Suzumiya Haruhi:Band8 Wandernder Schatten

From Baka-Tsuki
Jump to navigation Jump to search

Wandernder Schatten[edit]

Der Volleyball schlug hart auf dem Boden auf und erzeugte dabei ein überraschend melodisches ‚Fump~’ als er davon abprallte. Ein lautes Jubeln erschallte daraufhin durch die Turnhalle und prallte, als würde es den Volleyball imitieren, von den Wänden und der Decke ab, um mich schließlich vollständig zu umhüllen.

Ich trug leicht schmutzige Sportkleidung und saß mit meinen Händen nach hinten gestützt mit ausgestreckten Beinen da. Falls ihr wissen wollt, warum ich eine derart entspannte Haltung eingenommen hatte, gibt es dafür eine einfache Antwort. Ich war nur Zuschauer und beobachtete das Volleyballmatch, das sich vor meinen Augen abspielte. Warum ich das tat fragt ihr? Dafür gibt es ebenfalls einen einfachen Grund: Weil ich nichts Besseres zu tun hatte. Da die Schule aber kein „Ich habe nichts Besseres zu tun.“ als Entschuldigung um Nachhause zu gehen akzeptiert, blieb mir nichts Anderes übrig, als hierher zu kommen und den anderen Schülern beim Volleyballspielen zuzusehen.

Statt auf der Tribüne saß ich auf dem mit Geländern ausgestatteten Gang, von dem ich im Stillen vermutete, dass er genau für so Leute wie mich gebaut worden war, die nicht im Mittelpunkt einer derartigen Atmosphäre sein wollten. Ich war allerdings nicht der Einzige, der seinen müden Körper den ganzen Weg hin zu diesem Gang geschleppt hatte, um der Menge zu entfliehen. Es schien, als gäbe es noch andere Leute außer mir, die zu viel Zeit hatten.

Neben mir saß mein guter Freund Taniguchi.

„Die Mädchen in unserer Klasse sind ganz schön sportlich.“

Seinem Tonfall nach schien er jedoch nicht ehrfürchtig sondern eher enttäuscht zu sein.

„Ja.“

Ich gab eine halbherzige Antwort und fuhr damit fort den Ball zu beobachten, wie er auf dem Feld hin und her flog. Die Gegnerin machte ihren Aufschlag, woraufhin er einen Bogen über das Feld machte, bevor er von einem Mädchen der anderen Mannschaft wieder in die Höhe geschlagen wurde.

Daraufhin rannte ein Mädchen in Sportkleidung von hinter der 3-Meter Linie nach vorne und sprang hoch in die Luft. Am Höhepunkt ihres Sprungs, erhob sie ihren rechten Arm und schmetterte den Ball brutal nach unten. Der Winkel war perfekt und der Ball flog steil hinab, direkt in die Ecke des gegnerischen Feldes. Ein Mitglied des Volleyballklubs, das als Aushilfsschiedsrichter fungierte, blies seine Pfeife. Ein wahrhaftig perfekter Gegenangriff.

Wieder erschallte Jubel in der Turnhalle.

Was für ein kräftiger Schlag. Das Mädchen musste sich bis zu diesem Zeitpunkt ganz schön gelangweilt haben.

„Hey Kyon, lass uns wetten. Welche Seite glaubst du wird gewinnen?“

Obwohl der Vorschlag von ihm selbst kam, schien Taniguchi nicht wirklich enthusiastisch zu sein. Die Idee war gut, aber die Quoten für die Gegner waren sehr schlecht.

Bevor Taniguchi noch irgendwas sagen konnte, antwortete ich:

„Die Klasse 1-5 wird gewinnen, da bin ich mir sicher.“

Als er das hörte schloss Taniguchi sofort missbilligend seinen Mund.

„Ist das nicht offensichtlich? Schließlich ist sie in unserer Klasse, wie du weißt.“

Nachdem sie wieder auf dem Boden gelandet war, zeigte die zuvor genannte Spielerin ein strahlendes Lächeln voller Selbstvertrauen. Sie sah allerdings nicht zu mir her, und selbst wenn, so war dieses Lächeln anders als jenes, das sie üblicherweise im Klubraum zeigte. Dieses schien mehr in die Richtung von „das war leicht, zu leicht!“ zu gehen und war an ihre Mitspielerinnen gerichtet, die gerannt kamen um ihr zu gratulieren.

Unsere Klasse hatte bereits 15 Punkte erreicht und damit einen Erdrutschsieg errungen.

Wie wir es vorausgesagt hatten, hatte das Mädchenteam (A) der Klasse 1-5 mit seinen Gegnern kurzen Prozess gemacht und seine wichtigste Punktelieferantin und Trumpfkarte war gerade unter ihren Teammitgliedern begraben, in deren offene Hände sie sanft ihre Fäuste schlug.

Als sie den Platz verließ, bemerkte sie plötzlich uns Drei, die wir uns in den Gang bei der Mauer gezwängt hatten. Ihre Schritte verlangsamten sich und ihr Blick wanderte zu mir. Sofort wandte ich meine Augen von ihr ab.

Sie war ein Allroundtalent. Jemand, der es zusammenbrachte in allem perfekt zu sein. Sobald sie einmal den Geschmack des Sieges gekostet hatte, wollte sie nur noch mehr, was auch mit einschloss, im aktuellen Match alle Punkte ihrer Mannschaft zu machen.

Ach, es hat keinen Sinn noch weiter zu versuchen mysteriös zu klingen. Das Mädchen, das gerade auf der Ersatzbank saß und die Erfrischungen trank, die ihr ihr Team gebracht hatte, war, wie sollte es auch anders sein, Suzumiya Haruhi.

Es war März und die Abschlussprüfungen waren gerade zu Ende. An vielen Schulen bereitete man sich bereits auf die Ferien vor, wie auch in der North High. Normalerweise wäre das nun die Zeit, in der man ruhig auf die Schulferien wartet, aber allen Anschein nach hatte jemand vorgeschlagen „Haben wir denn nichts Besseres zu tun, als darauf zu warten, dass die Zeit vergeht?“ Das Ergebnis war, dass diverse innerschulische Sportwettkämpfe organisiert und in die Ferienvorbereitung eingebunden wurden.

Vielleicht geschah das aufgrund des Anliegens der Schule, den Schülern nach dem Ende der Prüfungen eine Pause zu gönnen, aber wenn ihr mich fragt, ich hätte längere Ferien den sportlichen Wettkämpfen jederzeit vorgezogen.

Falls ihr es wissen wollt, die diesjährigen Wettkämpfe waren Fußball für die Jungen und Volleyball für die Mädchen. Ich war ursprünglich im Jungenteam (B) meiner Klasse, aber wir wurden von der Klasse 1-9 in einer der K.O.-Runden eliminiert. Ich bemerkte, dass ich sie jetzt noch weniger mochte, wobei es auch nicht half, dass Koizumi in dieser Klasse war. Die 1-9 war für diejenigen, deren Interessen im Gebiet der Wissenschaft und Mathematik lagen, also bestand sie logischerweise aus scharfsinnigen Alleswissern, die nichts anderes taten als zu Lernen. Es wäre also geradezu beschämend gegen sie im Fußball zu verlieren.

Das war auch der Grund, warum Taniguchi und ich, wie auch der Rest des männlichen Teils der 1-5, uns gerade so mies fühlten.

Da wir nichts Besseres zu tun hatten, kamen wir alle in die Turnhalle um das Mädchenteam anzufeuern.

„Suzumiya-san ist schon eine Klasse für sich, nicht?“

Haruhi genoss das Volleyballspiel gemeinsam mit ihren Klassenkameradinnen.

sagte der sanftmütige Kunikida, der neben mir saß. Dank Haruhis Hyperaktivität hatte es das Mädchenteam (A) inzwischen geschafft die Leiter bis zum dritten Match emporzusteigen, während das Jungenteam schon im zweiten vernichtet und zu Zuschauern degradiert worden war.

„Warum ist sie eigentlich nicht in irgendeinem Sportklub? Nicht jeder ist derart talentiert wie sie.“

Ich war völlig einer Meinung mit ihm. Wäre Haruhi dem Leichtathletikklub beigetreten, hätte sie jetzt schon an den Nationalmeisterschaften teilnehmen können. Dasselbe galt für jede andere Sportart. Nach hartem Training würde sie wahrscheinlich zu den Topathleten zählen, schließlich kenne ich niemanden, der die Wörter „Erster Platz“ und „Sieg“ derart liebt wie sie.

Während ich ein anderes Match beobachtete, das auf einem der anderen Felder stattfand, gab ich Kunikida meine Antwort:

„Dieses Mädchen hat viel wichtigere Dinge zu tun als ihre Jugend für Dinge wie Sport zu verschwenden.“

Plötzlich fragte ich mich, ob vielleicht Asahina-san oder Nagato ebenfalls in der Turnhalle waren um sie anzufeuern. Unglücklicherweise waren sie nirgends zu entdecken.

„Die SOS-Brigade, wie?“

sagte Kunikida lächelnd.

„Ja, das klingt nach Suzumiya-san. Sie wollte noch nie eine gewöhnliche Schülerin sein, seit sie auf die High School geht. Es passt zu ihr, dass sie irgendwelche abgedrehten Spielchen mit so Leuten wie dir spielen will, Kyon.“

Ich hatte nicht einmal die Kraft ihm darauf zu antworten.

Egal wie man es auch betrachtete, mein erstes Schuljahr neigte sich dem Ende zu. Da es nach den Sportwettkämpfen keine Aktivitäten mehr gab, war die Unterrichtszeit gekürzt worden. Danach würden die Frühlingsferien kommen und wenn die Kirschblüten zu blühen beginnen, würde ich schon im zweiten Schuljahr sein. Worüber sich Viele Sorgen machten war, welcher Klasse sie zugeteilt werden würden, da das viel darauf Einfluss hatte wie angenehm ihre kommenden Schultage verlaufen würden. Ich hatte nichts gegen Kunikida oder den Idioten Taniguchi, also würde es mir definitiv nichts ausmachen ein weiteres Jahr mit ihnen in einer Klasse zu sein.

Während ich so tief in Gedanken war, beugte sich Kunikida plötzlich nach vorne und erregte damit meine Aufmerksamkeit.

„Ich glaube das nächste Match fängt an.“

Als ich nach unten blickte, sah ich Haruhi einem Teamkapitän gleich voranschreiten, mit ihren Teammitgliedern um sich herum.

Der Frühling würde bald kommen, aber da die Schule sich auf einem Hügel befand, war es immer noch ziemlich kalt. Vielleicht kam es mir aber auch nur so vor, da ich die Ergebnisse meiner Abschlussprüfungen erst vor ein paar Tagen erfahren hatte.

Ich selbst war ziemlich zufrieden damit, aber unglücklicherweise galt das Gleiche nicht für meine Mutter. Sie sprach es nicht laut aus, aber beurteilt nach den diversen Prospekten über Ausbildungscenter und Lernschulen, die sie nachhause brachte, konnte ich es mir schon denken. Schon allein ihr Anblick verursachte bei mir ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Meine Mutter hatte vorgeschlagen, dass ich auf die Uni gehen soll, sei es eine lokale oder eine private. Okabe-sensei hatte das Gleiche in mein Zeugnis geschrieben. Verschont mich doch bitte damit, das verlangt mir zu viel ab.

Auch Haruhi hatte mit mir über diese Sache gesprochen. Wenn ich darüber nachdenke, war sie der einzige Grund, warum meine Noten nicht nur knapp über der „Bestanden“-Linie schwebten. Sie war dafür extra zu meiner Privattutorin geworden und hatte mir nach der Schule im Klubraum ein paar last-minute „Lerntipps“ gegeben. Ein paar Tage vor den Prüfungen hatte sie einen ganzen Stapel Nachhilfebücher und selbstgeschriebene Notizen auf meinen Tisch geknallt und gesagt:

„Ich werde es nicht zulassen, dass du versagst und dann während der Ferien in den bescheuerten Nachhilfestunden und Nachtests hockst. So etwas Belangloses lasse ich nicht zwischen dich und die Aktivitäten der SOS-Brigade kommen!“

Sobald sie einmal angefangen hatte über die Aktivitäten der Brigade zu faseln, reagierte dieses Mädchen auf nichts mehr was andere Leute sagten. Ich wollte sie eigentlich danach fragen, was denn mein Stundenlohn für meine Beiträge zu den Brigadeaktivitäten war, aber ich hielt mich zurück, da zu befürchten war, dass nach dieser Frage stattdessen meine gesamte Geldbörse konfisziert werden würde.

Verglichen mit der Alternative die letzten paar Schultage in einem vollgepackten Klassenzimmer zu hocken und von den Lehrern zum Lernen gezwungen zu werden, wollte ich lieber im Klubraum sitzen und Asahina-sans Tee genießen, während ich mit Koizumi Brettspiele spielte. Das war der einzige Grund, warum ich Haruhi, die inzwischen eine Armschleife mit den Worten „Oberste Ausbilderin“ trug, fragte mir mit meinen Hausaufgaben zu helfen.

Haruhis Lernmethode war einfach, sie beruhte auf Intuition. Sie merkte sich alle Fragen und Themen, die sie für wichtig hielt und die mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Prüfung kommen würden. Ich hatte das Gefühl, dass Haruhis Intuition sehr korrekt sein würde, also hörte ich ihr aufmerksam zu und nickte regelmäßig. Sicher, wenn ich Nagato fragen würde, würde sie mir wahrscheinlich den gesamten Prüfungsbogen zitieren können, inklusive Modellantworten. Wenn ich stattdessen Koizumi fragen würde, würde er vielleicht irgendwelche seltsamen Kräfte einsetzen um die Fragebögen auf magische Weise aus dem Lehrerzimmer in den Klubraum zu befördern. Da ich selbst aber über keine paranormalen Kräfte verfügte, blieb mir nichts anderes übrig, als eifrig zu lernen.

Es wäre natürlich angenehmer gewesen nichts zu tun, außer eine glückliche Haruhi dabei zu beobachten, wie sie mit einem speziell vorbereiteten Zeigestab und einer Brille, die sie mehr wie eine „Oberste Ausbilderin“ aussehen lassen sollten, im Klubraum herumwanderte, aber ich wusste, dass das unmöglich war. Es war schließlich zu meinem eigenen Besten.

Ich war mir ziemlich sicher, dass Haruhi auch im nächsten Schuljahr wieder hinter mir sitzen und mir regelmäßig mit ihrem mechanischen Bleistift in den Rücken pieksen wollte um zu sagen „He, Kyon, warum machen wir nicht…“ bevor sie damit fortfuhr irgendeine unsinnige Idee vorzutragen, bei der sie keine Rücksicht darauf nahm, was andere oder ich davon hielten. Um das aber tun zu können, musste sie wieder in der gleichen Klasse wie ich sein und das bedeutete, dass ich die Prüfungen bestehen musste, um das Jahr nicht wiederholen zu müssen. Also war es nur verständlich, dass sie meine Noten überwachte. Warum sie sich das antun würde fragt ihr? Natürlich weil sie die hochtalentierte Kommandantin der SOS-Brigade war. Es ist genau wie bei einem kommandierenden Offizier, der keinen Krieg ohne Soldaten gewinnen kann und wie bei Soldaten, die auf dem Schlachtfeld unorganisiert wären ohne einen Kommandanten. Haruhi wäre in diesem Fall der kommandierende Offizier, der diverse Befehle erteilt, während ich ihr loyaler Soldat wäre, der jeden einzelnen von ihnen gewissenhaft ausführt.

So liefen die Dinge im Wesentlichen im letzten Jahr ab und ich glaube fest daran, dass es im Kommenden wieder so sein wird. Ich habe die Vermutung, dass Haruhi ebenfalls so denkt und um ihr Ziel zu erreichen, würde sie alle Mittel anwenden, auch solche, die außerhalb der menschlichen Logik lagen. Wer weiß, ich würde sonst vielleicht mein ganzes Leben damit verbringen im „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Stil mein erstes High School Jahr zu wiederholen.

Ich hoffte wirklich innständig, dass nicht wieder so etwas wie im letzten August geschehen würde. Haruhi will das aber ebenfalls nicht, zumindest glaube ich das.

Warum? Müsst ihr das überhaupt fragen? Weil die Gründung der SOS-Brigade Haruhi viele glückliche und erinnerungswürdige Momente beschert hat und sie würde es sicher nicht wollen, dass diese verloren gehen. So viel kann ich definitiv bestätigen.

Ich meine, schaut auch nur Haruhis aktuelle Lage an.

Haruhi führte das Volleyballteam zum Sieg.

Sie attackierte wild und schmetterte bei jeder Gelegenheit den Ball ins gegnerische Feld. Und bevor ihr noch danach fragt, lasst mich gleich klarstellen, dass ich nicht auf ihren Bauchnabel gespäht habe, der fallweise zu sehen war, wann immer sie hoch in die Luft sprang. Ich beobachtete nur den Ausdruck auf ihrem Gesicht.

Als ich sie im April des vorigen Jahres zum ersten Mal traf, war sie jemand, der sich selbst komplett vom Rest der Klasse distanzierte. Zu dieser Zeit war das Einzige, was sie zeigte, ein mürrischer Blick während sie hinter mir saß und sie lächelte nicht ein einziges Mal. Als ich das bemerkte, begann ich mich mit ihr zu unterhalten, um die Atmosphäre etwas aufzulockern. Obwohl sie teilweise auf meine Fragen einging, behielt sie noch immer ihre Distanz zu ihren Klassenkameraden. Nun, dem war inzwischen nicht mehr so. Auch wenn sie keinen Haufen von wirklich guten Freunden in unserer Klasse hatte, hatte sie sich den anderen trotzdem weitgehend geöffnet und lehnte sie nicht mehr ab, wie sie es noch zuvor getan hatte.

Das musste der Einfluss der SOS-Brigade sein. Ich glaube, dass sie bevor sie zu dieser exzentrischen Person wurde, die sie jetzt in der High School war, ein aktives, fröhliches und verspieltes Mädchen war. Ich glaube nicht, dass die SOS-Brigade Haruhi geändert hat. Vielmehr glaube ich, dass sie sie nur in ihr ursprüngliches Selbst zurückverwandelt hat, ihre fröhliche Persönlichkeit wiedererweckte.

Ich glaube nicht, dass ich Haruhi vor ihrer Mittelschulzeit schon gekannt habe, da wir uns soweit ich weiß davor nie begegnet sind. Ich glaube, ich habe nur etwas von ihr von einem meiner Freunde gehört, der in die gleiche Mittelschule ging, aber ich kann mich nicht mehr wirklich erinnern

In der Turnhalle vergnügte sich Haruhi bei einem Volleyballspiel mit ihren Klassenkameradinnen, aber aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass sie sich dabei zurückhielt. War dieses strahlende Millionen-Watt-Lächeln, das sie uns während der Bestrafungsspielchen zeigte, etwa für uns Brigademitglieder reserviert? Das wäre sehr schade, Haruhi. Ich bin mir sicher, dass jeder hier es gerne sehen würde.

Nachdem sie einen weiteren erfolgreichen Angriff aus dem hinteren Feld durchgeführt hatte, klatschte Haruhi ihre Faust in die geöffnete Handfläche einer ihrer Teamkameradinnen.

Das Volleyballspiel war vorbei, womit die Schulaktivitäten des Tages zu einem Ende kamen.

Schüler, die noch Klubaktivitäten hatten, begaben sich in ihre jeweiligen Klubräume, während die anderen nachhause aufbrachen. Als Mitglied der SOS-Brigade, gingen Haruhi und ich in Richtung des allzu vertrauten Raumes des Literaturklubs, wobei Haruhi noch zufriedener aussah als sonst.

Es bestand kein Zweifel daran, dass Haruhi nach dem Gewinn des Volleyballmatches erfreut war, aber das war noch nicht alles. Der Grund, warum sie noch zufriedener war als normalerweise war, dass sie erfolgreich den Plan des Schülerrates vereitelt hatte die SOS-Brigade zu stürzen. Nach dem Sieg über den Präsidenten des Schülerrates gab es wahrscheinlich nichts mehr, das Haruhi bekümmerte, außer vielleicht der baldige Aufstieg ins zweite High School Jahr.

Da Koizumi meinte, dass alles was Haruhi sich wünscht wahr wird, kamen Nagato, er und ich zu dem Schluss, dass es eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit gab, dass Haruhi sich wünschte, dass wir alle in derselben Klasse sind. Auch wenn Koizumi in der „Bücherwurm“-Klasse war, war das Trotzen der Logik doch das Leichteste für Haruhis Kräfte. Schließlich hatte es schon etliche Vorfälle gegeben, die sich noch weit mehr der Logik widersetzten, wie etwa die Laserstrahlen, die aus Asahina-sans Augen schossen. Der Knackpunkt war, dass sie nicht wusste, dass sie über derartige Kräfte verfügte. Wäre sie sich dessen bewusst, wäre das wahrscheinlich der Untergang der SOS-Brigade.

Das war das Einzige, was Haruhi nicht wusste. Sie hatte keine Ahnung davon, dass Nagato die Fähigkeit hatte Daten zu manipulieren, oder dass Koizumi durch die „Organisation“ hinter ihm wahrscheinlich alles bewerkstelligen konnte.

Ich bin ein sehr positiv eingestellter Mensch. Auch wenn ich bald mein zweites Jahr in der High School beginnen würde, würde ich immer noch vor Haruhi sitzen wollen. Ich wage es auch zu behaupten, dass ich, wenn die SOS-Brigade aufgelöst werden würde, sehr traurig darüber sein würde, so wie es schon im Dezember der Fall war, als ich feststellen musste, dass Haruhi verschwunden war.

Wenn man aber darüber nachdenkt, wäre auch eine Auflösung der SOS-Brigade nicht unbedingt etwas Schlechtes und ich glaube auch nicht, dass es mir so viel ausmachen würde, denn sollte sie wirklich aufgelöst werden, würde das bedeuten, dass sich Haruhis Kräfte endlich beruhigt haben, was wie Koizumi schon gesagt hat auch keine schlechte Sache wäre.

Es ist nur --- Wenn das wirklich geschieht, wäre ich glaube ich ziemlich einsam.

„Was ist los?“

Vielleicht weil ich die Worte „Deprimiert“ über mein ganzes Gesicht geschrieben hatte, sagte die energiegeladene Haruhi zu mir als sie hersah:

„Du verhältst dich heute sehr seltsam. Erst schaust du einen Moment lang blöd drein, dann auf einmal wieder ganz ernst. Was ist los, Gesichtsmuskelkrampf? Oder liegt es an der Depression wegen des verlorenen Fußballmatches? Um ehrlich zu sein, ihr Burschen seid ganz schön erbärmlich.“

Nun, es nicht wirklich meine Schuld. Die Teams wurden per Los entschieden und alle sportlichen Jungen kamen in Team A. Ich musste in Team B den Verteidiger spielen, gemeinsam mit Taniguchin und Kunikida. Wir hatten es geschafft den Stürmer aufzuhalten, indem wir an ihm klebten, als würde unser Leben davon abhängen, aber ich hätte nie von ihm erwartet, dass er den Ball zu Koizumi passen würde, der ihn dann ins Tor schoss. Wie schade, dass die 1-9 im Halbfinale dann gegen die 1-6 verloren hat. Auch wenn das nicht weiter überraschend war, hatte ich doch das Gefühl, dass es nicht Koizumis Stil war, Dinge nur halb erledigt zu lassen. Hat er vielleicht absichtlich verloren?

„Was murmelst du vor dich hin?“

sagte Haruhi und fing plötzlich an zu lachen.

„Aber nachdem es Koizumi-kun ist, über den wir reden, kann ich nicht sagen, dass es völlig unmöglich ist. Vielleicht wollten sie nur beweisen, dass du falsch liegst. Das Einzige als was du und Taniguchi sie aufgefasst habt, war als ein Haufen von nutzlosen Bücherwürmern, nicht? Am Ende habt ihr völlig dabei versagt sie aufzuhalten und habt euch dabei auch noch lächerlich gemacht. Was für ein Haufen von Schwachköpfen. Auch wenn es ein paar ziemlich eingebildete Schüler in der 1-9 gibt, glaube ich nicht, dass sie allgemein so schlimm sind.“

Während ich das Match noch mal durchging, war ich schon ohne, dass es mir bewusst wurde, vor dem Klubraum angekommen. Haruhi riss die Tür auf und schritt stolz hinein. Hast du denn überhaupt keine Manieren? Was ist aus dem „anklopfen vor dem Eintreten“ geworden?

„Mikuru-chan~ Wie waren deine Matches? Gibt es kalten Tee? Ich habe seit dem Morgen Volleyball gespielt und mein Hals fühlt sich trocken an, vielleicht aufgrund von Wassermangel.“

Alle Brigademitglieder hatten sich bereits im Klubraum versammelt. Nagato und Koizumi hatte ihre üblichen Plätze eingenommen und Asahina-san hatte sich abermals das Dienstmädchenkostüm übergeworfen und stand mit einem Tablett in den Händen neben der Tür. Ich frage mich ob sie vor hat eines Tages ein Model für Rembrandt oder Rubens zu werden.

„Erm, tut mir leid, aber wir haben keinen kalten Tee.“

Asahina-san entschuldigte sich verzweifelt, gerade so, als hätte sie etwas falsch gemacht.

„I-Ich werde ihn gleich runterkühlen indem ich ihn in den Kühlschrank stelle… G-Geht das in Ordnung?“

Jetzt wo sie es erwähnt, es gab wirklich einen Kühlschrank im Klubraum. Auch wenn es nur ein kleiner war, war er dennoch groß genug um ein paar Getränkedosen reinzustopfen. Da der Hauptgrund für das Besuchen des Klubraums allerdings das Genießen von Asahina-sans Tee war, war der Kühlschrank so nutzlos wie nach Weihnachten die Kochplatte.

„Brauchst du nicht.“

sagte Haruhi großmütig.

„Auch wenn es nicht lange dauern würde bis er im Kühlschrank abkühlt, ist frisch gebrauter Tee noch immer das Beste.“

Asahina-san brachte Haruhi und mir eiligst zwei Tassen dampfenden Tee. Scheinbar haben sich ihre Teebraufähigkeiten schon wieder verbessert. Gerade als ich darüber nachdachte ob ich sie dazu beglückwünschen sollte oder nicht, sagte Asahina-san plötzlich:

„Hmm… Kalter Tee… Soll ich als nächstes einen Wasserkühler kaufen?”

Manchmal wundere ich mich, ob Asahina-san aus der Zukunft noch irgendwas anderes mitgebracht hat außer Wissen über Teeblätter. Auch wenn sie wie ein süßes, kleines Dienstmädchen aussah, war sie nichtsdestotrotz eine Zeitreisende aus der Zukunft.

Koizumi spielte mit sich selbst Othello.

„Warum gräbst du gerade jetzt dieses nostalgische Relikt aus?“

sagte ich zu ihm, während ich meinen Tee trank. Wenn ich darüber nachdachte, es war das erste Brettspiel, das in den Klubraum gebracht wurde und ich war derjenige gewesen, der es mitgebracht hatte.

„Es ist nur weil es die Brigade jetzt schon fast ein Jahr lang gibt, ist es nicht so? Ich dachte mir, dass wir vielleicht wieder zum Anfang zurückkehren wollen.“

Auch wenn sich Koizumi auf dem Fußballfeld ziemlich höflich gegeben hatte, war er inzwischen wieder in seinen üblichen Zustand ewigen Lächelns zurückgekehrt. Bevor ich noch die Chance hatte ihm zu antworten, hatte er schon alle Spielsteine vom Othellospielbrett entfernt und es im Originalzustand wieder auf den Tisch gestellt.

Asahina-san brachte Haruhi und mir eiligst zwei Tassen dampfenden Tee.

Wieder zum Anfang zurückkehren, wie?

Auch wenn ich noch nicht lange genug lebe um zurückzublicken und über meine Vergangenheit zu reminiszieren, gab es etwas, das ich schon immer sagen wollte.

Ich hob das magnetische Othellospielbrett auf und schielte zur Seite. Vor einem Jahr sah ich den Schatten von jemanden, als ich den Klubraum betrat. Dieser Schatten saß nun in einer Ecke des Raums und las still ein Buch ausländischer Literatur.

