Ich war der letzte, der das Haus betreten hat. Als ich die Tür geschlossen habe, war da noch nichts Derartiges zu sehen.“

Auf der Innenseite der Tür war etwas angebracht, das man nur schwer beschreiben konnte. Womit man es noch am besten vergleichen konnte, war glaube ich ein Bedienfeld oder ein Eingabefeld.

Eine Tafel von fünfzig Zentimeter Länge war in die Tür eingefügt – oder ist es doch ein Eingabefeld? Ein Haufen von Symbolen und Nummern, die bei mir nur Kopfschmerzen auslösten, waren darauf geschrieben.

Ich sah sie mir geduldig an. Die oberste Reihe war –

x-y = (D-1)-z

Ganz unten stand -

x= □ , y= □ , z= □

Der □ Teil war nach innen gewölbt. Es war nur der kürzeste Weg jemanden zu sagen, dass man hier etwas reinstecken musste. Gerade als ich diese Markierungen mit einem verwirrten Blick betrachtete –

„Das Zubehör ist hier drüben.“

Koizumi zeigte auf einen Haufen nummerierter Blöcke in einer Holzschachtel neben dem Türstock. Nach einem kurzen Blick sah ich, dass es drei Reihen mit Zahlen von 0 bis 9 waren. Ich beugte mich hinunter um eine herauszunehmen und sie näher zu betrachten. Sie sahen aus wie Mahjong Steine und hatte auch deren Gewicht. Der einzige Unterschied war, dass das Muster darauf eine einstellige arabische Zahl war.

Drei Gruppen mit einer Zehnerreihe Zahlen, die in einer flachen Holzschachtel platziert waren.

„Das sollten die Nummern sein mit denen wir die Gleichung lösen sollen.“

Koizumi hob ebenfalls eine auf um sie zu studieren.

„Man soll sie wohl in die leeren quadratischen Löcher reinstecken.“

Ich sah zurück auf die Gleichung, woraufhin mein Kopf wieder zu schmerzen begann. Mathematik war schon immer eine schmerzhafte Sache für mich gewesen.

„Koizumi, kannst du das lösen?”

„Ich kann mich irgendwie an die Gleichung erinnern, aber die Hinweise sind mir nicht genug. Wenn es nur darum geht auf beiden Seiten den gleichen Wert zu haben, dann existiert eine Unzahl von möglichen Ergebnissen. Um es nur auf bestimmte Zahlen zu reduzieren, muss es noch andere Bedingungen geben.“

Ich sah auf den herausstechendsten der vier Buchstaben.

„Was soll das D bedeuten? Es scheint nicht gelöst werden zu müssen.“

„Es ist der einzige derartige Fall in der oberen Gleichung.“

Koizumi spielte mit seinem Nummer 0 Stein und sagte schließlich mit gesenkter Stimme:

„Diese Gleichung…Ich habe sie wirklich schon mal wo gesehen, aber ich hätte nie gedacht, dass sie hier auftauchen würde…was ist es? Mir kommt es so vor als wäre erst vor Kurzem gewesen…“

Er runzelte die Stirn und verharrte still. Eine Seltenheit für Koizumi ein derartig nachdenkliches Gesicht zu zeigen.

„Und? Glaubst du, dass dahinter ein tieferer Sinn steckt?“

Ich legte meinen Stein zurück in die Holzschachtel.

„Ich weiß, dass diese mathematische Aufgabe plötzlich auf der Innenseite der Tür aufgetaucht ist, aber was soll sie bedeuten?“

„Hmm.“

Koizumis Aufmerksamkeit kehrte zurück.

„Ich denke, dass das vielleicht der Schlüssel für die verschlossene Tür ist. Man kann sie nicht von Innen öffnen. Die Türschnalle zu drücken ist eine reine Kraftverschwendung.“

“Was hast du gerade gesagt?”

„Geh und probier es selbst aus. Schau, es gibt weder ein Schlüsselloch auf der Innenseite noch sonstige Vertiefungen für einen Schlüssel.“

Ich versuchte es und konnte sie nicht öffnen.

„Wer könnte sie versperrt haben? Selbst wenn es ein automatisches Schloss wäre, müsste man die Tür von Innen öffnen können.“

„Das beweist nur abermals, dass diese Dimension den gesunden Menschenverstand übersteigt.“

Koizumi setzte wieder sein bedeutungsloses Lächeln auf.

„Die Identität des Täters ist unbekannt, aber es ist offensichtlich, dass er uns hier einsperren will. Die Fenster sind dicht versiegelt und die Tür fest versperrt…“

„Wenn dem so ist, wofür ist dann die Gleichung auf der Tafel gut? Ein Rätsel mit dem wir uns die Zeit vertreiben können?“

„Wenn ich richtig liege, dann ist die Gleichung der Schlüssel für uns um die Tür zu öffnen.“,

fuhr Koizumi in einem sorgenfreien Tonfall fort.

„Ich glaube auch, dass es sich dabei um die letzte Fluchtmöglichkeit handelt, die Nagato-san uns hinterlassen hat.“



Ich rief mir die letzten Ereignisse wieder in Erinnerung und versank völlig in dieser Rückbesinnung, doch Koizumi schenkte dem keine Beachtung und führ mit seiner Ansprache fort:

„Man könnte es als Informationskonflikt bezeichnen, eine Art der limitierten Kriegsführung. Jemand hat uns in dieser alternativen Dimension eingesperrt und Nagato hat uns schon im Voraus einen Fluchtweg geschaffen, durch den wir uns dieser dunklen Fraktion widersetzen können. Das Resultat davon ist diese Gleichung. Wir sollten in der Lage sein in unsere Welt zurückkehren wenn wir sie lösen, sonst müssen wir auf ewig hier bleiben.“

Koizumi klopfte an die Tür.

„Ich weiß nicht genau welche Art von Konflikt es ist, aber wenn es ein ungehemmter Krieg zwischen empfindungsfähigen Lebensformen ist, dann spielt es sich in Dimensionen ab, die unsere Vorstellungskraft übersteigen und das hier ist nur die physische Manifestation dieses Kampfes. Dieses Bedienfeld sollte das Endergebnis dieser Schlacht sein.“

Eine völlig deplatzierte Gleichung in einen schrägen, mysteriösem Haus.

„Es ist kein Zufall, dass Nagato kurz nach unseren seltsamen Träumen in Ohnmacht fiel und dieses Bedienfeld hier auftauchte…diese Ereignisse sind keine isolierten Phänomene, sondern hängen irgendwie zusammen.“

Koizumi fuhr fort und verbarg dabei geschickt die Besorgnis in seinem Herzen.

„Das sollte der Schlüssel raus aus dieser alternativen Dimension sein, ein Schlüssel zur Flucht, den Nagato-san geschmiedet hat.“

Das ließ mich das Bedienfeld nach einem Schriftzug „Copyright © Yuki Nagato“ untersuchen, aber unglücklicherweise konnte ich Derartiges nicht finden.

