Strike Witches:Afrika Kapitel7

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Kapitel 7 - Ruhmes Abendrot

Den nächsten Morgen, es war der 1. September, zogen wir aus, Oberleutnant Marseille beim Start in einen Einsatz zuzusehen. Ich entdeckte sie, wie sie ihren liebsten Striker, den Bf109F4/TrOP, neben ein paar Trucks an der Seite der Landepiste, die durch die Wüste schnitt, anlegte.

Der F4/TrOP ermöglichte mit seiner höheren Maximalgeschwindigkeit und seinen Verbesserungen im Luft-Nahkampf im Vergleich zum E-Modell besonders anspruchsvolle akrobatische Manöver. Er war außerdem mit einem Luftfilter für den Gebrauch in den Tropen ausgestattet.

Marseille hatte mir zuvor erzählt, dass sie ihn genau wegen der extremen Manövrierfähigkeit bevorzugte. Andere Striker würden immer mal wieder zwar klein, aber unerwartet ausschlagen, der F4/TrOP bewege sich dagegen genau, wie sie es wollte.


Das Wetter veränderte sich kaum, wie sich ersten Vorboten des Herbstes in den Sommer schlichen. Der heutige Tag war so klar wie der gestrige.

Obwohl es noch so früh am Morgen war, brannte die Sonne schon heiß, heiß genug, dass sich meine Haut anfühlte, als verbrenne sie. Eine tröstlich kühle Brise wehte von der Küste herüber.

Marseille trank eine Flasche Milch aus, als wäre es ein Tag wie jeder andere, und reichte das leere Gefäß Matilda. Danach setzte sie die Sonnenbrille ab, die sie sonst typischerweise zum Schutz vor der starken Sonneneinstrahlung trug.

Milch und Sonnenbrillen. Zwei Dinge, ohne die man in Afrika nicht sein sein konnte. Ich habe sogar gehört, dass sie in der Nähe der Basis, eben ihrer Milch wegen, besonders gute Milchkühe hielten.

Ihre Vorbereitungen waren abgeschlossen. Marseille schleuderte sich einen große Gurtkasten auf den Rücken und nahm ihr MG34 auf. Angeblich war das Kühlsystem dieses Gewehrs für den Gebrauch in Wüstenklima modifiziert worden, ich konnte aber rein ihrem Aussehen nach keine Unterschiede ausmachen.

Um mich herum tummelten sich Mechaniker, die mit den letzten Startvorbereitungen beschäftigt waren. Marseille gab mit ihrer Linken ein Zeichen und einer der Mechaniker startete die Luftpumpe für den Magiemotor. Der Motor heulte sich mit einem schrillen Jaulen, das die Umgebung überflutete, ins Leben.

Ein Techniker zeigte Marseille mit den Fingern an, wie weit der Drehzahlmesser jeweils schon war. Das Anzeigegerät blinkte bei 3000 Umdrehungen pro Minute auf, woraufhin die Mechaniker sofort das elektrische Versorgungskabel, den Luftschlauch und das Stützgerüst um Marseilles Hüfte entfernten.

Am Ende der Landepiste wurde eine weiße Flagge gewunken - Die Starterlaubnis.

Marseille machte sich langsam auf den Weg zur Startbahn.

"Komm mich doch besuchen, wenn ich zurück bin!"

Ich blickte Marseille erstaunt an, während ich darüber nachdachte, was sie wohl von mir wollen könnte. Doch nach einem letzten Lächeln in meine Richtung dröhnt sie schon die Startbahn hinunter und schoss in den Himmel hinauf.

Ihr gleich hinterher folgte, natürlich, Leutnant Pöttgen. Sie winkte uns freudig zu, als sie abhob.

Es ist schon eine Menge Aufwand, hier in Afrika so ganz ohne startunterstützende Antriebssysteme überhaupt einen Einsatz zu beginnen.


Marseilles langes Haar, das hinter ihr her wehte, erinnerte an einen Kondensstreifen und gleichzeitig ähnelte sie damit einem Adler, der immer höher und höher in den Lüfte stieg.