„……...“

Es war Nagto Yuki, die dort still in der Ecke saß und las. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, in dem dieses außerirdische Interface Anzeichen von Emotionen gezeigt hatte. Das war, als Asahina-san und ich gemeinsam Othello spielten.

Jetzt, wo ich darüber nachdenke, ich glaube nicht, dass ich je mit Nagato Othello gespielt habe. Nicht, dass ich dabei auch nur irgendeine Chance hätte zu gewinnen, außer vielleicht wenn sie beschließt absichtlich zu verlieren. Aber jetzt, wo mein Kontrahent Koizumi war, sah die Sache schon ganz anders aus. Außer natürlich Koizumi verlor die ganze Zeit ebenfalls absichtlich gegen mich.

Mir war aufgefallen, dass Haruhi nachdem sie sich auf ihrem Kommandantenstuhl niederlässt, für eine kurze Zeit still ist. Als erstes schaltet sie den Computer ein und verbindet sich mit dem Internet. Das war so etwas wie eine tägliche Routine für sie. Das nächste was sie tun würde, war die miserable Homepage der SOS-Brigade zu besuchen. Das war die Pflicht einer Kommandantin, nehme ich zumindest an. Schließlich würde sie damit beginnen das Internet nach allem möglichen abgedrehten und unbekannten Zeug zu durchsuchen. Ab und zu würde sie auch von diversen Seiten Freeware herunterladen und installieren. Ich hatte inzwischen keine Ahnung mehr was sich auf dem Computer befand und was nicht. Wenn sie ein Problem hatte, würde sie einfach den Präsidenten des Computerklubs herbeordern und ihn die Sache unverzüglich richten lassen. Soviel zum Thema ein Werkzeug im vollen Umfang nutzen.

An diesem ruhigen Winterabend fühlte sich jedes Brigademitglied erschöpft von dem bescheuerten innerschulischen Sportevent. Alles was ich wollte war den Abend friedlich vergehen zu lassen.

Othello zu spielen war keine schlechte Idee und Asahina-sans Tee war sogar noch köstlicher als sonst. Es schien, als würde der TAG ebenfalls friedlich vergehen und wir uns schon bald auf den Weg nachhause machen können.

--- Wenn das nur der Fall wäre. Man sagt, dass alle friedlichen Tage einmal zu Ende gehen.

Wieder zurück zum Anfang.

Denn jemand, der darauf gehofft hatte, betrat den Klubraum der SOS-Brigade.

Ja, ein Klientin. Dieses Mal war es keines unserer vorbereiteten Szenarien und ich bezweifle auch stark, dass Haruhi es sich gewünscht hatte.

Nachdem sie an die Tür geklopft hatte, betrat unsere Klientin höflich den Raum. Vielleicht lag es an ihrer Höflichkeit, aber ich hatte das Gefühl, als würde ich mit ansehen, wie ein Schaf die Höhle eines Tigers betritt.

Unsere Klientin fuhr dann damit fort etwas zu sagen, das Haruhi in Aufregung versetzte.

„Ich glaube, dass Geister um mein Haus streifen. Könnt ihr mir bitte helfen der Sache auf den Grund zu gehen?“

„Geister?“

Mit leuchtenden Augen wiederholte Haruhi die Worte unserer Klientin, wie ein Papagei der gerade lernt Laute nachzumachen.

„Sind sie schon einmal erschienen?“

„Ja.“

antwortete unsere Klientin Sakanaka-san und nickte.

„Es hat in der letzten Zeit viele Gerüchte über Geister gegeben, die hinter all dem stecken sollen.“

Sakanaka wer? Ich habe ihren Vornamen schon wieder vergessen. Alles, an was ich mich erinnere ist, dass sie in die gleiche Klasse wie Haruhi und ich ging. Sakanaka-san saß auf den speziell für Klienten reservierten Stuhl und sah angespannt aus während sie Asahina-sans Tee schlürfte.

„Es ist erst vor kurzem passiert, ungefähr vor drei Tagen. Ich bin selber ganz verwirrt wegen der Sache…“,

erzählte sie und trank ihren Tee. Danach stand sie auf und begann im Klubraum herumzugehen, wobei sie sich scheinbar gut amüsierte, besonders als sie sich dem Kleiderständer mit Asahina-sans Kostümen näherte.

Plötzlich kam mir Haruhis Volleyballmatch wieder in den Sinn. Die Spielerin mit der Position neben Haruhi war dieses Mädchen --- Sakanaka-san.

Um ehrlich zu sein, ich hatte nur ein sehr schwammiges Bild von ihr in unserer Klasse. Die einzige Person aus der 1-5, die in meiner Erinnerung hervorstach, war die Klassensprecherin Asakura Ryouko, die nach Kanada übersiedelt war. Ich weiß nicht wer seitdem Klassensprecher war oder ob ihre frühere Position noch immer unbesetzt war. Die anderen Personen, mit denen ich vertraut war, waren Kunikida und Taniguchi. Wenn man die Situation ins Sternensystem übertragen würde, dann wären Kunikida und Taniguchi in etwa so etwas wie die Venus zur Erde, während meine anderen Klassenkameraden, wie auch Sakanaka-san, wahrscheinlich so etwas wie Uranus sind.

Haruhi jedoch kümmerte es wenig wie fremd ihr ihre Klassenkameraden waren.

„Bitte erzähl mir alles was du weißt. Geister, heh… Geister… Sag mal Sakanaka-san, du bist dir sicher, dass Geister hinter allem stecken, nicht? Wenn das stimmt, dann ist es an der Zeit für die SOS-Brigade zu handeln!“

Beim Anblick ihres Gesichtsausdruckes war ich mir ziemlich sicher, dass sie sich am liebsten sofort eine Armschleife mit „Geisterdetektiv“ überstreifen würde, um dann auf direktem Weg Richtung Tatort zu stürmen.

„Erm… Warte… Suzumiya-san...”

sagte Sakanaka-san und winkte heftig mit ihren Händen.

„Ich kann nicht garantieren, dass es wirklich Geister sind. Es ist nur etwas, das wirkt wie Geister, das ist alles. Das besagen zumindest die Gerüchte… Obwohl ich den Ort schon sehr unheimlich finde…“

Als Sakanaka-san bemerkte, dass die Blicke aller fünf Brigademitglieder, inklusive Nagato, auf sie gerichtet waren, senkte sie schnell ihren Kopf und murmelte:

„Erm… War es richtig von mir hierher zu kommen…?“

„Absolut richtig, Sakanaka-san!”

brüllte Haruhi.

„Seien es Geister, Gespenster, wandernde Seelen oder sonstwas. Solange sie mit dem Übernatürlichen zusammenhängen, habe ich kein Problem mit ihnen. Ich kann gar nicht stillsitzen, jetzt wo ich von dieser Art von Vorfall erfahren habe!“

Du hast überhaupt noch nie stillsitzen können.

„Kyon, ich würde es begrüßen, wenn du damit aufhören könntest mich mit deinen dummen Zwischenkommentaren zu unterbrechen. Wir reden hier über Geister, Geister! Willst du denn keinen sehen? Oder hast du etwas schon mal einen gesehen?“

Ich habe noch nie einen gesehen und ich hoffe, dass es auch dabei bleibt.

Haruhi sah aus wie ein Kindergartenkind, das gerade aus seinem 30-Minuten Nickerchen aufgewacht war.

„Unglücklicherweise können wir nicht gleich loslegen. Ich muss erst noch die Details ausarbeiten.“

Tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass es da viel auszuarbeiten gibt.

Haruhis Augen flammten vor Aufregung hell auf. Ich vermied ihren Blick und sah zu Sakanaka-san, die neben mir saß und ihren Mund öffnete, als hätte sie etwas zu sagen, ihn dann jedoch plötzlich wieder schloss.

Warum musste Sakanaka-san dieses Geisterthema gerade jetzt aufbringen, wo das Schuljahr zu Ende ging? Was unsere Klienten angeht, handelte es sich bei ihr um den bisher zweiten, nach Kimidori-san. Nachdem uns Kimidori-san den Auftrag gegeben hatte den vermissten Präsidenten des Computerklubs aufzuspüren, hatte ich das Werbeposter heruntergerissen und in den Papierkorb gestopft. Das schien funktioniert zu haben, denn seitdem hatte niemand mehr die SOS-Brigade aufgesucht. Ich bezweifle sogar, dass überhaupt viele von der Brigade wussten. Bedeutet das, dass sich Sakanaka-san den Inhalt des Posters gemerkt hat bevor ich es heruntergerissen habe? Wenn das der Fall sein sollte, habe ich Mitleid mit ihren Gehirnzellen, die dann vieleicht daran gewöhnt sein könnten sich sogar noch unnützere Dinge zu merken.

Zu meiner Überraschung schüttelte Sakanaka-san ihren Kopf.

„So ist es nicht. Ich erinnerte mich nur, dass ich vor einiger Zeit so etwas wie einen Flyer für die SOS-Brigade bekommen habe, den ich dann vergessen habe auf dem Weg nachhause wegzuwerfen. Als ich nun den Zettel sah, dachte ich mir plötzlich, dass das die beste Stelle ist, an die ich mich wenden kann.“

sagte Sakanaka-san und holte ein Stück Papier aus ihrer Tasche. Beim Anblick des alten und zerknitterten Papiers wich Asahina-san zurück wie ein Vampier, der mit einem Kreuz konfrontiert wird.

„D-d-d-das ist…“

Es war der erste offizielle Werbeprospekt für die SOS-Brigade, der mithilfe des Schulkopierers produziert worden war.

Wenn ich mich nicht täusche, stand folgendes auf dem Zettel:

„Wir von der SOS-Brigade sind derzeit auf der Suche nach paranormalen Vorfällen in dieser Welt. Diejenigen, die derartiges erlebt haben, noch immer erleben oder fühlen, dass sie bald ein paranormales Ereignis erleben werden, sind eingeladen uns aufzusuchen. Wir werden unser Bestes tun um eure Probleme zu lösen…“

Der Flyer war von Haruhi geschrieben worden, die alle paranormalen Vorfälle dieser Welt herausfinden wollte, und war dann von zwei Bunnygirls beim Schultor verteilt worden.

Oh Mann. Es scheint als wäre der Samen, den Haruhi ein Jahr zuvor gepflanzt hatte, inzwischen gekeimt und zu uns zurückgekehrt. Und das ausgerechnet am Ende des Schuljahres. Wer wollte denn, dass so etwas geschieht? Ich habe sicher nicht „Zugabe“ gerufen. War es das, was „an den Anfang zurückkehren“ bedeutete?


Ich frage mich ob Sakanaka-san das Unbehagen spürte, das Asahina-san und ich ausstrahlten, denn sie wurde ebenfalls zunehmend unsicherer.

„… Das ist die SOS-Brigade, habe ich Recht? Sie ist inzwischen sehr bekannt… Von dem, was ich gehört habe, war Suzumiya-san und ihr anderen in diesen furchterregenden Vorfall involviert…“

Tut mir Leid Sakanaka-san, aber ich fürchte wir haben keinerlei Talent in diesem Bereich. Alles was wir haben ist eine bücherliebende Außerirdische, einen Esper, der gerne kombiniert und eine Zeitreisende, die eine Augenweide für jedermanns müde Augen ist. Wir wären also wahrscheinlich besser für den Science-Fiction Bereich geeignet. Natürlich gilt das alles aber nicht für meine gute, alte, normale Wenigkeit.

Während ich ohne ein Wort von mir zu geben Platz nahm, erschien ein sonderbarer Ausdruck auf Haruhis Gesicht.

„Siehst du Kyon, jemand hat sich die Mühe genommen unseren Flyer zu lesen. Wie kannst du also jetzt noch behaupten, dass es Zeitverschwendung war ihn zu machen? Vielleicht sollten wir in Zukunft wieder mit dem Flyerverteilen beginnen.“

In Wirklichkeit hatte glaube ich sogar Haruhi den Vorfall mit den Flyern inzwischen vergessen gehabt.

„Nun gut, sei beruhigt Sakanaka-san! Da wir Klassenkameradinnen sind, werde ich diese Sache kostenlos aufklären!“

Um die Wahrheit zu sagen, Haruhi hatte noch nie jemanden, der zu uns kam, etwas verrechnet. Schließlich war die größte Belohnung, die sich Haruhi wünschen konnte, in Kontakt mit einem paranormalen Phänomen zu kommen. Schon wenn nur ein Klient unseren Klubraum aufsuchte, war Haruhi überglücklich. So war es auch schon bei Kimidori-sans Fall gewesen.

„Geister, heh.“

sagte Haruhi und verzog ihre Lippen zu einem Lächeln.

„Unser Ziel ist die Vernichtung dieser bösen Geister, aber davor muss ich erst einmal jedes Detail über sie wissen! Oh, und wir werden eine Kamera und einen Camcorder brauchen.“

gab sie murmelnd von sich und wurde immer aufgeregter angesichts einer Sache, die den Rest von uns Brigademitgliedern kalt ließ. Das war nicht gut. Wenn das so weitergeht, tauchen am Ende vielleicht wirklich noch Geister auf… Warte mal, hat Sakanaka-san sie überhaupt Geister genannt?

Ahaha. Diese Geister sind vielleicht nichts weiter als eine optische Täuschung. Wenn bekannt werden würde, dass Geister wirklich existieren, dann würde das die gesamte Grundlage der von der Menschheit in Jahrhunderten zusammengetragenen Wissenschaft höchstwahrscheinlich bröckeln lassen.

„Erm…Ich denke wir sollten uns etwas einbremsen. Ich kann nicht garantieren, dass wirklich Geister dahinter stecken. Vielleicht sind es auch keine, ich kann nur einfach keine andere Erklärung dafür finden…“,

ruderte Sakanaka-san unsicher zurück.

„He, Haruhi.“

unterbrach ich. Warum fragt ihr? Weil diese Idiotin bereits in Richtung Ausrüstungsschrank gerannt war.

„Beruhig dich erstmal. Oder hör zumindest zu was Sakanaka-san zu sagen hat.“

„Du stehst mir im Weg.“

erwiderte sie, setzte sich aber frustriert wieder auf ihren Kommandantenstuhl und verschränkte ihre Arme. Sie warf Sakanaka-san und mir einen Blick zu, der bedeutete, dass wir uns damit beeilen sollen zu sagen was wir zu sagen hatten. Ich ignorierte sie und beobachtete Koizumis und Nagatos Gesichtsausdruck, das erste Mal, seit Sakanaka-san den Raum betreten hatte.

Ich hätte es bleiben lassen sollen.

Die beiden sahen genauso aus wie immer. Koizumi trug noch immer sein übliches listiges Lächeln und Nagato zeigte keinerlei Emotionen, wie immer eben.

Trotzdem schienen sie Interesse an Sakanaka-san zu haben und aus irgendeinem seltsamen Grund hatte ich plötzlich das Gefühl, dass ihnen die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen.

---Geister? Von was redet sie da bitte?

Das würde ich zumindest von ihren Gesichtern ablesen.

Wenn wir schon beim Thema Geister sind, lasst mich erst einmal klarstellen, dass ich nicht an Geister glaube. Ich war felsenfest davon überzeugt gewesen, dass diese ganzen Shows über das Übernatürliche im Fernsehen nichts weiter waren als billige Unterhaltung und definitiv nicht echt waren.

Allerdings hatten sich alle meine früheren Glaubensgrundlagen seit dem letzten Jahr aufgelöst. Müsst ihr wirklich noch fragen wieso? Ganz einfach weil ich in Kontakt mit Außerirdischen, Zeitreisenden und sogar einem idiotischen Esper gekommen bin. Ich habe sogar viele paranormale Vorfälle selbst miterlebt.

Darum wäre es keine echte Überraschung, wenn sich eines Tages plötzlich Geister, Dämonen oder Engel vor meinen Augen materialisieren würden. Aber wie ich auch noch nie die Gelegenheit dazu hatte einen Dimensionsreisenden zu begrüßen, blieb es mir bisher auch verwehrt Hallo zu einem umherwandernden Geist zu sagen. Da ich bisher noch keinen Geistern begegnet bin, wäre es auch sinnlos mir Sorgen übe sie zu machen. Sollten sie wirklich beschließen sich mir zu zeigen, hätte ich wohl keine andere Wahl. Allerdings war ich noch nicht so verzweifelt, dass ich aus Eigenantrieb heraus nach ihnen suchen würde. Ich glaube ihr alle werdet jetzt meine aktuelle Situation verstehen, nicht?

Außerdem bin ich nicht der Einzige, der in diesem Schlamassel steckt.

„Geister, heh…. Hmm…“

sagte Haruhi und rieb sich am Kinn, was ihr den Eindruck verlieh tief in Gedanken zu sein.

„Erm, was diese Sache angeht… Also…“

Asahina-san, sah argwöhnisch in Richtung unserer Klientin.

„……“

Nagato blieb wie immer stumm.

Es schien, als hätten alle Brigademitglieder die gleichen Gedanken wie auch ich, seien es Nagato, Koizumi oder Asahina-san. Beim Erwähnen des Wortes „Geist“ wurden plötzlich alle von ihnen todernst. Haruhi war die offensichtliche Ausnahme. Asahina-san sah aus, als hätte sie nur wenig Ahnung was das Wort Geist wirklich bedeutet, zumindest stand sie mit verwirrtem Blick da. Vielleicht war Religion in ferner Zukunft schon eine Sache der Vergangenheit. Zu schade Asahina-san. Vielleicht sollte ich dir ein-zwei Dinge über Religion beibringen. Nun gut, vielleicht irgendwann in der Zukunft.


Auch wenn ich nicht sehr sozial war, war Haruhi zumindest nicht die einzige Person, mit der ich in der 1-5 sprach. Manchmal unterhielt ich mich mit Taniguchi, Kunikida und anderen meiner männlichen Mitschüler. Mitschülerinnen jedoch waren schon eine ganz andere Geschichte. Ich hatte so gut wie keine Erfahrung im Umgang mit Mädchen. Um es kurz zu sagen, ich sprach nur selten mit irgendeinem Mädchen aus meiner Klasse.

Auch nachdem ich jede Ecke meines Gehirns durchsucht hatte, konnte ich mich noch immer an keine Gelegenheit erinnern, bei der ich mit Sakanaka-san unterhalten hätte. Aber selbst wenn, basierend auf meiner Beobachtung war sie eines jener Mädchen, die nur selten mit jemandem sprachen.

„Angefangen dabei an Geister zu denken habe ich wegen Rousseau.“

sagte Sakanaka-san zur aufmerksam zuhörenden Haruhi.

„Rousseau?“

Haruhi runzelte beim Hören des Namens die Stirn.

„Erm.. Das ist der Name meines Hundes.“

Das ist mal ein Name für einen Hund.

„Jeden Morgen und Abend führe ich Rousseau auf derselben Strecke Gassi. Als wir Rousseau neu bekamen, gingen wir noch verschiedene Wege, aber jetzt nicht mehr. Inzwischen hatten wir eine fixe Route, so dass wir Gassigehen mit einem Spaziergang verbinden können.“

Derart nebensächliche Details kannst du ruhig auslassen.

„Entschuldigung, aber kannst du bitte gleich zur Sache kommen?“

„Kyon sei ruhig!“, fauchte mich Haruhi an und sagte: „Bitte erzähl weiter, Sakanaka-san.“

„Rousseau mochte den Weg, den wir immer gingen, aber eines Tages…“

Sakanaka-sans Stimme wurde schwächer und sie schluckte, was es so wirken ließ, als würde sie gleich eine schreckenerregende Gespenstergeschichte erzählen.

„Vor einer Woche begann sich Rousseau plötzlich zu weigern den üblichen Weg zu gehen. Auch wenn ich ihn an der Leine zog, bewegte er sich nicht vom Fleck.“

Sakanaka-san demonstrierte eine Pose, mit der ich nur zu gut vertraut war --- Mit ihren beiden Händen fest auf den Tisch gekrallt, ähnelte sie Shamisen, der sich weigerte in der Nacht mein Bett zu verlassen.

„Wie hätte ich von seiner Reaktion nicht geschockt sein sollen? Er hatte die ganze Zeit kein Problem damit, erst als wir uns diesem einen Ort näherten fing er an sich seltsam zu benehmen. Das Gleiche geschah am nächsten Tag und am übernächsten, weshalb mir nichts anderes übrig blieb, als unsere übliche Route zu ändern.“

Sakanaka-san pausierte und trank eine Tasse Tee.

Das ist also passiert. Ein Hund, der sich seinen Namen mit dem eines berühmten Philosophen teilte, mochte plötzlich seine übliche Route nicht mehr. Was hat das mit Geistern zu tun?

Haruhi kam mir bei dieser Frage zuvor.

„Was ist mit Geistern?“

fragte sie laut.

„Erm… Deswegen meinte ich…“,

antwortete Takanaka-san und senkte ihre Teetasse.

„Deswegen meinte ich, dass ich mir nicht sicher bin, ob wirklich Geister daran beteiligt sind. Es ist nur ein Gerücht, das ich in letzter Zeit gehört habe.“

Und wo hat dieses Geistergerücht seinen Ursprung?

„An vielen Orten. Viele Leute haben Hunde als Haustiere in meiner Gegend. Ich treffe sie gelegentlich, wenn ich Rousseau Gassi führe und unterhalte mich mit ihnen. Das erste Mal, dass ich davon hörte war, als ich mich mit Minami-san unterhielt, die zwei Shar-Peis hat. Laut Minami-san weigerten sich ihre Hunde ebenfalls diesen Weg entlang zu gehen, als würde er sie beängstigen.“

Könnte es etwas sein, dass wir Menschen es nur nicht spüren können?

„Ja, das glaube ich zumindest, denn ich habe jedenfalls nichts gespürt als ich vorbeiging.“

Wir entfernen uns hier immer weiter vom Thema. Was ist mit den Geistern?

„Nun, ihr müsst wissen…“,

sagte Sakanaka-san und es schien dabei, dass sie der Vorfall sehr beunruhigte.

„Ab diesem Tag, weigerten sich alle Hunde in der Gegend sich diesem Ort zu nähern. Schon bald wurde es zum Gesprächsthema Nr. 1 unter den Hundebesitzern und es schien, dass Hunde auch nicht die Einzigen waren, die diesen Ort mieden. Es gab dort immer einige streunende Katzen, aber seit diesem Tag sind sie verschwunden.“

Die ganze Zeit hatte Haruhi aufmerksam zugehört. Sie machte sich gelegentlich kurze Notizen mit ihrem Bleiistift, als ob sie wichtige Hinweise notieren würde, aber als ich einen Blick darauf warf, waren es nur einige kindische Zeichnungen von Katzen und Hunden.

„Dort müssen Geister sein, weshalb die Tiere es nicht wagen in die Nähe zu kommen. Es könnte sich um einen Geist handeln, der nur vor Katzen und Hunden erscheint, aber nicht vor Menschen. Habe ich Recht?“

„Ja, so ist es.“

Sakanaka-san nickte zustimmend.

„Oh, da gibt es noch eine Sache, die mich beunruhigt. Ich habe eine Freundin namens Higuchi-san, die in der gleichen Gegend wohnt. Sie hat einen ganzen Haufen Hunde und ich bin mit jedem von ihnen befreundet.“

Daraufhin fuhr sie in einem unheimlichen Tonfall fort:

„Heute Morgen bemerkte ich, dass einer ihrer Hunde nicht dabei war, als sie Gassi ging. Als ich sie danach fragte, erzählte sie mir, dass er letzte Nacht krank geworden ist. Sie hat keine Details genannt, aber von dem was ich gehört hatte, musste er zum Tierarzt gebracht werden.“

„Und, glaubst du, dass Geister irgendwas damit zu tun haben? Suzumiya-san?“

„Hm… Ich würde sagen es könnte sein aber…“

Haruhi verschränkte ihre Arme, senkte ihren Kopf, schloss ihre Augen und war schon bald tief in Gedanken versunken. Ihrem Gesichtsausdruck nach konnte ich mir schon in etwa denken, was sie gerade dachte. „Weil wenn das alles ist, was passiert ist, dann wäre es zu langweilig.“ Geister in die Geschichte mit einzubauen, lässt die Sache gleich interessanter aussehen.

„Aber beurteilt nach der derzeitigen Situation, kann ich noch nichts bestätigen.“

Haruhi etwas derartig Nüchternes sagen zu hören, erstaunte mich. Aber schon kurz danach fügte sie hinzu:

„Die Wahrscheinlichkeit, dass in diesen Fall Geister involviert sind, ist jedoch sehr hoch. Vielleicht ist es ein Geist, den nur Hunde oder Katzen sehen können. Dieses Mädchen – was war noch mal ihr Name? Ihr Hund muss den Geist gesehen und daraufhin einen schweren Schock erlitten haben. Deshalb wurde er krank.“

Ich konnte nicht einmal sagen, dass ich völlig anderer Meinung als Haruhi war. Ich hatte Shamisen schon dabei beobachtet, wie er lange Zeit in eine leere Ecke in meinem Zimmer gestarrt hat, als würde er etwas sehen, das für mich unsichtbar war. Aber Katzen waren anscheinend anders als Hunde. Selbst wenn sie wirklich einen Geist sehen würden, würden sie davon nicht krank werden. Als Katzenbesitzer kann ich das glaube ich beurteilen.

Während ich noch über Shamisen nachdachte, stand Haruhi plötzlich auf und drohte dabei den Stuhl, auf dem sie zuvor noch gesessen hatte, hoch in die Luft zu katapultieren.

„In den Grundzügen habe ich die Situation, in der wir uns befinden, jetzt verstanden.“

Das Einzige, das ich verstehe ist, dass es einen Ort gibt, den Hunde und Katzen nicht betreten können.

„Das ist mehr als genug. Anstatt hier zu bleiben und sinnlose Schlussfolgerungen aufzustellen, sollten wir zum Ort des Geschehens eilen. Wenn wir Glück haben, treffen wir dort auf etwas, das offensichtlich das Herz eines Tieres in Angst und Schrecken versetzt. Es könnte ein Geist sein, ein Monster oder ein anderes übernatürliches Wesen!“

Ein Monster? Ist das nicht sogar noch furchterregender als ein Geist? Nur der Gedanke an die verschiedenen Monster, die im 19. Jahrhundert durch Europa gezogen sind, ließ mir den kalten Schauer über den Rücken jagen. Wenn wir einem wandernden Geist begegnen, konnten wir vielleicht noch zu ihm beten und ihn überzeugen uns nicht zu verletzten, damit er wiedergeboren wird, aber wenn es Monster oder Dämonen sind, dann hättest du von Anfang an nicht hierher kommen sollen Sakanaka-san! Was würde passieren, wenn einer von uns von etwas besessen wird?

Während ich darüber nachdachte, bemerkte ich, dass mein Blick zu Nagato gewandert war.

Da der letzte Klient, den wir hatten, Kimidori-san (die inzwischen übrigens die Sekretärin des Schülerrates war) in gewisser Weise mit Nagato zusammenhing, könnte es sein, dass das bei Sakanaka-san ebenfalls der Fall war?

Ich verwarf die Idee augenblicklich. Der Grund war, dass Nagato bereits ihr Buch weggelegt hatte und Sakanaka-san aufmerksam zuhörte. Auf ihrem blassen, weißen Gesicht war ein Ausdruck, den nur ich allein wahrnehmen konnte, worauf ich überaus stolz war. So wie ich es sah, schien Nagato tief in Gedanken zu sein, was bedeutete, dass Sakanaka-sans abgedrehte Geistergeschichte etwas völlig Neues für sie war.

Danach drehte ich meinen Kopf argwöhnisch in Richtung Koizumi. Als sich unsere Blicke trafen, zuckte er mit den Schultern und setzte ein etwas gequältes Lächeln auf, als wolle er mich fragen, was ich von ihm will. „Dafür bin ich nicht zuständig.“ --- Das war es offensichtlich, was er versuchte damit auszudrücken, zumindest seiner Körpersprache nach beurteilt. Mir war so, als könne ich ihn inzwischen etwas besser verstehen.

Die einzige Person, die noch übrig blieb, war jemand, den ich gar nicht erst anschauen brauchte um ihre Antwort zu kennen. Asahina-sans Gesichtsausdruck zeigte schlicht „Ich weiß überhaupt nichts.“ Ich habe sogar Zweifel, dass sie überhaupt wusste, worüber wir sprachen oder was genau los war.