„Im Grunde ist das alles nur meine eigene Vermutung. Nagato-san verfügt nur über limitierte Kräfte in dieser Dimension. Nachdem ihre Verbindung zur Datenintegrations-Entität getrennt wurde, konnte sie nur ihre eigenen Fähigkeiten einsetzen, was diese umständliche Lösung bewirkte.“

„Du nennst es vielleicht Vermutung, aber dein Tonfall klingt ziemlich überzeugt.“

„Hmm, das ist wahr. Die ‚Organisation’ hat versucht mit anderen Verbindungsquellen Kontakt aufzunehmen, also verfüge ich über eine gewisse Menge an Informationen.“

Obwohl ich wirklich gerne etwas über andere Außerirdische gehört hätte, war jetzt einfach nicht die Zeit dafür. Die dringlichste Sache war es jetzt dieGleichung, die auf diesem interessanten Bedienfeld geschrieben war, zu lösen. Während ich auf die Symbole auf dem Bedienfeld und auf die Gruppe von Zahlen in der Holzschachtel starrte, kamen mir Nagatos Worte wieder in den Sinn:

„Diese Dimension verursacht signifikanten Stress bei mir.“

Ich wusste nicht wer diese Falle ausgelegt hatte um uns in dieses schräge Haus im Schnee zu locken, aber ich konnte definitiv keiner Person vergeben, wegen der Nagato hohes Fieber bekommen hatte und in Ohnmacht gefallen war. Es würde nicht nach den Vorstellungen dieses außerirdischen Bastards ablaufen. Egal was, wir würden diesen Ort letztendlich verlassen und in Tsuruya-sans Villa zurückkehren. Die gesamte SOS Brigade würde dieses Haus hier ohne Ausnahmen verlassen.

Nagato hatte ihre Schuldigkeit bereits getan. Obwohl ich es nicht miterlebt, oder auch nur davon gehört hatte, hatte sie ohne Zweifeln einen Krieg gegen den unsichtbaren „Feind“ geführt, seit wir diese alternative Dimension betreten hatten. Das war wohl auch der Grund dafür, dass sie noch verschlossener gewirkt hatte als sonst. Sie hatte mit allen Mitteln gekämpft und uns trotzdem noch einen kleinen Weg offen gelassen. Was nun als nächstes kommen würde, war diese Tür zu öffnen.

„Wir müssen hier raus.“

Koizumit antwortete mit einem spröden Lächeln auf meine Deklaration.

„Der Ansicht bin ich auch. Egal wie komfortabel, das hier ist kein Ort zum Verweilen. Utopia und Dystopia sind zwei Seiten der selben Medaille.“

„Koizumi.“

Der Ernst in meiner Stimme erstaunte sogar mich selbst.

„Kannst du nicht irgendwie ein Loch in die Tür bohren? Die Situation sieht ziemlich düster aus. Nagato ist krank, also bist du der Einzige, der noch irgendwelche Kräfte hat. „

„Du überschätzt mich bei weitem.“

Selbst in einer solchen Notlage antwortete Koizumi noch mit einem Lächeln.

„Ich habe nie behauptet, dass ich ein allmächtiger Esper bin. Meine Fähigkeiten können nur unter bestimmten Bedingungen eingesetzt werden. Das solltest du eigentlich-„

Ich packte ihn am Hemd und zog ihn her bevor er seinen Mist beenden konnte.

„Das will ich nicht hören!“

Ich starrte auf Koizumi und seine höhnisch grinsenden Lippen.

„Alternative Dimensionen sind deine Spezialität. Auf Asahina-san kann man nicht zählen und Haruhi ist eine Bombe, die jederzeit losgehen kann. Hast du nicht mit deinen Kräften angegeben als wir die Grille konfrontiert haben? Oder besteht die ‚Organisation’ nur aus einem Haufen von Einfaltspinseln?“

In Wirklichkeit war ich genauso. Ich konnte überhaupt nichts tun, nicht einmal ein fundiertes Urteil abgeben. Man konnte sogar sagen ich stand noch tiefer als Koizumi. Das Einzige an das ich in diesem Moment denken konnte, war Koizumi zu Brei zu schlagen und ihn danach mich selbst verprügeln zu lassen. Ich konnte ja schließlich nicht meinen Ärger Luft machen indem ich mich selbst schlug, ich wäre zu gnädig mit mir selbst gewesen.

„Was zur Hölle treibt ihr?“

Eine scharfe Stimme ertönte aus dem Hintergrund und sie schien ziemlich verärgert zu sein.

„Kyon, habe ich dir nicht gesagt du sollst Kühlkissen besorgen? Nachdem ich eine Ewigkeit auf dich gewartet habe, bin ich herunter gerannt und was muss ich sehen? Du und Koizumi übt wie man kämpft. Was geht nur in euren Köpfen vor?“

Haruhi hatte ihre Arme verschränkt und stand breitbeinig da. Die Szene sah aus als hätte der alter Mann, der in meiner Nähe wohnte, gerade einen Dieb auf frischer Tat ertappt wie er seine Dattelpflaumen stiehlt.

„In einer solchen Situation herumzualbern…Denkt doch mal nur eine Sekunde an Yuki!“

Haruhi interpretierte die Haltung von mir und Koizumi als reines Spiel, vielleicht weil ihr Herz ganz woanders war. Ich ließ Koizumi los und hob das Kühlkissen auf, das ich einige Zeit zuvor fallengelassen hatte.

Haruhi nahm es mir aus der Hand.

„Was ist das?“

Haruhis Blick wandte sich auf die seltsame Gleichung. Koizumi richtete sich auf und antwortete:

„Keinen Schimmer. Wir beide haben gerade darüber gerätselt. Hast du eine Meinung dazu?“

„Ist das nicht die Eulersche Formel?“

Haruhi sagte das ohne überhaupt nachzudenken, wie peinlich für uns. Koizumi antwortete:

Du meinst Leonhard Euler? Den Mathematiker?

„Ja, den Mathematiker, aber ich weiß seinen Namen nicht.“

Koizumi betrachtete abermals das seltsame Eingabefeld und starrte es für einige Sekunden an.

„Genau.“

Er schnippte mit den Fingern als würde er vor irgendjemanden ein Schauspiel aufführen.

„Das ist die Eulersche Planargraphformel, oder besser gesagt eine Abwandlung davon. Wie man es von Suzumiya-san erwarten konnte.“

„Vielleicht ist sie es auch nicht. Dieses D muss ein Dimensionsfaktor sein. Glaube ich.“

Egal ob das richtig war, ein Haufen Fragen schwirrte in meinem Kopf umher. Wer ist Euler und was hat er gemacht? Was ist das Planargraphentheorem? Haben wir das je in Mathematik durchgenommen? Gerade als ich meine Fragen stellen wollte, erinnerte ich mich, dass ich in den meisten Mathematikstunden geschlafen hatte. Also wagte ich es nicht meine Zweifel anzumerken.