Vor langer Zeit hatte ich auch einmal danach gestrebt, genau wie sie durch den Himmel zu fliegen, mit einer Striker Unit ausgestattet, auf dem Weg in eine andere Welt, höher als jede vor mir, schneller als je zuvor. Aber das Tor zu dieser Welt stand mir nicht mehr offen. Ich hatte nicht mehr länger, was man brauchte, um sich in diesem mit Kampf und Konflikten gefüllten Himmel behaupten zu können.

"Ist alles in Ordnung?"

Matilda stand neben mir. Ich schien geweint zu haben. Der Anblick von Marseilles Flug war einfach zu schön und so vergänglich zugleich, wie ich nur zu gut wusste. Als ich ihr das sagte, nickte sie unerwarteterweise ernstlich.

"Die Gesandtin des Adlers wird von Gott geliebt und fliegt an seiner Seite. Und es steigt die Furcht in dir auf, dass sie eines Tages auch für immer zu ihm zurückkehren wird."

In der Tat, wir Witches dringen ständig in das Territorium der Götter ein. Der Himmel war schon immer die Welt der Vögel und der Götter. Und Marseille war ein Abbild ihrer beider.


"Flughöhe 3500, Feind gesichtet!"

Marseilles Stimme kam aus einem Empfangsgerät in der Nähe.

"Liesa, wir gehen auf Abfangkurs!"

"Hier Liesa. Die feindliche Formation besteht aus kleinen Fliegern der Hierax-Klasse[1], zehn Einheiten."

Lt. Pöttgen berichtete uns, der Basis, von ihrem Gefecht. Ein Neuroi der Hierax-Klasse kam im Luftkampf nicht einmal annähernd an eine Witch heran.

Sie konnten einem etwas auf die Nerven gehen, wenn sie in großer Zahl zugleich angriffen, aber sie waren einfach zu langsam und zu schwerfällig. Selbst für mich stellten sie zu meiner Zeit leichte Beute dar. Wenn es nur bei ihnen blieb, war es ein einfach zu erringender Sieg.

"Gruppenführerin kreist links im unteren Rücken der feindlichen Formation - ah, ein direkter Treffer!"

"0820, ein feindlicher Flugkörper ging zu Boden, acht Kilometer südsüdöstlich von El Imad."

Auf die Ansage hin brach die Crew in großen Jubel aus. Es bedeutete einen weiteren Abschuss ihrer hoch angesehenen Anführerin.

"Setzen den Angriff fort, 0830, gleicher Ort, ein weiterer Feind abgestürzt."

"0833, ein Kilometer südöstlich von Imad, ein weiterer!"

Kaum einen Augenblick später erklang Lt. Pöttgens Stimme erneut aus dem Lautsprecher, dieses Mal klang sie dringlich.

"Sechs feindliche Flugkörper der Hochgeschwindigkeits-Leichtflugzeug-Klasse Chelidon[2] nähern sich von sechs Uhr!"

Die Chelidon-Klasse mit ihrem stromlinienförmigen Design, das ihr eine hohe Maximalgeschwindigkeit und exzellente Manövrierfähigkeit verlieh, war ein formidabler Gegner. Konnten sie es mit gleich sechs von ihnen, die sich überraschend in ihrem Rücken genähert hatten, aufnehmen?

"Liesa, geh auf Abstand."

Marseilles Stimme.

Ihre Worte von letzter Nacht fielen mir wieder ein.

"Solange ich die gegnerischen Geschütze im Auge habe, bin ich nicht in Gefahr. Eng wird es nur, wenn ich einen Fehler mache und überrascht werde."

Sich nah am Feind halten, im letzten Moment wegducken und in einem Schlenker hinter ihn schwingen... das war ihre Spezialität. Ein Flügelmann im Rücken wäre da wahrscheinlich nur im Weg.

"Hart links!"

Lt. Pöttgens Stimme. Vielleicht hatte Marseille ihr Ziel verfehlt.

"0839, zwei Kilometer ostsüdöstlich von El Imad, Gegner am Boden."

"Verbleibende Feinde lösen ihre Formation und ziehen ab. Wir ziehen uns ebenfalls zur Basis zurück."