„Nun gut alle zusammen“

rief Haruhi energiegeladen.

„Lasst uns jetzt gehen. Wir haben eine Kamera… allerdings keine Geisterfalle. Wenn wir doch bloß ein paar Papierstreifen mit Tangut-Formeln darauf hätten…“

“Auch Karten des Gebietes sind wichtig.”

merkte Koizumi an, während er Sakanaka-san ein kleines Lächeln zuwarf.

„Ich würde gerne mit einer ernsthaften Untersuchung des Ganzen beginnen. Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich dafür um Rousseaus Unterstützung bitten würde?“

Scheint so, als wäre er selbst schon scharf darauf der Sache auf den Grund zu gehen.

Es wäre sinnlos das ganze Gebiet nach verdächtigen Orten abzusuchen. Wenn wir Koizumis Vorschlag folgen und uns von Rousseau führen lassen, würde wir viel Zeit sparen und auf direktem Weg zu unserem Ziel kommen.

„In Ordnung.“,

antwortete Sakanaka-san und nickte Koizumi zu.

„Ich werde dann also mit ihm spazieren gehen.“

Asahina-san riss ihre Augen auf und sagte:

„Erm, wenn wir jetzt wirklich losgehen, dann muss ich mich zuerst noch umziehen…“

Gleichzeitig krallte sie ihre Hände in ihr Dienstmädchenkostüm und sah dabei sehr verängstigt aus, als würde sie halb erwarten in diesem Aufzug nach draußen gezerrt zu werden, wenn sie nicht schnell genug ihre Kleidung wechselte. Das machte durchaus Sinn, denn Haruhi würde sie ohne zu zögern so wie sie ist mitschleifen, wenn durch die Verzögerung die Untersuchung behindert werden sollte.

„Hmm, du hast Recht Mikuru-chan, du ziehst dich besser um. In der Aufmachung kannst du dich draußen nicht zeigen.“

Letztendlich hatte Haruhi also tatsächlich mal ein logisches Argument hervorgebracht.

„Okay.“

antwortete Asahina-san und war sichtlich erleichtert, während sie schon nach ihrer Haarspange griff.

Wenn das so ist, dann ist es an der Zeit für Koizumi und mich zu gehen.

Auf keinen Fall werde ich ihm diesen Augenschmaus gönnen.

Gerade als ich mich umdrehte um zu gehen, sagte Haruhi etwas Schockierendes:

„Mikuru-chan, du darfst nicht in deine Schuluniform wechseln.“

„Eh?“

Ungeachtet Asahina-sans beunruhigtem „Eh“, schritt Haruhi zum Kleiderständer, lächelte sadistisch und zog schließlich ein Kostüm hervor.

„Das hier. Das ist perfekt für so gespenstische Anlässe wie diesen!“

sagte Haruhi und hob einen langen, weiß-roten Kimono in die Höhe. Er erinnerte mich an das alte Japan, genauer gesagt an…

Asahina-san wich instinktiv zurück.

„D-das ist…“

„Ein Miko-Kostüm. Eine Miko!“

Ein boshaftes Lächeln zeigte sich auf Haruhis Gesicht. Es war das Gleiche, das sie immer aufsetzte, wenn sie eine ihrer brillanten Ideen hatte. Sie warf das Miko-Kostüm in Asahina-sans Arme und sagte:

„Da wir uns auf eine Exorzismusmission begeben, ist das das beste Kostüm, das wir haben. Hätte ich es bloß früher gewusst, dann hätte ich auf jeden Fall ein paar religiöse Gewänder vorbereitet. Da wir Mikuru-chan nicht als Mönch auftreten lassen können, weil das zu peinlich wäre, ist unsere einzige Möglichkeit sie als Miko zu verkleiden… Wie siehst du das Kyon? Ich bin Niemand, der die verschiedenen Kostüme auswählt, ohne sich Gedanken darüber zu machen. Ist dieses Kostüm nicht einfach perfekt für diesen Anlass?“

Obwohl die Schule schon aus war, war ich noch immer der Meinung, dass es besser wäre darüber zu diskutieren, ob ein Dienstmädchen oder eine Miku mehr Aufmerksamkeit seitens der Schüler auf sich ziehen würde. Bevor ich jedoch noch eine Chance hatte meinen Überlegungen Ausdruck zu verleihen, hatte Haruhi mich und Koizumi schon aus dem Klubraum vertrieben.

Schon bald drang Haruhis Siegesgeheul vermischt mit Asahina-sans süßen, jedoch entsetzen Schreien durch die Tür.

„Koizumi.“

„Ja? Bevor du aber fragst, lass mich erst einmal klarstellen, dass ich nicht glaube, dass die Sache mit Geistern zu tun hat.“

sagte Koizumi und strich sich durch die Haare, bevor er wieder sein übliches listiges Lächeln aufsetzte.

„Also was glaubst du dann, was es dieses Mal ist?“

„Zum derzeitigen Zeitpunkt kann ich noch nichts Definitives sagen. Ich kann nur wohlüberlegte Vermutungen äußern.“

Aja, wie auch immer. Heraus damit.

„Nach Sakanaka-sans Erzählung gibt es einen Ort, den viele Hunde nicht betreten können. Das bringt mich zu meiner Frage. Was haben Tiere, besonders Katzen und Hunde, was gegenüber uns Menschen überlegen ist?“

„Einen besseren Geruchssinn?“

„Korrekt. An diesem Ort sollte also irgendetwas sein, das Hunde nicht mögen. Vielleicht ist es dort vergraben.“

Koizumi ordnete abermals seine Haare und sagte lächelnd:

„Das Erste, was mir in den Sinn gekommen ist, ist eine Gasbombe oder etwas in der Art. Vielleicht ist sie von einem Armeelaster gefallen während sie wer weiß wohin unterwegs war.“

Trottel. Wenn so etwas Sensibles wie eine Gasbombe einfach von einem Laster fallen könnte, was wäre dann der Sinn gewesen diesen überhaupt für ihren Transport zu benutzen?

„Eine andere Möglichkeit wären radioaktive Materialen. Allerdings habe ich keine Ahnung wie sich Tiere gegenüber radioaktiver Strahlung verhalten.“

Lass uns Gasbomben und radioaktive Materialen einfach mal vergessen. So etwas wie einen Blindgänger halte ich für eine glaubhaftere Erklärung.

„Hmm, das ist tatsächlich auch eine Möglichkeit. Wie wäre es damit? Vielleicht hält in der Nähe ein Bär aus den Bergen Winterschlaf und jetzt, wo er bald aufwachen wird, flüchten die Hunde aus lauter Angst vor ihm…“

Mach dich nicht lächerlich! Es gibt noch nicht einmal Wildschweine in der Nähe, geschweige denn Bären.

„Bedenke“, sagte Koizumi und verschränkte elegant seine Arme, „Solange der einzige Anhaltspunkt, den wir haben der ist, dass es etwas ist, was mit Geruch zu tun hat, kann man alle möglichen wilden Theorien aufstellen. Der einzige Weg dieses Rätsel zu lösen ist alle verfügbaren Informationen zu sammeln, sie mit ruhigen und deduktiven Verstand zu analysieren, daraus mit Hilfe eines erfinderischen Geistes eine plausible Hypothese abzuleiten und schließlich dem Bauchgefühl zu folgen. Nur mit diesen Schritten können wir die Wahrheit aufdecken. Also müssen wir zuallererst sicherstellen, dass alle unsere Informationen aus einer verlässlichen Quelle stammen. Haben wir schon alle Informationen, die wir brauchen? Das können wir nicht wissen. Deshalb ist es nicht so einfach ein Rätsel zu lösen wie es aussieht.“

Wenn du unbedingt deine Meinungen hinsichtlich Schlussfolgern und Ableiten abgeben willst, solltest du vielleicht zu einer Forschungseinrichtung gehen. Was bringt es diese Punkte jetzt aufzubringen? Es ist so, wie Haruhi es gesagt hat, alles was wir tun müssen ist zum Tatort zu gehen und dort nach verdächtigen Dingen suchen, so einfach ist das. Nach allem was wir wissen, könnte es damit enden, dass Haruhi irgendetwas Schräges ausgräbt, wie antike Münzen aus dem chinesischen Reich. Sollte das wirklich passieren, wären wohl die Archäologen weltweit ratlos, also hoffen wir, dass dem nicht so sein wird.

Um es kurz zu machen, wenn du irgendwelche Schlussfolgerungen anstellen willst, oder wie du sie nennst, wohlüberlegte Vermutungen, dann heb sie dir für das nächste Klubtreffen auf, Koizumi.

„Die Wahrheit mittels einfacher Logik herauszufinden, das könnte sehr wohl eines der größten Geheimnisse des Schlussfolgerns sein. Allerdings, könnte die Wahrheit derart einfach ans Licht gebracht werden, dann wäre dieser Fall viel zu wenig unterhaltend, nicht?“

Während Koizumi wieder einmal irgendeinen kompliziert klingenden Mist murmelte, hatte ich das Gefühl, als würde sich die Tür, gegen die ich gelehnt war, bewegen und wirklich, sie öffnete sich.

Durch sie hindurch zerrte eine energiegeladene Brigadekommandantin eine Miko-Version von Asahina-san, damit diese uns begrüßt.

„Vorbereitungen abgeschlossen! Du siehst gut darin aus, Mikuru-chan! Jeder umherwandernde Geist würde aus Schock sicher gleich wieder ins Jenseits flüchten!“

„Schluchz……“

Asahina-san senkte verlegen ihren Kopf, als sie zur Freude für unsere Augen heraustrat, dabei aber leicht schwankte. Nach dem Hina-Matsuri Fest am 3. März hatte ich also wieder einmal Gelegenheit sie in einem derartigen Outfit zu sehen.

Ich frage mich, wann der Kimono angefertigt worden war. Er sah genauso aus wie die Kimonos, die den Schreinjungfrauen vorbehalten waren, inklusive einem dieser Zeremonienstäbe, und wenn sie einen zeremoniellen Miko-Mai-Tanz durchgeführt und dabei irgendwelche Beschwörungsformel aufgesagt hätte, wären böse Geister glaube ich nicht die Einzigen gewesen, die das Jenseits erreicht hätten. Kurz gesagt, das Kostüm war derart süß, es war schlicht ein Hammer.

Hinter den beiden standen Sakanaka-san, die verzweifelt sagte: „Erm… Soweit müsst ihr wirklich nicht gehen…“ und Nagato, die zwar nicht durchsichtig war, deren Existenz aber der eines Geistes ähnelte. Nachdem alle von ihnen den Klubraum verlassen hatten, waren die Vorbereitungen für das Verlassen der Schule allem Anschein nach wirklich abgeschlossen.

Gehen wir jetzt wirklich Geister exorzieren? Asahina-san war gezwungen worden als Miko zu fungieren und wenn diese Teilzeit-Miko jetzt wirklich ihren Exorzierstab in einer Miko-Mai herumschwenkt, fürchte ich, dass sie sich dabei versehentlich an der Schulter trifft oder sonst was. An alle echten Priester und Exorzisten da draußen, wir entschuldigen uns vielmals für diese Beleidigung.


Schließlich hatte schon der Frühling begonnen. Während dieser Jahreszeit war es üblich seltsame Verhaltensweisen an den Tag zu legen, seien es die Leute, Katzen oder Hunde.

Theoretisch jedenfalls.

Haruhi sah sehr aufgeregt aus, als unsere Suche begann. Es fühlte sich so an, als würden wir wieder in irgendwelche seltsamen Ereignisse verwickelt werden, da die anderen Brigademitglieder Koizumi, Asahina-san und sogar Nagato, angefangen hatten, einzeln zu operieren. Manchmal frage ich mich, ob ich nicht eigentlich auch etwas tun sollte anstatt nur herumzustehen.

Allerdings war ich das einzige Brigademitglied, das nicht mit irgendeiner Fraktion verbunden war, also war das Einzige, was ich tun konnte, hier zu stehen und meine Gedanken schweifen zu lassen.

Und wenn man es bedenkt, war diejenige, die uns führte, nicht mehr als eine gewöhnliche, Hunde liebende Mitschülerin von mir. Basierend auf der Geschichte, die uns Sakanaka-san erzählt hat, fragte ich mich, ob tatsächlich Geister vor uns erscheinen würden.

Wenn Geister, die nicht von Asahina-sans Beschwörungen exorziert werden können, tatsächlich existieren und wirklich in der ganzen Stadt herumschwebten, dann wären sie schon vor langer Zeit zu uns in den Klubraum gekommen. Dass es noch nicht zu einem solchen Fest für die Geister gekommen war, war also der wichtigste Punkt.

Nein, das nehme ich zurück. Der wichtigste Punkt war wohl---

Etwas noch schwerer zu erklärendes als Geister, das angenehmerweise noch nicht erschienen war, weil bisher niemand von uns überhaupt daran gedacht hatte.



Nachdem wir den steilen Weg hinter der North High hinuntergegangen waren, stiegen wir an der Bahnstation in den Zug, wechselten einmal die Linie und fuhren schließlich mit einem anderen Zug in das Wohngebiet von Sakanaka-san. Nachdem es in der Gegenrichtung zur Bahnstation lag, an dem sich die SOS Brigade sonst immer traf, war ich noch nie in dieser Gegend gewesen. Alles was ich wusste war, dass es sich dabei um eine Luxuswohngegend handelte.

Da viele reiche Geschäftsmänner in dieser Gegend lebten, war es offensichtlich, dass auch Sakanaka-san selbst ziemlich wohlhabend war. Ihr Vater war Generaldirektor irgendeiner großen Firma, während ihr Bruder gerade daran war sein Medizindiplom an einer berühmten Universität zu machen. Ich konnte es nicht glauben, dass ich erst jetzt am Ende des Schuljahres bemerkte, dass ich eine derart reiche Mitschülerin hatte.

„Das ist in Wirklichkeit keine so große Sache.“

sagte Sakanaka-san und klatschte im Zug als Geste der Bescheidenheit in ihre Hände.

„Mein Vater leitet nur eine kleine Firma, während mein Bruder an einer lokalen Universität studiert.“

Also war nicht nur ihre Familie reich, sondern ihr Bruder war auch noch ziemlich intelligent. Ich frage mich ob sie ihn „Onii-chan“ ruft? Langsam beginne ich diese Rufe zu vermissen.

Ein Bild von meiner lächelnden Schwester schoss mir durch den Kopf. Ich verscheuchte es indem ich mich im Zug umschaute.

Da wir alle zu Sakanaka-sans Haus unterwegs waren, war es nur natürlich, dass wir fünf Mitglieder der SOS-Brigade plus eine Mitschülerin, an einem Fleck zusammengedrängt saßen. Für manche Leute hätten sechs Personen vielleicht als zu große Gruppe gewirkt, aber glücklicherweise stiegen noch andere Schüler zu. Da es sich dabei großteils um Schülerinnen der Kouyouen High School handelte, wurden wir North High Schüler in eine Ecke gedrängt. Aber sogar in einem Zug voller High School Schüler hatte ich das Gefühl, als würden wir zu viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen.

„Schluchz…..“

Der Grund dafür war Asahina-sans Geschluchze während sie sich am Haltegriff festhielt. Aber daran konnte man nichts ändern. Es war unmöglich, dass ein schluchzendes Mädchen in einem Miko-Outfit, das in einen öffentlichen Zug einsteigt, keine Aufmerksamkeit erregen würde.

Asahina-san war schon einmal mit einem Bunny-Girl-Kostüm Zug gefahren und gezwungen worden damit in einer Einkaufsstraße herumzurennen. Aus diesem Grund wollte ich sie damit trösten, dass ich ihr sage, dass sie dieses Mal um einiges besser dran war. Wenigstens war sie in ein Kostüm gekleidet, das nicht zu viel Haut zeigte.

„Mikuru-chan, kennst du irgendwelche Beschwörungsformeln, Zaubersprüche, oder etwas in der Art?“

„…Schluchz…N-nein…“

antwortete Asahina-san leise und senkte ihren Kopf.

„Nun gut, das war zu erwarten.“

Obwohl sie mit einer beschämten Asahina-san konfrontiert war, verzichtete Haruhi darauf ihre Stimme zu senken. Ihr war es offensichtlich egal wie sich Asahina-san fühlte.

„Wie steht’s mir dir, Yuki? Hast du in deinen Büchern schon mal über irgendwas, was mit Exorzismus zu tun hat gelesen?“

„……..“

Nagato starrte gerade auf die vorbeiziehende Landschaft vor dem Fenster, als Haruhi sie fragte. Sie widmete dem Schütteln ihres Kopfes zwei Sekunden, bevor sie wieder ihre ursprüngliche Haltung einnahm.

Ich glaubte zu wissen, was Nagato ausdrücken wollte und Haruhi ging es scheinbar genauso, denn sie sagte:

„Ist das so. Nun ja, es ist wohl nur natürlich, dass man sich Zaubersprüche und Beschwörungen nicht merkt. Zum Glück für dich, Mikuru-chan, kann ich mich an einen kleinen Teil einer Beschwörung erinnern, also sprich mir nach…“

Was für eine Art von Beschwörung willst du Asahina-san überhaupt beibringen? Sollte sich diese Beschwörung dann als eine zur Herbeibeschwörung herausstellen, dann versuch erst gar nicht die Schuld auf Asahina-san zu schieben wenn etwas passiert. Und um mich brauchst du dich dann auch nicht umschauen, denn ich werde der Erste sein, der in so einem Fall wegrennt.

„Sei nicht blöd.“

sagte Haruhi gut aufgelegt.

„Wenn ich eine derart mächtige Beschwörungsformel kennen würde, hätte ich die schon vor Ewigkeiten ausprobiert. Jetzt wo du es erwähnst, ich erinnere mich daran ein Buch mit Zaubersprüchen gekauft zu haben als ich in der Mittelschule war. Obwohl ich alles befolgt habe, was darin geschrieben stand, passierte nichts. So kam ich zum Schluss, dass die Zauberbücher, die man in Einkaufsvierteln kaufen kann, nicht echt sind.“

„Hmm, mir ist gerade etwas Lustiges eingefallen.“

Für einen kurzen Moment stellte ich mir vor, wie plötzlich eine Glühbirne über Haruhis Kopf anging.

„Bei unserer nächsten stadtweiten Suche, warum gehen wir da nicht in Antiquariate und Antiquitätengeschäfte? Unser Ziel werden verdächtige alte Geschäftsinhaber sein und wir werden sie auffordern ihre echten Zauberbücher oder ihre magischen Artefakte herauszurücken! Wenn wir Glück erhaben, erscheinen vielleicht sogar Dschinns wenn wir an den Artefakten reiben!“

Wenn ein Dschinn mir wirklich drei Wünsche erfüllen und danach wieder für einen tausend Jahre langen Schlaf in seiner Lampe verschwinden würde, hätte ich vielleicht Interesse daran gehabt. Unglücklicherweise hatte ich das Gefühl, dass die Dschinns, die Haruhi vorschwebten, die Marke dunkle Zauberer waren, die in antiken Zeiten in Lampen versiegelt worden waren und bei ihrer Befreiung Zerstörung über die ganze Welt bringen würden. Wenn ich darüber nachdachte, war ich mir unsicher dabei Haruhi in Antiquitätenläden stürmen zu lassen, wo sie dann an allen Dingen um sich herum reiben würde. Alles was ich mir wünschte war also, dass die „Antiquariate“ und „Antiquitätengeschäfte“ von Haruhi schnell zusperren würden, bevor sie es sich plötzlich anders überlegt und beschließt noch heute eine stadtweite Suche zu organisieren.

Ich brauche glaube ich nicht erwähnen, dass sich unsere Unterhaltung inzwischen von „Zauberformeln“ wegbewegt hatte und bei „magischen Artefakten“ gelandet war.

„Huhuhu~“

Als könnte er meine Gedanken lesen, ließ Koizumi einen seiner „Huhuhu~“-Lacher ertönen. Da beide seiner Hände voll waren, konnte er sich nicht festhalten und schwankte deshalb gefährlich während der Zugfahrt. In einer Hand hatte er seine eigene Tasche, in der anderen die von Asahina-san. Und wenn wir schon beim Thema Taschen sind, neben meiner eigenen Schultasche in meiner rechten Hand, hatte ich noch eine andere über meine Schulter gehängt. Darin befand sich Asahina-sans Schuluniform. Schließlich musste sie sich ja umziehen bevor sie nachhause ging, nicht wahr? Hätten wir ihre Schuluniform in der Schule gelassen, wäre sie gezwungen gewesen entweder im Miko-Kostüm in die Schule zu gehen oder die Schule überhaupt zu schwänzen. Und da jede vernünftige Person bei so etwas zuhause bleiben würde, hatte ich keine Zweifel daran, dass sie das ebenfalls tun würde. Wenn das aber geschehen würde, was würde dann aus meiner täglichen Dosis von Asahina-sans Tee werden? Was würde ich dann trinken um meine trockene Kehle zu befeuchten?

„Nur die Ruhe, das werde ich übernehmen im Fall, dass so eine Situation je auftritt.“

sagte Koizumi zu mir uns klang dabei sehr entspannt für jemanden, der gerade angeboten hatte eine so große Verantwortung zu übernehmen.

„Auch wenn ich nicht gut im Teebrauen bin, habe ich Mittel und Wege um sicherzustellen, dass Asahina-san zur Schule kommt. Ich kann ein Auto organisieren, das sie abholt, wenn du willst.“

Konfrontiert mit einem derartigen Angebot war alles, was ich tat, still zu bleiben.

Der Fahrer wäre dann höchstwahrscheinlich sowieso jemand aus der „Organisation“. Wenn es jetzt Arakawa-san wäre, hätte ich keine Bedenken, aber bei Mori-san, deren Alter ein gut gehütetes Geheimnis war, würde ich mich unsicher fühlen. Manchmal frage ich mich, ob sie Koizumis Vorgesetzte ist. Wenn es aber jemand anders aus der „Organisation“ wäre, dann könnte ich Asahina-san sicher nicht sorglos mit ihnen mitfahren lassen. Auch wenn sie uns schon einmal während des Asahina Michiru Entführungsfalls geholfen hatten, konnte ich mich noch immer nicht überwinden ihnen völlig zu vertrauen.

Koizumi gab abermals „Huhuhu~“ von sich und sagte:

„Das ist schade. Und das nach all den Umständen die ich mir gemacht habe um Mori-san um Hilfe zu bitten. Wie es scheint werde ich wieder die Lachnummer des Büros sein.“

Der Zug knarrte während er auf den Schienen rüttelte und wurde langsamer. Es schien, als hätten wir unseren Zielort letztendlich erreicht.

Jetzt war nicht die Zeit sich über Koizumis „Organisation“ oder die Dinge, die Haruhi für die nächste stadtweite Suche im Kopf hatte, Gedanken zu machen.

Es war Zeit herauszufinden was Sakanaka-sans Hund so sehr beunruhigte.


Nachdem wir den Bahnhof verlassen hatten, folgten wir Sakanka-san zu ihrem Haus. Obwohl es bergauf lag, war es nicht so steil wie der Weg, der zur North High führte und vielleicht liegt es nur an mir, aber warum sind die Mädchen hier hübscher als normalerweise?

Glücklicherweise blieb niemand stehen um auf Asahina-sans Miko-Kostüm zu starren und auch die Polizei nahm uns nicht in Gewahrsam mit Verdacht auf Entführung einer Schreinjungfrau. Nach ungefähr 15 Minuten hatten wir Sakanaka-sans Haus schließlich erreicht.

„Wir sind da.“

Beim Anblick von Sakanaka-san, wie sie gelassen auf das große Gebäude vor uns zeigte, schossen mir sofort mehrere Synonyme von „Niedergeschlagenheit“ durch den Kopf. Das Gebäude vor uns war ohne Zweifel groß und es war geradezu schmerzhaft offensichtlich, dass wer auch immer hier lebte, wirklich reich sein musste. Die Wände, die Tür und sogar das Tor des dreistöckigen Hauses strahlten eine Aura von Überlegenheit aus und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, lag auch noch ein großer Garten davor.

Auch wenn es was die Grundstücksgröße angeht nicht an Tsuruya-sans traditionelles Anwesen heranreichte, strahlte es nichtsdestotrotz Modernität und Klasse aus, die sogar Außenseiter wie ich wahrnehmen konnte. Neben der Tür befand sich die obligatorische Plakette einer Sicherheitsfirma und in der großen überdachten Garage parkten zwei Autos. Eines war von einer heimischen Firma, das andere war importiert. So wie die Garage aussah, hatte darin auch noch ein drittes Auto Platz. Ich frage mich, wie viel Karma ich sammeln muss bevor ich in eine derart wohlhabende Familie wiedergeboren werde.

Während ich mich im Selbstmitleid darüber, dass ich nicht reich geboren wurde, suhlte, öffnete Sakanaka-san schon das Vordertor und bat Haruhi einzutreten. Haruhi, so wie sie eben ist, schritt königlich auf Sakanaka-sans Grundstück, mit Nagato, Koizumi und Asahina-san dicht hinter ihr und mir als Schlusslicht.

„Bitte wartet kurz.“

Sakanaka-san nahm einen Schlüsselbund aus ihrer Tasche und öffnete die Tür, die übrigens mit drei verschiedenen Schlössern ausgestattet war.

„Das nervt…“

murmelte sie und begann aufzusperren. Konnte es sein, dass niemand zuhause war? Ne, das ist unmöglich. Sakanaka-san hat vorhin erwähnt, dass ihre Mutter da ist. Wahrscheinlich war es schon eine Gewohnheit alle Türen fest zuzusperren, auch wenn jemand im Haus war.

„Wo ist dein Hund, von dem du vorhin gesprochen hast?“

„Erm, er wird gleich da sein.“

Sakanaka-san öffnete die Tür und…

„Wuff wuff!“

Unter aufgeregtem Bellen schlüpfte ein kleiner, weißhaariger Hund durch die Tür und begann mit seinem Schwanz zu wedeln und verspielt nach Sakanaka-sans Rock zu schnappen.

„Kyaa~ Er ist so süß~“

Asahina-sans Augen leuchteten während sie sich niederkniete und begann den Hund zu streicheln. Er sah sie mit seinen kleinen, schwarzen Augen an und legte seine Pfote in ihre Hand. Danach rannte er in Kreisen um Asahina-san in ihrem Miko-Kostüm. Egal wie man es auch betrachtete, das war ein normaler junger Hund und ich wette es gab in Sakanaka-sans Haus auch irgendwo ein Zertifikat, das seine Reinrassigkeit bestätigte.

„Rousseau, Platz!“

Beim Hören des Kommandos seiner Besitzerin, setzte sich Rousseau sofort auf alle Viere. Es war offensichtlich, dass er gut trainiert war. Asahina-san nutzte diese Gelegenheit um ihn abermals zu streicheln.

„Erm… Kann ich ihn hochnehmen?“

„Sicher, warum nicht.”

Asahina-san hob ihn unbeholfen auf und begann ihn in ihren Armen zu wiegen. Rousseau jaulte glücklich und schleckte ihr Gesicht. Also wenn alle Hunde eine derartige Behandlung erfahren, dann hätte ich auch nichts dagegen im nächsten Leben als einer wiedergeboren zu werden.

„Das ist also Rousseau, eh? Er sieht aus wie eines dieser batteriebetriebenen Spielzeuge! Was für eine Hundeart ist das?“,

sagte Haruhi und tätschelte ihn leicht am Kopf. Obwohl ihn Asahina-san eng umschlungen wiegte, verhielt sich Rousseau ruhig und blieb still. Scheinbar stammt er aus einer guten Rasse.

„Ein Scottish Highland White Terrier

antwortete Koizumi noch vor Sakanaka-san und nannte damit eine Rasse, die für mich schon geradezu sakral klang. Koizumi setzte einen sachkundigen Gesichtsausdruck auf und lächelte, als Sakanaka-san sagte: „Du kennst dich da aber gut aus.“, während sie liebevoll auf ihren Hund schaute, der sich noch immer in Asahina-sans Armen befand.

„Er ist süß, nicht?“

Jep, wirklich süß.