„Nein, das ist nicht Teil des High School Lehrplans, aber du solltest das Königsberger Brückenproblem Rätsel kennen.“

„Ahh, das kenne ich. In Mathematik bei Yoshizaki wird manchmal während der Stunde auf solche Beispiele verweisen. Das hier wäre dieses Bild mit den zwei Inseln und Flüssen und den sie verbindenen Brücken oder? Ich kann mich erinnern, dafür gibt es keine Lösung.“

„Das ist richtig.“ Koizumi nickte. “Dieses Problem gibt es bei einer flachen Ebene, aber Euler bewies, dass man eine Oberfläche als dreidimensionales Objekt sehen kann. Die Planargraphformel ist eine seiner vielen legendären Werke.“

Koizumi fuhr mit seiner Erklärung fot.

„Das Prinzip gilt für alle Polyeder. Wenn man die Anzahl der Ecken plus der Anzahl der Flächen minus der Anzahl der Kanten rechnet, ergibt das immer 2. [2]. [3]

„…“

Nachdem er meinen Blick sah, der zu sagen schien, dass ich alles was mit Mathematik zu tun hatte beiseite stoßen wollte, lächelte Koizumi mir schief zu und legte einen Arm auf den Rücken.

Er nahm einen schwarzen Edding heraus. Wo hat er den her? Hatte er ihn absichtlich versteckt? Oder auf dem selben Weg wie ich an das Kühlkissen gekommen bin?

Koizumi kniete sich auf den Boden und begann auf dem roten Teppich zu zeichnen. Weder Haruhi noch ich versuchten ihn aufzuhalten, als würde es niemanden stören wenn jemand das Haus mit Graffitis verzierte.

Koizumi zeichnete das Bild eines würfelartigen Polyeder.


Square.jpg


“Wie ihr sehen könnt, ist das ein normaler Hexaeder. Die Anzahl der Ecken ist 8, die Anzahl der Flächen ist 8 und es gibt 12 Kanten. 8+6-12=2…stimmt doch, oder?“

Als ob das nicht genug wäre, zeichnete Koizumi eine neue Form.

Pyramid.JPG

„Dieses Mal habe ich eine Pyramide gezeichnet. Hier gibt es 5 Ecken, 5 Flächen und wieder 8 Kantzen. 5+5-8 ist ebenfalls 2. Man sieht, auch wenn ich die Anzahl der Flächen auf hundert erhöhe, die Antwort ist immer 2 (die Euler-Charakteristik), was den eulerschen Polyedersatz ergibt.

„Wirklich? Ich glaube ich habe das jetzt verstanden. But… was meint Haruhi mit dem dimensionalen Faktor?”

„Das ist einfach. Das Prinzip kann man nicht nur auf dreidimensionale Objekte anwenden sondern auch auf flache Oberflächen. Nur wird dann aus der Formel ‚Ecken+Flächen-Kanten=1’ Das sieben Brücken Problem basiert auf diesem Prinzip.“

Eine neue Zeichnung entstand auf dem Teppich.

Five point star.JPG

“Wie ihr seht ist das ein fünfzackiger Stern, der mit einem einzigen Strich gemalt wurde.”

Dieses Mal werde ich es selbst ausrechnen. Es gibt 1,2…10 Ecken, Flächen…6 Flächen. Kanten gibt es amn meisten mit…insgesamt 15. Die Lösung von 10+6-15 ist 1.

Während ich mit dem Zählen beschäftig war, hatte Koizumi bereits die vierte Form gezeichnet, die wie ein misslungener Großer Wagen aussah.


Big dipper.JPG


“Es funktioniert auch mit so einem Gekritzel.”

Du brauchst dir wirklich nicht die Mühe machen. Aber gut, nachdem du es schon gezeichnet hast, werde ich mir auch die Zeit nehmen es auszurechnen. Umm… es sind 7 Ecken, 1 Fläche… Kanten… vielleicht 7? Ich verstehe, die Antwort ist wirklich 1.

Mit seinem üblichen Lächeln steckte Koizumi die Verschlusskappe wieder auf seinen Stift.

„Jedenfalls ist die Charakteristik 2 für dreidimensionale Polyeder und 1 für flache Objekte. Verstanden? Und jetzt sieh dir die Gleichung an.“

Der Stift zeigte auf das Bedienfeld.

„Sie lautet x-y = (D-1)-z. x ist die Anzahl der Ecken und wir können von der Eulerschen Formel ableiten, dass y die Anzahl der Kanten ist. Man kann leicht feststellen, dass z, das sich ursprünglich auf der linken Seite befand, die Anzahl der Flächen ist und nach rechts verschoben und negiert wurde. Und bezüglich (D-1) wissen wir durch die Euler Charakteristik, dass 2 für dreidimensionale Objekte und 1 für flache steht. D wäre also entweder 3 oder 2. D steht also für ‚Dimension’.“

Ich hörte ihm still zu und strengte während dieser Zeit meine grauen Zellen an. Hmm. Im Prinzip verstehe ich es jetzt. Also hängt die Gleichung auf der Tafel mit dem, wie hieß es doch gleich, ach ja, Prinzip, dieses Herrn Euler zusammen, verstehe.

„Und jetzt?“,

fragte ich.

„Was ist dann die Antwort? Welche Zahlen aus der Schachtel nehmen wir für x,y und z?“

„Gute Frage…“,

antwortete Koizumi.

„Ohne den ursprünglichen Polyeder oder Planargraphen als Referenz kann ich das nicht lösen.“

„Was soll der Scheiß? Wo sollen wir den von dir erwähnten ursprünglichen Graphen finden?“

Keine Ahnung – Koizumi zuckte mit den Schultern und ich bekam langsam Panik.

In diesem Augenblick-

Haruhi, die völlig in der Gleichung versunken schien, schrie plötzlich als hätte sie sich an etwas erinnert:

„Das ist jetzt wirklich nicht wichtig – und Kyon!“

Was zur Hölle!

„Besser du schaust später noch bei Yuki vorbei!“

Ich werde auch gehen ohne, dass du mich daran erinnerst, aber musst du mich hier wirklich so herumkommandieren und mich drängen?

„Sie hat deinen Namen gesagt, wenn auch nur einmal.“

Meinen Namen? Diese Nagato? Du scherzst.

„Wie hat sie mich genannt?”

„Nur ‚Kyon’!”

Nagato hattte mich noch nie bei meinem Namen genannt, nicht ein einziges Mal. Eigentlich ist es ja nur mein Spitzname, aber Nagato hat mich noch nie mit ihm oder meinem wirklichen Namen angesprochen. Wann immer wir Angesicht zu Angesicht sprachen, redete sie mich in der zweiten Person an.

Ein ungewöhnlicher Hauch von Emotion stieg auf meiner Brust auf.

„Nein…“,

wandte Koizumi ein.

„War es wirklich ‚KYON’? Bist du dir sicher, dass du dich nicht verhört hast?“

Was hat er vor? Hast du etwa eine eigene Meinung zu Nagatos Gemurmel?