Es war Marseilles ruhige Stimme, die da durch den Lautsprecher erklang.

In den kaum zwanzig Minuten, die das Gefecht gedauert hat, schoss Marseille vier feindliche Flieger ab. Damit lag sie wohl voll in ihrem Durchschnitt.


Marseille kehrte um 9:14 Uhr zur Basis zurück. Wir winkten ihr zu, aber sie war so gleichmütig wie gestern auch. Während ein Teil der Techniker sie herzlich zurück begrüßte, traf der Rest von ihnen Vorbereitungen für den nächsten Angriff. Die Munitionstechniker gaben ihr einen neuen Gurtkasten und ein neues Gewehr, die Maschinisten überprüften ihre Motoren und tauschten die Kühlflüssigkeit aus, die Elektroniker sahen nach den Schaltkreisen und stellten sicher, dass alles seine Ordnung hatte.

Matilda eilte mit einem Sonnenschirm zu Marseille, die sich, noch immer in ihrem Striker, auf den nächsten Ausfall vorbereitete.

"Nur vier, hm? Ich möchte wetten, das war Ihnen noch nicht genug."

Ich ging zu ihr und reichte ihr ein Handtuch, das sie mit einem kleinen selbstironischen Grinsen annahm.

"Der Tag ist noch jung und die Neuroi werden wiederkommen. Es liegt noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns."

"Instandsetzung abgeschlossen!"

Die Techniker beendeten ihre Arbeiten und zogen sich vom Striker zurück. Marseille warf mir das Handtuch zurück, überprüfte die Einstellungen und startete wieder.

Als sie auf Entfernung war, begann das Munitions-Team aufgeregt untereinander zu murmeln.

"Seht euch das an! Frau Oberleutnant hat nur 60 Kugeln verbraucht!"

Einer zog den fast unbenutzten Munitionsgurt aus dem Gurtkasten und ich machte ein Foto davon, wie ihn sich die überraschten Techniker einer nach dem anderen ansahen. Ich hatte vergessen, von Marseilles erstem Flug Bilder zu machen, und selbst mit denen von diesem Start hatte ich noch genug für andere Dinge übrig.

Sie hatte nur 60 Kugeln benutzt, um vier Flieger vom Himmel zu holen. Es war genau, wie Leutnant Rall gesagt hatte: Fünfzehn Schuss pro Gegner, präzise wie eine Maschine.


"Feindsichtung rechterhand in 10 Kilometern Entfernung!"

"Hierax, vermutlich um die dreißig!"

Die Meldungen kamen unmittelbar hintereinander.

15 zu 1 in der Unterzahl. Genau Montys Wunschverhältnis... nur falsch herum. Dennoch kam Marseille offenbar nicht einmal ins Schwitzen.

"Bleib dicht hinter mir, Liesa!"

"Verstanden."

Danach hörte man eine Weile nur statisches Rauschen.

Jeder in der Basis erwartete den Ausgang des Kampfes mit angehaltenem Atem, nicht einmal ein Flüstern war zu hören.

"Feind in defensiver Ringformation!"

"Wir brechen in der Mitte durch!"

"Verstanden."

Ihre Gegner flogen in Form eines Ringes, damit sie sich nach jeder Seite verteidigen konnten. Gelänge es Marseille jedoch, ins Zentrum des Ringes einzudringen, wäre die Formation nutzlos geworden. Wirklich mitten in diese Masse an Feinden reinzupreschen, bedarf es natürlich einer ordentlichen Portion Mumm in den Knochen.


"Einer unten und... gleich noch einer!"

"Tsch."

"Feindformation bricht zusammen!"

Offenbar sahen ihr Gegner ein, dass es keinen Sinn machte, die Formation aufrechtzuerhalten, nachdem gleich zwei der ihren so kurz hintereinander abgeschossen wurden. Zerstreuten sie sich und beschössen sie Marseille von allen Seiten, wären die Neuroi im Vorteil.

"Sechs nach rechts!"

"Alles klar, ihnen nach!"

Marseille war da ganz anders. Selbst nachdem sich der Feind verteilt hatte, übernahm sie die Initiative und setzte ihren unermüdlichen Angriff fort.