Mit einem Mantel aus dickem, weißen Fell und einem Paar tiefschwarzer Augen, die fast hinter dem dicken Fell verschwanden, sah Rousseau wirklich schon fast aus wie ein Stofftier. Seine Aufzucht war wohl mit der eines Adeligen zu vergleichen, während meine dreifarbige Katze, die wahrscheinlich gerade faul in meinem Zimmer lag, weil sie nichts Besseres zu tun hatte, eher einem Bauern entsprach. Aber lasst uns nicht vergessen, dass Shamisen in eine ganz andere Klasse fällt. Schließlich hat dieser Kater schon einmal gesprochen.

Nagato benahm sich so unheimlich wie Shamisen manchmal und starrte den weißen Terrier für ganze zehn Sekunden direkt an, ohne auch nur einmal zu blinzeln. Nach einer Weile verlagerte sich ihr Blick jedoch wo anders hin, als hätte sie das Interesse am Hund verloren. Seufz.

„Jetzt mal langsam, Mikuru-chan. Wie lange willst du ihn noch allein für dich behalten? Damit du es weißt, ich will auch mit ihm spielen.“

Nachdem Haruhi das gesagt hatte, blieb Asahina-san nichts anderes übrig als sich von Rousseau zu trennen. Vielleicht kam es mir ja nur so vor, aber ich hatte den Eindruck, dass Rousseau es genoss im Rampenlicht zu stehen und er sprang erwartungsvoll in Haruhis Arme. Gibt es eineTheorie, dass Hunde dazu tendieren aufgeregter zu sein, wenn Fremde um sie herum sind? Auch wenn Haruhis Umgang mit Rousseau ziemlich ruppig war im Vergleich mit dem Wiegen von Asahina-san, beschwerte er sich nicht. Er wedelte sogar heftig mit dem Schwanz, als ob er das Ganze genießen würde.

„Du bist aber ganz ein Süßer, nicht JJ?“

„He, Haruhi, hör auf den Hunden anderer Leute blöde Spitznamen zu geben!“, wollte ich gerade sagen, aber Sakanaka-san war schneller:

„Hahaha~ Suzumiya-san, du verwendest den gleichen Spitznamen für ihn wie mein Vater.“

Ich war mir ziemlich sicher, dass Haruhi es nicht mochte, dass man ihren Geschmack mit dem von Sakanaka-sans Vater gleichsetzte, aber ihr Gesichtsausdruck suggerierte, dass es sie nicht im Geringsten störte und sie hob den Welpen, der den gleichen Namen wie ein gewisser französische Philosoph trug, hoch in die Luft.

„So, JJ hat also etwas Ungewöhnliches auf einem seiner Spaziergänge gefunden, nicht?“

Auch wenn Haruhi die Frage an den Hund gerichtet hatte, machte dieser nicht mehr als mit dem Schwanz zu wedeln. Es war seine Besitzerin, die ihre Frage beantwortete, indem sie mit dem Kopf nickte.

„Ja so ist es. Auch wenn ich nicht weiß, wie ungewöhnlich die Sache wirklich ist, haben andere Hunde außer Rousseau sie auch entdeckt und begonnen das Gebiet zu meiden, als hätten sie große Angst davor. So ist dann auch das Geistergerücht entstanden.“

Auch wenn ich die Vermutungen von Sakanaka-san und ihre Freunden für eher abwegig hielt, hatte ich nicht das Recht das laut auszusprechen, schließlich kannte ich Zeitreisende, Außerirdische und Esper. Wer weiß, vielleicht existieren Sakanaka-sans Geister letztendlich ja doch.

Aber wenn ich darüber nachdenke, Asahina-san, Nagato und Koizumi hatten physische Körper und konnten mit dem bloßen Auge gesehen werden. Diese „Dinge“, die nur Hunde, aber nicht Menschen spüren konnten, waren das etwa wirklich Geister?

Obwohl Sakanaka-san uns danach auf eine Tasse Tee in ihr Haus einlud, lehnte Haruhi ab, denn sie brannte schon darauf paranormale Vorgänge aufzudecken. Während Sakanaka-san sich umziehen ging, kam ihre Mutter heraus um uns Gäste zu begrüßen. Egal wie man es betrachtete, sah sie mehr aus wie eine ältere Schwester als wie eine Mutter, seien es ihre Sprechweise, ihre Mode oder ihre Gesten. Außerdem wirke sie wie die perfekte Lady.

Sakanaka-sans Mutter betrachtete neugierig Asahina-sans Miko-Kostüm, bevor sie uns schließlich fragte, warum wir hergekommen waren. Als sie unsere Erklärung hörte lachte sie und sagte: „Dieses Mädchen verwöhnt Rousseau zu sehr. Ich entschuldige mich für all die Umstände, die sie bereitet hat.“ Haruhi antwortete darauf wie üblich, indem sie betonte, dass das kein Problem sei. Vor einer derart eleganten Frau so höflich sprechen zu können, du bist wirklich beeindruckend, Haruhi. Ich? Ich war so nervös, dass ich schon Mühe dabei hatte mich zu verbeugen und ich hatte sogar das Gefühl, als würden meine dreckigen Turnschuhe ihre Türmatte besudeln.

Sakanaka-sans Mutter lud uns anschließend ein, einmal auf Besuch zu kommen, als Ausgleich für die Probleme, die uns ihre Tochter bereitet. Wie auf Bestellung kam in dem Moment Sakanaka-san wieder zu uns heraus, nun in Alltagskleidung.

„Entschuldigung, dass ihr warten musstet.“

Nachdem wir unsere Taschen in ihrem Haus abgestellt hatten, gingen wir sechs plus Hund durch das Vordertor und anschließend Richtung Tatort. War ich der Einzige, der dabei seufzte? Scheint so.


Aus unerfindlichen Gründen hatte Haruhi Rousseaus Leine in der Hand und führte uns im Laufschritt.

„Los geht’s, JJ!“

„Kannst du nicht endlich diesen dummen Spitznamen vergessen?“, fragte ich mich während ich ihr hinterher eilte. JJ Rousseau schien es nicht zu kümmern, dass die Person, die seine Leine hielt, jemand Fremder war, den er gerade erst vor einer Stunde getroffen hatte, denn er rannte glücklich gemeinsam mit Haruhi.

„Erm, Suzumia-san, das ist der falsche Weg! Wir müssen hier entlang!“

Als ich sah, wie Sakanaka-san der lachenden Haruhi nachlief, fragte ich mich, ob die beiden als gute Freunde enden würden, sobald sich der Rauch verzogen hatte.


Manchmal frage ich mich, ob Hunde eine genetische Mutation oder eine seltsame Krankheit haben, die sie Spaziergänge mögen lässt. Rousseau war keine Ausnahme, denn er trottete glücklich vor Asahina-san, die lächelnd versuchte ihn einzuholen. Auch wenn ihr Lächeln immer hinreißend war, schien mir ihr aktuelles Lächeln sogar noch zauberhafter zu sein als zuvor, ein Lächeln, das einem nur in einer Phantasiewelt begegnen konnte.

Nachdem Haruhi nun aber nicht wusste, wohin die Reise gehen sollte, konnte sie nicht die Führung übernehmen und hatte so keine andere Wahl, als Rousseaus Leine an Sakanaka-san zu übergeben. Wir alle folgten ihr, gerade so, als ob wir einen entspannten Spaziergang unternehmen würden.

„Welchen Weg sollen wir nehmen? Kannst du schneller gehen, JJ? Los, los, beeil dich!“

Haruhi, die direkt rechts neben Rousseau stand, trieb ihn mit ihren anfeuernden Worten an.

„So geht das nicht, Suzumiya-san. Das hier soll ein Spaziergang sein, kein Rennen.“

entgegnete Sakanaka-san sanft und hielt Rousseaus Leine fest.

Nagato war still wie immer, während Koizumi damit beschäftigt war eine Karte der Umgebung zu studieren.

Neugierig darüber, was genau er tat, sagte ich:

„Was ist los? Irgendwas Mysteriöses auf der Karte gefunden?“

Als Antwort auf meine Frage zog Koizumi einen Stift aus seiner Hosentasche und sagte:

„Ich markiere die Orte, die die Hunde nicht zu betreten wagen. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, dass wir jeden einzelnen von ihnen suchen. Eine ungefähre Bestimmung auf der Karte sollte ausreichen.“

Nun gut, das überlasse ich dir, nachdem du scheinbar in letzter Zeit ein seltsames Faible fürs Kartenzeichnen zu entwickeln scheinst. Nachdem Sakanaka-sans Hund so putzmunter wirkt, mache ich mir eigentlich keine Sorgen mehr, auch wenn es Orte gib, die Hunde wirklich nicht zu betreten wagen. Alles was ich jetzt tun möchte ist meinen Spaziergang mit Rousseau genießen. Wenn wir schon dabei sind, ich hatte plötzlich das Bedürfnis einen Hund als Haustier zu haben. Natürlich erwartete ich mir keinen so teuren und hochklassigen wie den von Sakanaka-san. Ein normaler Mischling würde genügen. Haruhi ging scheinbar der gleiche Gedanke durch den Kopf, denn sie sprang gemeinsam mit Rousseau herum wie ein quirliger kleiner Hase und schien das Wort „Geister“ völlig verdrängt zu haben.

Die Einzige von uns in Alltagskleidung war Sakanaka-san. Hinter ihr folgten vier Schüler in ihren Uniformen und eine Miko. Ich fragte mich, was andere Hunde davon halten würden, wie wir ihr und Rousseau da auf ihrem täglichen Spaziergang folgten.

Sakanaka-san schritt elegant voran. Ist sie in der Schule auch so? Oder ist das Teil ihrer wahren Persönlichkeit? Nach meinen Kalkulationen waren wir Richtung Osten unterwegs und wenn ich mich nicht völlig irrte, sollten wir uns bald in der Nähe eines Flusses befinden, den, an dessen Ufern Kirschblütenbäume blühten. Flussufer sind wirklich der beste Ort um mit Hunden Gassi zu gehen.

Ich war damit beschäftig über belanglose, unwichtige Dinge wie diese nachzudenken, als Sakanaka-san abrupt anhielt.

„Er bleibt schon wieder an der gleichen Stelle stehen.“

Ich wandte mich sofort in Richtung Rousseau. Er stand mit allen Vieren fest am Boden und egal wie stark Sakanaka-san auch versuchte ihn weiterzuzerren, bewegte er sich keinen Zentimeter.

„Mann~“, war, was seine Besitzerin dazu meinte, die offensichtlich enttäuscht war. Ich glaube allerdings, dass es jedem der Anwesenden so ging.

„Huh?“

stieß Haruhi aus und riss dabei ihre Augen auf, als würde sie sich daran erinnern, wofür wir in Wirklichkeit hergekommen waren.

„Ich sehe hier nichts Ungewöhnliches.“

Auch wenn wir uns noch immer mitten in einem Wohngebiet befanden, gab es hier aufgrund der Nähe zum Flussufer mehr Bäume. In der Ferne konnte ich einen großen Berg ausmachen. Nach allem was ich inzwischen gehört habe, müssen hier Bären zwar erst noch auftauchen, jedoch hatte es in der Gegend schon einmal Sichtungen von Wildschweinen gegeben. Aber wenn das wahr ist, warum habe ich nicht schon früher davon gehört? Ich war schon oft an diesem Flussufer und um noch eines draufzusetzen, lag dieser Ort in der Nähe des Bahnhofes. Wenn hier wirklich Wildschweine gesichtet worden wären, wäre dann nicht groß darüber berichtet worden? Warum war mir davon bisher nichts bekannt?

Sakanaka-san hielt noch immer Rousseaus Leine fest, obwohl es offensichtlich war, dass er keinen Schritt weiter gehen würde.

„Er hatte nie ein Problem mit diesem Weg, bis vor einer Woche. Wir gingen immer die Stiegen rauf und dann entlang des Flussufers, bevor wir nach einer großen Wendung wieder hierher zurückspazierten und den gleichen Weg wieder zurückgingen. Solange ich mich erinnern kann, sind wir immer die gleiche Route gegangen. Erst vor einer Woche fing es an, dass Rousseau plötzlich nicht mehr weiterzubewegen war, so wie jetzt gerade.“

Asahina-san hockte sich nieder und begann Rousseau hinter den Ohren zu kraulen. Als sie das sah, begann Haruhi an ihrem eigenen Ohr zu ziehen.

„Der Fluss scheint hochgradig verdächtig. Vielleicht hat jemand Giftmüll hineingekippt. Ich frage mich, ob es flussaufwärts eine Fabrik gibt.“

Wie kommst du nur auf so eine Idee? Wir North High Schüler sollten wissen, dass es dort so etwas nicht gab, denn wenn man dem Fluss flussaufwärts folgt, würden wir zum uns allen bekannten Weg zur Schule kommen und da ich diesen verdammten Weg jetzt schon seit einem Jahr hinaufgehe, weiß ich, dass es dort nichts gibt außer Bäume. Es gibt noch nicht einmal ein Restaurant dort, geschweige denn eine Fabrik.

„Nein“, sagte Sakanaka-san. „Rousseau hat keine Bedenken dabei weiter flussaufwärts oder flussabwärts zu gehen, nur dieser spezielle Ort stört ihn. Dasselbe gilt für Higuchi-san und Minami-san.“

„Ich verstehe.“

Haruhi beobachtete stumm Rousseau, wie er gerade Asahina-san ableckte. Ohne Vorwarnung sprang sie plötzlich wie ein geölter Blitz auf ihn zu und packte ihn mit ihren Händen.

„Wenn das so ist, JJ, dann bring uns erstmal zu diesem verdächtigen Ort! Wenn wir dort sind, bell zwei Mal um es uns Bescheid zu geben!“

Haruhi nahm Rousseaus Leine aus Sakanaka-sans Hand und begann ihn weiterzuzerren. Die Distanz, die sie schaffte zurückzulegen, entsprach allerdings höchstens der der Leine in ihrer Hand, denn Rousseau begann augenblicklich jämmerlich zu heulen, als sie versuchte ihn weiterzubewegen.

Ihren Rousseau so heulen zu hören, bewirkte bei Sakanaka-san, dass sie auf der Stelle erstarrte. Ihr gequälter Gesichtsausdruck glich dabei dem von Rousseau und es war ziemlich offensichtlich, dass sie ihren geliebten Hund nicht in einem derartigen Zustand sehen wollte.

„Ich will nicht, dass Rousseau böse auf mich ist.“

sagte sie und nahm die Leine aus Haruhis Hand bevor sie begann Rousseau zu beruhigen, indem sie langsam seinen Kopf tätschelte.

„Ich habe Geschichten über Hunde gehört, die böse auf ihren Besitzer waren. Wenn zwischen Hund und Besitzer ein Kalter Krieg ausbricht, würde sich der Hund unweigerlich zurückgewiesen fühlen und bald darauf an gebrochenem Herzen sterben. Wenn das geschehen würde, wüsste ich nicht, wie ich weiterleben soll. Also…“

Sakanaka-san ist wirklich eine Hundeliebhaberin, wenn nicht sogar mehr. Egal wie man es auch betrachtete, sie hat Rousseau offensichtlich verwöhnt. Wenn ich Shamisen nur für eine Nacht in ihr Haus bringen würde, würde es ihm sicher wie der Himmel vorkommen.

Dagegen konnte sogar Haruhi nichts sagen. Alles was sie tun konnte war Sakanaka-san mit offenem Mund anzustarren. Asahina-san hingegen schien den Worten von Sakanaka-san zuzustimmen, denn sie nickte heftig mit dem Kopf. Ich kann dich wirklich nur beneiden Rousseau. Wenn man bedenkt, wie schnell du es geschafft hast Asahina-sans Herz zu erobern!

„Wir können ihn nirgends hinzerren, wo er nicht hin will.“

sagte Koizumi und schlug seine Karte auf, bevor er fortfuhr:

„Wir sind gerade hier.“

Haruhi nahm Rousseaus Leine aus Sakanaka-sans Hand und begann ihn weiterzuzerren.

Mit Hilfe eines roten Stiftes markierte er die Stelle auf der Karte.

„Das ist der exakte Punkt, an dem die Hunde beginnen Gefahr zu wittern. Selbst wenn wir jetzt entlang dieses Weges gehen würden, glaube ich, dass Rousseau sich einfach nur die ganze Zeit unbehaglich fühlen würde. In anderen Worten, er fürchtet sich nicht vor einem bestimmten Ort, sondern vor einem bestimmten Gebiet. Wir könnten es gar nicht bestimmen, auch wenn wir hier weitergehen würden.“

Was schlägst du also vor?

Gerade als ich meinen Mund öffnete, um das zu fragen, setzte Koizumi ein warmes Lächeln auf und sagte:

„Lasst uns erst einmal zurückgehen und Rousseau auf einem anderen Weg seinen Spaziergang genießen lassen.“

Wir folgten letztendlich Koizumis Vorschlag, gingen bis zur Kreuzung zurück und von dort nach Links Richtung Norden. Da wir uns nun dem Bahnhof näherten, wurde die Menschenmenge immer dichter und Asahina-san war dabei offensichtlich mehr besorgt um Rousseau2 als über ihr Outfit, zumindest ignorierte sie völlig die Blicke, die die Menge ihr zuwarf.

Koizumi ging voran, wozu er nur selten Gelegenheit hatte, und hielt dabei seine Karte in der Hand, zeigte aber auch sein immer elegantes Lächeln auf seinem geschmeidigen Gesicht.

„Als nächstes sollten wir hierhin gehen.“

Nach einmal Abbiegen waren wir unterwegs Richtung Osten und folgten damit weiterhin Koizumis Führung.

Nach ungefähr fünf Minuten…

„Jaul~“

Rousseau hielt abrupt an und weigerte sich weiterzugehen.

„Also ist es wirklich der Fluss, eh.“

Haruhis ausgestrecktem Arm mit den Blicken folgend, lag abermals das Flussbett mit den Kirschblütenbäumen vor unseren Augen.

Nachdem wir mit Hilfe einiger Schilder und Hausnummerntafeln unsere exakte Position bestimmt hatten, markierte Koizumi den Punkt wieder auf der Karte.

Ich hatte keine Ahnung, was er herausgefunden hatte, also folgte ich ihm stumm weiter Richtung Norden. Glücklicherweise mussten wir dieses Mal nicht wieder alles zurückgehen, denn Koizumi hatte bequemerweise ein Ziel ausgewählt, das durch ein paar Hinterstraßen und Gassen erreicht werden konnte. Mir war klar, dass wir das Meer erreichen würden, wenn wir weiter in diese Richtung gehen würden. Allerdings kam mir dieses Ziel doch zu übertrieben vor und ich bezweifelte, dass Koizumi die Geduld hatte uns die ganze Strecke bis hin zum Ozean zu führen

Nach etwa fünf Minuten bog Koizumi Richtung Osten ab und wir gingen auf einem neuen Weg weiter.

Drei Minuten später…

„Jaul~“

Rousseau hielt zum dritten Mal an und jaulte wieder bemitleidenswert auf. Beim Anblick des jaulenden, puppengleichen Rousseaus, fühlte sogar ich mich betroffen und Sakanaka-san stürmte augenblicklich nach Vorne um ihn hochzunehmen. Ich konnte ihre Gefühle perfekt nachvollziehen und sogar mein Herz war bewegt von ihrer Reaktion.

Asahina-san sah aus, als würde sie gleich zum Weinen beginnen, während Nagato teilnahmslos war wie immer. Koizumi jedoch lächelte selbstbewusst, so als hätte er nun alles verstanden und er sagte:

„Ich verstehe.“

Nach dem Setzen einer letzten Markierung auf der Karte, wandte er sich uns zu, gerade so, als ob er verkünden wolle, dass es nun an der Zeit für die Schlacht war. Auch wenn ich genau wusste, dass das, was er nun sagen würde, keine guten Neuigkeiten sein konnten, war es mir dennoch unmöglich ihn einfach zu ignorieren.

„Also, was geschieht hier?“

Ich wollte die Wahrheit hinter all dem wissen. So einfach ist das. Auch wenn ich eigentlich alles komplett ignorieren wollte, was er sagen wollte, war meine Neugier letztendlich doch stärker. So! Ich hab’s gesagt! Also beeil dich und sag uns was du weißt!

“Werft einen Blick auf diese Karte.”

Wie befohlen blickten alle von uns auf die Karte, die er in seinen Händen hielt.

„Diese roten Markierungen sind die Punkte, die Rousseau sich zu überschreiten geweigert hat. Es sind insgesamt drei Punkte, unsere aktuelle Position mit eingerechnet. Der Einfachheit halber nenne ich sie A, B und C, wobei A den ersten Punkt bezeichnet und C den aktuellen. Wenn ihr die drei Punkte betrachtet, fällt da irgendjemanden von euch etwas Seltsames auf?

Huh? Willst du uns jetzt Nachhilfestunden geben oder wie?

Ich hatte bereits alles aufgegeben, was nicht Bestandteil meines normalen Lehrplanes war und lehnte es deshalb ab auf seine Frage zu antworten. Haruhi andererseits antwortete sofort, ohne noch ihre Hand vorher zu heben.

„Wenn man sie durch eine gerade Linie verbindet, ist die Distanz zwischen A, B und C die gleiche.“

„Du bist scharfsinnig, Suzumiya-san. Das war der Grund warum ich uns entlang dieser Routen gehen hab lassen.“,

sagte Koizumi glücklich, gerade so wie ein Lehrer, der von einem seiner Schuler eine perfekte Antwort erhalten hatte.

„Was von Bedeutung ist, ist dass diese Punkte einzeln betrachtet nicht seltsam wirken, besonders Punkt B nicht. Egal wie man ihn auch betrachtet, er wirkt wie ein normaler Punkt. Wenn ich sie jedoch so verbinde…“

Koizumi nahm abermals seinen roten Stift heraus und begann auf der Karte zu zeichnen. Mit B als Mittelpunkt zog er einen Bogen von A nach C und erzeuge so eine kleine geschwungene Form auf der Oberfläche dieser 1:10.000 Karte.

„Oh, ich verstehe.“

Haruhi kam noch vor allen anderen zu einem Schluss.

„Kyon, verstehst du nicht? Wie sieht diese Kurve aus?“

Wie soll eine Kurve schon aussehen, außer wie eine Kurve?

„Deshalb bist du so schlecht in Mathe! Du musst manchmal auch deine Intuition benutzen! Borg mir das mal kurz, ok? Koizumi-kun.“

Mit dem roten Stift, den sie sich gerade von Koizumi beschafft hatte, begann Haruhi auf der Karte zu zeichnen.

„Wenn wir diese Kurve erweitern, dabei aber ihren ursprünglichen Winkel beibehalten und sie danach zusammenfügen, dann erhalten wir einen perfekten Kreis, nicht wahr?“

Da ist was Wahres dran. Die Form, die Haruhi gerade gezeichnet hatte, sah aus wie ein perfekter Kreis.

Genauso wie diese Kreise, die man immer einen vergrabenen Schatz auf Schatzkarten markieren sieht.

Ich verstand endlich. Ging es also um das?

„In anderen Worten, die Hunde können diesen Kreis nicht betreten, richtig?“

„Das ist nur meine Spekulation.“

Wenn das Gebiet wirklich die Form eines Kreises hat, dann sollten die Orte, die Hunde nicht zu betreten wagten, nun hier auf der Karte eingezeichnet sein. Auch wenn wir daraus nicht schließen können, ob das von Geistern verursacht wird oder irgendeinen materiellen Grund hat, können wir zumindest feststellen, um welche Orte es sich dabei handelt.

Koizumi deutete auf den Kreis, den er gerade mit Haruhi erschaffen hatte.

„Wenn hinter all dem wirklich etwas steckt, dann sollte es sich in diesem Gebiet befinden und der verdächtigste Punkt wäre das Zentrum des Kreises. Da ich nur die drei Punkte als Referenz nehmen kann, kann ich nicht wirklich sagen wo das Zentrum ist, aber ich glaube ich kann eine fundierte Vermutung abgeben. Das Zentrum des Kreises liegt---„

Bevor er noch auf den entsprechenden Ort deuten konnte, war Haruhi ihm schon zuvorgekommen, indem sie mit dem Stift den exakten Punkt markierte.

„Es ist also letzten Endes wirklich der Fluss.“

Ich brauchte keine weiteren Erklärungen von Haruhi. Das Zentrum des Kreises auf der Karte sollte mit einer sehr langen Reihe von Kirschblütenbäumen zusammenfallen, auf deren Gegenseite sich eine Bank befand, mit der Asahina-san und ich sehr vertraut waren.

„Unglaublich~“

sagte Sakanaka-san ehrfürchtig.

„Dass du an solche Dinge denken kannst, Koizumi-kun, du bist großartig!“

„Das ist keine große Sache, wirklich.“

Sakanaka-san sah sehr beeindruck aus, als sie in Koizumis lächelndes Gesicht starrte. Erm, Sakanaka-san, ich würde dir raten dich von diesem Typen fernzuhalten. Niemand weiß, was in seinem Gehirn vor sich geht. Außerdem verfügt er über die Fähigkeit sich selbst in einen leuchtenden roten Ball zu verwandeln, was jederzeit passieren kann. Er ist wie ein Mutant!

Auch wenn ich Sakanaka-san davor warnen wollte, blieben meine Lippen fest geschlossen und ich studierte stattdessen still die Karte.



Gerade habe ich bemerkt, dass, wenn ich nicht gerade in irgendwas Schräges involviert bin, es mich unglaubliche Mühe kostet zu diesem Ort zu gehen, so als ob mich jemand warnen würde es nicht zu tun. Ich muss jetzt aber keinen anderen Jungen vor einem Unfall retten, oder etwa doch? Während dieses Vorfalls waren nur Asahina-san und ich anwesend. Dieses Mal jedoch war die komplette SOS-Brigade versammelt. Also selbst wenn etwas geschehen sollte, wird mir doch sicher jemand helfen, nicht?

Besonders weil auch die überaus bedeutende Brigadekommandantin anwesend ist!

„Lasst uns gehen.“

sagte Haruhi fröhlich.

„Dann lasst uns zu diesem verdächtigen Ort gehen! Seid beruhigt, Sakanaka-san, JJ! Nachdem wir ein paar Bilder von den Geistern gemacht haben, werde ich dafür sorgen, dass sie exorziert werden!“

„E-exorzieren?“

Als hätte sie letztendlich begriffen, was für ein Kostüm sie trägt, umklammerte Asahina-san ihre Schultern und begann zu zittern. Haruhi packte ihr Handgelenk und sagte:

„Das ist ein Notfall! Wir werden jetzt losziehen!“

Das gesagt, begann Haruhi Asahina-san hinter sich herzuziehen und marschierte Richtung Fluss.

„Dank Haruhis „Das ist ein Notfall“ erreichten wir das Flussufer ziemlich schnell. Nach Koizumis Schlussfolgerungen war der verdächtigste Ort kein anderer als das von Kirschblütenbäumen gesäumte Flussufer.

Haruhi hatte sich bereits die Karte von Koizumi besorgt und begann sie intensiv anzustarren, so als ob sie den genauen Mittelpunkt des Kreises bestimmen wollte. Wie Schade für dich, Haruhi, all deine Bemühungen sind vergeblich. Wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, dann hat Koizumi das bereits in seinem Kopf ausgerechnet.

„Vielleicht ist das der Ort?“

„Diese Seite?“

Wenn es darauf ankam, fand ich Koizumis kühle und gefasste Antwort aus irgendeinem Grund immer verlässlicher als Haruhis, die noch immer damit beschäftigt war auf die Karte zu starren. Konnte es sein, dass er etwas Verdächtiges gefunden hatte?

Nur die fünf Mitglieder der SOS-Brigade waren anwesend. Sakanaka-san und Rousseau waren schon zuhause und warteten geduldig auf Neuigkeiten von uns. Anders ausgedrückt, Sakanaka-san hatte es abgelehnt mit uns zu kommen, mit dem Argument, dass sie Rousseau nicht an einen Ort gehen lassen könnte, den er derart verabscheut. Aber selbst wenn sie mitgekommen wäre, bezweifle ich, dass sie von großem Nutzen gewesen wäre. Das war auch der Grund, warum Haruhi und ich nicht großartig protestierten als sie uns verließ. Natürlich weiß ich, wie es klingt wenn gerade ich das sage, schließlich bin ich nur ein normaler Junge, den Haruhi ausgewählt hat ihrer Brigade beizutreten, so etwa wie ein Ersatz-Comedian, den man auf der Straße aufgegabelt hat.