„Suzumiya-san, das ist sehr wichtig. Bitte versuch dich zu erinnern.“

Das waren ziemlich deutliche Worte für Koizumi. Sogar Haruhi fand es verwunderlich, begann dann aber mit nach oben blickenden Augen nachzudenken.

„Hmm… Ich habe es nicht sehr deutlich gehört. Vielleicht war es auch nicht KYON, sie hat es nur geflüstert. Es könnte auch HYON oder ZEON gewesen sein. KYAN oder KYUN war es aber definitiv nicht.“

„Ich verstehe.“,

antwortete Koizumi befriedigt.

„Das bedeutet also, dass die erste Silbe nicht so deutlich war und wir nur das Ende haben. Hahaha, so ist das also. Nagato-san hat vielleicht nicht KYON oder ZYON, sondern YON (vier) gemeint.“

„Vier”, sagte ich.

„Ja, die Zahl ‘4’.”

„Selbst wenn es 4 ist…“

Ich hielt inne und sah zurück auf die Gleichung.

„He!“

Haruhi blies ungeduldig Luft über ihre Lippen.

„Wir haben nicht die Zeit um mit diesem Zahlenspiel herumzuspielen! Könntet ihr auch mal für eine Sekunde um Yuki sorgen? Ich kann euer Verhalten nicht ausstehen!“

Sie wirbelte mit dem Kühlkissen herum während ihre Augen eine bedrohliche Form annahmen.

„Ihr schaut besser mal nach Yuki! Hört ihr!“

Nachdem sie das gebrüllt hatte, begab sie sich mit stampfenden Schritten nach oben. Wir verabschiedeten sie mit unseren Augen und Koizumi wartete bis sie weg war, bevor er unser Gespräch fortsetzte, nicht ohne dabei in Gestalt und Stimme Selbstvertrauen auszustrahlen.

„Alle Angaben sind nun bekannt, wir können also jetzt x, y und z lösen.“



„Bitte denk zurück an den vorigen Vorfall, das Ereignis mit den falschen Versionen von uns, die Suzumiya-san für einen Traum hielt, die ich aber ziemlich real fand.“

Koizumi bückte sich und nahm den Stift vom Boden auf.

„Lass uns mal aufzeichnen welche Erscheinung in wessen Zimmer aufgetaucht ist.“

Koizumi fing mit einem Punkt auf dem Teppich an und beschriftete ihn mit „KY“.

„Das wärst dann du. Asahina-san war in deinem Zimmer.“

Von dort zog er eine Linie, die in einem Punkt endete, der mit “ASA” beschriftet wurde.

„Suzumiya-san erschien in Asahina-sans Zimmer.“

Dieses Mal zeichnete er eine diagonale Linie auf der linken Seite und schrieb „SUZU“ über den neuen Punkt.

„Derjenige, der in Suzumiya-sans Zimmer war, warst du.“

Daraufhin zog er eine Linie von „SUZU” zu „KY” und vervollständigte damit das Dreieck.

„Und derjenige, der in meinem Zimmer war, warst du. Obwohl ich ja sagen sollte, eine Person, die wie du aussah, aber nicht du warst. Ich glaube du hättest das, was er getan hat, nicht einmal getan wenn du verrückt wärst.“

Eine Linie wurde von „KY“ nach unten gezogen und der Punkt mit „KO“ beschriftet.

„Nagato hat auch gesagt, dass du in ihrem Zimmer warst.“

Jetzt verstehe ich. Koizumi verschloss den Stift und vollendete seine Zeichnung nachdem er von meinem Punkt aus eine Linie nach rechts zum „NAGA“ Punkt gezogen hatte.

„Alles steht in gegenseitiger Beziehung. Es scheint fast so, als wären die falschen Versionen von uns, die uns im Traum bzw. der Realität erschienen sind, Erscheinungen waren, die Nagato geschaffen hat.“

Ich starrte auf die neueste Zeichnung von Koizumi ohne meine Augen auch nur einen Moment davon abzuwenden.


Four.JPG


Es war eine mit einem Strich gezeichnete „4“.

„Das Einzige was noch zu tun ist, ist die Gleichung auf der Tür auf diese Figur anzuwenden. Nachdem es eine flache Figur ist, ist D gleich ‚2’.“

Koizumi strich sich seine Stirnfransen zu Seite und fuhr mit einem Lächeln fort:

„x=5, y=5, z=1. Das ist die Antwort. Beide Seiten reduzieren sich auf 0.”



Ich nahm mir die Zeit vor Ehrfurcht zu erstarren und damit meiner Bewunderung Ausdruck zu verleihen, bevor ich schnell die Zahlenblöcke holte. Drei von ihnen. Jetzt wo wir die Antwort haben, worauf warten wir noch!

Koizumi schien jedoch noch immer letzte Zweifel zu haben.

„Was ich mich frage ist, ob es sich dabei um ein Löschprogramm handelt oder nicht.“

'“Lass mich zuerst einmal fragen: Was ist das überhaupt?“

„Wenn wir wirklich nur Kopien unserer Perönlichkeiten sind, dann gibt es keinen Grund diese alternative Dimension weiter bestehen zu lassen, solange unsere Originale quicklebendig in der realen Welt existieren.“

Koizumi breitete seine Arme aus.

„Dieser Mechanismus ist vielleicht so eingestellt, dass wir in dem Moment, in dem wir die Gleichung lösen, gelöscht werden. Für uns würde das dann einem Selbstmord gleichkommen. Würdest du lieber dein Leben hier weiterführen, ohne dass sich je etwas ändert, oder gelöscht werden? Was bevorzugst du?“

Weder noch. Obwohl ich kein Verlangen nach ewigem Leben habe, bin ich noch nicht so verzweifelt um auf mein baldiges Ende zu hoffen. Ich bin ich. es gibt niemanden, der mich ersetzen kann.

„Ich glaube an Nagato.“

Sogar ich war darüber erstaunt wie ruhig ich zu sein schien.

„Und ich glaube an dich, da ich glaube, dass deine Antwort die richtige ist. Dieses Vertrauen beschränkt sich allerdings auf diese Gleichung.“

„Ich verstehe.“

Koizumi lächelte freundlich, gerade so als würde er Telekinese beherrschen. Danach trat er einen Schritt zurück.

„Den Rest überlasse ich dir. Sollte etwas schief gehen, stehe ich mit dir gemeinsam auf der Seite von Suzumiya-san. Das ist meine Pflicht und mein Auftrag.“

„Es ist schön wenn das das ist, mit dem du glücklich bist. Es gibt nicht viele Jobs in dieser Welt, die man auch wirklich gerne ausübt.“

Koizumi korrigierte sein Lächeln leicht und zeigte nun einen Hauch von Ernsthaftigkeit.

„Sollten wir wirklich in die normale Welt zurückkehren, dann möchte ich dir ein Versprechen geben.“

Er fuhr im ruhigen Ton fort.