SW Afr 04.jpg

"Das war der Dritte!"

"Feind verlagert sich nach Osten! Seine Formation löst sich auf!"

Aller Wahrscheinlichkeit schaltete sie zuerst die kleineren Einheiten aus, bevor die großen aufschließen konnten. Mit den spärlichen Informationen konnte ich mir nur eine vage Vorstellung davon machen, was vor sich ging.

Jedenfalls schien es, als hätte sie sechs Flieger nach Osten verfolgt und vier von ihnen schon abgeschossen.

"Feind außer Sicht."

"Nein, warte, unter dir."

Sie hatten sie wohl wiedergefunden.

"Wir setzen zum Vorbeiflug an."

"Verstanden."

Mehr statisches Rauschen.

"Direkter Treffer! Damit ist noch einer am Boden!"

Lt. Pöttgens triumphierende Stimme brach die Stille.

"Alles klar, wir sollten langsam zu Basis zurück."

"Jawohl, verstanden!"

Damit setzten sich wieder alle an der Landebahn in Bewegung, was der angespannten Stille, die bisher vorherrschte, ein Ende setzte.

Ich hatte vor, ein Foto von Marseilles Landeanflug zu machen, und wechselte den Film.

Ich war gerade dabei, als noch eine Meldung durch das Funkgerät kam.

"Da ist noch einer!"

"Den haben wir wohl vorhin übersehen, er ist noch ganz in der Nähe."

Auf dem Flugfeld wurde es wieder still.

"Ist unten."

In nur 10 Minuten Flugzeit hatte Marseille 8 Neuroi-Flieger abgeschossen. Sie war einfach beängstigend gut, so gut, dass Lt. Pöttgen nicht einen Schuss abgeben konnte. Das war sie, die Eine, Marseille.

Ich sah zu, wie Marseille bei ihrer Rückkehr zur Basis entspannt landete, wovon ich jedes Detail mit meiner Kamera einzufangen versuchte. Wie sie die Landebahn entlangglitt und von den Technikern, die ihr zu Hilfe kamen, beglückwünscht wurde.


Während sie noch jubelten, bemerkte ich ein schwarzer Wagen, der neben der Landebahn zum Stehen kam. Ein General stieg aus.

Marseille, die ihre Striker Unit schon abgelegt hatte, stand vor ihm und salutierte.

"Sir, unsere Staffel flog heute zwei Mal aus und hat dabei zwölf feindliche Flugkörper abgeschossen."

Als er das hörte, grinste der General breit.

"Wirklich? Für wie viele davon haben Sie denn selbst vom Himmel geholt?"

"Zwölf von ihnen, Sir."

Er wirkte kurz überrascht, schüttelte Marseille dann die Hand und stieg ohne ein weiteres Wort wieder in den Wagen.


Marseille starte noch zwei weitere Male und kam am Abend mit fünf weiteren Abschüssen zurück.

Siebzehn an einem Tag, das war Marseilles Gesamtergebnis für einen Tag. Mittags hatte man mich an den Ort des ersten Absturzes gebracht und ich machte mehrere Bilder von dem Krater. Der eigentliche Flugkörper hatte sich schon in Licht aufgelöst und war verschwunden, doch hatte er in der Landschaft eine gewaltige Narbe hinterlassen. Sobald der Wind jedoch wieder aufkam, nahm ich an, würde er alles wieder unter Sand begraben.

Ein flüchtiges Ringen, das keine Spuren hinterließ, wie eine Fata Morgana; das war die Natur dieser Kämpfe inmitten der Wüste.

In diesem Land jedoch, fern jeder Zivilisation, schlug noch jemand endlose Schlachten.

Ihr Kampf, sagenhaft, als entspränge er einem Mythos.

Ihr eines Motto war: "Sieh nie zurück und strebe weiter nach vorn."

Und natürlich sind diese meinen Aufzeichnungen für sie wohl schon nichts weiter als alte Kamellen.



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  1. Hierax, griechisch für Habicht
  2. Chelidon, griechisch für Schwalbe