„Mikuru-chan, tut mir leid, dass du warten musstest. Endlich bist du an der Reihe die Bühne zu betreten.“

„J-j-j-ja.“

Für Haruhi war wahrscheinlich Asahina-san die Nützlichste in dieser Situation. Deshalb hatte sie sie sich auch so verkleiden lassen. Wenn wir den ganzen Weg hierher gekommen wären, ohne irgendetwas zu machen, was mit Geistern zu tun hat, wäre das ganze Miko-Kostüm umsonst gewesen.

„A-aber w-was soll ich machen?“

„Überlass alles mir! Ich habe schon im Vorhinein die nötigen Vorbereitungen getroffen! Mikuru-chan, stell dich hier hin. Und jetzt hebe deinen Zeremonienstab hoch.“

Nachdem sie Asahina-san angewiesen hatte beim Flussufer zu stehen und ihren Zeremonienstab hochzuhalten, zog Haruhi etwas aus ihrer Tasche, das zu einem Zylinder zusammengerollt war.

„Das ist es.“

sagte sie und legte ihren Arm bedrohlich auf Asahina-sans Schulter.

„Jetzt lass uns mit dem Exorzieren beginnen!“

„Vajrac… chedika?... Prajnapara… mi... ta...Ekasha...ri.”

Für einige Zeit wundere ich mich was für eine Art von Zauberformel sich Haruhi ausgedacht hatte. Es stellte sich aber haus, dass es nichts anderes als ein normales Sutra der vollkommenen Weisheit war. Allerdings fühlte ich mich beunruhigt beim Anblick von Asahina-san in ihrem Miko-Kostüm, wie sie buddhistische Gebetsformeln vortrug, so als würde jeden Moment die göttliche Strafe folgen. Aber wenn man darüber nachdenkt, war es vielleicht sogar besser so. Vielleicht würden die kombinierten Kräfte aus Shinto und Buddhismus ausreichen um die Geister zu exorzieren.

… ich fühlte mich beunruhigt beim Anblick von Asahina-san in ihrem Miko-Kostüm, wie sie buddhistische Gebetsformeln vortrug, so als würde jeden Moment die göttliche Strafe folgen

Nach einem Blick auf das Sutra, das Haruhi geschrieben hatte und auf Asahina-san, die die Zeilen verzweifelt aufzusagen versuchte, war mir wirklich danach mich bei allen echten Priestern und Schreinjungfrauen in der Welt zu entschuldigen. Alles was ich tun konnte, war still dafür zu beten, dass wir ihnen egal waren.

Haruhi übernahm die Rolle der Assistentin und hielt Asahina-san hektisch die verschiedenen Verse vor die Augen.

„Dämonen seid vertrieben… Dämonen seid vertrieben…“

Während Asahina-san versuchte die Verse zu rezitieren, obwohl sie nur eine falsche Miko war, äugte ich in Richtung einer Person, die sehr an der Sache interessiert war. Ich glaube, ich brauche nicht erst erwähnen wer diese Person ist, oder?

„……“

Nagatos Augen glichen einem Glockenschlag in einer nächtlichen Brise, wie sie da so auf Asahina-san starrte. Es war alles in Ordnung mit ihr, nur waren ihre Augen dieses Mal eben auf Asahina-san fixiert anstatt auf ein Buch.

Als ich das gesehen hatte, war ich beruhigt.

Ich glaubte nicht, dass es irgendeinen Sinn hatte, dass Asahina-san weiterbetete, nachdem wir noch nicht einmal wussten, ob dieser ganze Vorfall überhaupt von Geistern verursacht wurde. Aber eines weiß ich ganz sicher, seien es Geister, paranormale Ereignisse oder Dinge, die die Wissenschaft nicht erklären kann, Nagato war bei ihr und es gab nichts, das Nagatos Aufmerksamkeit entgehen konnte. Und sobald Nagato etwas entdeckt, war ich mir sicher, dass ich es bemerken würde. Natürlich würde sie auch versuchen mich zu informieren, wenn sie irgendwas Seltsames entdeckt, wie damals beim Vorfall mit dem Monsterinsekt.

Vielleicht hatte sie bemerkt, dass ich sie anstarrte, denn sie drehte plötzlich ihren Kopf in meine Richtung, als würde sie meine stumme „Was denkst du?“-Frage verstehen.

„Nichts.“

Keine Bomben, keine Bären im Winterschlaf, keine radioaktiven Elemente oder Titaniumstäbe?

„Nein.“

Nicht einmal eine Spur davon?

„Nichts, das ich spüren kann.“,

antwortete Nagato mit monotoner Stimme, so als würde sie ihre Zeitpläne ablesen.

„Keine Spuren von irgendwas Paranormalen.“

Aber warum fürchten sich dann Rousseau und die anderen Hunde vor diesem Ort? Sollte hier dann nicht irgendwas Seltsames oder Unübliches sein?

„……“

Wie eine Glocke im Wind schüttelte Nagato leicht ihren Kopf und verlagerte ihren Blick auf etwas hinter mir.

Als würde ich ihrer Führung folgen, drehte auch ich mich um.

Ein großer, gut gebauter Typ ging flussaufwärts. Als er sich uns näherte, warf ich einen Blick auf ihn. Nicht, dass er auffallend attraktiv war oder sonst was, es ist nur---

Er hatte einen Hund bei sich. Einen Shiba um exakt zu sein. Unter normalen Umständen wäre ich ja nicht überrascht, schließlich war es nur ein gewöhnlicher Shiba, der nichts Spezielles an sich hatte.

Das Problem war nur: War das nicht das Gebiet, das sich Hunde nicht zu betreten trauten?

„Huh?“

Scheinbar hatte es schließlich auch Haruhi bemerkt, ebenso Asahina-san, denn sie stoppte abrupt mit dem Rezitieren der Verse. In ihrem geschockten Zustand, war alles, was sie sagen konnte:

„Unmöglich… Wie…“

„Hmm.”

Mit verwirrtem Gesichtsausdruck beobachtete Koizumi den Typen mit seinem Hund.

Dieser Shiba verhielt sich definitiv nicht so wie Sakanaka-sans Scottish Highland White Terrier. Er sah sogar glücklich aus, als würde er den Spaziergang mit seinem Besitzer genießen. Er hechelte durchgehend während er einem Herrchen auf allen Vieren folgte.

Wie ich ihn einschätze, ist der Hundebesitzer ein Student. Er beäugte uns misstrauisch und setzte dann seinen Spaziergang mit seinem Hund fort.

„Warten Sie eine Sekunde! Warten Sie!“,

rief Haruhi und sprang vor ihn, um ihm den Weg zu versperren.

„Entschuldigung, aber kann ich Sie etwas fragen?“

Haruhi warf dem Shiba einen Blick zu, der so furchteinflößend war, dass er jeden zum Halten gebracht hätte, und sagte:

„Kann ich kurz Ihre Zeit in Anspruch nehmen? Warum kann ihr Hund dieses Gebiet betreten? Wissen sie… Erm, nunja… Das ist eine lange Geschichte.”

Nachdem sie das gesagt hatte, packte mich Haruhi am Kragen und zog mich vor den Besitzer des Shibas. Dieser stand mit einem amüsierten Ausdruck im Gesicht da, als würde er sich fragen „Wer sind diese Leute?“. Sogar der Shiba streckte seine Zunge heraus, so als würde er ebenfalls nicht verstehen was gerade vor sich ging. Haruhi warf ihnen einen schiefen Blick zu und sagte:

„Los, erzähl du es ihnen, Kyon!“

Ich?

Als ich schon Koizumi herbeizerren wollte, bemerkte ich, dass ich mich nicht rühren konnte, ohne Zweifel aufgrund Haruhis furchteinflößenden Blicks. Da sie mich schon mitgezerrt hat, habe ich wohl keine andere Wahl, oder doch?

Anzufangen war leicht: „Ich entschuldige mich, dass wir Ihren Spaziergang unterbrechen.“ Danach begann ich langsam ihm zu erklären, was gerade vor sich geht. Ich habe gehört, dass sich die Hunde in diesem Gebiet seit ungefähr einer Woche seltsam verhalten und es scheinbar ablehnen hier spazieren zu gehen. Nachdem mir eine Freundin das erzählt hat, kam mir das äußerst ungewöhnlich vor und ich kam her um es zu untersuchen. Die Freundin, die ich vorher schon erwähnt habe, kam zuvor mit ihrem Hund hierher und er hat sich wirklich so verhalten, als wolle er sich nicht diesem Ort nähern, was mein Misstrauen nur noch mehr verstärkt hat und mich beschließen hat lassen hierher zu kommen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Als ich nun gerade meine Untersuchung beginnen wollte, sah ich Sie einen Spaziergang mit ihrem Hund machen, der allem Anschein nach nicht von dem Phänomen betroffen ist. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob sie vielleicht Licht in diese Sache bringen können?

„Oh, also darum geht es.“,

sagte der Typ der sich wohl in den Zwanzigern befand. Während er sprach, betrachtete er neugierig Asahina-san, die noch immer den Zeremonienstab in ihren Händen hielt.

„Es stimmt, dass irgendwann in der letzten Woche, dieser Junge“, er deutete auf den Shiba, „plötzlich seine normale Route hasste, die von hier flussaufwärts verläuft. Egal was ich auch tat, er bewegte sich einfach nicht. Sogar ich war zu diesem Zeitpunkt ratlos.“

Der athletische Typ verlagerte seinen Blick auf einen Punkt zwischen Haruhi und Asahina-san und fuhr fort:

„Ich fand jedoch, dass dieser Ort noch immer der beste ist für einen Spaziergang. Da kam mir plötzlich der Gedanke: Warum ihn nicht einfach mit Gewalt mitzerren? Vor etwa drei Tagen beschloss ich es zu versuchen und zerrte ihn einfach mit. Zwar hatte ich anfangs mit einigem Widerstand zu kämpfen, aber nach einer Weile fing er schließlich an sich wieder an diesen Ort zu gewöhnen. Inzwischen können wir hier wieder genauso spazieren gehen wie früher.“

Auch wenn ich nichts über Tierpsychologie wusste, sah dieser Hund für mich völlig gesund aus, so wie er da folgsam neben seinem Besitzer saß. Er hatte seine Augen weit geöffnet und einen entspannten Ausdruck im Gesicht.

„Ich nehme an, dass auch der Hund deiner Freundin augenblicklich geheilt sein würde, wenn sie ihn mit Gewalt mitzerrt. Auch wenn ich nicht genau weiß, was genau passier ist, habe ich das Gefühl, dass hier definitiv etwas seltsam ist. Vielleicht ist es der Duft, den ein Bär im Winterschlaf zurückgelassen hat oder so etwas.“

Wie man es von einem Student erwarten konnte. Sogar seine Schlussfolgerungen waren die gleichen wie Koizumis.

„So, kann ich jetzt gehen?“

„Oh ja, danke vielmals für Ihre Zeit und diese wertvollen Informationen!“

Haruhi dankte ihm aufrichtig, während er noch einmal einen Blick auf Asahina-sans Kostüm warf. Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle er etwas sagen, aber letzten Endes verblieb er bei einem „Nun gut, passt auf euch auf“ und setzte den Spaziergang mit seinem Hund fort.

Und so waren die Einzigen, die übrig blieben Haruhi, die noch immer die Mahayana Sutras in ihrer Hand hielt, Asahina-san, die aussah wie eine Schreinjungfrau, die sich auf dem Weg zum Schrein verirrt hatte, Nagato, die weiterhin auf den Fluss starrte, Koizumi, der damit beschäftigt war sich sein Kinn zu kratzen, und ich selbst. Wir sahen eher so aus wie die Fünf Stooges der SOS-Brigade.

„Was geht hier vor?“

Es ist so wie du gerade gehört hast.

„Was ist mit den Geistern? Ich habe mich wirklich schon darauf gefreut, dass sich hier Geister materialisieren!“

Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass es so etwas nicht geben wird.

„Aber was geht hier dann vor?“

Keine Ahnung.

„…… Du scheinst froh darüber zu sein. Ich frage mich nur warum, denn mir gefällt das überhaupt nicht!”

Willst du mich provozieren? Ich war die ganze Zeit ehrlich dir gegenüber. Ich bin nicht froh darüber, dass etwas, das du dir gewünscht hast, nicht geschehen ist und ich habe mir derartiges noch nie gewünscht.

„Lügner.“

Das gesagt, zog Haruhi mit großen Schritten ab und ließ mich mit erstaunten Augen zurück.


Die SOS-Brigade versammelte sich wieder, machte sich auf in Richtung Sakanaka-sans Haus und ließ dabei die Kirschblütenbäume weit hinter sich. Nicht nur mussten wir unsere Erkenntnisse Sakanaka-san berichten, wir mussten auch unsere Taschen holen, die wir in ihrem Haus zurückgelassen hatten bevor wir aufgebrochen waren.

„Aber……“

Ich versuchte den Blicken der anderen auszuweichen, senkte meine Stimme und sagte leise zu Asahina-san:

„Was glaubst du ist der wahre Grund dafür? Rousseau schien diesen Ort zu hassen.“

Bevor Asahina-san noch antworten konnte, mischte sich schon Koizumi ein und sagte:

„Nach dem, was dieser Typ gesagt hat, mied sein Hund diesen Ort bis vor drei Tagen. Das Bedeutet, dass dort etwas gewesen ist, das damals das Misstrauen seines Hundes erregte, etwas, das inzwischen nicht mehr existiert. Laut Sakanaka-san wagen es andere Hunde, inklusive Rousseau, bis heute nicht sich diesem Ort zu nähern. Die naheliegendste Vermutung ist, dass irgendetwas in ihrer Erinnerung sie davon abhält hierher zu kommen. Hätte der Besitzer des Shiba ihn nicht mit Gewalt mitgezerrt, hätte der Hund meiner Ansicht nach noch immer Angst vor dem Ort. Rousseau andererseits lehnt es sichtlich noch immer ab diesen Ort zu betreten. Vielleicht hat er ein besseres Gedächtnis als dieser Shiba.“

„…….“

Nagato ging still ohne etwas zu sagen. Darüber war ich allerdings froh. Solange sie nichts Derartiges erwähnt, standen die Chancen gut, dass nichts Abnormales geschehen war. Ich konnte mir also sicher sein, dass hier vor drei Tagen kein Bär aufgewacht war.

Es dämmerte bereits und wurde langsam kühler. Wir alle versuchten uns Haruhis schnellem Gang anzupassen und eilten zurück zu Sakanaka-sans Haus. Wir hatten nur selten einen Klienten, und dass alles so abrupt und ohne Lösung geendet hatte, war ein wenig enttäuschend. Wenn wir unserer Klientin einen derartigen Bericht präsentieren, fürchte ich, dass es Haruhis Stolz als Brigadekommandantin zertrümmert. Aber selbst wenn, ich weiß, dass sie relativ schnell darüber hinwegkommen würde. Auch wenn sie einen finsteren Blick aufgesetzt hatte, war ich mir sicher, dass sie das Ganze nach einer Weile vergessen würde. Haruhi war niemand, der besessen von vertanen Chancen war. Wenn etwas in der Vergangenheit nicht gut gelaufen ist, dann war es eben so. Sie würde ihre Aufmerksamkeit sofort auf eine neue Sache lenken.

Als wir bei Sakanaka-sans Haus ankamen, konnten wir es endlich als Gäste betreten. Nachdem uns von Sakanaka-sans Mutter gemachte Leckereien serviert wurden, beruhigte sich Haruhi wieder und schlug ausgiebig zu.

„Das ist unglaublich! Das ist wirklich-wirklich köstlich! Damit können Sie ein Restaurant eröffnen! Ich bin mir sicher, die würden sich sehr gut verkaufen!“

In einem so luxuriösem Anwesen erschienen sogar die Leckeren außergewöhnlich hochklassig und die Sofas besonders bequem. Wenn ich Shamisen auf eines dieser Sofas gelegt hätte, hätte er sicher zwölf Stunden durchschlafen können. Reiche Leute sind also wirklich anders. Mit einer derart schönen Mutter und einem derart hochklassigen Hund, war sogar die Atmosphäre hier ganz anders. Wenn Haruhi in einer solchen Umgebung aufgewachsen wäre, wäre sie vielleicht so geworden wie Sakanaka-san.

Während wir damit beschäftig waren uns den Süßigkeiten hinzugeben, berichtete Koizumi Sakanaka-san, die gerade Rousseau in ihren Armen hatte und dabei zustimmend nickte, unsere Ergebnisse. Nachdem er mit seinem Bericht fertig war, nahm ihr Gesicht einen eigenartigen Ausdruck an.

„Ich verstehe was du meinst, aber eine Sache beunruhigt mich noch immer.“

sagte sie und sah auf Rousseaus kleine, flauschige Ohren.

„Rousseau scheint diesen Ort weiterhin nicht zu mögen. Bis zu dem Tag, an dem alle Hunde dort wieder spazieren gehen können, ohne dass man sie dazu zwingt, werde ich mit ihm nicht mehr diese Route gehen. Es ist einfach zu mitleiderregend ihn so zu sehen.“

Diese Entscheidung liegt bei dir. Was für eine gutmütige Besitzerin du doch hast Rousseau, auch wenn ich der Meinung bin, dass sie dich zu sehr verwöhnt.

Als sie sah, wie Haruhi und Nagato non-stop aßen, bereitete Sakanaka-sans Mutter weitere Leckerbissen für uns zu. Aus irgendeinem Grund hatte das Thema zu Sakanaka-sans Hund gewechselt und wir lachten über seine vergangenen Eskapaden, von denen sie uns erzählte. Rousseau kauerte an ihrer Seite und spitzte seine Ohren, als versuche er zu verstehen über was wir sprachen. Letzten Endes schien er jedoch das Interesse daran zu verlieren und seine schwarzen Augen fielen ihm langsam zu. Asahina-san sah ihn zärtliche und voller Zuneigung an.

„Du bist so eine gutes Frauchen, Sakanka-san. Dein Hund muss gerade wirklich glücklich sein.“

Vielleicht durften die Leute in der Zukunft keine Haustiere mehr halten? Aber um die Wahrheit zu sagen, ich würde Asahina-san einem Haustier jederzeit vorziehen. Sie, gekleidet in eine Dienstmädchenuniform, wie sie mich jeden Tag begrüßt, von „Guten Morgen“ bis „Gute Nacht“, war das nicht besser als ein Haustier zu haben? Plus, war das nicht das, was ein Dienstmädchen eigentlich tun sollte, anstatt in Klubräumen Tee zu machen?

Ach, wenn kümmert’s. Das gibt es sowieso nur in meiner Phantasie.


Letzten Endes war alles, was wir an diesem Tag machten, Sakanaka-sans Haus zu besuchen, mit ihrem Hund zu spielen, mit ihm Gassi zu gehen, Asahina-san in einem Miko-Kostüm ein paar buddhistische Schriften rezitieren lassen und das köstliche Essen von Sakanaka-sans Mutter kosten, bevor wir schließlich nachhause gingen. In anderen Worten, es war wie wenn man einen Freund zuhause besucht, um mit ihm zu spielen.

Ich dachte eigentlich, dass das, was wirklich geschehen war, ein Rätsel bleiben würde, da der Vorfall langsam aus meinem Gedächtnis und dem von Haruhi verschwand…

Ein paar Tage später jedoch, geschah etwas Unerwartetes.

Es war Freitag. Alles hatte geendet, inklusive den gefürchteten Abschlussprüfungen und innerschulischen Sportwettkämpfen. Alles was noch zu tun war, war auf die Klassenverabschiedung und die Frühlingsferien zu warten. Die Schulabschlussfeier war schon im Februar abgehalten worden und ein Drittel der North High Schüler hatte sie demnach schon verlassen, weshalb sie friedlicher als sonst wirkte. Nach den Ferien würde jedoch das neue, stressige Schuljahr beginnen und viele Dinge würden sich ändern.

Das Erste, das sich ändern würde, war mein Status. Ich frage mich, ob es irgendjemanden geben wird, der mich Senpai nennt? Aber wenn ich darüber nachdenke, ich bezweifle, dass irgendwer der SOS-Brigade beitreten würde. Ich frage mich, was Haruhi darüber denkt?

Nach der zweiten Stunde ertappte ich mich dabei, wie ich aus dem zweiten Fenster von Hinten sah und die warme Frühlingssonne genoss. Ich streckte gerade meine Arme, als:

„Kyon.“

sagte die Person hinter mir zu mir und piekste mich mit ihrem mechanischen Bleistift.

„Was ist?“

Wenn du willst, dass ich neue Mitglieder davon überzeuge der SOS-Brigade beizutreten, das kannst du vergessen.

„Das ist es nicht. Ich muss dir etwas Anderes erzählen.“

sagte Haruhi und deutete mit ihrem mechanischen Bleistift zur Vorderseite des Klasse.

„Sakanaka-san ist heute nicht zur Schule gekommen. Ist dir das nicht aufgefallen?“

„Nein… Ist dem so?“

“Ja, sie fehlt schon den ganzen Tag.”

Es war geradezu schockierend Haruhi über unsere anderen Klassenkameraden sprechen zu hören. Die Einzigen, über die sie bisher jemals gesprochen hatte, waren der Idiot Taniguchi und Asakura Ryouko.

„Sie ist einer unserer Klienten, erinnerst du dich? Ich wollte sie eigentlich fragen, ob sie inzwischen wieder ihre ursprüngliche Route nehmen und wie es Rousseau geht. Ist dir denn nicht aufgefallen, dass sie gar nicht hier war? Sag jetzt nicht, dass du schon alles über sie und ihren liebenswerten Hund vergessen hast, oder die köstlichen Leckereien!“

Unter normalen Umständen wäre ich froh gewesen, dass Haruhi endlich Interesse an einer Mitschülerin gezeigt hatte, aber wenn sie es mir nicht gesagt hätte, wäre es mir gar nicht aufgefallen. Sakanaka-san hatte uns zwar um Hilfe gebeten ein bestimmtes „verbotenes Gebiet“ zu untersuchen, dem sich die Hunde ihrer Umgebung nicht zu nähern wagte, aber was hatte das damit zu tun, dass sie in der Schule fehlt? Sicher, wir haben den Fall nicht abgeschlossen, aber ich sehe keinerlei Verbindung zwischen dem und ihrer Abwesenheit. Schließlich ist es auch nicht ungewöhnlich von Zeit zu Zeit einmal zu fehlen.

„Vielleicht hat sie sich beim Jahreszeitenwechsel die Grippe eingefangen oder so was. Außerdem geht das Schuljahr schon zu Ende, da ist es nicht verwunderlich, wenn man ein paar Tage Schule schwänzt.“

„Vielleicht hast du Recht.“

Konfrontiert mit meinen soliden Schlussfolgerungen konnte Haruhi nur zustimmen.

„Das Gleiche gilt für mich. Wäre nicht die SOS-Brigade, wäre ich erst gar nicht in die Schule gegangen. Aber das kommt mir nicht wie etwas vor, das Sakanaka-san tun würde. Sie ist nicht der Typ dafür plötzlich blau zu machen – zumindest so wie ich sie einschätze.

Als jemand, der die Ferien für Aktivitäten der SOS-Brigade nützt, glaube ich nicht, dass du dich selbst wirklich an den Kalender hältst.

„Hmm…“,

sagte Haruhi und biss auf ihren Bleistift.

„Lasst uns die Gegend noch einmal untersuchen, oder? Dieses Mal kostümieren wir Mikuru-chan als Krankenschwester.“

Was für einen Sinn hat es jemanden als Krankenschwester zu verkleiden, wenn derjenige nicht einmal über die grundlegendsten Erste Hilfe Fähigkeiten verfügt? Warum gibst du nicht einfach zu, dass du einfach noch mehr von den köstlichen Leckereien willst?

„So ist das nicht, Trottel. Ich will JJ besuchen. Hast du dich etwa nie gefragt, ob sein Fell wieder nachwächst wenn er völlig geschoren wird, so wie bei einem Schaf?“

Haruhi begann gelangweilt ihren Bleistift in ihrer Hand rotieren zu lassen, während die Glocke die dritte Stunde einläutete.


Die Schule verging wie immer, ohne dass etwas Aufregendes passiert wäre und schon bald war sie zu Ende.

Koizumi und ich spielten im Klubraum wieder einmal Schach, während Asahina-san, gekleidet in ihre Dienstmädchenuniform, die ihr weit besser stand als das Miko-Kostüm, damit beschäftig war Tee zu machen.

Genau in diesem Augenblick stürmte Haruhi, die sich aufgrund des Arbeitsdienstes in der Klasse eigentlich verspäten hätte sollen, in den Raum und rief:

„Kyon, es ist genau so wie ich es mir gedacht habe!“

Obwohl Haruhi das mit einem Lächeln verkündete, spürte ich eine Aura der Besorgnis, woraufhin in mir ein ungutes Gefühl aufkam.

„Ich weiß endlich warum Sakanaka-san nicht zur Schule kommt. Sie sagt, dass es ihr heute nicht wirklich gut geht.“

„Die Wahrheit aber ist, dass derjenige, dem es nicht gut geht, JJ ist. Sie hat ihn sogar zum Tierarzt gebracht, aber selbst der konnte nicht feststellen was ihm fehlt. Sakanaka-san machte sich ernsthaft Sorgen um ihn und beschloss die Schule zu schwänzen. Als ich mit ihr am Telefon darüber sprach, schien sie den Tränen nahe zu sein. Sie hat seit heute Morgen nichts mehr gegessen, weil JJ das auch nicht getan hat, was sie sich gleich noch schlechter fühlen lässt---“

„Beruhig dich.”

Das war alles was ich, konfrontiert mit Haruhi, die non-stop weiter sprach, sagen konnte, aber mein Kommentar schien sie nur noch mehr zu reizen. Sie funkelte mich an, als wäre ich jemand, der einer sterbenden Person seine Hilfe verweigerte und sagte:

„Was stimmt bitte nicht mit dir? JJ ist krank und du kannst hier einfach friedlich sitzen und deinen Tee schlürfen? JJ hat heute noch nicht einmal einen Schluck Wasser getrunken, was ihn nur noch mehr geschwächt hat!“

Wenn Teetrinken eine Straftat ist, dann haben sich Koizumi und Asahina-san ihr genauso schuldig gemacht. Außerdem, woher hätte ich wissen sollen, dass du hier reingestürmt kommen würdest, und dass in der Sakanaka Residenz derart viele Dinge vorgefallen sind?

„Während ich die Arbeiten in meiner Klasse erledigte, hatte ich plötzlich den Drang Sakanaka-san anzurufen, und als ich das dann tat---„

Ich war schockiert. Das war das zweite Mal, dass Haruhi etwas sagte, das mich überraschte. Ich frage mich wann sie Handynummern ausgetauscht haben.

„Jetzt ist nicht die Zeit dafür sich um die Arbeiten in der Klasse zu kümmern.“

sagte Haruhi und zog ihr Handy aus ihrer Hosentasche.

„Dort ist wirklich irgendwas und ich wette, dass dieses Ding der Grund dafür ist, dass JJ krank geworden ist! Hat Sakanaka-san es nicht schon vorher gesagt? Andere Hunde in der Nachbarschaft sind auch auf mysteriöse Weise krank geworden.“

Jetzt wo du es erwähnst, da war etwas, das ich bestätigt haben wollte.

„Wenn es sich um die gleiche Krankheit handelt, dann---„

„Es ist die gleiche Krankheit.“

unterbrach Haruhi mit zittriger Stimme.

„Ich habe es gerade von Sakanaka-san gehört, dass als sie JJ zum Tierarzt gebracht hat, er sagte, dass er ein paar Tage zuvor einen Hund mit der gleichen Krankheit behandelt hat. Neugierig geworden, fragte sie weiter, nur um schließlich herauszufinden, dass der betreffende Hund der von Higuchi-san war.“

Wer war noch mal Higuchi-san?