„Sollte zukünftig irgendetwas geschehen, das Nagato-san in die Klemme bringt, werde ich die ‚Organisation’ für dieses eine Mal betrügen und dir zur Seite stehen, egal wie günstig diese Entwicklung für die ‚Organisation’ wäre.“

„Wieso an meiner Seite stehen? An Nagatos Seite zu stehen wäre hier das Richtige.“

„Sollte es zu so einer Situation kommen, wirst du ohne Zweifel der Erste sein, der Nagato-san unterstützt. Dir zu helfen wird das Gleiche sein wie Nagato-san zu helfen, nur über einen Vertreter.“

Seine Lippen zuckten.

„Persönlich bin ich der Ansicht, dass Nagato-san ein wichtiges Mitglied ist. Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich sie unterstützen. Obwohl ich ein Teil der ‚Organisation’ bin, bin ich noch davor Vizechef der SOS Brigade.“

Ein besorgter Blick erfüllte Koizumis Augen und sein Gesichtsausdruck schien die Überzeugung auszustrahlen, an seinem Standpunkt festhalten zu wollen und gleichzeitig für Kritik offen zu sein. Wenn dem so ist, dann brauche ich mich auch nicht zurückhalten und kann einfach tun was mir mein Instinkt sagt.

Mitte Dezember war ich alleine in einer fremden Welt gewesen und hatte es nur geschafft zu entkommen indem ich überall hingerannt bin. Dieses Mal würde ich natürlich das Gleiche machen. Jedoch kämpfte ich im Unterschied zu damals nicht alleine, sondern arbeitete mit allen aus der SOS Brigade daran einen Weg hier raus zu finden. Ryugu-jo war kein erstrebenswertes Ziel. Nicht wir sondern diese Dimension musste verschwinden.

Ohne zu zögern steckte ich die Steine in die dafür vorgesehenen Steckplätze.

„Klick“ – ein kleines aber deutliches Geräusch war zu hören. Es klang ähnlich wie das Aufschließen einer Tür.

Ich konzentrierte meine ganze Aufmerksamkeit auf die Türschnalle, und sie bewegte sich!

Die Tür schwang langsam auf.

„-“



In der Vergangenheit hatte es Momente gegeben, an denen ich zu überwältigt war um etwas sagen zu können. Oder ich war sprachlos, hysterisch oder auch völlig beschämt! Alle dieser ähnlichen Erfahrungen schossen mir durch den Kopf. „Du machst keine Witze?“ Aber nachdem ich Raum und Zeit überwunden hatte und wie ein Gummiband gezogen worden war, war auch ich so leise wie eine Kakerlake, die man gerade mit Insektenspray erwischt hatte und es hätte mich nicht verwundert auf der Stelle zusammenzubrechen.

Sieht so aus als wäre es besser wenn ich mich jetzt erst einmal zurückziehe.

Ich, derjenige, der die schwere Tür geöffnet hatte-

„-“

- befand mich nun in einer Verfassung, in der es mir unmöglich war auch nur einen Ton von mir zu geben, egal wie sehr ich mich auch bemühte.

Ich konnte nicht glauben was ich sah. Warum senden mir meine Sehnerven eine derartige Szene ins Gehirn. Bin ich jetzt völlig durchgedreht?Haben meine Netz- und meine Hornhaut endgültig ihren Geist aufgegeben?

Das gleißende Licht machte mich ganz schwindelig. Hellster Sonnenschein schien von oben auf uns herab.

„- das ist…“

Über uns war strahlend blauer Himmel. Auch nicht nur eine Schneeflocke war zu sehen, von einem Schneesturm ganz zu schweigen. Soweit das Auge reicht nur klarer Himmel, ohne auch nur eine Wolke. Das einzige was zu sehen war, waren…

… die Lichtkabel, die sich durch das Bild vor unseren Augen zogen. Die schaukelnden Sitze waren voll mit Skifahrern.

Aus irgendeinem Grund hatte ich Schwierigkeiten meine Füße zu heben.

Es war der Schnee. Ich war gefangen in einem Feld aus Schnee. Die glitzernd weiße Landschafft blendete mich und benebelte mir die Sinne.

Ich fühlte etwas kommen und als ich meinen Kopf hob rauschte eine Gestalt an mir vorbei.

„Whoa?!“

Ich sprang reflexartig weg und verfolgte den Schatten mit meinen Augen. Der Schifahrer war mir ausgewichen als wäre ich ein Hindernis in einem Schirennen.

„Das ist…“

Die Skipiste, ganz einfach. Ohne auch nur genau hinzusehen konnte man überall Schifahrer sehen, die ihren Spaß hatten.

Ich sah auf die Seite und plötzlich fühlten sich meine Schultern so an, als würde ein ziemliches Gewicht auf ihnen lasten. Das kam von den Schiern und den Stöcken auf meinem Rücken. Danach sah ich auf meine Füße und stellte fest, dass ich Schischuhe trug. Was ich also in dem Moment trug, war die Schiausrüstung, die man mir gegeben hatte bevor wir Tsuruya-sans Anwesen verlassen hatten.

Ich wandte mich schnell um.

„Aaa…“

Asahina-san sah aus wie eine Koi-Nobori im Wind, wie sie so mit geöffneten Mund und Augen dastand.

„Unglaublich…“

Koizumi blickte staunend in den Himmel. Wir beide waren in ähnlicher Aufmachung unterwegs und hatten definitiv keine T-Shirts mehr an.

Das mysteriöse Haus war spurlos verschwunden und es sah so aus, als würde es auch nicht mehr auftauchen. Das hier war nur ein einfaches Schigebiet. Vom Anwesen, das auch nie auf einer Karte eingezeichnet gewesen war, war nicht einmal mehr ein Hauch zu sehen…

…um es mal so auszudrücken.

„Yuki?!“

Der Richtung nach, aus der dieser Ausruf kam, schien sich Haruhi vor uns zu befinden. Ich drehte meinen Kopf um nach ihr zu sehen.

Haruhi stand neben Nagato und half ihr aus dem Schnee.

„Bist du in Ordnung Yuki? Du hast noch immer Fieber… eh?“

Haruhi sah sich um wie ein Schliefer, der aus seiner Höhle späht.

„Das ist seltsam… wir waren doch in diesem Haus.“

Und dann sah sie schließlich mich.

„Kyon, irgendwas ist hier los…“

Ich antwortete nicht sondern legte meine Schi und Stöcke ab und kniete mich neben Nagato nieder. Haruhi und Nagato trugen bei die gleiche Schikleidung wie vor dem Schneesturm, als wir um die Wette gefahren waren.

„Nagato.“

In Antwort auf meinen Ruf bewegten sich ihre Haare leicht und sie hob langsam ihren Kopf.

„…“

Ihr Pokerface war noch immer wie gefroren während mich ihre großen Pupillen ansahen. Nagato, mit ihrem Gesicht voller Schnee, starrte mir direkt in die Augen.