„Oh, du bist so ein Idiot, Kyon! Sakanaka-san hat uns doch an dem Tag, als sie in unseren Klubraum gekommen ist, von ihr erzählt. Higuchi-san ist die mit den vielen Hunden. Sie lebt in der Nähe von Sakanaka-san und eines Tages wurde einer ihre Hunde krank. Hast du damals etwa überhaupt nicht aufgepasst?“

Entschuldige, dass ich nicht aufmerksam genug war! Ich wette, dass du sie genauso vergessen hattest, bis zu diesem Anruf vor ein paar Minuten! Warum wirfst du es mir also vor? Und, selbst wenn Rousseau jetzt krank ist, warum bist du deshalb derart aufgeregt?

„Was für eine Krankheit ist es?“

„Habe ich das nicht schon vorhin gesagt? Es ist eine unbekannte Krankheit.“

Es schien, als hätte Haruhi die Existenz ihres Kommandantinnenstuhls vergessen, denn sie fuhr stehend mit ihren Erklärungen fort.

„Sogar die Tierärzte sind ratlos. Physisch ist er völlig gesund, aber es scheint, dass er zu unmotiviert ist auch nur irgendwas zu tun. Das Gleiche gilt für Michael von Higuchi-san. Sie rühren sich nicht einmal um etwas zu fressen!“

Haruhi sah mit funkelnden Augen in meine Richtung, als würde sie meinen: „Das ist alles nur wegen dir, dass sie jetzt krank sind, du Idiot!“ Ich wich ihrem Blick aus und überprüfte die Reaktionen der anderen Brigademitglieder.

Asahina-san war allem Anschein nach ausgeflippt, als sie gehört hatte, dass Rousseau krank ist, denn sie umklammerte krampfhaft das Tablett in ihren Händen. Nagato hatte ihren Blick von ihrem Buch erhoben und hörte ruhig zu, was Haruhi zu sagen hatte, während Koizumi bereits das Schachbrett wieder in seine Schachtel zurückgeräumt hatte.

Mit einem Lächeln, wie das eines Tierarztes, der den Besitzer eines kranken Haustieres davon überzeugen will sich keine Sorgen zu machen, sagte Koizumi:

„Schließlich ist das etwas, wofür uns Sakanaka-san um Hilfe gebeten hat. Jetzt, wo die Dinge eine derartige Wendung genommen haben, können wir das meiner Ansicht nach nicht einfach ignorieren.“

„D-das stimmt! Warum besuchen wir Rousseau nicht?“

Asahina-san nickte heftig, als sie Koizumis Vorschlag gehört hatte.

Nagato klappte lediglich ihr Buch zu und stand auf.

Jedes Brigademitglied machte sich Sorgen um Rousseaus Wohlergehen. Auch wenn wir nur einen gemeinsamen Tag verbracht hatten, schien jeder an ihm zu hängen. Ich fürchte, dass ist eine der Fähigkeiten, über die nur Hunde verfügen.

„Was ist mit dir?“,

sagte Haruhi und starrte mich herausfordernd an.

„Was soll mit mir sein?“

Auch wenn es nur meine bequeme Wenigkeit war, konnte ich nicht einfach still dasitzen und nichts tun, wenn ich höre, dass ein süßer, puppengleicher Hund krank geworden ist. Ungleich Shamisen, war dieser Hund mit einem Silbernapf vor seinem Maul geboren worden, ein hochklassiger, reinrassiger Scottish Highland White Terrier. Seine Gesundheit sollte nicht derart schlecht sein.

Ich ignorierte Haruhi und sah zu den anderen Mitgliedern.

„………“

Das Mädchen, das mir versichert hatte, dass mit diesem Ort alles in Ordnung war, hatte einen ungewöhnlichen Ausdruck im Gesicht. Es schien, als wäre Nagato Yuki tief in Gedanken versunken.


Nachdem Asahina-san sich umgezogen hatte, rannten wir Fünf aus der Schule, so als ob wir ein Rennen zur Bahnstation veranstalten würden. Als wir diesen erreicht hatten, sahen wir, dass der Zug gerade dabei war abzufahren und sprinteten mit Höchstgeschwindigkeit um ihn noch zu erreichen. Sobald Haruhi sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, überstieg ihre Kampffähigkeit mit Leichtigkeit die eines mongolischen Kavallerieführers.

Wir benötigten nicht lange um die hochklassige Nachbarschaft zu erreichen und Haruhi drückte aufgeregt Sakanaka-sans Türklingel.

„Ich komme…“

Sakanaka-san kam um die Tür zu öffnen. So wie ich es sah, war sie um einiges abgemagert. Ihr Gesicht war voller Sorge und ihre Augen rot vom Weinen.

„Bitte komm rein, Suzumiya-san. Danke für alles…“

Wir traten auf Sakanaka-sans Einladung hin ein und gingen in die Eingangshalle. Dort sahen wir sofort Rousseau, wie er faul auf dem eleganten Sofa schlief. Vielleicht lag es an seiner schlechten Laune, aber der funkelnde Glanz seines Fells von früher war verschwunden. Als er vom Sofa herunterglitt, ging er an uns vorbei ohne sich die Mühe zu machen seinen Kopf für einen Blick zu heben oder mit dem Schwanz zu wackeln, oder auch nur seine Ohren zu bewegen.

„Rousseau-chan…“

Asahina-san war die Erste, die sich Rousseau näherte. Sie kniete sich nieder und tätschelte seine kleine Nase, was ihn dazu brachte sie mit seinen kleinen schwarzen, traurigen Augen anzusehen. Danach legte er sich auf den Boden, als wäre er zu faul irgendetwas anderes zu tun. Selbst als Asahina-san ihre Hand auf seinen kleinen Kopf legte, reagierte Rousseau darauf nur mit einem Zucken seiner Ohren. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihm, soviel stand fest.

„Wann fing er an sich so zu verhalten?“,

fragte Haruhi und Sakanaka-san antwortete ihr erschöpft:

„Gestern Abend. Zuerst dachte ich, dass er nur müde sei und ein Nickerchen halten wollte, aber als ich heute Morgen aufwachte, fand ich ihm noch immer an der gleichen Stelle gekauert, ohne dass er sich bewegte. Er hat sogar sein Abendessen ignoriert. Deshalb ging ich mit ihm heute auch nicht Gassi sondern brachte ihm zum Tierarzt…“

Alles war genau so geschehen, wie es Haruhi im Klubraum erzählt hatte. Derzeit konnten wir zwei Dinge bestätigen: Erstens – der Grund für die Krankheit war unbekannt, und Zweitens – es war die gleiche Krankheit, die schon ein anderer Hund hatte.

„Ja… Michael von Higuchi-san ist ein guter Freund von Rousseau…“

Asahina-san tätschelte behutsam Rousseaus Kopf, so als würde sie einen Patienten mit ihrer Zärtlichkeit beruhigen wollen. Ihre Niedergeschlagenheit schien ansteckend zu sein, zumindest empfand inzwischen auch ich Mitleid mit Rousseau. Damit es sich nicht noch stärker wurde, klopfte ich mir heimlich auf meine Brust.

„Ah ja, da ist etwas, das ich dich gerne fragen würde.“

sagte der schamlose Koizumi.

„Wenn ich mich nicht irre, hat sich Michael von Higuchi-san vor fünf Tagen mit dieser Krankheit angesteckt, oder? Wenn dem so ist, wie geht es ihm derzeit?“

„Ich habe Higuchi-san heute Nachmittag angerufen. Laut ihr ist Michael noch immer so lustlos wie vorher. Weil er sich weigert etwas zu fressen, ist Higuchi-san gezwungen ihn zum Tierarzt zu bringen, damit der ihn künstlich ernährt. Wenn mit Rousseau jetzt das Gleich passiert, was soll ich dann machen?“

Wenn die Sache so weiterläuft, wird er schwächer und schwächer werden. Wenn ich an den energiegeladenen Rousseau von vor ein paar Tagen zurückdenke und ihn mit diesem leblosen Hund hier am Boden vergleiche, wird mir erst klar wie groß der Unterschied ist. Dabei kam mir auch Shamisen in den Sinn, wie er faul in meinem Bett liegt ohne sich zu bewegen, aber da ist die Sachlage wohl eine ganz andere. Hier muss man sich Sorgen machen, schon gut.

„Da ist noch etwas, was ich dich fragen will.“, fuhr Koizumi fort. „Sind Michael und Rousseau die einzigen Hunde, die von dieser speziellen Krankheit befallen sind? Du scheinst hier in der Nachbarschaft viele Freunde mit Hunden zu haben.“

„Ich habe noch niemanden anderen gefragt, aber die Gerüchte kamen nur auf als Michael krank geworden ist. Wenn es bei anderen Hunden auch so gewesen wäre, bin ich mir sicher, dass ich davon gehört hätte.“

„Wo lebt den Michaels Besitzerin, Higuchi-san?“

„Erm, gleich gegenüber von meinem Haus, drei Häuser weiter… Warum?“

„Nah, nur so.“

antwortete Koizumi und beendete damit seine Fragestunde.

Sakanaka-san senkte ihren Kopf und sagte:

„Es stecken also wirklich Geister hinter dem Ganzen, eh? Sogar der Tierarzt schien nicht zu wissen was los ist…“

Haruhi antwortete ihr mit besorgtem Gesicht:

„Die Möglichkeit gibt es immer… Aber es ist definitiv seltsam. Plus, wir können uns nicht sicher sein, dass Geister wirklich der Grund sind. Jetzt ist auch nicht die Zeit damit herumzuspielen.“

Beurteilt nach ihrem Gesichtsausdruck, bereute sie es vielleicht, dass sie sich gewünscht hatte, dass Geister herbeigeflogen kommen und sie Asahina-san sich als Miko verkleiden und schräge buddhistische Gebetsformeln aufsagen hat lassen. Jetzt weißt du also, dass es unmöglich ist Geister zu exorzieren indem man sich lediglich als Miko verkleidet, eh? Haruhi ist gerade wirklich besorgt, schon gut.

„Yuki, ist dir irgendwas Ungewöhnliches aufgefallen?“

Auch wenn es selten war, dass Haruhi Nagato irgendetwas fragte, stellte diese nachdem sie die Frage vernommen hatte, höflich ihre Tasche auf den Boden, ging auf Rousseau zu und kniete sich neben die besorgte Asahina-san hin, bevor sie Rousseau direkt ins Gesicht starrte.

Ich stand neben ihr und sah zu, ohne es auch nur zu atmen zu wagen.

„……..“

Nagato platzierte ihren Finger unterhalb von Rousseaus Kinn, hob seinen Kopf an und sah direkt in seine kleinen, schwarzen Augen. Sie hatte einen sehr ernsten Blick aufgesetzt, wie ein Sensor, der die Daten einer DVD auslesen will. Sie brachte ihren Kopf näher an Rousseau heran, bis sie sich praktisch schon berührten und starrte ihn so gut 30 Sekunden lang an.

„……..“

Nagato stand langsam auf, fast wie ein dahinschwebender Geist, und wandte ihren Blick auf den Punkt, wo sie vorher gestanden war. Ganz langsam schüttelte sie ihren Kopf.

Haruhi seufzte laut auf.

„Sogar Yuki kann uns nichts sagen, huh. Seufz…“

Ich weiß nicht, was sie von Nagato erwartet hat, aber es schien so, als wäre die aktuelle Situation außerhalb von Nagatos einfachen Heilungskräften. Sogar Außerirdische hatten dagegen kein Heilmittel, wie? Gerade als ich drauf und dran war zu verzweifeln, spürte ich plötzlich wie ein durchdringender Blick meinen Rücken traf.

Ich drehte mich um, nur um zu sehen wie Nagato mich anstarrte. Ihre Augen konnten wahrscheinlich kleinere Dinge sehen als ein Mikroskop, aber sie nickte nur und schwebte wieder von dannen.

Haruhi, Asahina-san und Sakanaka-san schienen Nagatos Aktionen nicht gesehen zu haben, da sie zu sehr mit Rousseau beschäftigt waren. Aber es gab eine Person, von der ich wusste, dass sie Nagatos Handlung durchgehend beobachtete.

„Ich glaube es ist an der Zeit zu gehen.“

flüsterte mir Koizumi ins Ohr.

„Es gibt nichts, was wir tun können, auch wenn wir länger hier bleiben. Das trifft auch auf dich und mich zu.“

Koizumi lachte sanft bevor er fortfuhr. Hör auf mir ins Ohr zu flüstern. Das ist ekelig.

„Auch wenn Suzumiya-san noch nicht in Raserei ausgebrochen ist, sieht es danach aus, dass sie sich auch nicht beruhigen kann. Du weißt, was passiert wenn Suzumiya-san aufgebracht ist. Wenn sie anfängt zu toben, dann werde glaube ich sogar ich es mit der Angst zu tun bekommen. Wir müssen die Sache schnell beenden und die Einzige, die dazu in der Lage ist, ist---“

Koizumi wandte seinen Kopf elegant in Richtung Nagato und wieder zurück um mir zuzuzwinkern. Ugh, das ist widerlich.

„Was meinst du damit?“ war was ich sagen wollte, aber ich hatte das Gefühl, dass Koizumi genau wusste, dass ich perfekt verstand was er meinte. Vielleicht liegt es daran, dass ich letztendlich doch eine kluge Person bin. Wie ist es möglich, dass ich derart gut darin bin Nagatos Gesichtsausdrucke zu lesen oder Koizumis versteckte Hinweise zu erkennen, aber dabei versage alle Testfragen korrekt zu beantworten? Seufz. Also gut, aber glaub ja nicht, dass ich das für dich mache, Koizumi. Ich will nur nicht, dass Rousseau und Sakanaka-san in die ganze Sache hineingezogen werden.

Das würde für mich vielleicht schlimme Folgen haben.


Nachdem wir Sakanaka-sans Haus verlassen hatten, schien es, als hätten Haruhi und Asahina-san jeweils einen Teil ihrer Seele bei Rousseu gelassen, denn sie gingen leblos in Richtung Bahnstation. Sie waren still auf dem ganzen Weg zur Station, in der Station und sogar als wir die Station verließen, fast wie atmende Leichen. Scheinbar hatte Sakanaka-sans Depression sie ebenfalls angesteckt.

Ich konnte diese depressiven Gefühle gut verstehen. Etwas derart Lebendiges und Energiegeladenes so schwach und krank werden zu sehen, ist ein schmerzhafter Prozess. Aber statt in Depressionen zu versinken, wäre es besser, wenn wir einen Spaziergang machen würden um uns zu beruhigen. Außerdem, es gibt nichts, was wir Außenseiter tun können. Schließlich sind wir keine Hundeexperten --- Das war Koizumis eiskalte Schlussfolgerung.

„Das Einzige, was wir tun können, ist daneben zu stehen und zuzuschauen. Aber seid unbesorgt. Die Tierärzte sind keine Idioten. Die werden gerade an einem neuen Plan arbeiten, nicht?“

Wenn sie doch nur durch Tests und Forschung herausfinden könnten was die Ursache der Krankheit war. Aber was, wenn sie das nicht können? Ich will jedenfalls nicht an Rousseaus Beerdigung teilnehmen, soviel steht fest.

„Gut, dass ich ein paar Tierärzte kenne. Ich werde versuchen sie zu erreichen. Vielleicht haben sie einen Verdacht was es sein könnte.“

Obwohl Koizumi sein Bestes versuchte die Mädchen aufzuheitern, schien es bei Haruhi und Asahina-san nicht zu funktionieren. Mit Ausnahme gelegentlicher „Oh’s“ und „Hmm’s“ blieben sie still.

Nachdem es keinen Sinn hatte in dieser betrübten Stimmung weiterzumachen, beschlossen wir die Sache für diesen Tag auf sich beruhen zu lassen. Wenn wir das nicht getan hätten, würden wir vielleicht noch immer vor der Bahnstation stehen und ins Leere starren.

Während Haruhi und Asahina-san voranschlurften, blieben Koizumi und ich zurück. Normalerweise nahmen wir den gleichen Weg wie Haruhi, da er näher an unseren Zuhause war, aber Haruhi schien das nicht zu bemerken. Nach einer Weile verschwanden die Beiden aus unserem Sichtfeld.

Wie ich mir gewünscht hätte, dass Asahina-san auch dageblieben wäre! Wie schade. Es schien, als würde sie dieses Mal nicht die Bühne betreten.

Nachdem sie gesehen hatte, wie die beiden Mädchen nachhause gingen, machte sich Nagato auf in Richtung ihres eigenen Apartments. Allerdings war alles, was sie tat, sich in die Richtung ihres Apartments zu wenden. Sie selbst blieb wie angewurzelt stehen.

„Nagato.“

Als sich das kurzhaarige, in Schuluniform gekleidete Mädchen zu mir umwandte, fragte ich mich, ob sie vorausgesehen hatte, dass ich ihren Namen rufen würde.

Beim Anblick ihres Gesichtsausdrucks war ich mir sicher, dass sie etwas wusste. Ohne weiter Zeit zu verschwenden fragte ich sie:

„Was ist los mit Rousseau?“

Nagato zögerte eine Weile, bevor sie schließlich antwortete:

„Datenlebewesen.“

Als ich ihre „Erklärung“ gehört hatte, war das Einzige, was ich tun konnte, still zu bleiben.

„…….“

Ist ihr bewusst, dass ich nicht weiß, was sie meint? Meine Verwirrung bemerkend, fügte Nagato hinzu:

„Paragenetische, silikonbasierende Datenlebewesen.“

„…….“

Als würde sie spüren, dass ich es noch immer nicht verstand, öffnete Nagato ihren Mund um etwas zu sagen, schloss ihn jedoch abrupt und verfiel wieder in Stille, so als würde sie doch nichts mehr hinzufügen wollen.

„…….“

Und so sahen wir beide uns stumm an.

„Mit anderen Worten, Rousseau ist mit irgendwelchen außerweltlichen Wesen infiziert, habe ich Recht?“

warf Koizumi plötzlich ein, als versuche er die Sache für sich selbst erst mal verständlich zu machen. Nagato schwieg kurz, als würde sie auf eine Bestätigung von jemand warten, und antwortete dann:

„Ja.“

Danach nickte sie mit ihren Kopf.

„So ist das also. Diese ‚Datenlebewesen’ sind also Dinge, die Menschen nicht im Stande sind zu sehen. Oder um präziser zu sein, Dinge, die Menschen nicht sehen können, weil sie keine physische Form haben. Sie ‚existieren’ lediglich, habe ich Recht?“

„Heißt das, dass es Wesen sind, ähnlich der Entität des integrierten Datenbewusstseins? So wie die Art, die den Computer des Präsidenten des Computerklubs infiziert und sich über das Internet verbreitet hat?“

„Verglichen mit der Entität des integrierten Datenbewusstseins haben sie einen anderen Status. Sie sind als primitivere Wesen klassifiziert.“

„Gibt es nun also Ähnlichkeiten zwischen ihnen? Wenn die Entität des integrierten Datenbewusstseins beschließen würde sich an ein menschliches Wesen anzuhängen, so wie die ‚paragenetischen, silikonbasierenden Datenlebewesen’ beschlossen haben Rousseau zu infizieren, würde das zu einem ähnlichen Ergebnis führen?“

Er ist wirklich etwas Besonderes dieser Koizumi. Ich habe keine Ahnung wie er es geschafft hat sich diesen langen, komplizierten Namen nach nur einmal Hören zu merken. Konfrontiert mit Koizumis Trommelfeuer von Fragen, antwortete Nagato ruhig:

„Viral.“


„Was meinst du mit ‚viral’? Der Körper des Hundes, nein, sein Verstand war das Erste, das Unregelmäßigkeiten aufwies… Heißt das, dass diese Symptome von den ‚Datenlebewesen’ ausgelöst werden, die sich in Rousseaus Körper ausbreiten, so wie Viren es tun?“,

fragte Koizumi und schnippte seine Haare mit seinem Finger.

„Und noch etwas – Was machen diese ‚Datenlebewesen’ auf der Erde? Warum infizieren sie Hunde?“

„Vielleicht“,

war Nagatos simple Antwort.

„Aufgrund des Silikons, das das Trägermaterial für ihre Datenstruktur ist, werden sie von der Gravitation der Erde angezogen, so wie Meteoriten. Die Silikostrukur wurden durch die Reibung mit der Erdatmosphäre zerstört, wodurch nur die einfache Datenstruktur übrig blieb. Auch wenn nun ihre physischen Silikonkörper zerstört wurden, gilt das nicht für die Datenstruktur. Deshalb können sie auch auf der Erde weiterexistieren.“

„Zufällig wurden sie in dem Gebiet verstreut, in dem die Hunde häufig Gassi gingen. Als die Hunde nun nichtsahnend an ihnen vorbeigingen, nützten sie diese Chance und hängten sich an ihnen an.“

„Vielleicht liegt das daran, dass die ‚Silikonlebensformen’ eine ähnliche Nervenstruktur wie Hunde haben.“

„Aber da sie letztendlich fremde Lebensformen sind, wurden die Hunde schwächer nachdem sie sie infiziert hatten.“

Während dieser endlosen Frage & Antwort Sitzung mit Koizumi, öffnete und schloss Nagato ihren Mund mit hoher Geschwindigkeit. Nachdem er offenbar mit seinen Fragen am Ende war, öffnete sie abermals ihren Mund und sagte:

„Die ‚Datenlebewesen’ planen ihren Speicherschaltkreis zu erweitern.“

Was soll das heißen---

Auch wenn ich selbst im Dunkeln tappte, schien Koizumi es perfekt verstanden zu haben.

„Ein Hund war nicht genug für so einen Kraftakt und ich glaube auch nicht, dass zwei genug sind. Um ihre Gehirne auf die Größe der Speicherkapazität der ‚silikonbasierenden Datenlebewesen’ auszuweiten, wie viele Hunde bräuchten sie dafür?“

„Auf Grundlage der Minimalschätzungen der Speicherkapazität der ‚silikonbasierenden Datenlebewesen’, würde es mindestens jeden Hund auf diesem Planeten erfordern um eine großangelegte Datenübertragung durchzuführen…“

„Warte mal kurz.“

Ich hatte ein sehr ungutes Gefühl bei dieser Sache.

„Rousseau und ein anderer Hund sind von irgendeinem kosmischen Virus infiziert, soviel verstehe ich. Diese Viren stammen aus dem Weltraum und sind wie Meteore, das verstehe ich auch. Aber die eine Sache, die ich jetzt wissen will ist: In diesem weiten Universum, abgesehen von Menschen wie uns und diesen ‚Datenlebewesen’, die aus einer Ansammlung von Daten bestehen wie du gesagt hast, Nagato… Was gibt es da draußen sonst noch?“

Nagato wurde still, als würde sie in Gedanken versinken, blinzelte aber schließlich einmal und sagte:

„Die Antwort auf diese Frage wäre unverständlich für eine organische Lebensform wie dich.“

Sie starrte mich mit ihren klaren Augen an, als wolle sie mich in ihre Pupillen saugen.

„Aber da die ‚silikonbasierenden Datenlebewesen’ Denkprozessoren in ihrem Aufbau haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass andere ähnliche Lebensformen existieren.“

Das sagst du so leicht. Ich weiß, dass ich nie wieder ruhig schlafen werd können, nachdem ich jetzt die Antwort auf diese Frage weiß.

Wenn wir schon mal soweit gekommen sind, kann ich sie auch gleich noch mehr fragen.

„Was ist dieses ‚Silikon’, das du immer erwähnst?“

Entschuldigung dafür, aber ich verstehe mich nicht gut mit meinem Chemielehrer und meine Chemienoten waren auch noch nie gut.

„Um es einfach auszudrücken, das ist das Element Silikon, Si.“

antwortete Koizumi.

„Es ist ein sehr bekannter Halbleiter.“

Daraufhin warf Koizumi Nagato abermals ein Lächeln zu.

„Ich denke, was Nagato-san vorhin erwähnt hat, ist was wir ein ‚mechanisches Wesen mit Unterbewusstsein’ nennen. Das ist eine andere Art von künstlicher Intelligenz, die wir Menschen erst entdecken müssen. Irgendwo in diesem großen Universum gibt es eine Art von ‚mechanischen Unterbewusstsein’, das nicht künstlich erzeugt wurde. In anderen Worten, es ist ein nichtlebendiges Ding, das die Fähigkeit hat eigenen Gedanken zu entwickeln. Vielleicht sollte ich aber auch sagen, dass diese Wesen innerhalb des gesamten Universums ziemlich häufig sind. Es sind nur wir Menschen, die anders sind.“

Nagato wiederum ignorierte völlig was Koizumi zu sagen hatte und fuhr damit fort mich anzustarren. Es war so, als würde sie versuchen mir den Schlüssel zu der ganzen Sache zu sagen.

Ich erinnerte mich plötzlich an das erste Mal, als mir Nagato ein Buch lieh. Darin war ein einzelnes Lesezeichen gewesen und anhand der Anweisungen darauf, war ich losgegangen um Nagato das erste Mal zu treffen. Zu dieser Zeit sagte sie mir---

--- Es ist unmöglich für organische Lebensformen, die eine limitierte Datensammlungs- und Übertragungsfähigkeit haben, sich dieses Wissen anzueignen.

Koizumi kratzte sich instinktiv am Kinn.

„Vielleicht sind diese ‚Silikonstrukturen’ nicht mehr als ordinäre Materialien. Erst nachdem sich die ‚Datenlebewesen’ auf ihnen festgesetzt haben erlangen sie Wissen.“

Nagato sah in den Himmel und machte eine Geste, die suggerierte, dass sie um Erlaubnis bat, bevor sie ihre ursprüngliche Position wieder einnahm und sagte:

„Wissen…“

Sie machte eine kurze Pause bevor sie fortfuhr:

„…basiert darauf wie viele Daten jemand gesammelt und angehäuft hat, basierend auf der aktuellen Datenverarbeitungsfähigkeit desjenigen.“

Nagato hatte schon lange nicht mehr so viel gesprochen. Das letzte Mal, dass ich mich erinnere, dass sie derart viel von sich gab, war als sie mir ihre Identität als lebende humanoide Schnittstelle der Entität des integrierten Datenbewusstseins verkündete. Sobald scheinbar ein Thema ihre Aufmerksamkeit erregt, redete sie darüber ohne aufzuhören.

„Die ‚Datenstruktur’ befindet sich in der ‚Silikonstruktur’. Durch wechselseitige Interaktion sind sie in der Lage sich gegenseitig bei Denkprozessen zu unterstützen. Diese ‚Datenlebewesen’ sind nichts anderes als isolierte Datencluster. Um neue Daten zu gewinnen, heften sie sich an jegliches Material, das gerade zur Verfügung steht. Beide Parteien interagieren dann einvernehmlich für ihren individuellen Vorteil.“

Aber was ist jetzt mit den so genannten „Silikonlebensformen“? Lebensformen die selbst nach ihrer Opferung in der Erdatmosphäre überleben können?

„Sie sind Lebensformen, die in einer evolutionären Sackgasse angekommen sind“

drückte Nagato es simpel aus.

„Sie sind zu nichts fähig, außer zu Denkprozessen. Das Universum ist sehr, sehr groß. Diese Lebensformen driften kontinuierlich darin umher, weil sie nicht fähig sind mehr zu entwickeln, als Gedanken hinsichtlich ihrer Selbsterhaltung.“

Aber was machen sie dann eigentlich? Nur im Universum herumdriften?

„Ihr Denkmuster ist nichts, was eine organische Lebensform wie du nachvollziehen kann, aufgrund der Widersprüche zwischen den grundsätzlichen Denkmustern.“

Also können wir scheinbar nicht mit ihnen interagieren. Ich nehme an, dass es dann wohl auch keinen Sinn hätte die NASA für weitere Untersuchungen anzurufen. Selbst wenn Kontakt bestehen würde, wäre es sinnlos.

„Ach, verdammt.“

Wie in aller Welt sind aus Sakanaka-sans „Geistern“ plötzlich kosmische Wesen geworden? Übertreibt man es damit nicht etwas? Und vergesst Wissen oder Denkmuster. Ich konnte noch nicht einmal eines von Nagatos Science-Fiction Büchern verstehen.

Also wird es schwierig die Sache zu beenden, wie? Es war also nichts, was die moderne Wissenschaft erklären, Philosophen verstehen oder Religionen lösen können. Unbekannte „Datenlebewesen“, aufgebaut vor allem aus „Silikon“… Einfach ausgedrückt könnte man sie auch „Geister“ nennen, wie?

„Möglicherweise“

Ein abstruser Gedanke schoss mir plötzlich durch den Kopf. Das erste Mal, als Sakanaka-san zu uns gekommen war, hatte sie uns von Gerüchten über Geister erzählt.

„Existieren Geister tatsächlich?“

„Datenlebewesen“ ohne jegliche physikalische Form, die aus dem Weltraum kamen. Obwohl ihre Silikonstrukturen zerstört wurden, lebten sie weiter indem sie sich auf ihre Datenstruktur stützten. Nach der Landung auf der Erde hängten sie sich an einen beliebigen geeigneten Wirt an bzw. ergreifen Besitz von ihm. Macht sie das zu Geistern?

„Was ist mit Menschen? Wir haben auch unsere eigenen Denkprozesse und unser Bewusstsein. Willst du mir damit sagen, dass selbst wenn ich eines Tages einmal sterbe, meine Seele weiterleben wird?“

Ach egal --- Nein wartet, dieses Mal konnte ich die Dingen nicht einfach auf die leichte Schulter nehmen. Hier ging es schließlich um etwas Wichtiges. Zu wissen ob ich nach meinem Tod weiterexistieren werde ist etwas, das ich wissen muss. Ich wage es zu behaupten, dass Nagatos Antwort hierauf mein ganzes Leben beeinflussen wird.

Nagato antwortet nicht. Sie zeigte einen sehr seltsamen Gesichtsausdruck. Ich konnte nicht bestimmen was es war, aber ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Auch wenn es sonst niemand bemerkt, würde ich immer in der Lage sein Nagatos Emotionen zu erkennen. Schließlich kannte ich sie jetzt schon fast ein ganzes Jahr. All die Zeit, die ich im vergangenen Jahr damit verbracht hatte sie zu beobachten, hatte ausgereicht um meine Sinne dahingehend zu schärfen, das wage ich von mir zu behaupten. Darüber hinaus gab es in der Zeit viele Vorfälle, die mich praktisch dazu gezwungen hatten ihre Gefühle zu erkennen. Deshalb glaube ich nicht, dass ich dieses Mal falsch liege.

Nagato ---

„……..“

--- wollte noch immer nichts dazu sagen und ihr Gesichtsausdruck war zweifellos merkwürdig. Es schien, als wolle sie mir doch etwas sagen ---

„……..“


Nagato sah mich an, als hätte ich gerade einen miesen Witz erzählt. Kannst du nicht wenigstens lächeln?

Schließlich kam ihre Antwort. Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass sie sehr kurz und simpel war:

„Das ist klassifizierte Information.“


Ich hörte ein sehr lautes Seufzen, musste dann aber erkennen, dass ich derjenige war, der es ausgestoßen hatte. Klassifizierte Information, wie? Wo habe ich das nur schon mal gehört? Das nächste Mal, wenn mir jemand eine Frage stellt, die ich nicht verstehe, antworte ich einfach „Klassifizierte Information“. Ich glaube das probiere ich aus, wenn ich das nächste Mal in der Klasse vom Lehrer aufgerufen werde.

Hat Nagato seit ihrer Geburt eigentlich jemals einen Witz gemacht? Das war eine weitere Frage, die mich beschäftige, aber ich ignorierte sie fürs Erste. Jetzt sollten wir uns auf Rousseau konzentrieren und wie wir ihn von diesem lästigen kosmischen Virus befreien konnten.

„Finde einfach einen Weg, wie wir diesen Virus loswerden können, ok, Nagato?“

„In Ordnung.“

Jedes Mal, wenn sie das sagte, erschien sie sehr verlässlich.

„Als Erstes müssen wir die Datenstruktur dazu zwingen, sich zu unterwerfen, bevor wir sie auf die kleinstmögliche Größe komprimieren. Danach müssen wir ihre Aktivitäten auf Null bringen, was nur mittels einer Netzwerkschnittstelle gemacht werden kann.“

Auch wenn ich keine Ahnung hatte, wovon sie sprach, wusste ich, dass es sehr mühselig war. Können wir sie nicht einfach alle vernichten?

„Wir können sie nicht vernichten.“

„Warum?“

„Weil das nicht erlaubt ist.“

Deine Bosse erlauben uns nicht sie zu vernichten?

„Korrekt.“

Stellen diese „Datenlebewesen“ denn keine Bedrohung für das Universum dar?

„Eigentlich sind sie sogar nützlich für das Universum.“

Für uns Menschen wirken sie allerdings mehr wie Lactobacillus acidophilus und Escherichia coli.

Ich denke es ist an der Zeit den Ball an Koizumi weiterzuspielen. Ihn da so stehen zu sehen, mit einem amüsierten Lächeln im Gesicht, machte mich aus irgendeinem Grund wütend.

„Warum stopfen wir diese Silikonwesen nicht einfach in einen Container und schießen sie mit einer Rakete zurück in den Weltraum? Deine ‚Organisation’ sollte zu so etwas Simplen doch in der Lage sein, nicht?“

Koizumi zuckte leicht mit seinen Schultern, bevor er sagte:

„Zuallererst bräuchten wir einen Behälter aus Silikon um sie dort hineinzusetzen. Sofern wir es als irgendwelche groß angelegten ökonomischen oder politischen Aktivitäten tarnen, sollte es uns danach auch möglich sein genug Mittel für die Beschaffung einer Wasserstoffrakete aufzutreiben. Das einzige Problem liegt darin diese Silikonlebensformen zu fangen.“

Also könnt ihr das nicht. Nein… Warte eine Sekunde…

Etwas schoss mir plötzlich durch den Kopf. Vor nicht allzu langer Zeit hat Tsuruya-san etwas auf dem Berg hinter ihrem Haus ausgegraben, das höchstwahrscheinlich aus der Genroku Periode stammt. Können wir nicht das verwenden? Dieses mysteriöse Objekt aus der Vergangenheit?

Laut Tsuruya-san besteht der Stab aus einer Titanium-Cäsium Legierung. Wenn ihr Vorfahre so ein Gerät während der Genroku-Periode ausgegraben hat, würde selbst Yamatai ein friedlicher Ort zum Leben werden. Da er aber keine Ahnung hatte, wie er es benutzen oder sich seiner entledigen sollte, war das Einzige, was ihm einfiel, es zu versiegeln und für die Zukunft zu bewahren. Ich will wirklich nicht noch einmal auf so ein Ding stoßen. Lasst uns also hoffen, dass das reiner Zufall war.

Während ich noch tief in Gedanken versunken war, drang Koizumis Stimme in meine Ohren und holte mich damit gewaltsam wieder in die Realität zurück.

„Gut, dass die aktuelle Situation nicht allzu dringend ist. Wir wissen nur von zwei Hunden, die aktuell diese Krankheit haben. Der eine, den Sakanaka-san erwähnt hat und der andere, Rousseau. Die Zeitspanne bis Rousseau infiziert wurde beträgt fünf Tage, also sollten wir ähnliche Fälle verhindern können, sofern uns in den nächsten paar Tagen etwas einfällt.“

Aber die Zeit auf der Erde ist anders als die im Universum, nicht? Sollten wir uns also glücklich schätzen, dass diese Viren beschlossen hatten unsere Zeit zu übernehmen?

„Wir werden morgen noch einmal zu Sakanaka-san gehen. Auch wenn es am Wochenende ist, denke ich, dass es besser ist, wenn wir uns vorher noch einen Grund für den Besuch überlegen. Es würde sonst sehr verdächtig aussehen, wenn wir sie zwei Mal kurz hintereinander besuchen. Oh und wir müssen uns auch eine Ausrede einfallen lassen, warum wir Higuchi-san besuchen…“

Bis dahin hatte ich zugehört. Du solltest derjenige sein, der sich um solche Ausreden kümmert, nachdem wir die Arbeit eine Heilmethode zu finden schon auf Nagato abgewälzt haben.

„Dann werden wir uns also morgen treffen. Es tut mir leid dich damit zu belasten, aber wir zählen auf dich, Nagato.“

Wie schon Haruhi und Asahina-san ihren Lebensgeist in Sakanaka-sans Haus zurückgelassen zu haben schienen, so hatte auch ich das Gefühl meine Tatkraft verloren zu haben. In meinem Kopf schwirrten die Gedanken über außerweltliche Wesen und kosmische Lebensformen. Gerade als ich mich nachhause aufmachen wollte, hatte ich plötzlich das Gefühl, als würde mich jemand heftig von hinten zurückhalten. Was denn noch?

Ich drehte mich um, nur um Nagato auf meinen Gürtel deuten zu sehen, ohne irgendetwas zu sagen. Wenn du meine Aufmerksamkeit willst, Nagato, hättest du nicht wenigstens etwas sagen können? Oder mich am Ärmel zupfen können oder sowas? Da ich sie jedoch um einen Gefallen gebeten hatte, beschloss ich die Sache nicht anzusprechen.

Nagato bewegte ihre Lippen, ohne dabei ihren Gesichtsausdruck zu verändern.

„Es müssen Vorbereitungen getroffen werden.“

„Was brauchst du?“

„Eine Katze.“

Gerade als ich ein erstauntes „Häh“ ausstoßen wollte, öffnete Nagato schnell ihren Mund, so als hätte sie darauf gewartet und fügte hinzu:

„Ich würde gerne deine Katze verwenden.“


Nachdem Koizumi, Nagato und ich die Planung unserer Kampfstrategie abgeschlossen hatten, machten wir uns auf zu unseren jeweiligen Häusern. Auf dem Nachhauseweg holte ich mein Handy heraus und rief Haruhi an.

„Hallo, Haruhi? Ich bin’s. Nochmal wegen Rousseau, nachdem du gerade weg warst meinte Nagato, dass sie schon einmal in einem Buch über Rousseaus Symptome gelesen hat…Ja, es gibt sogar ein Heilmittel dagegen. Sie garantieren sogar, dass er damit gesund wird… Oh, ja ich verstehe. Sollen wir es ausprobieren? Nagato sagt sie weiß was zu tun ist, also hoffe ich, dass wir morgen noch einmal zu Sakanaka-san gehen können… Was, jetzt? Das ist zuviel verlangt, denkst du nicht? Wir haben noch nicht einmal die notwendigen Vorbereitungen getroffen. Wir werden uns morgen treffen und dann hingehen. Keine Angst, Nagato meint, dass sich sein Zustand nicht verschlechtern wird… Ja, deshalb würde ich dich bitten Sakanaka-san darüber zu informieren. Oh und noch was. Es gibt doch noch einen anderen Hund mit einer ähnlichen Krankheit, nicht? Michael von Higuchi-san… Sag Sakanaka-san, dass sie ihn morgen zu ihrem Haus bringen soll. Ich werde noch Asahina-san darüber informieren. Wir treffen uns also morgen um 9 bei unserer üblichen Stelle vor der Bahnstation.“


Als ich am nächsten Tag bei der Bahnstation ankam, waren bereits alle anderen Mitglieder der SOS-Brigade versammelt, obwohl es noch zwanzig Minuten vor der vereinbarten Zeit war.

Jedoch waren die Einzigen, die normal aussahen, Nagato und Koizumi. Asahina-san blickte sehr besorgt drein, während Haruhi aussah wie jemand, der sein gesamtes Geld in Lose der Tageslotterie gesteckt hatte und nun ungeduldig darauf wartete, dass die Gewinnnummer bekannt gegeben wurde.

„Du bist zu spät!“

rief Haruhi und warf mir einen sehr seltsamen Blick zu.

Das war einer der sehr seltenen Tage, an denen ich nicht allen Brigademitgliedern ein Getränk spendieren musste. Haruhi packte mein Handgelenk und zog mich in Richtung Bahnstation.

„Ich habe alles von Koizumi-kun gehört bevor du gekommen bist“, sagte Haruhi während sie für alle Fahrkarten kaufte. „Aber ist es wahr, dass Yuki ein obskures Volksheilmittel für diese Krankheit, Hinekobyou, kennt?“

Hinekobyou? Was ist das? Irgendeine neue Spezies, die man in Polynesien entdeckt hat?

„Das ist die Krankheit, von der Yuki vermutet, dass Rousseau mit ihr infiziert ist.“

Nachdem ich meine Fahrkarte von Haruhi erhalten hatte, eilte ich zu den automatischen Türen. Um meinen vorherigen Patzer zu kaschieren, sagte Koizumi:

„Wenn ein aktiver Hund plötzlich seine ganze Motivation verliert und faul herumliegt wie eine Katze in der Sonne, dann vermutet man, dass er diese spezielle Krankheit hat. Es ist eine sehr seltene Krankheit, die nicht einmal in medizinischen Fachwerken auftaucht. Manche Experten meinen, dass es keine Krankheit sondern nur Übermüdung ist.“

Koizumi warf mir einen Blick zu und fuhr fort:

„--- Das ist, was ich von Nagato-san gehört habe, die darüber scheinbar in einem alten Buch gelesen hat.“

Unvermittelt nickte Nagato langsam mit ihrem Kopf, als würde sie allem Gesagten zustimmen. Sie haben die Sache also vorher schon diskutiert, wie.

Nagato sah auf den Plastiktüte in Koizumis Händen, der ein berühmt-berüchtigtes Supermarktlogo trug, bevor sie ihren Blick weiterlenkte auf den Karton in meiner Hand.

„Miau~“,

schnurrte Shamisen und begann mit seinen Krallen an den Wänden des Kartons zu kratzen, so als wolle er Nagato Hallo sagen.

Haruhi betrachtete die Schachtel in meinen Händen mit einem eigenartigen Blick.

„Dass man eine Katze dazu braucht um eine Krankheit zu heilen… Das ist wirklich eine seltsame Krankheit. Bist du dir sicher, dass das funktionieren wird, Yuki? Können wir dem Buch vertrauen?“

So wie es aussieht wäre „Exorzismus“ der passendere Begriff für Rousseaus „Behandlung“. Das konnte ich Haruhi gegenüber natürlich nicht erwähnen. Dieses Mal war ich dankbar für Nagatos Stillschweigen.

Ohne ein Wort zu sprechen, nickte Nagato leicht mit ihren Kopf und streckte mir ihre Hand entgegen. Zu schade, Nagato. Selbst wenn du mir deine Hand anbietest, habe ich nichts, was ich dir geben könnte. Sogar meine Hände sind voll weil ich Shamisen in dieser schäbigen Box tragen muss.

„Kater.“

sagte sie emotionslos und monoton.

„Leih ihn mir.“


Nachdem wir den Zug betreten hatten, stellte ich den Karton auf Nagatos Schoß und befreite damit meine Hände von dieser Last. Vielleicht lag es daran, dass wir uns im Zug befanden, aber Nagato saß völlig still und stumm da, so dass es schon geradezu unheimlich war. Es wirkte so, als wolle sie mir etwas sagen. Shamisen beruhigte sich ebenfalls und rollte sich still in seiner Schachtel zusammen.

Als wollten sie Nagato einkeilen, setzten sich Haruhi und Asahina-san dicht neben sie. Das war der Moment, als sie schließlich die Schachtel bemerkten und dass sich Shamisen darin befand. Im Vergleich zu ihm ist die Plastiktüte von Koizumi meiner Meinung nach aber verdächtiger.

„Keine Sorge, alle nötigen Vorbereitungen wurden getroffen.“

Es sollte Haruhi nicht möglich sein zu hören, was zwei Männer neben der Zugtür besprachen. Koizumi schüttelte die Plastiktüte und sagte:

„Da ich nur eine einzige Nacht hatte um es vorzubereiten, muss ich zugeben, dass es nicht wirklich gut ist, aber das ist das Beste, was ich in der Zeit tun konnte. Der Rest liegt jetzt an Nagato-san.“

Ich hatte Vertrauen in Nagatos Fähigkeiten. Ich glaubte, dass sie Rousseau heilen konnte, soweit so gut. Worüber ich mir Sorgen machte war, was sie mit diesen kosmischen Viren tun würde.

„Hier komme ich ins Spiel. Auch wenn das jetzt rein auf meiner Intutition basiert, sollte sich die Sache als nicht allzu kompliziert herausstellen. Schau dir nur mal Suzumiya-san an. Das Wichtigste ist derzeit, dass sie sich wünscht, dass Rousseau geheilt wird. Sobald das erledigt ist, war meine Mission ein Erfolg.“

Lass uns hoffen, dass die Sache so glatt abläuft.

Ich wich Koizumis Blick aus und verfestigte meinen Griff um die Haltegriffe als der Zug an Geschwindigkeit aufnahm. Es waren nur noch zwei Stationen bis zu Sakanaka-sans Nachbarschaft, es war also nicht mehr viel Zeit zum Überlegen.


Die Sakanaka-san, die uns begrüßte, war genau die Gleiche wie am Tag zuvor, aber vielleicht weil es nun einen Hoffnungsschimmer gab, entdeckte ich eine schwache Aura der Entschlossenheit in ihren Augen.

„Suzumiya-san…“

Sakanaka-san klang, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Haruhis Miene wurde ernst und sie nickte mit ihrem Kopf, bevor sie sich in Richtung des außergewöhnlichsten Mitglieds der SOS-Brigade umdrehte, das in eine Schuluniform gekleidet war, die speziell für es gemacht zu schein sein.

„Überlass es einfach uns, Sakanaka-san. Auch wenn sie vielleicht nicht so aussieht, Yuki ist ein sehr gebildetes und verlässliches Mädchen. Ich bin mir sicher, dass es JJ in wenigen Augenblicken besser gehen wird.“

Abermals betraten wir das Wohnzimmer, nur um dort Sakanaka-sans Mutter und eine andere Frau vorzufinden, die schon auf uns warteten. Schon rein nach ihrem Aussehen beurteilt, würde ich sagen, dass sie Universitätsstudentin ist. Wahrscheinlich ist sie Higuchi-san, deren Hund von der gleichen Krankheit infiziert wurde – das vermutete ich aufgrund ihres besorgten Gesichtsausdrucks. Der kleine Terrier in ihren Händen sollte dann wohl Michael sein.

Rousseau ging es noch immer so schlecht wie am Tag zuvor und er lag still auf dem Sofa, ohne sich auch nur irgendwie zu rühren. Auch wenn seine Augen offen waren, wirkte er völlig geistesabwesend und schien auf etwas zu starren, das niemand sehen konnte. Das Gleiche galt für Michael.

Ich denke es ist an der Zeit, dass wir anfangen. Ich sah zu Nagato und Koizumi.

Wir drei hatten am Vortag entschieden, dass wir Nagato die Sache übernehmen lassen würden. Ich würde als ihr Assistent fungieren, während Koizumi die benötigte Ausrüstung vorbereitet. Auch wenn ich nicht wusste woher er ihn hatte, war ich froh, dass ich mich in solchen Momenten auf ihn verlassen konnte, denn ich hatte keine Ahnung wo ich einen Silikonbehälter herbekommen hätte sollen.

Das Erste, was ich tat, war die Vorhänge zu schließen, um jegliches Sonnenlicht aus dem Raum zu verbannen. Als nächstes drehte ich das Licht ab, so dass der Raum schließlich nahezu pechschwarz war. Ich holte eine große, dicke Kerze aus Koizumis Plastiksack und stellte sie auf einem großen Altar. Ich zündete die Kerze an und schließlich auch ein paar Räucherstäbchen, die ich ebenfalls auf dem Altar platzierte. Als ich damit fertig war, war der Raum von seltsamen Rauch und verschiedensten Düften erfüllt. Schließlich gab ich Nagato ein Zeichen.

Nagato nahm Shamisen aus der Schachtel und hielt ihn in ihren Armen. Um die Wahrheit zu sagen, Shamisen hasste es auf diese Art getragen zu werden und normalerweise würde er sich mithilfe seiner Krallen befreien. Nun zu sehen, wie er völlig still und ruhig blieb, ließ mich realisieren, dass auch er nicht darauf hoffen konnte, gegen die Macht der Außerirdischen Nagato anzukommen.

„Entschuldigung… Könnten Sie diesen Hund bitte neben Rousseau setzen?“

Ich fragte das die junge, schick gekleidete Higuchi-san, die, als sie sah wie wir alles wie für ein Ritual herrichteten, begonnen hatte uns misstrauisch zu beäugen. Letzten Endes folgte sie aber meiner Anweisung und schon bald lagen zwei leblose Hunde auf dem Sofa, die aussahen, als hätte man gewaltsam ihre Lebensgeister aus ihren Körpern gezerrt.

Mit Shamisen in ihren Armen ging Nagato Richtung Sofa und kniete sich davor hin.

Die Vorbereitungen waren nun abgeschlossen und ich drückte den „Play“-Knopf auf dem Kassettenrekorder. Kurz darauf erfüllte eine schräge, unheimliche Musik die Luft. Um die Wahrheit zu sagen, ich begann mich zu wundern ob wir nicht zu weit gegangen waren, aber wie Koizumi schon gesagt hatte, wenn wir schon etwas machen, dann heißt es klotzen, nicht kleckern.

Inmitten von flackerndem Kerzenlicht, absonderlichen Düften und schräger Musik, begann Nagato ihr seltsames Ritual.

„…….“

Selbst in diesem dunkeln Raum erschien Nagato so blass und emotionslos wie immer. Sie legte ihre linke Hand langsam auf Rousseaus Kopf und streichelte ihn ein paar Mal. Dann lege sie ihre rechte Hand auf Shamisens Stirn. Obwohl er gemeinsam mit zwei Hunden in einem ihm völlig fremden Raum war, legte er sich trotzdem ruhig hin ohne einen Mucks von sich zu geben.

Inmitten von flackerndem Kerzenlicht, absonderlichen Düften und schräger Musik, begann Nagato ihr seltsames Ritual.

Nagato legte Shamisen schließlich direkt vor Rousseaus Schnauze, bis sich ihre beiden Nasenspitzen berührten. Sehr langsam begannen sich Rousseaus schwarze Perlenaugen zu bewegen, während sich Shamisens weit geöffnete Augen langsam schlossen. Als wolle sie etwas von Rousseau auf Shamisen übertragen, streichelte Nagato abwechselnd ihre Köpfe mit ihren Händen. Das Gleiche geschah mit Michael, während Nagatos Lippen sich dabei stumm bewegten, als würde sie etwas singen. Wir konnten nicht hören was sie sang, aber ich fragte mich, ob sie das absichtlich machte. Ich glaube aber, dass Koizumi und ich die einzigen waren, die das realisierten.

Schließlich presste Nagato Shamisens Stirn sanft auf die Nasenlöcher der beiden Hunde, bevor sie aufstand und ohne ein Wort zu sprechen Shamisen wieder in seiner Schachtel platzierte. Danach nahm sie die Schachtel, übergab sie mir und sagte:

„Es ist vorbei.“

Natürlich konnten alle der Anwesenden sie nur stumm anstarren. Sogar ich, mit dem Karton in meinen Händen, wusste nicht, was ich sagen sollte. Bei Haruhi, Asahina-san oder Sakanaka-san versteht sich das von selbst.

Haruhi stand da mit ihrem Mund weit offen, als wolle sie etwas sagen, wüsste aber nicht was. Nach einer Weile brachte sie schließlich heraus:

„Es ist vorbei? Jetzt? Yuki? Was hast du da gerade gemacht?”

Nagato drehte ihren Kopf und sah die beiden Hunde an, als wolle sie uns sagen „Das sind diejenigen, die ihr ansehen solltest“. Den Hinweis verstehend wandte ich mich Richtung Sofa.

Und auf dem Sofa---

Auch wenn mir die zwei Hunde ziemlich verwirrt vorkamen, konnte ich anhand ihrer Augen erkennen, dass sie ihre Energie zurückgewonnen hatten. Der Ausdruck in ihren süßen Gesichtern ließ vermuten, dass sie nach ihren Besitzern Ausschau hielten…

„Rousseau!“

„Michael!“

Sakanaka-san und Higuchi-san rannten augenblicklich nach vorne und umarmten innig ihre geliebten Hunde. Diese ließen gleichzeitig ein „Wuff~“ erklingen und begannen deren Gesichter zu lecken. Sie wackelten heftig mit ihren Schwänzen, als wäre es eine Antwort auf die spontanen Handlungen ihrer Besitzer. Sogar Asahina-san weinte Freudentränen.

Nach ein paar Minuten kehrte das Wohnzimmer schließlich wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurück, so als ob ein dunkler, deprimierender Fluch endlich von ihm genommen worden wäre.

Während Rousseau und Michael in der Küche damit beschäftigt waren sich den Kochkünsten von Sakanaka-sans Mutter hinzugeben, saßen wir von der SOS-Brigade gemeinsam mit Sakanaka-san und Higuchi-san auf dem Sofa.

„Was ihr gerade miterlebt habt, ist wie Nagato eine alte völkische Heilmethode angewandt hat, bei der Katzen als eine Form der Behandlung eingesetzt werden.“

Auch wenn mir klar war, dass Koizumis Geschichte eine miese war, schien sein charmantes Lächeln und seine Sprachgewandtheit alle anderen zu täuschen.

„Die Kerzen und Räucherstäbchen enthalten ein spezielles Gewürz, auf das die Hunde dank ihres überlegenen Geruchsinns besonders sensibel reagieren. Die seltsame Musik, die wir vorhin abgespielt haben, wiederum, hilft ihnen offensichtlich sich zu entspannen.“

Auch wenn ich fand, dass so ein Mist nur bis zu einem gewissen Level verbreitet werden sollte, ließ ich Koizumi dieses eine Mal so viel davon erzählen wie er wollte. Alles was zählte war, dass Rousseau und Michael wieder normal und alle glücklich waren. Higuchi-san sollte glücklicher sein als wir alle, jetzt wo ihr Hund wieder gesund war und Sakanaka-sans Mutter sollte eigentlich sogar noch glücklicher sein, denn sowohl ihr geliebter Hund, als auch ihre Geliebte Tochter verhielten sich wieder wie früher. Um uns ihre Dankbarkeit auszudrücken, bereitete sie noch weitere hochklassige Leckereien für uns zu, die zu verdrücken Haruhi keine Skrupel hatte.

Aber natürlich, die Glücklichste von uns allen war ohne Zweifel Sakanaka-san.

„Du bist echt eine Wucht, Nagato-san. Du hast es geschafft eine Krankheit zu heilen, von der nicht einmal ein professioneller Tierarzt etwas wusste!“

„Das war bei Yuki zu erwarten! Sie ist schließlich das kompetenteste Mitglied der SOS-Brigade.“

Nagato sagte nichts und fuhr stattdessen fort ihre Leckereien zu verschlingen. Haruhi andererseits war damit beschäftigt non-stop zu reden.

„Yuki liest eine Menge, dadurch weiß sie wo viel! Dem nicht genug, sie kann auch sehr gut Gitarre spielen, backen und ist auch gut im Sport!“

„Es ist ein Glück, dass Nagato über die Krankheit in einem ihrer alten Bücher gelesen hat.“,

fügte Koizumi hinzu während er elegant seinen Tee schlürfte.

„Es scheint, als könne selbst die moderne Wissenschaft nicht feststellen warum traditionelle Behandlungsmethoden derartige Heilungsfähigkeiten haben. Vielleicht sind die alten Heilmittel doch keine so schlechte Sache.“

Wenn du so weitermachst, Koizumi, wird letztendlich jeder wissen, dass du nichts als ein Lügner bist.

Nachdem sie ihren Zweck erfüllt hatten, waren die Kerzen und Räucherstäbchen achtlos zurück in die Plastiktüte geworfen worden. Ich hatte zuerst geplant Shamisen aus seinem Karton zu nehmen, entschied mich aber schließlich unter der Überlegung, dass er vielleicht ein paar Kratzspuren auf Sakanaka-sans teurer Einrichtung hinterlassen könnte, dagegen. Seit er Nagatos Arme verlassen hatte, miaute er wie verrückt und kratzte fanatisch an den Wänden der Schachtel. Wenn er hier irgendwelche von Sakanaka-sans Möbel ankratzen würde, glaube ich nicht, dass ich mit ein paar strengen Worten davonkommen würde. Diese Vorstellung im Kopf, beschloss ich ihn zu ignorieren und hoffte darauf, dass er sich schließlich schlafenlegen würde.

Um die Wahrheit zu sagen, diente die diverse Ausrüstung rein ästhetischen Zwecken. Derjenige, der in dem Ganzen die größte Rolle spielte, war Shamisen, aber das war etwas, das nur Nagato, Koizumi und ich wussten.