„Yuki!“

Haruhi stieß mich weg und hielt nun Nagato.

„Ich weiß nicht was genau passiert ist, aber… Yuki, kannst du mich hören? Hast du noch immer Fieber?“

„Nein.“

Nagato antwortete leise und stand auf.

„Ich bin nur hingefallen.“

„Wirklich? Aber du hattest doch gerade Fieber… eh? Was ist passiert?”

Haruhi legte ihre Hand auf Nagatos Stirn.

„Wow! Dein Fieber ist weg. Aber…”

Ihr Blick schweifte in der Landschaft umher.

„Eh? Schneesturm…? Anwesen…? Das gibt es doch nicht. Das war nicht wie ein Traum… Ehhhh? Oder…. war es wirklich nur ein Traum?“

Frag mich nicht. Ich kann dir jegliche Auskunft verweigern, dir, und nur dir.

Gerade als ich mich darauf vorbereitete meine Unschuld zu beteuern, ertönte ein lebhaftes „He-!“ direkt aus der Nähe.

„Was ist los?“,

rief Tsuruya-san. Drei Schneemänner, von groß bis mittel und klein, standen neben ihr, ebenso eine Gestalt in der ungefähren Größe wie der Mittlere. Diese hüfpende Gestald, die in unsere Richtung sah, war meine kleine Schwester.

Wir hatten es geschafft uns wieder zu orientieren.

Wir waren nicht weit weg von der Liftstation, in der Nähe der Anfängerpiste. Alle fünf von uns waren hier.

„Seufz, vergiss es.“

Haruhi hatte beschlossen der Sache nicht länger nachzugehen.

„Yuki, ich werde dich tragen, steig auf meinen Rücken.“

„Nicht nötig.“, sagte Nagato.

„Und ob!“ Haruhi war entschlossen. “Ich weiß weder was genau passiert ist, noch warum ich es nicth weiß, aber du überanstrengst dich gerade. Obwohl du kein Fieber hast, kann jeder sehen, dass es dir nicht gut geht. Du brauchst jetzt erstmal Ruhe!“

Ohne auf eine Antwort von Nagato zu warten, hob Haruhi sie auf und rannte in Richtung Tsuruya-san und meiner Schwester. Ihre Geschwindigkeit hätte sogar die schnellste Schneefräse Staub schlucken lassen. Würde es so etwas sie Huntertmeterlauf im Schnee mit einer Person auf dem Rücken bei den olympischen Winterspielen geben, hätte Haruhi ohne Zweifel Gold geholt.



Was danach geschah:

Nachdem Tsuruy-san ihn verständigt hatte, holte uns Arakawa-san ab.

Nagato protestierte leicht dagegen von Haruhi als Patient behandelt zu werden, indem sie ihre Vitalität auf Nagato-Weise zum Ausdruck brachte, aber der Blick den ich ihr zuwarf schien schlussendlich zu bewirken, dass sie sich Haruhis Anordnungen fügte.

Nagato, Haruhi, Asahina-san und meine Schwester kehrten als erste zur Villa zurück. Koizumi, Tsuurya-san und ich gingen zu Fuß.

Während wir gingen fing Tsuruya-san plötzlich an:

„Das ist seltsam, warum seid ihr alle zu Fuß mit euren Schiern auf dem Rücken vom Berg gekommen? Ist etwas passiert?“

„Uhhh, was ist mit dem Blizzard?“

„Hmm? Ahh, du musst den Schneefall meinen der an die zehn Minuten gedauert hat. Das war doch keine große Sache, nur ein kurzer, plötzlicher Schneefall.“

Wie es aussah waren unsere Wanderungen im Schnee und die Ewigkeit, die wir in diesem seltsamen Haus verbrachten, für Tsuruya-san nur ein paar Minuten.

Tsuruya-san fuhr voller Leben in Geschwindigkeit und Tonfall fort:

“Ich habe mich nur gewundert warum ihr alle runtergekommen und zusammengebrochen seid. Und dann auch noch dieser böse Sturz von Nagato-chi. Glücklicherweise hat sich sich schnell davon erholt.“

Koizumi zeigte nur ein steifes Lächeln und sagte nichts. Ich sprach ebenfalls kein Wort. Der Beobachter, der die ganze Sache sorgfältig analysierte, in diesem Fall Tsuruya-san, fand uns genauso vor, wie sie es gesagt hatte. Wenn dem so war, dann sollten wir ihre Ansicht vielleicht auch als Referenz nehmen. Vielleicht waren wir in einem Wunder- oder Traumland gewesen, aber das hier war die Realität, wo sich die eigentliche Version der Welt befand.

„Kyon-kun, lass mich dich mal etwas fragen.“

„Was ist es Sempai?“

„Ich weiß, dass Mikuru und Nagato-chi keine ordinären Personen sind, ist Haruhi-nyan auch etwas Besonderes?“

Ich musterte Tsuruya-sn mit einem ernsthaften Blick und musste feststellen, dass ihre fröhliches Auftreten nur eine eine hell strahlende Fassade war-

„Also ist sogar dir das schon aufgefallen.“

„Ich habe es schon vor einiger Zeit bemerkt. Es ist nur so, dass ich noch nicht genau weiß wie ich die beiden einordnen soll. Aber ich würde sagen, dass sie hinter unserem Rücken seltsame Dinge tun. Ahh, sag das aber nicht Mikuru. Dieses Mädchen stellt sich noch immer als durchschnittliche Schülerin dar!“

Sie lachte aus ganzem Herzen, was wohl durch meine Reaktion auf ihre Aussagen ausgelöst wurde.

„Hmm, aber Kyon-kun ist ziemlich normal. Du scheinst vom gleichen Schlag wie ich zu sein.“

Daraufhin begann sie mir ins Gesicht zu starren.

„Vergiss es. Ich will eigentlich nicht herumschnüffel was für eine Person Mikuru ist. Du hättest wohl Schwierigkeiten zu antworten. Wenn kümmert es schon was sie ist, eine Freundin ist eine Freundin.“

Haruhi, vergiss einfach das ehrenamtlicher Berater Zeug und rekrutiere Tsuruya-san als reguläres Mitglied. Dieses aufgeweckte Mädchen ist vielleicht sogar noch geeigneter als ich für die Rolle der verständnisvollen Durchschnittsperson.

Tsuruya-san klopfte mir freundschaftlich auf die Schultern.

„Gibt gut auf Mikuru Acht. Wenn dieses Mädchen etwas hat, bei dem ich ihr nicht helfen soll, dann musst du das übernehmen.“

Das… ist ein definitives Ja.

„Obwohl…“

Tsuruya-sans Augen strahlten nun noch heller:

„Der Film, der für das Schulfest. Sind die Computereffekte echt?“

Koizumi schien das gehört zu haben, da ich ihn dabei beobachtete wie er mit seinen Schultern zuckte, aber keinen Kommentar abgab.