Alles was Nagato jetzt zu tun hatte war die Datenlebewesen einzufrieren, mehr nicht.

Ursprünglich hatten wir geplant, dass Nagato die Datenlebewesen einfach direkt auf den Hunden einfriert. Allerdings, auch wenn das die einfachste Lösungsmethode gewesen wäre, so hätte sie auch unangenehme Folgen nach sich ziehen können. Wenn Higuchi-sans Michael oder Sakanaka-sans Rousseau eines Tages sterben, würden die Datenlebewesen weiterhin in ihren Körpern bleiben. Es bestand auch die Möglichkeit, dass sie plötzlich auftauen und abermals ihre Wirte infizieren würden. Deshalb erschien es uns am besten diese Lebensformen auf einen anderen organischen Wirt zu transferieren und sie danach weiterhin zu überwachen. Jeder organische Wirt wäre möglich gewesen --- sogar Haruhi und ich. Nagato jedoch bat speziell darum, dass Shamisen der Wirt sein soll, weil die Lebensformen für ihn allem Anschein nach nicht schädlich sein würden. Diese Katze hatte einmal über die Fähigkeit verfügt in menschlicher Sprache zu sprechen, auch wenn nur für eine kurze Zeit. Ich glaube nicht, dass es ihm irgendwie schaden würde, wenn man ihm ein paar kosmische Lebensformen einpflanzt. Und selbst wenn es irgendwelche unangenehmen Nebeneffekte geben würde, brauchten wir uns keine Sorgen machen, da ich der Erste sein würde, der sie bemerkt. Das war es, was wir beschlossen hatten.

„Nun gut,“ dachte ich mir während ich mir eine weitere hochklassige Leckerei in den Mund stopfte, „Es macht mir nicht viel aus das Opfer bei dieser Operation zu sein“.

Auch wenn das Ganze als unglückliche Katastrophe für Sakanaka-san begonnen hatte, war der Übeltäter hinter diesem Vorfall auf meine Katze übertragen worden. Kann hier bitte jemand Mitleid mit mir haben?

Wenn Katzen als Haustiere in Nagatos Apartment nicht verboten sind, sollte ich Shamisen vielleicht einfach zu ihr geben. Aber wenn ich das tatsächlich tun würde, fürchte ich, dass ich meine Schwester für eine sehr lange Zeit trösten würde müssen. Darüber hinaus schien selbst ich eine gewisse Zuneigung zu Shamisen entwickelt zu haben. Ach, vergesst es. Du wirst mir so lange leben wie der Gestiefelte Kater, hörst du, Shamisen?

Beim Anblick der wieder auflebenden Sakanaka-san, wollte wie ich glaube sogar Shamisen sein Maul öffnen um etwas zu sagen.


Als wir Sakanaka-sans Haus verließen, hatten sich Rousseau und Michael bereits mit unglaublicher Geschwindigkeit erholt und waren so gesund wie eh und je. Es versteht sich von selbst, dass auch Haruhi und Asahina-san wieder fröhlich waren und sich darin abwechselten die zwei kleinen Hündchen zu knuddeln, wobei ein Lächeln quer über ihr Gesicht erstrahlte.

Sakanaka-sans Mutter hatte einige Geschenke und Leckereien für uns zum Mitnehmen vorbereitet, wobei Nagatos Geschenktüte die größte von allen war. Aber das war zu erwarten, schließlich hat sie am meisten dabei geholfen. Als wir uns zuvor unterhielten, fanden wir heraus, dass Higuchi-san wirklich eine Studentin war. Sie hatte ebenfalls geplant uns etwas dafür zu geben, aber Haruhi hatte höflich abgelehnt.

„Das brauchen Sie nicht, wirklich nicht. Das war schließlich etwas, bei dem uns Sakanaka-san um Hilfe gebeten hat. Ich bin schon damit zufrieden Michael knuddeln zu können. Außerdem ist die SOS-Brigade keine Organisation, die unbedingt Geld braucht um zu überleben. Ich glaube, zu sehen, wie glücklich ihr über JJs und Michaels Heilung seid, ist schon die beste Belohnung. Ist es nicht so, Yuki?“

Nagato sagte nichts sondern nickte nur.

Koizumi war gefasst wie immer und sagte zu Sakanaka-san:

„Sollten noch andere mit der gleichen Krankheit wie Rousseau infiziert sein, dann lass es uns bitte wissen. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür gering ist, ist es besser auf der sicheren Seite zu sein.

„In Ordnung, ich werde herumfragen wenn ich das nächste Mal mit Rousseau Gassi gehe.“

sagte Sakanaka-san und nickte mit ernstem Gesicht.

„Dann, wir sehen uns in der Schule!“, rief Haruhi und winkte unserer Klassenkameradin fröhlich zu. Als ich dann hinter ihr herging, dachte ich mir:

Wenn Haruhi und Sakanaka-san im nächsten Jahr wieder Klassenkameraden sein könnten, wäre das auch eine gute Sache.


Haruhi schien bereits wieder alles den „Geister“-Vorfall betreffende vergessen zu haben, denn während wir Richtung Bahnstation marschierten, unterhielt sie sich ausgelassen mit Asahina-san über Hunde. Das war allerdings gut für mich, denn so musste ich mir keine Ausrede für den ganzen Vorfall ausdenken.

Als wir die Bahnstation erreichten, entschieden wir uns dafür für heute Schluss zu machen. Haruhi, Nagato und Asahina-san beschlossen schon eine Station früher auszusteigen, da diese näher an ihren Häusern lag. Obwohl es bereits Mittag war, vielleicht weil ich schon so viele Leckerein gegessen hatte, hatte ich nicht das Bedürfnis in ein Restaurant zu gehen. Entweder das, oder ich wollte schlicht Shamisen in keines bringen. Damit kamen die Aktivitäten der SOS-Brigade an diesem Tag zu einem Ende.

Koizumi und ich gingen durch die automatischen Türen und verließen die Bahnstation.

Da uns die normalerweise lebhaften Mädchen der SOS-Brigade bereits verlassen hatten, war es ungewöhnlich ruhig als der Esper und ich die Straße entlang gingen.

„Was für ein Tag.“

Auch wenn mich Koizumi ansah, als er das sagte, hatte ich das Gefühl, als wäre es in Wirklichkeit an ihn selbst gerichtet.

„Da es ein ziemlich schwieriges Problem war, haten wir keine andere Möglichkeit als um Shamisens Kooperation zu bitten. Nagato-san ist schon was, nicht? Wenn ich so darüber nachdenke, so etwas ist letztes Jahr auch passiert, als Kimidori-san zu uns kam und um Hilfe bat. Nur Dank Nagato konnten wir den Präsidenten des Computerklubs vor diesen Datenlebewesen retten… Es scheint, als stünde Nagato mit allen unseren Klienten in Zusammenhang, findet du nicht?“

„Was willst du damit sagen?“

„Nur, dass Nagato-san ein wirklich unersetzliches Mitglied der SOS-Brigade geworden ist. Allerdings ist das nur meine simple Meinung. Auf der anderen Seite, glaube ich, dass du derjenige bist, der etwas zu sagen hat, habe ich nicht Recht?“

Unglücklicherweise bin ich nicht jemand, der es so liebt zu sprechen wie du. Das Einzige, was ich gerne wissen würde, ist warum Monsterinsekten und auch kosmische Viren so von unserem Planeten angezogen werden, als wäre er ein Magnet oder sowas. Vielleicht wusste Nagato die Antwort hierzu. Aber nee, Nagato ist erst vor ein paar Jahren auf die Erde gekommen um Haruhi zu observieren---

Plötzlich erstarrte ich.

Haruhi.

Das konnte nicht die Antwort sein, oder? Aufgrund der massiven „Informationsfunken“ schickte die Entität des integrierten Datenbewusstseins Nagato hierher. Heißt dass, dass die Monsterinsekten im Fall des Computerklubpräsidenten sowie dieses Mal die kosmischen Viren, in Wirklichkeit von Haruhi angezogen wurden? Aber das konnte nicht sein, oder? Schließlich hat Nagato gesagt, dass Erstere bereits vor Millionen von Jahren auf die Erde gekommen waren.

Wenn Haruhis Kräfte nun unbewusst die Grenzen der Zeit überwinden könnten, dann wäre das schon zu extrem, nicht? Allerdings ist Asahina-san eine Zeitreisende… Jemand aus der Zukunft, der die Grenzen der Zeit überwunden hat und in unserer Zeitebene gelandet ist…

Ich begann ernsthaft darüber nachzudenken, so wie damals, als das Konzept der Zeit in meinem Kopf herumschwirrte.

„Glaubst du, dass das alles Zufall ist?“

Sei still, wirst du? Koizumi glich einem Kellner, der die Bestellung seines Kunden immer und immer wieder wiederholte. Mir war, als wüsste ich, was er gleich sagen würde.

„Hör auf um den heißen Brei herumzureden. Ich habe nicht die Zeit um mit dir solche Psychospielchen zu spielen.“

„Diese kosmischen Lebensformen landeten in der Nähe unserer Häuser und befielen einen Hund einer Schülerin der North High. Die besagte Schülerin konsultierte dann die SOS-Brigade und ließ uns zur Tat schreiten… Die Wahrheit wurde schließlich von Nagato aufgedeckt, die dann wiederum das ganze Chaos zu einem Ende brachte. Dass alles was ich jetzt aufgezählt hat reiner Zufall ist, das wäre nur in der Handlung eines fiktiven Romans möglich.“

Auch wenn das ein Argument war, war das nicht der Zeitpunkt, wo ich mich meiner Faulheit hingeben und es unerwidert lassen konnte. Das heißt allerdings nicht, dass ich auf Haruhis Seite war.

„Zur Hölle mit den fiktiven Wahrscheinlichkeiten. Wir haben hier zwei verschiedene kosmische Entitäten, die beide vor uns erschienen sind. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert? Wenn du es nicht als Zufall bezeichnest, wie willst du es dann nennen? So wie du im letzten Winter mit deinem Detektivdrehbuch angekommen bist, warum kannst du dann Nagato nicht auch einmal mit ihrem eigenen Drehbuch ankommen lassen?

„Das sollte nicht möglich sein. Ich glaube derjenige, der das Ganze in Wirklichkeit inszeniert ist die Entität des integrierten Datenbewusstseins, oder irgendeine andere kosmische Entität, die wir bisher noch nicht getroffen haben. Und ich kann garantieren, dass das nichts ist, was sich Suzumiya-san wünscht.“

Was willst du jetzt eigentlich sagen? Warum zerbrichst du dir immer noch den Kopf über diese belanglosen Wahrscheinlichkeiten, wenn schon fast Frühlingsferien sind? Außerdem ist jetzt erstmal alles vorbei. Lass es einfach auf sich beruhen.

„Ich habe es schon mal erwähnt, nicht? Suzumiya-sans Verstand stabilisiert sich langsam. So glücklich ich selbst darüber bin, gibt es auch andere, die ohne Zweifel enttäuscht sind von der aktuellen Situation. Darin liegt das Problem.“

Ich blieb stumm, als Zeichen für Koizumi, dass er fortfahren soll. Er wiederum legte einen Finger auf seine Lippen und sagte:

„Es könnte sogar Leute geben, die meinen, dass das alles sinnlos wäre, wenn Suzumiya-san sich weiter stabilisierte. Sei es eine Informationsfunke, ein Zeitbeben oder eine Dimensionsbruch, ich glaube, dass es Leute gibt, die im Geheimen die Dinge manipulieren und versuchen damit Suzumiya-sans unglaubliche Kräfte zu wecken.

Ich bemerkte plötzlich, wie Koizumis Lächeln angefangen hatte seltsam auszusehen, unheimlich, gleich dem von Asakura Ryouko an dem Tag, als sie versucht hatte mich zu töten.

„Deshalb, was ich damit sagen will ist, dass dieser Vorfall eventuell nur der Prolog für etwas noch viel Schlimmeres ist.“

Wovon redest du bitte? Wenn alles so vorhergesagt werden könnte, wie du zu behaupten scheinst, dann würde zweifellos irgendjemand einen Wahrsageservice einrichten und der nächste Nostradamus werden.

Koizumis Lächeln wurde plötzlich bitter.

„Dass diese kosmischen Entitäten plötzlich auf der Erde landen, noch dazu direkt vor unseren Augen – Ich glaube nicht, dass das etwas ist, das man als reinen „Zufall“ abtun kann. Du solltest die Wahrheit besser wissen als alle anderen. Diese „Außerirdischen“ könnten in Wirklichkeit direkt vor unseren Augen versteckt sein. Es gibt vielleicht sogar noch andere kosmische intelligente Lebensformen hier auf der Erde außer den menschlichen Interfaces.“

„Hmm.“

Ich wollte mich nicht länger beherrschen. Weißt du, Koizumi, es ist schwer für mich das zu akzeptieren, was du mir erzählst, da du mir gelegentlich schon deine irreführende, täuschende Seite gezeigt hast. Wenn du Nagato eine menschliche Schnittstelle nennen willst, dann sag ihr das ins Gesicht. Das kümmert mich nicht, denn es ist ja auch die Wahrheit, aber:

„Was mich sehr wohl kümmert, sind diese ‚anderen Außerirdischen’, die du gerade erwähnt hast.“

„Es hat innerhalb der ‚Organisation’ Berichte über sie gegeben, das ist der Grund, warum ich darüber etwas mehr weiß als du. Auch wenn ich noch nicht alle Informationen habe, kann ich glaube ich sagen, dass ich ganz gut über sie Bescheid weiß.“

Koizumis Lächeln kehrte endlich wieder zu seiner üblichen Form zurück.

„Aber überlassen wir die anderen Außerirdischen Nagato. Ich habe beschlossen, dass meine Prioritäten darin liegen, der ‚Organisation’ zu helfen ihre Rivalen zu bekämpfen. Gleiches gilt, wenn es rivalisierende Zeitreisende gibt. Die würde ich Asahina-san überlassen. Ich habe das Gefühl, dass schon bald etwas passieren wird.“

Anhand Koizumis Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er es ernst meinte, denn seine Gedanken waren exakt dieselben wie meine. Das Einzige, bei dem ich ihm widersprechen musste, war das Kämpfen Asahina-san zu überlassen. Das sollte der anderen Asahina-san in der fernen Zukunft überlassen werden. Ich machte mir überhaupt keine Sorgen um Nagato, denn ich war mir sicher, dass Nichts und Niemand über mehr Willenskraft verfügte als sie. Oh, und Koizumi, ich hoffe, du hast nicht das Versprechen vergessen, das du mir während des Vorfalls am verschneiten Berg gegeben hast.

„Natürlich habe ich nicht. Das schwebt mir immer im Gedächtnis. Aber selbst wenn ich es vergessen sollte, ich bin mir sicher, dass du da sein würdest um mich daran zu erinnern, nicht wahr?“

sagte Koizumi lachend und winkte mir zum Abschied zu.

„Wir werden unsere Unterhaltung an einem anderen Tag fortsetzen.“


„Ah, du bist zurück, Kyon-kun!“

Als ich zuhause ankam, fand ich meine Schwester ausgebreitet auf meinem Bett vor, wo sie glücklich meine Manga las.

„Wo hast du Shamie hin mitgenommen?“

Ich sagte nichts und hob Shamisen aus der Schachtel. Sobald er freigelassen worden war, sprang der dreifärbige Kater sofort auf den Rücken meiner Schwester und begann auf ihrer Wirbelsäule auf und ab zu gehen, als wolle er ihr eine Massage verpassen. Meine kleine Schwester lachte und wackelte mit ihren in die Luft gestreckten Beinen.

„Kyon-kun, nimm Shamie runter, ich halte das nicht aus!“

Ich nahm Shamisen sanft vom Rücken meiner Schwester und setzte ihn neben sie. Die Fünft- und schon bald Sechstklässlerin legte den Manga aus ihrer Hand und begann seinen Rücken zu streicheln während sie verspielt seine Nase kitzelte.

„Ich rieche etwas Leckeres --- Was ist das?“

Ich gab meiner Schwester die Tüte mit den Leckereien, die Sakanaka-sans Mutter vorbereitet hatte und nahm danach ein dickes, gebundenes Buch von meinem Schreibtisch.

Vor ungefähr einer Woche, nach dem Ende der Abschlussprüfungen, hatte ich mir dieses Buch von Nagato ausgeliehen. „Gibt es hier irgendwelche interessanten Bücher? Bücher, die meinen derzeitigen Gefühlen entsprechen?“, hatte ich sie gefragt. Sie stand daraufhin ungefähr fünf Minuten vor dem Bücherregal, bevor sie langsam das Buch herausnahm, das nun vor mir lag. Nachdem ich etwa die Hälfte davon gelesen hatte, fand ich heraus, dass es eine einfache High School Liebesgeschichte zwischen einem Jungen und einem Mädchen war. Es gab weder Spuren von Science-Fiction, noch irgendwelche nervigen Schlussfolgerungen – nur eine normale Geschichte in einer normalen Welt. Aus vielerlei unerklärlichen Gründen jedoch, fand ich, dass das Buch genau richtig für mich war. Deshalb bin ich der Meinung, dass Nagato nicht Astronomin oder Tierärztin werden sollte, sondern stattdessen Bibliothekarin.

Ich legte mich auf mein Bett und begann von dort weiterzulesen, wo ich zuvor aufgehört hatte. Meine Schwester hatte die Leckereien bereits nach unten gebracht und war vielleicht damit beschäftig uns etwas zu Trinken zu suchen.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ---

--- ich plötzlich bemerkte, wie Shamisen an der Tür kratzte. Er wollte mir damit wahrscheinlich signalisieren, dass ich sie aufmachen und ihn rauslassen sollte. Normalerweise ließ ich meine Zimmertür für ihn halb offen, aber ich vermute meine Schwester hatte sie versehentlich fest geschlossen, als sie vorhin aus meinem Zimmer ging.

Ich legte ein Lesezeichen in das Buch und stand auf um Shamisen die Tür zu öffnen. Sofort schoss er aus meinem Zimmer heraus, drehte sich aber plötzlich wieder um und miaute mir zu. Ist das seine Art mir „Danke“ zu sagen?

Als Shamisen jedoch begann mir über die Schulter zu starren, fühlte ich mich unbehaglich und drehte mich ebenfalls um.

Alles was ich sah, war eine Ecke der Decke. Sonst gab es da nichts.

Shamisens Blick war auf die Decke fixiert, bevor er sich schließlich langsam bewegte und auf der Wand außen vor meinem Zimmer landete. Seine Augen schienen einen Weg in der Luft zu beschreiben, als wolle er mir sagen, dass dort etwas von der Decke zur Außenwand gewandert war.

„He!“

Obwohl ich ihm zurief, blieb Shamisen einige Sekunden in dieser Pose, bevor er schließlich mit seinem Schwanz wackelte und davonging. Er war wahrscheinlich auf dem Weg zur Küche, um dort nach etwas Fressbarem zu suchen. Ich ließ meine Tür halb offen, gerade genug, damit sich noch eine Katze durchzwängen konnte und dachte danach über Shamisens Verhalten nach. Tiere schenken üblicherweise Dingen Aufmerksamkeit, die von den meisten Menschen ignoriert werden. Selbst schwache Geräusche von draußen lenken sie manchmal ab.

Was nun, wenn Shamisen vorhin etwas gesehen hat, das zu sehen mir nicht möglich war? Was, wenn sich etwas Unsichtbares auf meine Decke gehängt hatte und danach langsam entlang der Wand aus meinem Zimmer geschwebt war?

--- Ein Geist?

--- Ich glaube es ist besser, wenn ich nicht darüber nachdenke.

Aber was, wenn irgendein Datenlebewesen vor Milliarden von Jahren auf der Erde angekommen ist und sich Menschen anstatt Hunde als Wirte ausgesucht hat? Was, wenn Menschen komplett anders auf sie reagieren? Erlangten die frühen Menschen dadurch ihre großen Fortschritte in ihrer Intelligenz?

Wenn das der Fall sein sollte, dann bräuchten Nagatos Bosse nicht mehr zu tun, um ihre evolutionäre Sackgasse zu überwinden, als sich einige dieser Lebensformen auf sich selbst zu setzen. Natürlich würde das bedeuten, dass sie die Evolution nicht selbst vollbracht haben sondern durch die Hilfe von irgendwelchen außerweltlichen Lebewesen.

Ich frage mich ob die Entität des integrierten Datenbewusstseins diese Möglichkeit schon in Betracht gezogen hat. Auch wenn es gegen die Natur wäre, vielleicht haben irgendwelche kosmischen Entitäten vor Milliarden von Jahren Primaten infiziert, die daraufhin ihre überlegene Intelligenz entwickelten und zum modernen Menschen wurden. Wenn das der Fall sein sollte, dann wären damit alle Fragen bezüglich Evolution beantwortet.

„Was rede ich da?“

Inzwischen murmelte ich mir schon selbst zu. Wie sollte etwas derart Absurdes wirklich geschehen können? Wir sollten uns nicht Gedanken über Dinge machen, die unsere Denkfähigkeit übersteigen. Ich sollte diese ganzen schwierigen Wissenschaftsfragen einfach Koizumi überlassen, so wie er auch die Außerirdischen Nagato überlassen wollte. Wenn der Tag, an dem ich verstehe, was die Sätze, die er von sich gibt, bedeuten dann einmal kommt, dann werde ich mir auf jeden Fall einen geeigneten Konter vorbereiten.

Selbst wenn Koizumi wirklich derart mit seiner „Organisation“ beschäftigt sein sollte, dass er keine Zeit mehr für mich hatte, würde ich noch immer andere Leute haben, an die ich mich wenden konnte. Die erste Person, die ich um Hilfe bitten würde, wäre Tsuruya-san. Wenn ich es schaffe diesen fröhlichen Senpai auf unsere Seite zu bringen, bin ich mir sicher, dass auch die Bosse in der „Organisation“ in der Klemme stecken würden.

Was ich tun würde, wenn eine derartige Situation jemals auftritt oder welche Konsequenzen das hätte, darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Ihr wisst doch wie man sagt „Darum kümmern wir uns, wenn es soweit ist“.

…. Ach, vergesst es. Denken ist nun mal nicht meine Spezialität.

Alles was ich tun musste, war mich auf mein gutes altes Ich zu verlassen. Ich war Ich, nicht mehr und nicht weniger.

Allerdings, wenn es wirklich Mal soweit kommt, werde ich mich wohl doch ein wenig Zeit dem Nachdenken widmen. Aber das liegt in der Zukunft. Wenn ihr mir jetzt sagt, dass ich schon bevor es passiert mehr darüber nachdenken soll, dann hat das nur zur Folge, dass ich euch auch ignoriere.

Während ich gerade inmitten dieser Gedanken war, begann mein Handy auf dem Schreibtisch zu vibrieren. Würde es ein unbekanntes Wesen aus einer unbekannten Zeit sein? Als ich das Handy nahm, sah ich, dass auf dem Display als Anrufer „Haruhi“ aufleuchtete.

„Was ist?“

„Ich habe etwas Wichtiges vergessen, Kyon!“

Gleich zur Sache kommen, ohne sich erst die Mühe zu machen „Hallo“ zu sagen, das war typisch für Haruhi.

„Auch wenn ich froh darüber bin, dass JJ und Michael wieder gesund sind, findest du nicht, dass diese Krankheit irgendwie seltsam ist? Ich glaube sie waren wirklich vor Schock steifgefroren nachdem sie einen Geist gesehen haben!“

Verstehst du jetzt warum ich immer so frustriert bin, wenn es ums Denken geht, Koizumi? Haruhi ist ein unheimlich nerviges Mädchen, das gerne über sinnlose Dinge nachdenkt und ihre Gedanken zu allem Überfluss auch noch mit mir teilt.

„Ich glaube es liegt an der Route, die wir vor einer Woche gegangen sind. Laut meinen Schlussfolgerungen treiben sie sich noch immer dort herum und schweben umher wie wandernde Schatten.“

„Auch wenn ich mir nicht sicher bin, was für Geister es sind, sollten wir sie so schnell wie möglich exorzieren!“

„Alle Mitglieder sollen sich also morgen wieder vor der Bahnstation versammeln! Dieses Mal mache ich ein Foto von den Geistern, soviel steht fest!“

„Wie in aller Welt willst du ein Foto von einem Geist machen?“

„Da es unmöglich ist, eines tagsüber zu machen, werden wir sie einfach in der Nacht machen müssen! Wir werden die geisterverseuchten Gebiete ausfindig machen und ein paar Fotos von ihnen schießen! Wenn wir Glück haben schaffen wir vielleicht sogar zwei oder drei Aufnahmen!“

Anschließend gab mir Haruhi noch die Zeit und den genauen Treffpunkt durch, bevor sie abrupt auflegte. Es war so, als wäre ihr erst gar nicht in den Sinn gekommen, dass ich Pläne für den Sonntag haben könnte. Ich vermutete, dass schon ein paar Sekunden später ein anderes Brigademitglied exakt den gleichen Anruf erhalten würde. Die kommende „stadtweite Suche nach mysteriösen Vorfällen“ würde allem Anschein nach also zu einem „gefährliche Begegnung mit mitternächtlichen Geistern“-Ereignis werden.

Ich legte mein Handy wieder hin, warf einen Blick in eine Ecke des Zimmers und war schon bald wieder in Gedanken versunken.

Sakanaka-sans „Geister“ Fall war dank Nagato endlich gelöst worden Ich glaube, dass in dieser Welt keine Geister existieren und ich bin mir sicher, dass Koizumi ähnlicher Meinung ist. Das Problem war, dass Haruhi an sie glaubte und tatsächlich hoffte, dass sie ihr alle paar Stunden einen Besuch abstatteten. Allen Anschein hatten sich die Wünsche unserer Brigadekommandantin von Außerirdischen, Zeitreisenden und Espern zu Geistern gesteigert.

Die Aufgabe die „Geister-Hotspots“ auf der Karte aufzuspüren würde ich Koizumi überlassen. Oh, falls wir wirklich irgendwelche Bilder von Geistern aufnehmen, Koizumi, dann tu mir den Gefallen und schüttle dir eine wissenschaftliche Erklärung dafür aus dem Ärmel. Was meine Aufgabe sein würde fragst du? Das ist einfach. Ich bin dafür zuständig Asahina-san zu umarmen, sollte sie in der Dunkelheit zu Schreien beginnen.

In der Dunkelheit herumzugehen und dabei Fotos zu machen, das sieht sicher ziemlich verdächtig aus, das ist mir klar. Ich bin mir sicher, dass es sehr seltsam wirken würde, wenn wir einem Passanten erzählen, dass wir ein Bild von einem Geist machen wollen, von dem wir noch nicht einmal wissen wie er aussieht. Und sollten es wirklich zu einer Notsituation kommen, dann bräuchten wir Asahina-san einfach in ein Miko-Kostüm zu stecken und ein paar buddhistische Gebetsformel sprechen lassen. Vielleicht würde das Haruhis Verlangen nach einer „Exorzismus-Mission“ befriedigen.

Aber selbst wenn es in unserer Welt wirklich Geister geben sollte, bin ich mir sicher, dass wir ihnen nicht einfach in die Arme laufen würden, wenn wir mal eben im Dunkeln spazieren gehen. Außerdem glaube ich nicht, dass Haruhi wirklich auf irgendwelche Geister treffen will

Nachdem wir nun schon fast ein ganzes Jahr mit ihr verbracht haben, bin ich mir sicher, dass ihr es alle schon wisst, nicht? Was sich dieses Mädchen wünscht sind nicht die Geister an sich, sondern die gemeinsame Suche nach ihnen.

Was ich davon halte fragt ihr?

„Ach, bezeichnen wir es einfach als nächtlichen Ausflug.“

Ich sah auf die Decke, dorthin wohin Shamisen noch vor kurzem geblickt hatte und redete mit mir selbst. Danach las ich weiter in meinem Buch, das in einer Welt spielte, die viel normaler war als die, in der ich mich gerade befand. Aber selbst wenn, ich sehnte mich kein bisschen nach dieser normalen Welt, zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt nicht.


--- Wandernder Schatten Ende ---


Zurück zur Hauptseite Zurück zu Chefeditor★Volle Kraft voraus! Vorwärts zu Anmerkungen des Autors