Als wir in der Villa ankamen, wurde Nagato gerade von Haruhi ins Bett gesteckt.

Der steife Ausdruck war aus ihrem blassen Gesicht verschwunden und durch einen ruhigeren ersetzt worden. Sie war wieder die Person, die höchstens soviel wankt wie schwankendes Gras in einer Windbrise, so wie die Nagato die ich kannte.

Als wären sie ihre Bewacher, saßen sowohl Asahina-san als auch Haruhi neben Nagatos Bett, während meine Schwester und Shamisen auf Abruf in der Ecke bereitstanden. Vielleicht warteten sie auf mich, Koizumi und Tsuruya-san, da wir erst später ankamen. Sobald wir alle versammelt waren, sagte Haruhi:

„He Kyon. Ich hab noch immer das Gefühl, dass ich den realistischten Traum meines Lebens gehabt habe. Ich habe geträumt, dass wir in einem Haus angekommen sind, ein Bad genommen haben und auch ein paar heiße Sandwiches gegessen haben.“

Das bildest du dir nur ein- gerade als ich das sagen wollte, fuhr Haruhi fort:

„Yuki sagt sie weiß davon nichts, aber Mikuru-chan meint sie kann sich an exakt die gleichen Dinge erinnern wie ich.“

Ich sah zu Asahina-san hin, die Miss-Dienstmädchen, deren Anblick schon fast Mitleid hervorrief und die mir einen Blick zuwarf, der „Es tut mir leid“ zu sagen schien.

Das war nicht gut. Ich hatte gehofft sie mit der Erklärung eines Tagtraumes oder eine Art Illusion zufrieden zu stellen und jetzt hatte ich keinerlei Idee was ich sagen sollte wenn sie beiden den gleichen Traum gehabt hatten.

Als ich darüber nachdachte wie ich Haruhi anlügen sollte,

„Es ist kollektive Hypnose.“

Koizumi sah mich mit einem „überlass es nur mir“-Blick an und fuhr fort.

„Ich erinnere mich an ähnliche Dinge.“

„Du willst damit sagen, dass wir beide hypnotisiert wurden?“, fragte Haruhi.

„Das war keine von Menschen verursachte Hypnose. Hypnose würde normalerweise nicht auf Suzumiya-san wirken, da du wahrscheinlich daran zweifeln würdest wenn man dir im Vorhinein akündigt, dass du hypnotisiert wirst.“

„Das ist wahr.“

Haruhi wurde still.

„Allerdings sind wir lange im Schnee herumgeirrt, mit immer der gleichen einheitlichen weißen Landschaft vor uns. Weißt du was Autobahnhypnose ist? Leute die auf einer Autobahn fahren können fallsweise in eine Art Hypnose fallen durch den Anblick der immergleichen Szene mit den Straßenlaternen. Das war vielleicht die Ursache für unsere Situation. Man schläft ja auch durch die rhythmischen Vibrationen ein wenn man den Zug nimmt. Dabei handelt es sich um das gleiche Prinzip was auch zum Tragen kommt wenn man ein Baby durch rhythmisches Klopfen auf seinen Rücken zum Einschlafen bringt.“

„Wirklich?“

Haruhis Gesicht zeigte einen „das erste Mal, dass ich davon gehört habe“-Ausdruck während ihr Koizumi bestätigend zunickte.

„Exakt.“

Er erklärte weiter:

„Während wir uns im Schneesturm bewegten hat glaube ich jemand gesagt: ‚Es wäre toll wenn hier ein Haus wäre, in dem wir Zuflucht finden können und es wäre großartig, wenn es auch noch komfortabel ausgestattet wäre..’ oder irgendetwas Ähnliches. Auf jeden Fall ist die geistige Verfassung von Leuten in einer Notsituation nicht die Beste und unter solchem extremen Stress ist es nicht verwunderlich, dass wir unglaubliche Halluzinationen haben. Steht nicht auch in anderen Büchern, dass Reisende in der Wüste oft irgendwelche Dinge sehen?“

Verdammt Koizumi, das war wundervoll!

„Umm… vielleicht hast du recht. Also ist es das, was passiert ist?“

Haruhi richtete ihren Kopf auf und sah mich an.

Genau so war es. Ich nickte bestätigend und versuchte einen Eindruck plötzlicher Einsicht abzugeben. Koizumi spielte mit:

„Das Geräusch der stürzenden Nagato-san muss uns in die Realität zurückgeholt haben. So muss es gewesen sein.“

„Wenn du es so darstellst, ich glaube es war wirklich so…“

Haruhi legte ihren Kopf in den Nacken, brachte ihn aber schon bald wieder in Normalposition.

„Gut, belassen wir es dabei. Es wäre absurd zu glauben, dass dort ein derartiges Haus für uns bereitstehen würde wenn wir in Not geraten. Meine Erinnerung daran ist auch irgendwie verschwommen. Das Ganze ist wie ein Traum innerhalb eines Traumes.“

Genau, ein Trau. Das schräge Haus war nicht wirklich da, also kümmere dich nicht viel darum. Es war nur ein Produkt unserer Phantasie, ausgelöst durch Müdigkeit.

Das Einzige was mich jetzt noch sorgte waren die zwei Außenseiter, die Nichtmitglieder der SOS Brigade. Ich sah zu Tsuruya-san.

„Umm!“

Tsuruya-san zwinkerte mir zu und lächelte. Ich deutete das als einen Code für „Nun gut, dann belassen wir es dabei“, obwohl ich mir vielleicht auch nur zu viele Sorgen machte. Tsuruya-san gab keinen Kommentar ab und sagte auch sonst nichts mehr, sondern trug nur ihr typisches Grinsen auf dem Gesicht.

Was die andere Person angeht- meine kleine Schwester war bereits auf Asahina-sans Schoß eingeschlafen. Obwohl sie so laut sein konnte wie eine miauende Katze wenn sie wach war, war sie absolut liebenswürdig wenn sie schlief. Asahina-san sah mit einem zufriedenen Blick auf meine kleine Schwester. Es war offensichtlich, dass Asahina-san und sie nicht ein Wort des zweiten Teils von Koizumis Erklärung gehört hatten.

Endlich! Nachdem wir uns eine Ewigkeit gequält hatten, war die erste Nacht des gemeinsamen Winterausflugs gekommen!

Nagato schien Probleme damit zu haben im Bett zu bleiben, wude aber schließlich dort von der schreienden und springenden Primatin Haruhi fixiert.

Ich glaubte nicht, dass es nötig war Nagato zum Schlafen zu zwingen. Selbst wenn man einen schönen Traum hat, es ist nur ein Traum sobald man aufwacht. Das Wichtigste war, dass wir alle noch zusammen waren. Egal wie aufregend es ist auf einer glänzenden Bühne zu stehen, wenn es nur eine Illussion ist, die aufhört zu existieren sobald man die Augen öffnen, dann hat sie keine Bedeutung. Das hatte ich inzwischen realisiert.

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Ich hatte mich dazu entschlossen fürs erste ein paar Dinge zu ignorieren. Sie konnten alle noch später aufgeklärt werden, sei es die Hintergrundgeschichte zu diesem schrägen Haus auf dem verschneiten Berg oder ob Haruhi wirklich Koizumis fachwörterüberladene Ansprache geschluckt hatte. Aber es schien für sie jetzt auch keine Rolle zu spielen, jetzt da sie mit der Sorge um Nagato beschäftigt war.

Ich hatte plötzlich das Gefühl draußen ein wenig Luft schnappen zu wollen, was gleichzeitig bedeutete Haruhis dämonischer Stimmezu entkommen, die in meinem Kopf wiederhallte. Mir war aus irgendeinem Grund nicht kalt und das Sternenlicht, das sich in der silbernen Landschaft widerspiegelte war ungewöhnlich ergreifend.

„Aber“

Der nächste Tag würde der letzte des Jahres sein. Koizumis sorgfältig geplantes Detektivdrama würde sich an Silvester zutragen. Haruhi würde ebenfalls ihr Bestes geben mit ihrer Feriensause.

Was solls, die Dinge würden sich letztendlich schon irgendwie erledigen. Ich musste mich erstmal nur um sich selbst Sorgen. Für Nagato war es eine seltene Gelegenheit einmal etwas Ruhe zu finden. Wen kümmerte es schon wann sie normalerweise schlief oder ob sie überhaupt Schlaf benötigte, sie konnte sich nun wirklich ausrasten und ihr Schlafbedürfnis erfüllen. Ich würde noch Shamisen auf ihr Bett setzen, es war immer gut eine sofort wirksame Bettheizung zu haben.

Ich sah auf die endlosen Schneefelder und sprach zu mir selbst:

„Nur für heute Nacht, bitte lass keinen weiteren Blizzard aufziehen.“

Sollte Nagato träumen wenn sie schläft, dann soll sie einen guten Traum haben… zumindest für diese eine Nacht.

Zumindest persönlich hatte ich keinerlei Grund ihr keinen guten Traum für diese Nacht zu wünschen.

Letztendlich machte ich auch einen Wunsch zu den Sternen. Auch wenn es weder [4], noch Silvester war und auch die Geschichte mit Altair und Vega in keiner Weise galt, so wollte ich doch, dass sich zumindest ein Stern meines Wunsches annahm, wenn es schon so viele gab da draußen.

„Möge das kommende Jahr ein gutes sein.“

Bitte erfüllt mir diesen Wunsch, wer auch immer da oben ist in den Sternen.


(Das „Verschneiter Berg“-Syndrom Ende)




Anmerkungen des Autors[edit]

Die endlose Acht

Die für den Entwurf dieses Bandes verbrauchten Blätter waren ungefähr hundert, verglichen mit den zwanzig die für Veröffentlichungen in <The Sneaker> benötigt werden. Es ist eine seltene Möglichkeit für mich wieder zu meinem früheren Schreibstil zurückkehren zu können. Auch wenn ich mir hinsichtlich meiner Schreibbegabung nicht sicher bin, fühle ich mich emotional ein wenig erleichtert.


Der Tag des Schützen

Auch wenn es nicht bedeutend ist, sollte ich klar stellen, dass ich nicht wirklich wählerisch war was den Namen des Spiels im der Light Novel betrifft, da ich schon kichern muss wenn ich überhaupt ein Spiels innerhalb eines Jahres schaffe, Übrigens, das letzte Spiel bei dem ich es bis in das letzte Level geschafft habe war „Linda^3“ Es macht unglaublich Spaß. Ich sollte mir einen Dreamcast anschaffen.



Das “Verschneiter Berg”-Syndrom

Hierbei handelt es sich um meine neueste Arbeit von mittlerer Länge, aber gleichzeitig die längste Geschichte bisher. In letzter Zeit frage ich mich wo der Texteditor ist, der einen automatischen Zeilenumbruch über die ganze Seite macht.

Als Referenz für die Geschichte habe ich mir folgende Bücher zugelegt. Millionen und mehr Danksagungen gehen an:


Fermat's Enigma: The Epic Quest to Solve the World's Greatest Mathematical Problem. Singh, Simon, übersetzt von Aoki Kaoru, Shinchosha.

図形がおもしろくなる(Spaß mit Formen). Oono Eiiti, neu aufgelegt von Iwanami Shounan.


Übrigens, sollten irgendwelche Fehler in der Erklärung oder in der Verwendung der Formeln sein, dann schiebt das auf mein Defizit an Gehirnzellen. Das ist der einzige Grund, bitte habt Verständnis.


Zum Schluss lasst mich noch jemandem mein Beileid aussprechen.


Am 15. Juli 2004 verstarb Yoshida Sunao-sensei.

Ich denke zurück an mein Treffen mit Yoshida-sensei am Tag der Frühlingswohltätigkeitsveranstaltung für Kadokawa, nachdem ich mit dem Sneaker Preis ausgezeichnet worden war. Das war zehn Tage nachdem ich per Telefon darüber informiert worden war. Zu dieser Zeit war ich ein Anfänger ohne jeglichen Einfluss. Das Einzige was es für mich zu tun gab auf so einer Veranstaltung voller literarischen Größen, war herumzugehen und mich ihnen vorzustellen.

Gerade als sich meine Anspannung dem Höhepunkt näherte, trat ein makelloser Gentleman an mich heran. Er zeigte mir ein freundliches Lächeln, klopfte mir auf die Schulter und sagte:

„Hey Neuer!“

Dieser Mann war Yoshida-sensei.

„Hey Neuer!“ – dieser Satz den Yoshida-sensei zu mir sagte hätte nicht frischer und versichernder sein können.

Danach unterhielt sich Yoshida-sensei kurz mit mir, dessen Gerhin so steif gefroren war, dass ich nur „überhaupt nicht“ oder „neinneinnein“ und so weiter murmeln konnte. Schließlich zeigte er mir noch einmal sein Lächeln;

„Man sieht sich später.“

Damit verließ er mich. Das sollte das erste und das einzige Mal sein, dass ich Yoshida-sensei getroffen habe.

Danach bekam ich die Grippe und verbrachte drei Tage im Bett, bevor ich mich erholte. Ich bedauerte wie ich an diesem Tag geantwortet habe und wollte ihn beim nächsten Mal als erster begrüßen und überlegte mir sogar schon wie ich die Unterhaltung beginnen würde.

Unerwarteterweise verpasste ich die Gelegenheit und hatte so nie die Möglichkeit einer echten Unterhaltung mit Yoshida-sensei. Ich glaube jedoch daran, dass er dort oben definitiv die Rufe aus dieser Ecke der Welt hören kann.

Denn ich habe die längste Zeit darauf gewartet diesen vorbereiteten Ausruf zu machen:

„Hey Senior!“

Ich verwende diesen Platz um für Yoshida-sans Geist zu beten.



Tanigawa Nagaru